Die Schweiz ist nicht nur Idyll und Berge und Schnee und Urlaub, nicht nur Großstadt und Banken und Finanzwirtschaft. Die Schweiz, das sind auch Einwanderer, das Land ist beliebt wegen seines Reichtums, seiner ökonomischen Sicherheit und seiner stabilen Demokratie. Das finden nicht alle Schweizer gut, die SVP hatte im Februar bundesweit über eine „Masseneinwanderungsinitiative“ gestartet mit hässlichen Bildern und viel Angstmache vor Überfremdung.
Im Juni war ich dort unterwegs, habe viele Leute getroffen, interviewt oder einfach nur eine Unterhaltung geführt, um da Land und die Kirche dort kennen zu lernen. Das Gespräch kam immer wieder auf diese politische Polarisierung zu sprechen. Die sitzt tief.
Die Uni Fribourg setzt etwas dagegen. Auch da war ich zu Besuch. An der Fakultät für Katholische Theologie soll ein Zentrum entstehen, und zwar für islamische Theologie. Was es damit auf sich hat, habe ich den Rektor der Hochschule gefragt, Dominikanerpater und Professor Guido Vergauwen.
„Das Religiöse ist immer auch politisch“, sagt Pater Guido. „Tatsächlich ist das Projekt langfristig aus Fragen entstanden, die zu tun haben mit der Integration der islamischen Bevölkerung. Natürlich kommen dann sofort auch politische Rückfragen, die mit der Integration zusammen hängen.“ Das mit der Theologie beginnt also politisch, mit einer Bundesparlamentsinitiative 2009, es sollte um eine „Schweizerisierung“ der Muslime gehen, sagt Pater Guido. Von diesen rein politischen Absichten hat sich das Projekt aber seitdem emanzipiert. Auch wenn es noch nicht Realität ist – die politischen Rückfragen, von denen der Rektor spricht, sind ganz konkrete Anfragen einer Schweizer Partei – geht es doch einen wissenschaftlichen, nicht einen politischen und damit verzweckten Weg.
Theologie, nicht Religionswissenschaft
Deswegen ist es auch Theologie, nicht Religionswissenschaft. Es soll theologische Wissenschaft sein, erklärt Pater Guido Vergauwen, „ausdrücklich aus der Glaubensperspektive heraus. Aus den Gesprächen mit Vertretern der muslimischen Gemeinschaft hier in der Schweiz ist uns sehr rasch klar geworden, dass sie sich nicht theoretisch mit ihrer eigenen Religion auseinander setzen wollen. Sie wollen sich aber auch nicht theoretisch auseinandersetzen mit der Religion des Anderen. Sondern sie wollen quasi auf Augenhöhe als Glaubende miteinander ins Gespräch kommen. Ich denke, dass theologisch da schon viel Vorarbeit geleistet ist, die Frage Christentum und Islam ist selbstverständlich keine neue Frage, aber ich denke, dass wir vor allem hier in der Schweiz theologisch noch manches aufarbeiten können und müssen.“
Man mag da eben an die Masseneinwanderungsinitiative der SVP denken, die im Februar dieses Jahres zur Abstimmung stand und die einen erschreckenden Grad an Fremdenfeindlichkeit gezeigt hat.
Als ‚Dialogwissenschaft’ könnte man das Projekt bezeichnen, wobei man bei Dialog immer die Bedingungen dazu mitdenken müsse: Gegenseitiger Respekt, die Fähigkeit, unterschiedliche Meinungen auch einmal stehen zu lassen und den gemeinsamen Wunsch, die Gesellschaft zu prägen. Weiterlesen “„Das Religiöse ist immer auch politisch“”