Die Zukunft war auch schon mal anders. Leben auf fremden Planeten, unter Ozeanen und so, das war der Horizont. Nun fragen wir danach, wie alt ich werden kann und ob wir uns alle von proteinreichen Mehlwürmern ernähren werden. Kleiner ist sie geworden, aber das was wir mit dem Planeten angerichtet haben, ändert halt auch die Frage, wie wir leben wollen, in Zukunft.
In Berlin hat das Futurium eröffnet. Da kann man sich über derlei Fragen informieren. Gleich neben dem Hauptbahnhof, der ja auch mal für Zukunft stand.
Wie wir leben wollen, sollen, werden
Zu sehen ist erst einmal viel Gegenwart. Was man im Futurium sieht oder besser worüber man informiert wird, das sind Technologien, die es schon gibt und die dann mal unsere Welt bestimmen werden. Bio-Design gehört dazu, und natürlich Künstliche Intelligenz und was man mit der machen kann. 3D-Drucker führen vor, wie Baustrukturen der Natur imitiert und umgesetzt werden. Faszinierend, aber der Name „Futurium“ versprach irgendwie anderes.
Angenehm ist, dass aus der Technik keine Legitimation gewonnen wird. Weil es so kommt, müssen wir jetzt dies oder jenes oder gelten diese oder jene Werte nicht mehr. Das Ganze ist sehr sachlich und ein wenig spielerisch. Was die vielen Kinder am Eröffnungswochenende sichtlich erfreut hat. Da wird nicht über den Umweg Zukunft die Gegenwart gedeutet.
Zukunft ist sachlich, nicht utopisch
Deswegen gibt es im Futurium auch wenig Utopien. Einige Vorträge versuchten sich daran, aber so richtig utopisch wurde es nie.
Es geht um Ordnung, um Arbeit, um Umwelt und Privatsphäre. Alles positiv, Gefahren scheint es da nicht zu geben. Aber fast schon verschämt leuchtet an einer Wand im ersten Stock auch die Frage auf, wie das Glück von morgen aussieht. Die Frage passt nicht so richtig da rein, ist doch sonst alles technisch gehalten.
Was wird Glück sein?
Glück. Nicht das wir wüssten, was das in der Gegenwart ist, aber für die Zukunft darf die Frage auch mal gestellt werden. Denn all das andere, was sich auf drei Etagen in Berlin sammelt, hat einen Nutzen. Hat Zweck. Aber das Zweckfreie, zum Beispiel das Glück, das kommt wenig vor.
Und auch nicht der Anwalt des vom Nutzen freien, der Glaube. Oder meinetwegen die Spiritualität. Das Blicken über das was ist hinaus. Es geht um bauliche Veränderungen am Menschen, um den Menschen in sich selbst steuernden und regulierenden Systemen. Aber Solidarität? Gerechtigkeit? Oder die gute alte Nächstenliebe? Das kommt nicht vor.
Wo bleiben Gerechtigkeit, Glauben, Solidarität?
Nun wäre das Futurium vielleicht überfordert, wollten wir es mit diesen Fragen überladen. Aber da es nun mal um die Zukunft geht, können diese Fragen nicht draußen bleiben. Und wenn sie drinnen nicht gestellt werden, dann stecken sie mindestens in meinem Kopf.
Wenn uns das gegenwärtige Desaster etwa lehrt, dann doch das, dass rein technische Lösungen nichts bringen. Das Futurium will uns zeigen, wie sehr wir noch von der Natur lernen können, wie Technik von Aufmerksamkeit lebt. Und das ist wirklich spannend zu sehen. Nur gehört die Debatte um all die anderen Dinge auch dazu, damit wir überhaupt eine Zukunft haben.
Zukunftsfragen sind immer auch Gegenwartsfragen. Weswegen der Titel zum Futurium an der Fassade „Wie wollen wir leben?“, auch wunderbar treffend ist. Denn er fragt uns, heute, hier. Wir sind jetzt gefragt, wir bekommen keine Antworten aus der Zukunft und den Verheißungen der Technik. Jetzt und hier müssen wir nach Glück und Spiritualität und Gerechtigkeit und Glauben und all dem anderen fragen. Und nach der Technik. Dann haben wir auch eine Zukunft.
Es geht doch nichts über die Gegenwart.