Menschwerdung ist viel schwerer als Auferstehung. Beides kennen wir nicht aus eigener Erfahrung, wir sind immer schon Mensch und was eine Auferstehung ist, entzieht sich unserer Welt.
Allenfalls haben Mütter vielleicht eine Ahnung, was Gott-wird-Mensch bedeuten kann, aber dazu muss ich selber natürlich schweigen.
Und trotzdem ist gerade diese Szene, die Grotte und die Nacht und die Engel und die Geburt, immer wieder eine Art Einstieg für den Kontakt zwischen unserer eigenen Erfahrungswelt und der Geschichte Jesu.
Nehmen wir das auffälligste Beispiel: Der heilige Franziskus hat mit Menschen das Geschehen nachgespielt, erstmals in einer Grotte in Greccio. Daraus ist dann unsere Krippe entstanden. Damals war das aber eher ein Nachspielen, ein sich in die Situation begeben, ein erspüren dessen, was da so alles passiert. Eben nicht ein Nachdenken, Philosophieren über Gott und Mensch und die unendliche Distanz zwischen Gott und Mensch, die im Kind überwunden wird. Sondern schlicht ein sinnliches Nachgehen.
Die Personen sehen
Ähnlich macht es mein Ordensgründer, Ignatius von Loyola. In seinen geistlichen Übungen heißt es in einer Übungsanleitung: „Die Personen sehen, nämlich unsere Herrin sehen und Josef und die Magd und das Kind Jesus, nachdem es geboren ist; ich mache mich dabei zu einem kleinen armen und unwürdigen Knecht, indem ich sie anschaue, sie betrachte und ihnen in ihren Nöten diene, wie wenn ich mich gegenwärtig fände, mit aller nur möglichen Ehrerbietung und Ehrfurcht.“ Dass Ignatius dabei Personen hinzuerfindet – die Magd und der Knecht – ist geistlich-pädagogische Freiheit, um dem Übenden einen Einstieg zu ermöglichen.
Darauf folgt bei Ignatius die Anweisung „Und danach mich auf mich selbst zurückbesinnen, um irgendeinen Nutzen zu ziehen.“ Nutzen, das heißt in diesem Zusammenhang inneren geistlichen Bewegungen nachgehen.
Das Ganze ist wie bei Franziskus selber auch nicht isoliert zu sehen, das gehört in einen Kontext, aber es wird auch klar, dass gerade die Weihnacht einen Einstieg ermöglicht in das, was Jesus mit uns und für uns geworden ist.
Was Jesus mit uns und für uns geworden ist
Noch einmal Ignatius, wenn ich darf, in der dann folgenden Anweisung zur Übung: „Schauen und erwägen, was sie tun, wie etwa das Wandern und Sichmühen, damit der Herr in höchster Armut geboren werde und damit er am Ende so vieler Mühen in Hunger, in Durst, in Hitze und in Kälte, in Beleidigungen und Anfeindungen am Kreuz sterbe; und dies alles für mich. Danach, indem ich mich auf mich zurückbesinne, irgendeinen geistlichen Nutzen ziehen.“ Das Kreuz ist nie fern, dieser Jesus ist also auch immer schon der Christus, wie können nicht so tun, als wüssten wir nicht, was dann geschieht.
Das gehört auch zur Krippe, die wir unter den Baum stellen oder sonstwo in Stadt oder Wohnung haben. Das Kind ist in Armut und Kälte geboren, sozialer Kälte vor allem, abgewiesen. Und das wird sich in der weiteren Geschichte Gottes mit den Menschen auch nicht ändern. Die Krippe, so heimelig sie auch tut, ist erst der Anfang.
Kein Grund, nicht zu feiern, Gott hat sich ja trotz allem entschieden, einer von uns sein zu wollen, das ist einer Feier würdig.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen allen eine gesegnete Weihnacht.