Die andere Welt – L’altro mondo, so heißt ein Blog, der unter der italienischen Zeitung Il Foglio läuft. Der Autor Matteo Matzuzzi kommentiert in loser Folge Kirchensachen. Der Untertitel seines Blogs oszilliert zwischen komisch, tragisch und verräterisch: ‚Alla ricerca della mozzetta perduta’, ‚Auf der Suche nach der verlorenen Mozetta’. Hobbypsychologen aller Welt, vereinigt euch.
Auf den Blog bin ich gekommen, weil mir ein Artikel eines Tea-Party Mitgliedes in den USA in die Hände gefallen ist, in dem dieser Herr nachweist, dass Jesus Christus Kapitalist ist und jetzt im Himmel über die klar sozialistischen Thesen des Papstes weint.
Und dann habe ich weiter gesucht, in dieser „anderen Welt“ der Internet-Kommentatoren, die mit Franziskus nicht wirklich glücklich sind. Da gibt es Emma Green, die feststellt, dass der Papst einen „neuen Feind“ erklärt hat. „Bergoglios neue Linke“, sozusagen. Von Fox-News war ja nichts anderes zu erwarten, hier trennt man brav zwischen Papst und Gott. Und man bemüht sich um Vollständigkeit, nicht nur der Papst, sondern das Zweite Vatikanische Konzil gleich tragen die Schuld an einer Verweichlichung der Kirche und die Übernahme von linken Ideen.
Immer für eine schräge Sicht auf die Dinge gut ist der us-amerikanische Radiomoderator Rush Limbaugh (vielleicht sollte man ihn lieber einen Meinungsinhaber nennen, der aus rechter Überzeugung einen Business gemacht hat), der nicht nur – wie der Tea-Party-Mensch – Sozialismus, sondern gleich Marxismus bei Franziskus feststellt.
Und so weiter. Und so weiter.
Als ich von meinen Funden abends beim Essen berichtet habe, erzählte ein us-amerikanischer Mitbruder von einer Pfarrei – ganz normal, keine Traditionalisten – wo der Pfarrer das Magazin „America“, ein von Jesuiten geleitetes Medium, hochgehalten habe. Es war die Ausgabe mit dem Interview des Papstes drin und einem Foto von ihm vorne drauf. Und in der Predigt habe er – der Pfarrer – den Papst zum Antichristen erklärt.
Dieser Papst setzt so einiges in Bewegung. Er ist – im besten Sinn des Wortes – subversiv, weil er alle möglichen Menschen dazu bringt, ihr wahres Gesicht zu zeigen. Bei Limbaugh war das vielleicht nicht mehr nötig, aber beim Rest schon: Wir sehen Ideologisierungen. Man kann dem Papst ja widersprechen. Aber – um nur ein Beispiel zu nennen – wenn man die Zeitungen aufschlägt und seit Jahren Bankskandal nach Bankskandal erklärt bekommt, dann sollte man sich wirklich überlegen, ob an der Vergötterung des Geldes nicht doch was dran ist.
Es stimmt, die Kirche nimmt nicht mehr die Rolle ein, die sie im öffentlichen Diskurs bislang eingenommen hat, vielfach den der bürgerlichen Stütze. Mindestens der Papst bringt viel Bewegung in die Gehirnwindungen. Man darf ihm widersprechen, man darf diskutieren. Überall da, wo im Augenblick aber Verwirrung – geistiger und sprachlicher – Art zu finden ist, genau da können wir sehen, wie gut uns Franziskus im Augenblick tut.