Vor einigen Tagen hatten wir hier im Blog eine kleine Debatte über den strafenden, erziehenden Gott. Ein kleiner Nachtrag dazu, gerade weil der Papst immer und immer wieder über die Barmherzigkeit spricht: „Gott hört nie auf, zu vergeben, wir selber hören nur auf, zu fragen“, gleich beim ersten Angelusgebet.
Bei einer Podiumsdiskussion vor über zehn Jahren durfte ich einmal die katholische Position zum Thema Gott und Leid vertreten und ich dachte, dass die dort vertretenen Religionsgemeinschaften eigentlich mehr oder weniger einer Meinung sein würden. Weit gefehlt.
Im Laufe der Debatte – vor Schülerinnen und Schülern – war ich dann der Einzige, der die Verbindung Gott erzieht durch Leiden verneinte. Denn es gebe ja auch Leiden, das nicht erziehe sondern breche. Ist das dann die Schuld Gottes? Die Schuld des Menschen, der nicht stark genug war? Manchmal ist Leid eben nur Leid.
Sie kennen alle die Geschichte von dem Vater, der sein Kind schlägt und dann auch noch sagt, dass es ihm, dem Vater, viel mehr weh tue als dem Kind. Grober pädagogischer Unfug. Oder den Arzt, der sagt, dass es gar nicht weh tue, obwohl klar und unwiderlegbar der Bohrer in seiner Hand das Gegenteil beweist. Wir haben eine merkwürdige Weise, eine manchmal schlimme Weise, mit Leiden umzugehen und es nicht ernst zu nehmen.
Die Debatte von damals ist mir noch lange nachgegangen. Seitdem bin ich sehr, sehr vorsichtig geworden, aus mir widerfahrenen Dingen den Willen oder eine Absicht Gottes abzuleiten. Da ist zu viel Mensch drin. Ich durfte auch so viele Exerzitien machen, dass ich mehr als einmal deutlich gemerkt habe, dass das mit dem Unterscheiden des Willens Gottes gar nicht so einfach ist.
Es sei denn, es geht um Barmherzigkeit. Da ist die Sache einfach. Und allein deshalb, weil es einfach ist, lohnt es sich, an diesem Prinzip festzuhalten. Barmherzigkeit kann überfordern, aber sie bleibt immer Menschlich. Im Leid den Willen Gottes erkennen zu wollen überfordert auch, droht aber schnell unmenschlich zu werden.