Da wird kirchliche Lehre geändert! Der Trauer-, Skandal- und Schlachtruf all derer, die nicht einverstanden sind mit vielem, was in der Kirche so vorgeht. Die Lehre, die wir empfangen haben und weiter geben sollen, die mit dem Siegel der Unfehlbarkeit der Kirche versehen ist, die zu bewahren und zu schützen ist, die wird verändert. Schlimm!
Der Schrei passiert meistens dann, wenn es um Moral-Lehre geht. Siehe Amoris Laetitia und den Empfang der Kommunion, sei es für wiederverheiratete Geschiedene oder für konfessionsverbindende Ehen. Was ist Ehe, was darf Ehe, wer darf Ehe, und wie darf das mit dem Sexualleben sein, darauf wird das leider meistens reduziert.
Was daran eindeutig stimmt ist natürlich, dass wir das, was wir glauben, nicht einfach per Ukas oder per Mehrheitsbeschluss ändern können. Es gibt die Bibel, es gibt die Tradition und die Entscheidungen und Erwägungen der Generationen vor uns, der Glaube „gehört“ uns nicht, es gilt ihn zu leben und zu reflektieren, nicht passend zu machen. Dafür steht – mindestens – das Kreuz.
Was aber auch stimmt ist, dass die Lehre nichts Monolithisches ist. Sie lebt, sie ist nicht zwischen Buchdeckel einzuzwängen. Ein Wort, das gestern oder vor 100 Jahren eine bestimmte Bedeutung hatte, hat diese Bedeutung gewechselt, schlicht deswegen, weil Sprache lebt. Auch kann ich bei Übersetzungen nicht auch die Bedeutungszusammenhänge mit postulieren, Übersetzung ist immer auch kulturelle Übersetzung. Und ich darf nicht bei der Verkündigung eine bestimmte Kultur als Referenzgröße setzen, da ist Papst Franziskus sehr klar.
Bedeutungswandel, Bedeutungsübersetzung
Im August hat es ein Beispiel gegeben, wo es eine Änderung des Katechismus gegeben hat, wo also ein Lehrsatz der Kirche sich geändert hat, und wo bei dieser Änderung der Grund für den Wandel gleich mit in den Katechismus eingeschrieben wurde.
Es geht um die Todesstrafe. Von einer abwägenden Regelung „Soweit unblutige Mittel hinreichen […] hat sich die Autorität an diese Mittel zu halten […]“, es wurde also eine Unterscheidung eingefordert, wenn auch mit eindeutiger Schlagseite gegen die Anwendung. Nun ist es absolut formuliert: „Deshalb lehrt die Kirche im Licht des Evangeliums, dass die Todesstrafe unzulässig ist, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt“ (Katechismus 2267). Johannes Paul II. hatte noch einen Wunsch ausgesprochen, 1999 in St Louis, USA. Nachfolge Christi müsse „pro-life“ sein, und zwar in jeglicher Hinsicht. Papst Franziskus hat das aufgegriffen und jetzt in Katechismusworte umsetzen lassen.
Nebenbemerkung: dass Widerstand gegen diese Änderung außgerechnet von Katholiken kommt, die sich ausdrücklich als „pro-life“ bezeichnen, schon ein wenig ironisch. Oder tragisch.
Immer pro-life
Aber zurück zur Änderung: Spannend sind hier die dem eben zitierten Satz aus dem Katechismus vorausgehenden zwei Absätze: Es wird hingewiesen auf die Ergebnisse von Reflexion des bisher als Gültig angenommenen: „Lange Zeit wurde …“. Nicht vergessen dürfen wir, dass selbstverständlich auch christliche Herrscher bis hin zum Papst die Todesstrafe verhängt haben, mit Segen der Kirche, auch im Vatikanstaat. Gerade einmal 150 Jahre ist die letzte Hinrichtung her. Weiterlesen „Wachsende Einsicht“