Besiegen wirtschaftliche und finanzpolitische Gesichtspunkte die Demokratie? Wir verstehen doch schon gar nicht mehr, was genau vorgeht und ob die Entscheidungen der Politiker nun gut oder schlecht sind.
Eine Frage an Bernhard Emunds, Professors für Christliche Gesellschaftsethik und Sozialphilosophie an der katholischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main.
„Die derzeitige Situation zeigt, dass das Projekt des Euro auf des Messers Schneide steht. Es kann so sein, dass das Ganze scheitert. Es kann sich aber auch eine Fiskalunion durchsetzen. Das Problem, das damit verbunden ist, ist die Politik in Südeuropa. Ich beschreibe das gerne so, dass es so etwas wie eine Kreditlogik gibt. Wenn Sie einen Wachstumsprozess haben, dann ist es ganz normal, dass die Kredite ausgebreitet werden müssen. Das gehört zu einem solchen Prozess dazu. Das ist aus Sicht einer demokratischen Regierung auch durchaus sinnvoll, weil sie sehen muss, dass sie auch in Zukunft Kredite aufnehmen kann, und damit ihrem eigentlichen Auftrag nachkommen kann, nämlich der Logik demokratischer Prozesse entsprechend die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Und jetzt haben wir das Problem, dass dieses Folgen der Kreditlogik, dieses Schauen darauf, das irgendwie die Gläubiger bedient werden, dass die irgendwie zufrieden gestellt werden, dass die dazu führt, dass das Ziel der Kreditwürdigkeit zum allerersten Ziel der Politik wird. Dem wird alles andere untergeordnet, alles andere geopfert.“
Das führe zu massiven Verschlechterungen für Menschen, die von staatlichen Leistungen abhängig seien. „Die Kreditlogik hat die Logik der Demokratie verdrängt.“
Was ist zu tun?
„Diese Frage ist nach wie vor offen. Damit stellt sich schon die Frage, ob jetzt nicht der Punkt wäre, diese Kreditlogik zu beenden, damit die Logik demokratischer Politik die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, wieder zum tragen kommt. Wofür ich plädieren würde, wäre eben eine deutlicher Schuldenschnitt, der einen erheblichen Teil der Schulden dieser Länder reduziert und danach eine Fiskalunion kommt, um in Zukunft solche Probleme zu verhindern.“
Im Moment zeichne sich aber etwas ganz anderes ab. Es zeichne sich im Augenblick eine Fiskalunion ab, die die Stabilität durch Sparen bei den Mittelschichten und bei den Ausgaben für die Benachteiligten erreichen wolle. Man tue alles, um die Schulden bedienen zu können und damit die Vermögenswerte der Reichen abzusichern. „Hier sehe ich einen ganz massiven Verteilungskonflikt“, so Emunds.