Es ist mittlerweile Teil der Reisetätigkeit: Papst Franziskus trifft auf allen Auslandsreisen (fast) immer seine Mitbrüder aus dem Jesuitenorden. Mal ist es eine kleine Kommunität wie in Havanna auf Kuba, mal ist es wie zuletzt in Kolumbien die ganze Ordensprovinz. Immer ist es ganz vertraulich, selbst für die teilnehmenden Jesuiten, erst im Abstand von einigen Wochen gibt es dann einen Bericht. Und zwar ebenfalls von einem Jesuiten, vom Italiener Antonio Spadaro, der immer dabei ist und für den Papst diese Treffen organisiert.
Im Allgemeinen betont der Papst seine Zugehörigkeit zum Orden nicht zu stark. Die Ernennungen von Jesuiten zu Bischöfen etwa ist eher noch zurück gegangen, auch gibt es derzeit keinen einzigen wahlberechtigten Jesuitenkardinal (obwohl sich das wohl mit Luis Ladaria SJ ändern wird, der seit kurzem die Glaubenskongregation leitet). Das finde ich gut, als Papst einen Orden und sei es den eigenen zu bevorzugen darf auch nicht sein.
Und doch haben diese Treffen etwas Familiäres. Zu Beginn, 2013 und 2014 hatte Papst Franziskus mit uns römischen Jesuiten einige Male die Messe gefeiert, ab und zu schaut er auch auf ein Mittagessen in der Generalskurie vorbei (aber nicht in den anderen Häusern des Ordens). Ständiger Fixpunkt der Orden-Papst-Treffen sind aber die Begegnungen bei den Reisen.
In Polen zum Beispiel hatte er uns auf den Weg mitgegeben, sich um „Unterscheidung“ zu kümmern. Beim Papst ist dieses Wort ganz neu in den Vordergrund getreten, auch weil es in der Spiritualität der Jesuiten eine große Rolle spielt. Es sei nun an den Jesuiten, das zu verbreiten und zugänglich zu machen.
In Kolumbien hat er auf eine Frage zur Theologie sein Mantra wiederholt, Theologie dürfe man nicht im Labor betreiben, sie müsse im Dialog und im konkreten Leben geschehen. Theologie sei ein Weg, kein festes System.
Was er uns auf den Weg gibt
Solche Sachen sind zwar für alle Christinnen und Christen richtig und wichtig, dass er es aber uns sagt bedeutet uns viel. Damit gibt er uns keine Richtung vor. Er greift nicht ein in den Orden und regiert ihn sozusagen irgendwie mit. Vor einem Jahr etwa tagte in Rom die Generalkongregation des Ordens, die oberste Versammlung, und da erwartete man vom Papst so etwas wie eine Richtung für die Beratungen, wie sie Papst Paul VI. dem Orden gegeben hatte durch den Auftrag, sich vor allem im Dialog mit dem Atheismus einzusetzen. Das geschah aber nicht. Papst Franziskus greift nicht ein, gibt uns nicht vor.
Das ist gut, weil wir dadurch diesem Papst nicht näher stehen als vorher Benedikt oder nachher seinem Nachfolger. Wir sind ein besonders dem Papstamt verbundener Orden, immer schon gewesen, das darf aber nicht zu sehr an einer bestimmten Person oder einer anderen hängen.
Das hat aber auch den Nachteil, dass vor allem die deutschsprachigen Jesuiten in meinen Augen zu wenig tun, um diesen Papst und seine Spiritualität zu erklären. Da könnten wir einen großen Dienst leisten, aber der Wunsch, nicht zu sehr papistisch zu werden (oder zu wirken), wiegt schwer.
Der Papst ist Jesuit, trifft Jesuiten, bevorzugt Jesuiten aber nicht. So soll es sein. Aber am „Projekt Franziskus“, der Reform von Kirche und Glaubensleben, dürften wir uns durchaus noch etwas sichtbarer beteiligen. Meine jedenfalls ich persönlich.