Für mich arbeiten 54 Sklaven. Kein Scherz, das kann man ermitteln. Sklaverei ist ja nicht nur, wenn man direkt involviert ist, sondern auch, wenn man von den Produkten und der Arbeit profitiert, und sei es indirekt. Über eine Webseite kann man ausrechnen, die der eigene „Fußabdruck“ beim Thema Sklaverei ist, Fußabdruck ist der Begriff, den man auch beim Klima benutzt, er bezeichnet da das eigene Erzeugen von Schadstoffen.
54 Sklaven also. Das klingt nicht gut. Einer ist zuviel, aber wenn ich mich umsehe, die Kleidung und Schuhe, die Dinge des täglichen Lebens, und dann die Preise dazu denke, dann wird das schon plausibel. Die Webseite macht natürlich Annahmen und peilt über den Daumen, aber selbst das reicht schon aus, um mir eine Idee zu geben.
Vor einigen Tagen kam ein Kollege aus Sizilien zurück und berichtete, wie dort Flüchtlinge unbezahlt in der Landwirtschaft arbeiten. Das ist Sklaverei. Sie können nicht weg, müssen arbeiten, die Gewinne streicht jemand anderes ein. Und ich habe keine Ahnung, ob von diesen Produkten nicht irgendwas bei mir auf dem Teller landet.
Papst Franziskus hat den Menschenhandel und alle damit verbundenen Phänomene immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt. So eine kleine Aktion wie der Selbsttest im Netz zeigen mir, wie wichtig das ist, selbst wenn mir keine „gehandelten“ Menschen über den Weg laufen.
Strukturelle Sünde
Die Theologie hat dazu den Begriff der „strukturellen Sünde“ entwickelt, also der Sünde, in die ich verwickelt bin und aus der ich gar nicht heraus kann, weil ich mich hier in Wirtschaftsstrukturen bewege, in denen zum Beispiel Menschenhandel eine Rolle spielt. Natürlich fußt Sünde immer auf der Sünde Einzelner, aber die Komplexität unserer Welt führt eben zu Netzen, aus denen ich nicht heraus kann. Man lese zum Beispiel Papst Johannes Paul II. dazu, aber nicht nur Päpste haben sich dazu geäußert.
Die Umkehr – das ist ja das Gegenstück zur Sünde – muss aus dieser strukturellen Sünde gemeinsam passieren, einer alleine kann das gar nicht machen, dazu sind wir zu sehr vernetzt. Deswegen ist es richtig, immer wieder auf Menschenhandel hinzuweisen, aber es ist auch wichtig, das beim Namen „Sünde“ zu nennen und nicht nur bei wirtschaftlichen Kategorien zu belassen.
In der Kirche hat Sklaverei immer schon Licht und Schatten hervorgerufen, es gab Kämpfer gegen und Profiteure von Sklaverei. Um so wichtiger, hier eindeutig Stellung zu beziehen.