Die Wahl eines Lateinamerikaners zum Papst ist ein gutes Zeichen auch für Afrika, für Indien und für Ostasien. Dieses Lied habe ich nach dem 13. März immer wieder gesungen und war auch überzeugt davon. Das Sprechen von den „Armen“, zu denen Jesus gegangen sei, würde uns hier im Westen herausfordern.
In verschiedenen Interviews mit Kardinälen habe ich dies als Frage gestellt, und immer und unabhängig voneinander wurde mir widersprochen. Oder besser: Ich wurde aus Südafrika, Indien und Ostasien korrigiert.
Am klarsten von Telesphore Placidus Kardinal Toppo, dem Erzbischof von Ranchi in Indien. „Es war mein zweites Konklave und auch wenn es menschlich so aussieht, als ob wir dieses mal etwas völlig anderes gewählt hätten als letztes mal bin ich überzeugt, dass es auch dieses mal der richtige Mann zur richtigen Zeit ist“, so Toppo im Interview. „Dass es ein Papst aus Lateinamerika ist, das hat bei uns keine Rolle gespielt.“
Ob nun Europa vom Rest der Welt lernen müsse, da der Papst andere kulturelle Prägungen mitbringe und damit das Scheinwerferlicht auf diese Erfahrungen falle, habe ich ihn gefragt. Jesus sei zwar in Asien geboren, aber die Kirche habe sich dann in Europa entwickelt, antwortet Kardinal Toppo. „Es gibt immer noch viel, was wir lernen können, genauso wie Europa von uns lernen kann.“ Die Kirche wird internationaler, aber das bedeute keine Abwertung der Rolle Europas. Das war nicht das, was ich als Antwort erwartete hatte.
Er berichtet von einem Schulbesuch Mutter Teresas in England: Ob jetzt alle Schulen verkauft werden müssten und die Mittel für die Armen eingesetzt, sei sie gefragt worden. Nein, habe sie geantwortet, auch diese Mittelklasse- Bildungsbürger hätten ein Recht auf die Frohe Botschaft, man müsse nur sicherstellen, dass es auch wirklich die Frohe Botschaft Jesu sei, und die sei an die Armen gerichtet. „Wir haben einen Papst gewählt, der die Armen anspricht, aber er wird den Rest der Welt nicht vergessen.“
Es wird allem Anschein widersprechend nicht ganz so einfach werden, den neuen Papst zu verstehen, wie uns vielleicht die ersten Wochen und Fernsehbilder zeigen wollen.