Erbsünde ist schwer zu messen. Qua Mensch, qua Geschöpf, sind wir nicht unschuldig, sondern immer schon erlösungsbedürftig. Erzählt wird das mit der Geschichte des Adam, dessen „wahrhaft heilbringende Sünde“ (Exsultet) auch uns einbezieht. Und wenn das Exsultet „Adam“ sagt und Paulus vom „neuen Adam“ spricht, ist der Mensch als Mensch gemeint, ob er nun Adam oder Eva heißt.
Erbsünde ist schwer zu messen: Was ist nun meine, was deine, was unsere, was strukturelle Sünde? Und was ist sozusagen ererbt?
Zugegeben, dieser Gedanke fällt irgendwie vom Himmel, es gibt keinerlei aktuellen Bezug dafür, muss es ja aber auch nicht. Deswegen erlaube ich mir, hier zum Gedanken weiter zu schreiben.
Mir fiel gestern eine Notiz in die Hände, die ich vor Jahren einmal gemacht habe. Sie stammt von einem Nicht-Theologen, einem Versicherungsmanager, den ich kenne. Der sagte mir einmal „die Auswirkungen der Erbsünde sieht man daran, dass jede Generation dieselben Fehler machen muss, immer neu. Wir können nicht wie andere Lebewesen Erfahrungen vererben.“
Jetzt einmal abgesehen von der langfristigen Evolution, in der wir selbstverständlich auf Umwelt reagieren und uns ändern, ist das ein wahrer Satz. Wir vererben Erfahrungen nicht weiter, wir müssen alle dieselben Fehler machen und aus denselben Fehlern lernen. Durch Einsicht kann man das vielleicht vermeiden, nicht aber durch Vererbung.
Die Erbsünde – so der Satz – lässt uns alle von vorne anfangen. Sie sagt, dass wir alle erlösungsbedürftig sind und dass keiner einen Vorsprung hat.
Interessanterweise ist dieser Satz aber auch die Definition von etwas ganz andere. Es ist auch die Definition von Freiheit.