Der Mann muss ein wenig verrückt sein. Im sympathischsten Sinn des Wortes. Bert Geurten steht auf einem bewaldeten Gelände, vor ihm steht der Bauplan der Gebäude, die dort errichtet werden sollen. Nur: Der Plan ist nicht mehr so ganz frisch, er stammt aus dem 9. Jahrhundert: Dort auf der Tafel findet sich der Sankt Gallener Klosterplan, der selber in seiner Zeit nie umgesetzt wurde. Gemeinsam mit einem Verein, mit 30 Angestellten und etwa 15 freiwilligen soll dort das Ideal einer karolingischen Klosterstadt entstehen. Wir sind im Campus Galli.
Man baut dort aber nicht nur die Klosterstadt nach, Geurten betont auch, dass man das mit original Methoden, Werkzeugen, Kleidung, Pflanzen und so weiter machen will. Was sich etwas auf die Geschwindigkeit des Bauens auswirkt, ein Jahr sei man schon dabei, erzählt er, er rechne mit weiteren 39 Jahren Bau. Was mich eine Frage stellen lässt: Wie kommt man nur auf so eine Idee.
„Tja, Man sollte Karolinger sein“, antwortet Geurten. Er selber sei Aachener und sei mit Karl dem Großen aufgewachsen – auch wenn der selber mit dem Plan wenig zu tun gehabt habe. Bei einer Ausstellung habe er einmal ein Modell der Klosterstadt gesehen, damals war Geurten 17 Jahre alt. Die Faszination sei ihm seitdem geblieben.
Ein Jahr ist der Verein und sind die Mitarbeiter jetzt dabei, hobeln, weben, säen, bauen, insgesamt 40 Jahre lang soll das dauern. Was bedeutet, dass die meisten der Mitarbeiter das Ende gar nicht mehr erleben werden.
„Aber einer muss es beginnen“
„Ich nehme mich als Beispiel“, sagt Geurten. „Ich weiß genau, dass ich es selber nicht erlebe, aber das ist doch mittelalterlich gedacht. Ein Mensch, der im Mittelalter eine Kathedrale stiftete oder irgendein Bauwerk, der wusste genau, dass er das Ende nicht erleben wird. Aber einer muss es beginnen. Und das bin ich jetzt.“
Geurten betont immer und immer wieder, das es keine Art
Disney-Land werden soll, mit Souvenirs und Fressbuden all-überall, es soll aber auch nicht dieses Mittelalter-Nachspielen werden, wo man sich in komischen Kleidern Schwerter in die Hand nimmt und Ritter spielt. „Das ist mir sehr wichtig!“ Was soll das dann sein? „Es soll den Menschen zeigen, dass das 9. Jahrhundert kein finsteres Mittelalter war. Es war ein schwieriges Jahrhundert, es hatte Kriege und Seuchen, es war hart. Das möchte ich aber zeigen, dass die Leute mit wenig Mitteln Großes geschaffen haben.“ Weiterlesen “Zeitreise ins 9. Jahrhundert: Man lernt Geduld”