„Das Konservative und das Christliche sind keine Gegensätze, sondern bilden eine auflösbare Einheit, denn das Christliche ist für das Konservative geradezu konstitutiv.” Das sagt ein bekannter CSU-Politiker in der Zeitung Die Welt. Erst neulich hatte derselbe Politiker eine „konservative Revolution“ gefordert.
Zunächst ist es dankenswert, dass das Christliche so hoch geschätzt wird. Gleichzeitig bin ich aber etwas verwirrt, hatte doch ein Kollege aus der gleichen Partei vor noch gar nicht langer Zeit sich über die Wortmeldungen der Kirchen zum Thema Flüchtlinge beschwert. Ganz so hoch wird das Christliche dann doch nicht geschätzt. Oder es wird eine Version des Christlichen geschätzt, die man sich selbst zurecht legt. Wie auch immer.
Keine moralische Fundierung einer Partei
Das führt uns zur Frage: was ist hier mit „Christlich“ gemeint? Und ich stelle diese Frage ganz und gar nicht polemisch. Nicht gemeint sein kann eine moralische Fundierung einer politischen Richtung oder Partei. Christen engagieren sich in allen möglichen Parteien, niemand hat das Recht, ihnen ihre christliche Motivation abzusprechen, nur weil es in einer anderen Partei mündet. Man mag debattieren, was geht und was nicht, aber „das Christliche“ ist keine Ressource für nur eine Partei. Auch wenn sie das im Namen führt.
Nun hat der Politiker aber „das Konservative“ mit „dem Christlichen“ in Verbindung gebracht, auch wenn er damit eigentlich seine Partei meint. Ist Christsein automatisch konservativ? Natürlich wollen wir bewahren, wir Christen. Aber gleichzeitig wollen wir aufbauen, am Reich Gottes mitbauen, und zwar hier schon, auf Erden. Mindestens die Welt verändern wollen, nennt der Papst das.
Vor den Karren spannen
Das lässt sich nicht vor einen Karren spannen, der sprachlich im vorletzten Jahrhundert gebaut wurde. Konservativ und dessen sprachlichen Gegensätze entspringen einer politisch-soziologischen Zeit, die heute nicht mehr existiert. Manchmal ist es halt hoch-progressiv, konservativ zu sein, und manchmal ist es nur Beton.
Ich mag diese Einheit, die hier gefordert wird, gerne auflösen. Ich glaube nicht, dass es etwas bringt, das Christliche fest an alte Begriffe zu ketten. Das ist nämlich nicht konservativ, das ist von gestern.