Jeden Morgen gehe ich durch Betonblöcke hindurch. Diese runden großen hohlen, die ein wenig so aussehen, als gehörten sie zusammengesteckt und unterirdisch verlegt und sollten eigentlich Wasser führen. Hier in Rom liegen sie auf der Seite, mit Erde gefüllt und bepflanzt. Was hübsch aussieht.
Sie stehen aber im Eingang der Via della Conciliazione, die auf den Vatikan zuführt, und auch an der Seitenstraße, durch die ich komme. Was deren Zweck erklärt: Es ist nicht Schönheit, die Blöcke sollen LKWs aufhalten, die von Terroristen gekapert vielleicht Menschen umbringen wollen.
Jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit werde ich an die vielen Opfer erinnert, welche durch Terror hier in Europa bereits umgebracht wurden: Brüssel, Barcelona, Berlin, Nizza, London und so weiter. Es ist eine kleine kurze geistliche Übung geworden, bei all der Schönheit, welche die Pflanzen bringen, die Polizisten und das Militär nicht zu übersehen und die Opfer kurz ins Gedächtnis und ins Gebet zu heben.
Jeden Tag schleicht sich dann aber auch die Frage ein, wann Rom dran ist. Bislang ist Italien verschont geblieben. Ob das Absicht ist, kann ich nicht sagen. Das kann keiner. Manchmal dröhnen irgendwelche Terroristen im Netz, jetzt sei Rom dran, aber was soll man davon schon halten?
Die Unsicherheit bleibt
Jeden Morgen auf dem Weg durch die Betonblöcke kommt dann aber auch ein zweiter Gedanke dazu, ganz regelmäßig. Ich denke an Brüssel, Barcelona, Berlin, Nizza, London, aber wie ist das mit Burkina Faso? Mit den Philippinen? All dem anderen Terror, für den der Eifelturm nicht abgeschaltet und das Brandenburger Tor nicht beleuchtet wird?
Wir debattieren das oft auch in der Reaktion, wenn wir wieder einmal im Content Management System unendlich viele Bilder zum einen Anschlag und fast keine zum anderen finden. Das spiegelt – leider – das Interesse der internationalen (spricht: europäischen u. US-amerikanischen) Medien wieder.
Ab und zu sitzen wir auch mal mit Freunden abends, um darüber zu sprechen. Angst macht sich irgendwie nicht breit, dafür ist das Ganze zu abstrakt. Die Journalisten unter den Gesprächspartnern sind überzeugt, dass es demnächst auch Italien treffen wird. Aber auch das bleibt abstrakt.
Städte sind zu Stein gewordenes menschliches Verhalten. So wie wir leben, so entstehen die Dinge um uns herum. An der Stadt kann man uns erkennen. Und eben auch unsere Angst und eben auch unser Abschotten gegen mögliche Formen des Terrors. Und so werde ich mich an die Betonblöcke wohl gewöhnen müssen.
Wenigstens vergesse ich so die Opfer nicht.