Über 100.000 Menschen haben das Video bei uns auf Facebook gesehen, über 30.000 haben es auch angesehen, und das sind die Zahlen von heute früh, 8 Uhr. Und das sind nur unsere eigenen Zahlen, dazu kommt YouTube, dazu kommen die anderen Sprachen Englisch, Italienisch, Spanisch, Arabisch, Chinesisch, Hebräisch, Portugiesisch … . Gestern um 17 Uhr ist es online gegangen, die ersten Gebetsaufrufe des Papstes, die per Video, vom Papst selber, verbreitet werden. Bislang haben diese Intentionen eher ein Schattendasein geführt, was die mediale Aufmerksamkeit angeht.
Zunächst: Es gibt viel „Danke, Papst Franziskus“ unter den Kommentaren. Dies sei der Weg des Dialoges, und so weiter. Da hat der Papst mit seinem Text und haben die Macher des Videos mit ihren Bildern genau den richtigen Ton getroffen, meinen viele. „Riesen Respekt“.
Es gibt aber auch Bedenken. Ein Kommentator spricht von der „feinen Linie zwischen Indifferenz und Synkretismus“ und vermutet eine „Welteinheitsreligion“ ohne Jesus Christus. Immer wieder wird Joh 14:6 („Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“) zitiert. Der „einzige Dreh- und Angelpunkt ist Jesus Christus“, „Wie kann der Papst diese Wahrheit öffentlich vor der ganzen Welt mit Füßen treten?“
Andere lehnen das Video aus ganz anderen Gründen ab: „Ich habe das Video in einer Gruppe „Bibelkunde” geteilt. Es kamen nur Beschimpfungen. Der Papst sei der Antichrist aus der Offenbarung, man dürfe niemanden anderes Vater nennen, wir seien nicht alle Kinder Gottes usw. usf. Es wird ein langer Weg, dieser ökumenische Weg.”
„Riesen Respekt“
Deswegen ist das ja ein Gebetsanliegen und keine dogmatische Konstitution.
Drei Dinge fallen mir dazu auf. Erstens das Ziel des Videos. Der Papst betreibt hier nicht die Vision einer Religion für alle, er bespielt auch nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner. Er geht um den Dialog, der Frieden und Gerechtigkeit hervor bringt. Dialog hat einen Grund, nämlich die Verschiedenheit der Glaubensüberzeugungen, und ein Ziel, nämlich Frieden und Gerechtigkeit.
Zweitens zeigt das Video nicht, dass alle Religionen irgendwie gleich sind. Es zeigt dagegen den Respekt, den wir für eine Begegnung mit anderen Gläubigen haben sollen. Weil wir Brüder und Schwestern sind, nicht weil es um Wahrheit geht, um die Frage geht es hier erst mal gar nicht. Die vier Menschen, die man sieht, stehen für ihren Glauben und das braucht erst einmal den Respekt.
Drittens fällt sofort auf, dass der Christ – offensichtlich ein katholischer Priester, dargestellt übrigens vom ehemaligen Pressesprecher Kardinal Jorge Mario Bergoglios aus Buenos Aires, Guillermo Marco, der im interreligiösen Dialog sehr aktiv ist – nicht „ich glaube an Gott“ sagt, sondern „ich glaube an Jesus Christus“. Weiterlesen “„Auffächerung der Religionen“”