Es ist eine kluge Einsicht: Warum lügt jemand, wenn doch jedem Zuschauer offensichtlich ist, dass es eine Lüge ist? Weil die Lüge dem Beweis dient, dass die Wahrheit machtlos ist. Es ist schlicht die „Verschiebung des Diskurses“, alles steht in Frage.
Die Einsicht stammt von Marina Weisband und sie hat sie in einem klugen Artikel in der Wochenzeitung Die Zeit veröffentlicht, ausführlicher als ich das hier wieder gebe.
Einen zweiten Effekt beschreibt Weisband: Angesichts von so viel Lüge beginnen Menschen, an ihrer eigenen Wahrnehmung zu zweifeln. „Es ist ein Kampf gegen die Vernunft“, schreibt sie. Der Versuch, den Menschen die Kontrolle über ihre Wahrnehmung zu nehmen, ist ein Akt gegen ihre Freiheit.
Natürlich geht es um Donald Trump, der mit einer schwindelig machenden Frequenz in den ersten Tagen seiner Präsidentschaft Dinge tut, die wir vor Wochen noch für unmöglich gehalten hätten.
Ein Akt gegen die Freiheit
Und das Kampf gegen den Wert von Wahrheit ist nicht das Einzige. Da behauptet ein Präsident der Vereinigten Staaten, dass Folter funktioniere. Sein Verteidigungsminister und sein CIA Chef sollten entscheiden, ob er für eine Wiederzulassung arbeiten solle. Die beiden haben aber schon deutlich zu Protokoll gegeben, dass sie von Folter nichts halten. Warum also diese Einstellung?
Um zu zeigen, dass er auch über ungesetzliche Maßnahmen nachdenkt. Die Rechte und die Würde des Menschen, die durch diese Gesetze geschützt werden, verlieren ihre Macht genau so wie die Wahrheit bei den beständigen Lügen.
Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob das auch wirklich passiert. Diese ganzen Aussagen verändert etwas im Kopf von Menschen, die Einstellung verschiebt sich, Wahrheit ist nicht mehr ganz so wichtig, über Würde kann man schon mal sprechen, wenn es höheren Interessen dient.
Zertrümmerer
Noch immer gibt es Menschen, die als Christen auf Trump setzen. Nur stellt sich mir die Frage, was übrig bleibt, wenn er die Grundlage eines friedlichen, auf Recht bauenden Staates auf solche Weise zertrümmert. Er will wöchentlich Listen veröffentlichen, auf denen von Einwanderern begangene Straftaten verzeichnet sind. Das ist unfassbar! Wie wäre es mit einer Liste von rassistischen Übergriffen? Von Steuerhinterziehungen? Nichts da, hier wird ganz bewusst mit dem Feuer gespielt, Menschen mit Einwanderungshintergrund werden einem grundsätzlichen Verdacht ausgeliefert, der um so perfider ist, als er nicht statistisch begründet ist.
Eine Lüge ist eine Lüge. Wahrheit zählt.
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Alle Menschen sind gleich.
Leider sind das die Dinge, an denen die Präsidentschaft Donald Trump gerade knabbert.