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Schlagwort: Exegese

In Memoriam Klaus Berger

Veröffentlicht am 10. Juni 2020
ein großer Sprecher von Gott Klaus Berger 2017 bei einem Vortrag an der Universität Gregoriana in Rom

Und wieder geht ein großer Sprecher von Gott. Klaus Berger, Exeget, Frager, Schreiber, Sprecher, starb am vergangenen Montag. Unbequem war er und immer eine Bereicherung. Nie um ein Wort verlegen, gerne auch blumig und kantig, so hat er sich jahrelang zu Jesus und Kirche und Theologie geäußert. Gemeinsam mit seiner Frau hat er eine eigene Übersetzung des NT heraus gebracht, in eigener Reihenfolge der Texte und samt der Apokryphen. Da war keine Scheu in ihm, die ihn vor solch einem Werk zurück gehalten hätte.

In den vergangenen Jahren hatte ich mehrfach das Vergnügen, in kleinerem Kreis mit ihm zu tun zu haben. Ein anstrengendes Vergnügen war es, man konnte sich wunderbar an ihm reiben und irgendwie hatte ich auch immer das Gefühl, dass das auch seine Absicht war. Nicht abschauen, nicht ablesen, sondern selber denken.

Ein großer Sprecher von Gott

Dazu verwirrte er gerne. Mit Worten zum Beispiel: „Es herrscht ein bestimmtes Jesusbild vor, dass immer noch den Schlafzimmern des 20. Jahrhunderts entstammt”, so in einem Interview in Rom. Der Jesus, von dem er sprach, war einer, der „wirklich Neues [bringt], was häufig ja verschüttet ist, nicht zuletzt durch die dogmatischen Handbücher, durch die Katechismen und durch die Praxis der Kirchen.“ Und das Neue machte er sichtbar, in dem er das Alte aufrüttelte und durchschüttelte.

Hagenkord: Was würden Sie denn sagen, wie man sich Jesus nähern kann?

Berger: „Indem man anhand von Texten gnadenlos fragt: Wie soll ich das verstehen? Es geht zunächst um das Verstehen eines Fremden, der fremd geworden ist und in anderen Jahrhunderten wahrscheinlich nicht weniger fremd war (..). Es geht um die Begegnung mit einem, der fremd ist und diese Begegnung macht einen schon heiß, wenn man kurz davor ist, etwas davon mit zu bekommen. Es ist wie beim Topfschlagen (…), Theologen können helfen aber die Menschen müssen den entscheidenden Schlag selber machen. Wirkliche Begegnung mit Gott.“

Hagenkord: Bleibt uns der Jesus aber nicht doch auch nach allem Erklären und dann Nachfragen letztlich fremd?

Berger: „Ich finde, dass man jeden Tag gespannt sein darf, was man an genau diesem Tag aus dem Text herausfindet. Das ist bei manchen Texten manchmal ohne Ergebnis, dass man nichts findet, aber meistens ist es doch so, dass man weiter geführt wird, wirklich weiter geführt wird, so dass Jesus nicht fremd bleibt, sondern neue Eigenschaften von sich zeigt. Genau wie meine Frau auch. Meine Frau liebe ich in vergleichbarer Weise, dass ich gespannt bin, was ich heute an ihr entdecken kann.“

Hagenkord: Ruhe und beruhigt sein ist das Gegenteil von Bibellektüre?

Berger: „Ja. Man muss bereit sein, sich überraschen zu lassen und bereit sein, die liebsten Überzeugungen aufzugeben.“

Kirchlich, bildreich, liturgisch

Dabei war Berger immer auch kirchlich. Verwirrend kirchlich, eine Zeit lang wurde eifrigst spekuliert, ob er nun katholisch oder evangelisch sei, Klarheit und kirchliche Eindeutigkeit im Rahmen der Konvention war seine Sache nicht. Und liturgisch war er, da lag seine Bindung an den Orden der Zisterzienser, die ihm wichtig war und die ihn geprägt hat.

Er war ein Mann der Sprache, nicht nur der überlieferten. Seine eigene war bildreich. Ob er nun biblische Theologie mit Geflügelsalat verglich oder in ruhigen aber bestimmten Tönen über die Theologie schimpfte, die Jesus verharmlose. Nicht zuletzt deswegen war es stimmig, dass er sich zuletzt ausführlich dem bildreichsten Buch des Neuen Testamentes gewidmet hat, der Offenbarung des Johannes. „Die Kirche des Wortes lebt in der Welt der Bilder“, so Berger.

Ein großer Sprecher von Gott war er. Und sein unbequemes sprachlich anstrengendes Aufrütteln wird uns fehlen.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Exegese, Jesus, Klaus Berger, Neues Testament, TheologieSchreiben Sie einen Kommentar zu In Memoriam Klaus Berger

Barmherziger Samariter, revisited

Veröffentlicht am 10. Juli 201811. November 2018
An den Straßen von heute An den Straßen von heute

Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast. So lehrte Frère Roger. Man muss also kein Exeget sein, es lohnt sich die Bibel selber in die Hand zu nehmen und nicht auf die nächste Sonntagspredigt zu warten.

Das kann aber zum Abenteuer werden, wenn wir Bibellektüren begegnen, die so ganz und gar nicht das sind, was wir zu hören gewohnt sind.

An den Straßen von heute
An den Straßen von heute

Nehmen wir den barmherzigen Samariter, tausend Mal gehört, tausend Mal bepredigt. Intuitiv ist klar, was hier passiert.

Umso erstaunter war ich, als mir die Tage eine ganz andere Interpretation in die Hände fiel, ich gebe sie hier anonymisiert weiter [der Text ist Teil einer Email]:

Auch wurde wieder [bei einer Veranstaltung] das Gleichnis vom
„Barmherzigen Samariter” missbraucht:
Die Hilfsverpflichtung auf Grund der Verpflichtung zur christlichen Nächstenliebe betrifft nur einzelne Christen und nur in Bezug auf die situationsbedingt ihnen räumlich Nächsten und ist immer freiwillig; auch der Samariter im Beispiel Jesu hat nur räumlich nah geholfen, räumlich nah Herberge bezahlt, er konnte dies finanziell und er hat die Nächstenliebe freiwillig getan. Er hat den Überfallenen nicht mit nach Hause genommen, seine ganze Familie ebenfalls nicht zu sich eingeladen, dem Herbergswirt nicht gesagt, er solle alle nächsten Überfallenen sicher zu ihm nach Haus transportieren lassen, er würde alles bezahlen, er würde für alle und alle Nachkommen bis an das Lebensende aufkommen und allen die Möglichkeit der ganzheitlichen Entwicklung (Definition? das verstehe ich nur im Zusammenhang der Entwicklung von Kindern zu Erwachsenen) gewähren, und er hat auch nicht andere gezwungen, alles zu bezahlen; das alles hat er nicht gesagt und auch nicht getan.

Nun mag ich das aber nicht als interessengeleitete Lektüre abtun. Wir sollen ja das vom Evangelium leben, was wir verstanden haben, und hier ist jemand, der etwas versteht, was vielleicht den Exegeten verwundert.

 

Weisen, die Bibel zu lesen

 

Man kann die Bibel ganz verschieden betrachten. Die Bibelwissenschaft kennt zum Beispiel die so genannte historisch-kritische Methode, also den Versuch, historische Zusammenhänge, literarische Vorbilder, sprachliche Prägungen und dergleichen zu entdecken. Man rekonstruiert den Text historisch und erkennt so Sinn und Aussage. Der Vorteil: auch 3.000 Jahre alte Texte aus dem Alten Testament behalten ihren Charakter als alte Texte, werden trotzdem nachvollziehbar.

Eine andere Methode: die kanonische Bibelauslegung. Einzelne Bibeltexte werden mit anderen Bibeltexten in Zusammenhang gesehen, das historische Umfeld spielt eine eher untergeordnete Rolle.

 

Was ich verstanden habe

 

Eine dritte Methode habe ich beim Studium im angelsächsischen Raum kennen gelernt, die „reader-response-theory“, die danach fragt, was für Wirkungen Texte beim Leser haben, welche Rezeptions-Prozesse bereits in der Struktur des Textes angelegt sind.

Das alles muss es nicht in Reinkultur geben, meistens bedient man sich aller Werkzeuge. Benedikt XVI. zum Beispiel kombinierte gerne die ersten beiden Methoden, bei Franziskus findet man gerne auch die dritte von mir genannte Methode.

Was die von mir zitierte Email tut, ist aber weniger Exegese, sondern Eisegese, wie die Fachleute das nennen, also etwas in einen Text hinein lesen.

 

In den Text hinein gelesen

 

Was erzählt das Evangelium denn? Lukas 10 berichtet von einer Frage an Jesus, nämlich „was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ Wie sieht gelungenes Christsein aus, könnten wir heute fragen. Die Antwort Jesu ist ein Gebot (siehe: kanonische Bibelauslegung, Gebotstext aufschlagen und beides zusammen lesen). Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe gehören zusammen.

Dem Fragesteller fällt sehr richtig auf, dass der Knackpunkt „der Nächste“ ist. Was uns zur Debatte heute führt: um wen soll ich mich kümmern? Weiterlesen “Barmherziger Samariter, revisited”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Neulich im InternetSchlagwörter Barmherzigkeit, Bibel, Christentum, Evangelium, Exegese, Flüchtlinge, Hilfe, Samariter, Wissenschaft20 Kommentare zu Barmherziger Samariter, revisited

Der Pharisäer

Veröffentlicht am 25. August 201724. August 2017

Meinen Sie nicht auch, es könnte hilfreich sein, wenn Sie – in einem Kommentar oder „Blog“ – ad usum delphinorum darlegten, wen Seine Heiligkeit meint, wenn er von „Pharisäern“ spricht, und wen nicht? – Ein Kommentar hier im Blog, vor einiger Zeit schon.

Und auch bei unserem Facebook-Auftritt finden sich immer wieder Nachfragen, wie der Papst mit den Pharisäern umgeht. Schließlich sagt er denen alles mögliche nach, ihnen und ganz allgemein den Schriftgelehrten. Und wirklich geht die Schrift ja nicht wirklich zimperlich mit ihnen um. Religionswissenschaftler und -historiker sehen das etwas anders und sehen in den Angriffen – unter anderem durch den Papst – durch die Geschichte ungerechtfertigte Verunglimpfungen einer Frömmigkeitsbewegung des Judentums.

Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 23. August
Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 23. August

Ich will mal die Gelegenheit nutzen und darüber nachdenken, was der Papst da tut, wenn er so schlecht über die Pharisäer spricht. Schauen wir einmal hin, wenn der Papst über sie spricht:

Beispiel Eins: Zunächst einmal stehen die Pharisäer in der Art und Weise, wie der Papst die Schrift auslegt, für die Oppositionsrolle gegenüber Jesu Auslegung des Gesetzes. „Jesus ruft ihn in die Nachfolge und dazu, sein Jünger zu werden, und Matthäus akzeptiert und lädt ihn und die anderen Jünger zu sich nach Hause zum Essen ein. Daraufhin kommt es zu einer Diskussion zwischen den Pharisäern und den Jüngern Jesu, weil letztere sich mit Zöllnern und Sündern zu Tisch setzen. Du kannst doch zu solchen Leuten nicht nach Hause gehen!, sagten sie ihnen. Aber Jesus hielt zu diesen Leuten keine Distanz, er ging zu ihnen nach Hause und setzte sich mit ihnen zu Tisch: Das bedeutete, dass auch sie seine Jünger werden können!“ (GA 13. April 2016)

Die Pharisäer kennen die Reinheitsvorschriften und klagen sie ein, aber Jesus – und hier kommt wieder der Papst – ruft alle in die Nachfolge, auch die Sünder. Die Kirche sei nicht die „Gemeinschaft der Perfekten“, sondern die von „Jüngern auf dem Weg, die dem Herrn folgen, weil sie wissen, dass sie Sünder sind und seine Vergebung brauchen“. Christliches Leben sei daher „eine Schule der Demut, die uns für die Gnade öffnet“. Das könnten Menschen, die sich für „gerecht“ hielten, nur schwer verstehen. Und dafür müssen dann die Pharisäer herhalten.

Wenn die Historiker Recht haben, dann war es Teil der Bewegung der Pharisäer, die Regeln für Reinheit und andere Gesetze aus der Thora auch auf den Alltag anzuwenden, also die Menschen und ihr Leben einzubeziehen. Das erklärt den Widerstand, den man in der Frage erkennen kann. Beim Papst bleibt der Widerstand übrig, die Hintergründe sind an dieser Stelle – also während einer Generalaudienz – nicht sein Thema.

 

Der Moralist

 

Beispiel Zwei: der „kasuistische moralistische Pharisäer“ (26. Juni 2014). Hier spricht er allgemein über die Schriftgelehrten, die zum Volk „ohne Vollmacht“ sprechen, ihre Worte erreichten aber das Volk nicht, „sie standen dem Volk fern“. Mit Sicherheit „war die bekannteste dieser Gruppen die der Pharisäer“, sagte der Papst damals. Mit der Einschränkung, dass es auch gute Pharisäer gegeben habe, nur spreche Jesus nicht über die. Die, über die Jesus spreche, machten viele Gebote, kurz „sie bürdeten dem Volk diese Last auf: ‚Du musst das tun! Du musst!’“

Und dann schließt Papst Franziskus seine am Häufigsten auftretende Charakterisierung an: Sie verkürzten den Glauben an den lebendigen Gott auf eine reine Kasuistik und verfielen so „in Widersprüche grausamster Kasuistik“. Hier stehen die Pharisäer für Kasuisten, gemeint sind dem konkreten Leben fern stehende Richter, die mit Moral und Regeln Lasten auflegen, anstatt davon zu befreien. Weiterlesen “Der Pharisäer”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Bibel, Exegese, Franziskus, Klerikalismus, Moralismus, Neues Testament, Papst, Pharisäer, Predigt8 Kommentare zu Der Pharisäer

Baupläne von Kirche

Veröffentlicht am 11. Mai 2017

Es liegt bestimmt nicht daran, das es das letzte Buch der Bibel ist: Die Offenbarung des Johannes, weiter bekannt unter seinem griechischen Namen Apokalypse, führt eher ein Schattendasein. Einige Stellen daraus sind Gemeingut, in Kirche und auch außerhalb, aber als Buch, als integraler Text, ist es eher weniger bekannt.

Das ist bei mir selber nicht anders als bei anderen, Grund genug also, sich einen Vortrag zum Buch anzuhören, hier in Rom, am Päpstlichen Bibelinstitut. Vorgetragen hat kein Geringerer als der Exeget Klaus Berger, der damit auch gleich sein zweibändiges Werk zur Offenbarung vorgestellt hat.

Klaus Berger bei der Vorlesung
Klaus Berger bei der Vorlesung

Morgens war er noch beim emeritierten Papst, um mit ihm über das Thema zu sprechen, die beiden kennen sich seit Jahrzehnten. Man habe über Joachim von Fiore und dergleichen gesprochen, dar war viel Theologie im Spiel.

Und abends also für das interessierte Publikum.

Zentral war für Berger bei dem Vortrag die Frage nach der Kirche. Das Buch der Offenbarung spreche nicht wie andere Bücher des Neuen Testamentes vom „Reich Gottes“, sondern vom „himmlischen Jerusalem“, das zeigt eine andere Weise, von Kirche zu sprechen. Mehr noch als andere Sprachbilder mache das deutlich, dass man Kirche nur von der Zukunft her verstehen könne, vom Sieg über „menschenverachtende widergöttliche Macht“. Hier liege das Anliegen des Buches, sagt Berger, es sei seine Absicht, Trost – im geistlichen Sinn des Wortes – zu spenden, nicht zu verwechseln mit Vertröstung.

 

Anordnungen von Steinen und Toren

 

Es gehe in dem Buch viel um Anordnen, sagt Berger, das himmlische Jerusalem habe Tore und Grundsteine und Richtungen. Zahlen spielten eine sehr große Rolle, auch das Elemente der Anordnung.

Und damit sind wir dann auch schon bei der Frage der Kirche, „sag mir, war für einen Bauplan von Kirche du im Herzen trägst“ fragte Berger. Kirche könne man eben nur von Zukunft her verstehen, das sei das Anliegen dieser Prophetie. Hier gehe es nicht um ein großes Ratespiel, wer denn nun mit welchem Bild gemeint sei, hier gehe es um die „Offenlegung der verborgenen Dimension von Wirklichkeit“, eben um das Wesen der Kirche als von der Zukunft her kommend.

Gefüttert würde die Prophetie von Erinnerungen, es sei ein durch und durch jüdisches Buch, sagte Berger, die Erinnerungen seien deutlich aus dem Judentum gekommen, allein Zentralbild zeige das, das „himmlische Jerusalem“. Aber auch die Zwölfzahl, die sonst außerhalb der Evangelien eher eine untergeordnete Rolle spiele, weise darauf hin. Es gehe um die Wiederherstellung des Volkes Gottes.

Und für all das, für das Sprechen von Kirche nicht als soziale Gruppe sondern als theologisch zu verstehende Realität, würde diese für uns fremd wirkende phantastische Sprache gebraucht. Lieder, Zahlen, Musik, Anordnung, Tiere, all das weise auf das Zentrum der Offenbarung hin.

 

Eine theologische Frage

 

Hier liegt schon eine Anfrage: wenn wir selber von Kirche sprechen, meinen wir wirklich diese theologische Aussage? Oder erschöpft sich das in der soziologischen Größe? Böse formuliert, sind wir Kirche oder empfangen wir Kirche? Ich bitte gleich um Nachsicht, das ist überspitzt formuliert, ich will niemandem auf die Füße treten, aber die theologische Frage muss einfach sein.

Das Buch ist komplex in der Bildsprache, uns vielleicht auch sehr fremd geworden, aber mein Besuch im Biblikum zur Vorlesung bei Prof. Berger hat mich dann doch wieder neugierig gemacht, diese Bilder neu zu lesen. Oder um es mit dem Schlusssatz von Berger zu sagen: „Die Kirche des Wortes lebt in der Welt der Bilder“.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Glaube und Vernunft, Rom, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Apokalypse, Exegese, Kirchenverständnis, Klaus Berger, Neues Testament, Offenbarung des Johannes, Päpstliches Bibelinstitut3 Kommentare zu Baupläne von Kirche

„Aber das Wort kann man doch nicht lieben!“

Veröffentlicht am 10. November 201410. November 2014

Kennen Sie den Film ‚Breaking the Waves’? Lars von Trier, 1996? Es geht um Schuld, um Opfer, um Sexualität, um all die Themen, die von Trier immer wieder in seinen Filmen behandelt. Und es ist ein theologischer Film. Die Hauptperson Bess wird darin von ihrer calvinistischen Gemeinde exkommuniziert. In einer Versammlung der Gemeinde – bei der nur Männer das Wort führen dürfen – wird ihr das Wort Gottes vorgehalten, worauf sie ruft: „Aber das Wort kann man nicht lieben. Man kann nur einen Menschen lieben.”

Eine aufgeschlagene Bibel aus Taiwan, gedruckt 1933
Auch die Bibel: Chinesich.

Diese Formulierung ist mir hängen geblieben. Sie ist ja auch einprägsam und passt wunderbar zum Satz: Die Wahrheit des Christentums ist keine Sammlung von Sätzen, sondern eine Person: Jesus Christus. Aber da wollte ich gar nicht hin. Ich will etwas anderes sagen.

Immer wieder – auch und gerade in den Kommentaren hier im Blog – wird auf das Wort Gottes Bezug genommen. Da steht dies drin und das und danach müssen wir uns richten. Felsenfest und klar seien die Aussagen, wir seien nicht Herren über das Wort Gottes und so weiter. Und das ist auch alles richtig.

Bess’ Ausruf lässt mich aber noch mal nachschlagen: Wie gehen wir eigentlich mit dem Wort Gottes um?

Schauen wir einfach mal nach. Zum Beispiel in eine der wichtigsten Enzykliken zum Thema, „Divino Afflante Spiritu“, 1943 von Papst Pius XII. veröffentlicht. Der Umgang mit der Heiligen Schrift war in der katholischen Kirche ja nicht immer einfach. Vor allem das Aufkommen der Textkritik als Methode hatte zu Streit geführt, Pius XII. beendet diesen Streit zu Gunsten der historisch-kritischen Methode, wenn sie denn richtig angewandt wird. Das macht diese Enzyklika so wichtig und für heute noch – wo gerne einmal mit dem Wort Gottes wewedelt wird, ohne nachzudenken – so wichtig.

 

Zwei Straßengräben

 

Die wichtigste Aussage der Enzyklika: Was macht die Bibel zur Heiligen Schrift? Die Inspiration durch den Heiligen Geist. Das klingt erst einmal selbstverständlich, ist es natürlich auch, aber daraus folgen ja einige Dinge, die es zu beachten gilt.

Es hat vor allem Folgen für diejenigen, die sich mit der Schrift beschäftigen.

Was soll der Bibelwissenschaftler und jeder, der sich um die richtige Lektüre der Schrift tun? Versehen mit der Kenntnis der biblischen Sprachen und dem Instrument der Textkritik „die Auffindung und Erklärung des wahren Sinnes der heiligen Bücher“. Dabei gilt es, zwei Straßengräben zu vermeiden. Der eine ist die Beschränkung auf den „Literalsinn“, wie der Papst es nannte, also das Festhalten an der Wortwörtlichkeit, ohne Verstehen zu suchen. Dagegen hilft das Lernen der Sprachen der Bibel, dagegen hilft auch die Einsicht, dass wir ja gar keinen Urtext der Schrift haben, nur verschiedene Textzeugen, die teilweise Unterschiedliches, manchmal auch sich widersprechendes berichten. Es ist also an den Exegeten, nach bestem Wissen und Gewissen immer wieder die plausibelste Version des Textes zu erarbeiten. Allein das hilft schon gegen einen zu schlicht verstandenen Literalsinn. Weiterlesen “„Aber das Wort kann man doch nicht lieben!“”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Geschichte, Glaube und Vernunft, Rom, Sprechen von Gott, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter Bibel, Bibelkommission, Exegese, Pius XII., Schrift, Textkritik, Wissenschaft18 Kommentare zu „Aber das Wort kann man doch nicht lieben!“

Wolkenbruch und Exegese

Veröffentlicht am 11. Juni 2013
Prof Thomas Söding bei der Bischofssynode
Prof. Thomas Söding

Es ist nicht zynisch, die Not und Verzweiflung vieler Menschen betrachtend zu schauen, was wir geistlich aus Hochwasser und Hilfe lesen können, im Gegenteil. Der Bochumer Neutestamentler Thomas Söding macht sich an einen Exegetischen Kommentar zum Thema:

 

„Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wasser heranfluteten und die Stürme tobten und am Haus rüttelten, stürzte es nicht ein, denn es war ja auf Fels gebaut“ (Matthäusevangelium 7,24-25). Aber auch die dunkle Seite des Bildes wird von Jesus beleuchtet: „Wer aber meine Worte hört und sie nicht befolgt, gleicht einem dummen Menschen, der sein Haus auf Sand baut. Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wasser heranfluteten und die Stürme tobten und am Haus rüttelten, da stürzte es ein und wurde zerstört“ (Matthäusevangelium 7,26-27). Die Bergpredigt ist demnach elementare Daseinsvorsorge: An der Seite der Armen zu stehen, die seliggepriesen werden; dem verhassten Bruder auf dem Weg der Versöhnung zuvorzukommen, lieber die andere Wange hinzuhalten als selbst zuzuschlagen, ohne Hintergedanken zu spenden, das Vaterunser zu beten, sich nicht von den Sorgen ums Überleben auffressen zu lassen – nach Jesus ist das ein Katastrophenschutzprogramm mitten im Leben, im privaten und im öffentlichen. Ist das eine Illusion?“

Lesen Sie hier den Kommentar

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und VernunftSchlagwörter Bergpredigt, Bibel, Exegese, Flut, Fürsorge, Hilfe, Hochwasser, Jesus, Thomas Söding, überschwemmung7 Kommentare zu Wolkenbruch und Exegese

Praktische Blasphemie

Veröffentlicht am 13. Januar 201313. Januar 2013

Der Exeget Thomas Söding hat zur gegenwärtigen Debatte um Missbrauch und dessen Aufklärung einen interessanten exegetischen Kommentar geschrieben. Hier ein Auszug:

Was es aufzuarbeiten gilt, ist eine menschliche Katastrophe: missbrauchte Macht, verratenes Vertrauen, ausgenutzte Schwäche. Was es aufzuarbeiten gilt, ist aber auch eine religiöse Katastrophe. Es geht um praktische Blasphemie: Gottes Heiligkeit wird angetastet; sein Wille wird pervertiert, seine Barmherzigkeit wird in den Dreck gezogen.

Das Markusevangelium hat aber (im Spruch vom Mühlstein) nicht nur die Warnung der Jünger vor Missbrauch aufbewahrt; es überliefert auch ein Jesuswort, das den Weg weist, die nötige Aufklärung zu treiben: „Nichts wird geheim gehalten, außer damit es an die Öffentlichkeit kommt“ (Mk 4,22). Es ist von genau derselben religiösen Radikalität und Klarheit wie das schreckliche Wort vom Mühlstein, das doch nur den Schrecken des Missbrauchs im Gewande der Frömmigkeit bannt.

Was offengelegt werden muss, sind die Untaten der Täter, ihre Zahl und Schwere, ihre Ursachen, Erscheinungen und Folgen. Es gibt die These, dass der Zölibat und die Seminarausbildung, die katholische Sexualmoral und der klerikale Korpsgeist die Ursache seien. Es gibt die Gegenthese, dass all dies keine Gründe, keine Motive, keine begünstigenden Umstände seien. Wer hat Recht? Die Antwort ist von ungeheurer Wichtigkeit. Sie kann nur durch unabhängige Forschung gegeben werden.

 

Soweit ein kurzer Auszug, den ganzen Text lesen Sie hier.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und GerechtigkeitSchlagwörter Aufklärung, Bibel, Exegese, Jesus, Markusevangelium, Missbrauch, Söding19 Kommentare zu Praktische Blasphemie

„Wenn du es verstehst, ist es nicht Gott.“

Veröffentlicht am 10. März 201210. März 2012

Die Situation der wissenschaftlichen Theologie gibt Anlass zur Besorgnis: Eines der Ergebnisse der Versammlung der deutschen Bischöfe vor zwei Wochen. Gleichzeitig blicken die Medien in diesen Tagen auf ein Jahr Theologenmemorandum zurück. Garniert wird das Ganze von den Diskussionen um die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Was für eine Rolle haben Theologen und hat die Theologie? Passend dazu hat die Internationale Theologische Kommission des Vatikan an diesem Donnerstag ein Dokument veröffentlicht, dessen Ursprünge fast vier Jahre zurück liegen. Entstanden ist ein sehr grundsätzlicher Text, bislang gibt es ihn ausschließlich auf Englisch.

Man sieht die Fragmentarisierung der Theologie in einzelne Bereiche, man sieht gleichzeitig aber auch die enorme Fruchtbarkeit von Theologie seit dem vergangenen Konzil. Gerade kulturelle Kontexte außerhalb Europas hätten viel beigetragen zu einem neuen Denken, Frieden, Befreiung, Ökologie und Bioethik seien ebenfalls feste Bestandteile der Theologie geworden. Neue liturgische, exegetische, liturgische Methoden seien entwickelt worden, alles „grundsätzlich positive Entwicklungen“. Trotzdem stelle sich nun die Frage nach der Identität katholischer Theologie. Wobei der Text gleich anfügt, dass unter Identität auf keinen Fall Einheitlichkeit oder Uniformität zu verstehen sei. Weiterlesen “„Wenn du es verstehst, ist es nicht Gott.“”

Kategorien Allgemein, Glaube und Vernunft, VatikanSchlagwörter Bibel, Exegese, Gemeinschaft, Glaube, Glaubende, Glaubenssinn, Internationale Theologische Kommission, Kirche, Konzil, Theologie, Vatikanum, Wissenschaft3 Kommentare zu „Wenn du es verstehst, ist es nicht Gott.“

„Anhand von Texten gnadenlos fragen”: Ein Gespräch mit Klaus Berger

Veröffentlicht am 11. Februar 201223. September 2012

Jesus, Gesicht einer Holzfigur„Die Theologen selber haben alles getan, um Jesus verschwinden zu lassen, indem sie ihn bestenfalls einen Sozialrevolutionär haben werden lassen, oder einen Bauernführer, da sind die abenteuerlichsten Jesusbilder entstanden. Die Flut der Jesusliteratur war kein Segen, sondern hat die Menschen noch einmal tiefgreifend verwirrt.“

Professor Klaus Berger ist einer der kantigsten Exegeten deutscher Zunge, berühmt ist sein Jesus Buch, das er als Ergebnis eines Lebens der Forschung für Jesus-Sucher geschrieben hat, berühmt ist auch seine Sammlung von Evangelientexten und anderen frühchristlichen Schriften in neuer Übersetzung und neuer zeitlicher Ordnung. Er war und ist nie um Meinung und Aussage verlegen. Er ist außerdem Familiar im Zisterzienserorden, also auch dem Ordensleben verbunden. Die italienische Bischofskonferenz hat ihn für eine dreitägige Konferenz nach Rom unter dem Titel „Der gegenwärtige Jesus“ eingeladen, eine Gelegenheit für ein Gespräch über Exegese und Schrift, über Jesus und den modernen Menschen und über störende Jesusbilder.

 

„Es herrscht ein bestimmtes Jesusbild vor, dass immer noch den Schlafzimmern des 20. Jahrhunderts entstammt: Jesus als Vegetarier, als Pazifist, als der Mensch, den man eigentlich nicht ganz ernst nehmen darf, dem man auf die Schulter klopft und sagt: Du hast es auch nicht besser gewusst, Kollege. So gehen moderne Menschen mit Jesus um, indem sie ihn einfach nicht für voll nehmen.“ Weiterlesen “„Anhand von Texten gnadenlos fragen”: Ein Gespräch mit Klaus Berger”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Interview, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Bibel, Exegese, Gesellschaft, Glaube und Vernunft, Glauben, Gottsuche, Heilige Schrift, Jesus, Klaus Berger, Moderne, Studium, Suche, Theologie25 Kommentare zu „Anhand von Texten gnadenlos fragen”: Ein Gespräch mit Klaus Berger

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