An diesem Kunstwerk ist nichts Religiöses. Kein Heiligenschein um die Menschen, keine religiöse Symboli, im Gegenteil, eher versucht der Künstler, alle direkten Bezüge zu vermeiden. Es gibt keine biblische Geschichte, die man sofort zuordnen mag, keine Zitate früherer Kunst, nichts. Und doch hängt es in einer Kirche und heißt: „Krippe“.
Die Kirche, in der die Krippe hängt, ist Sankt Peter in Köln, die Kunstation Sankt Peter. Die Figuren sind aus Holz geschnitzt, wie „echte“ Krippen auch. Aber in dem Mann und seiner Pommes, mit Tattoo und verspiegelter Sonnenbrille, mag man Josef nicht erkennen. Und die Frau schiebt zwar einen Kinderwagen und hat ein Kreuz um den Hals, das ist aber eher Schmuck wie das „D&G“ Gürtelschloss und andere Accessoires. Das soll Maria sein? Mit Kampfhund und Spike- Halsband an der Leine? Doch wohl eher nicht.
Diese Krippe lebt von anderen Krippen
Was soll also dieses Kunst-Werk in einer Kirche? Zuerst: Es lebt von anderen Krippen. Der Asia-Grill mit den zwei Figuren lebt davon, dass wir „eigentlich“ wissen, wie Krippen auszusehen haben, jedenfalls so ungefähr. Ohne den Hintergrund unseres kulturellen Wissens oder unserer Glaubenspraxis hat das keinen Sinn, es spielt mit Erwartungen und Voraussetzungen. Es ist also abhängige Kunst.
Dann muss man genau hinsehen, was diese Krippe macht: Sie stellt nicht dar. Andere Krippen sind historisierende Darstellungen des biblischen Geschehens, da werden Bibelstellen aus den Evangelien nach Lukas (Geburt, Grotte, Hirten) und Matthäus (Sterndeuter) wortwörtlich zusammen gestellt, damit wir sehen, nicht nur hören. Das war die geniale Idee des Franziskus von Assisi, wie wir heute sagen, er hat damit begonnen und es war eine Erfolgsgeschichte.
Aber was sehen wir, wenn wir heute eine Krippe anblicken? Papst Franziskus hat in diesem Jahr immer wieder Figur-Meditation betrieben, „schauen wir auf Maria“, „schauen wir auf Josef“, die Figuren an der Krippe sollen anregen, die biblischen Geschichten der Geburt Gottes zu meditieren. Genau das tut die Krippe in Sankt Peter nicht. Sie stellt nicht dar. Sie repräsentiert nicht.
„Ihr werdet ihn finden am Asia-Grill“
Die Kraft dieser Krippe liegt woanders. Wenn man auf die Krippe sieht, dann sieht man nicht gleichzeitig weg von der Welt. Da ist die Stärke. Wenn ich durch Neapel laufe, die berühmte Straße wo tausende von Krippenfiguren angeboten werden, von Fußballstars über Schauspieler, Politiker und andere Größen, die dann zum Neugeborenen in den Stall gestellt werden können, dann passiert da etwas Ähnliches: Die Welt von heute hält Einzug. Weiterlesen “Der verheißene Erlöser? Hier? Quatsch!”