Noch einmal die Frage nach dem Klima, noch einmal die Frage nach dem Papst und seiner Enzyklika, noch einmal die Frage, wie das vor deren Erscheinen debattiert wird. Aber jetzt geht es nicht um die Kirche. Es geht um Politik. Obwohl erst im Herbst 2016 ein neuer Präsident gewählt wird, laufen die Werbemaschinen bereits auf Volltouren. Jetzt ist in den USA ein TV-Clip erschienen, der ganz direkt Papst Franziskus auftreten lässt.
Neun von zehn Latinos seien dafür, dass die Regierung sofort gegen den Klimawandel handle, heißt es zu Beginn. Und: Nichts zu tun sei viel teurer. Und dann wechselt die Stimme, von der Frau aus dem Off geht sie über auf einen Mann, es klingt wie ein Stück Nachrichten. Man sieht Papst Franziskus, wie er UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon trifft und dazu heißt es, „Papst Franziskus wird den Klimawandel als dringendes moralisches Gebot angehen.“
So weit, so harmlos. Aber dann wendet sich der Spot gegen die Brüder Koch, zwei US-amerikanische Industrielle und Multimillionäre, denen unterstellt wird, viel Geld – es ist die Rede von 900 Millionen Dollar – in den Wahlkampf zu stecken, um ihre Industrien zu schützen, also die den Planeten verschmutzenden Industrien. Sie hätten die Republikanische Partei gekauft und seien nun dabei, den Papst „einzuschüchtern“. Gezeigt werden Bilder einer Konferenz in Rom, in der US-Amerikaner für traditionelle Energiegewinnung durch Kohle und Öl sprechen und davon, dass der Papst sich für diese einsetzen müsse – unterstellt wird, dass es die Industrie der Koch-Brüder sei. Man dürfe nicht zulassen, dass die Brüder Koch und die Republikaner „uns zum schweigen bringen“, heißt es zum Abschluss.
Und das ist der Clou, der gesamte Spot ist nicht etwa auf Englisch, sondern auf Spanisch gemacht, richtet sich also an die mehrheitlich katholischen Latinos in den USA. Die Latinos sind mit dem „Wir“ gemeint. Vor dem Papstbesuch im September, vor dem Auftritt des Papstes vor dem Kongress und danach vor der UNO, wird Papst Franziskus einsortiert in Parteipolitik.
Dahinter steht ein so genannter Super-PAC, also ein Aktionskomitee, das der besonderen Wahlkampf-Gesetzgebung folgt, vor allem finanziell. So lange man keine Kandidaten nennt, darf man so viel Geld ausgeben, wie man will.
Schon in der Vergangenheit war in den US-Medien viel über den Papst und die Erderwärmung zu lesen, dort scheint die gesamte Klima- und Umweltschutzdebatte – anders als in Europa – auf diese eine Frage enggeführt zu werden. Vielleicht ist es deswegen kein Wunder, dass der Papst nun auch zu Wahlkampfzwecken zwangsrekrutiert wird. Die Situation ist aufgeladen. Und wenn in den kommenden Wochen die Enzyklika erscheinen wird, dann wird der Streit erst richtig losgehen, ganz gleich, was genau der Papst sagen wird. Denn leider wird man versuchen, den Papst vor den jeweils eigenen Wagen zu spannen. Soviel jedenfalls hat der Spot bereits bewiesen.