Heiligsprechung ist keine Beförderung. Diesen Satz habe ich 2011 das erste Mal benutzt, bei der Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. Wir haben halt kaum noch Verständnis dafür, was das eigentlich ist, so eine Heiligsprechung, da muss man halt bunte Bilder malen.
Mit einer Heiligsprechung wird nicht alles gutgeheißen, was ein Mensch im Laufe seines Lebens alles getan und gesagt hat. Das gilt auch für Mutter Teresa von Kalkutta, die am 4. September heilig gesprochen wird. Es ist kein historisches Urteil. Eine Heiligsprechung sagt schlicht, dass die Kirche glaubt, in einer Person das Wirken Gottes in der Welt erkennen zu können und dieses Wirken verehrt. Wir beten keine Menschen an, wir schauen nicht über Schwächen und Sünden hinweg, wir blicken auf Gott, wenn wir Heilige verehren.
Dass wir alles Sünder sind, brauche ich nicht extra zu betonen. Dass das aber auch für die Heiligen gilt, vielleicht schon. Die sind nicht makellos, nur weil wir die Unsitte haben, sie auf Säulen zu stellen. Die sind gar nicht makellos rein. Unter den Heiligen und Seligen der Kirche gibt es sogar ausgemachte Schlitzohren und Menschen, die wir da gar nicht vermuten würden.
Gott entdecken, nicht um den Menchen kreisen
Aber zurück zu Mutter Teresa: Ihre Heiligsprechung sagt weniger über die Frau aus als über uns. Ihre Heiligkeit wird durch den kirchlichen Akt nicht verändert, das ist allein Gottes Sache.
Eine Heiligsprechung sagt etwas über uns, nicht über die Heilige aus. Das ist der Clou. Bei einer Heiligsprechung geht es um die Verehrung durch die Kirche, nicht um die Veränderung eines metaphysischen Status im Himmelreich. Dafür ist der Papst nun wirklich nicht zuständig.
Ein Heiliger oder eine Heilige ist nicht wichtiger oder wichtiger als jemand anders, es sind keine zu verleihenden himmlischen Dienstgrade, um die es hier geht. Es geht um die Kirche und ihre Verehrung.
Die Kirche schaut genau hin, ob es bei dieser Verehrung mit rechten Dingen zu geht. Ob die Menschen jemandem aufsitzen oder ob es genuin ist. Deswegen gibt es die Heiligsprechungsverfahren. An deren Ende verkündet dann der Papst im Namen der gesamten Kirche, jawoll, hier erkennt die ganze Kirche das Wirken Gottes in der Welt.
Mutter Teresa war nicht nur eine großartige Helferin, sie war auch ein schwacher Mensch. Wer die unglaublichen Aufzeichnungen aus ihren letzten Lebensjahren zu ihrer empfundenen Gottesferne gelesen hat, ist erschüttert, ich war es jedenfalls. Da ist mehr zu entdecken als die resolute Ordensgründerin und Menschenfreundin. Wie gesagt, mit der Heiligsprechung befördern wir Mutter Teresa nicht im Himmel, aber sie lädt ein, doch einmal mehr hinzuschauen, wo genau da überall Gott zu entdecken ist.