Da stehen drei Busse hochkant auf einem prominenten Platz in Dresden. In den vergangenen Wochen haben die meisten von Ihnen von dieser Kunstaktion wohl gehört, Manaf Halbouni, deutsch-syrischer Künstler, hatte sie auf dem Neumarkt aufgestellt, direkt vor die Frauenkirche. Witzigerweise nennt die so genannte AfD das „Lügenbusse“, auf die Idee muss man erst mal kommen.
Aber abgesehen von dieser komischen Note ist die Aktion ein Hinweis auf all die Tragik Aleppos. Dort dienten solche Buss-Barrieren dem Schutz vor Scharfschützen. In Dresden erinnert das nun einerseits an das Leiden Aleppos, das hier immer wieder vergessen wird, andererseits greift es aber auch die Vergangenheit Dresdens aus vom Krieg zerstört auf, weswegen der Ort der Installation genau richtig ist. Dass drittens Pegida und Konsorten nicht müde werden, gegen das Monument – so der Name – anzustreiten, gibt ihm noch einmal eine aktuelle Bilanz.
Also bin ich hin gegangen, um mir das selber anzusehen. Was mich dort aber nicht mehr losgelassen hat, war noch ein weiterer Gedanken. Ja, da ist Aleppo und da ist die Geschichtsumdeutung und die Vergangenheit der Stadt, aber wenn man sich auf diesem Neumarkt so umsieht – und ich war lange nicht da gewesen – dann beschleicht mich ein komisches Gefühl.
Da ist nämlich alles fake. Die Frauenkirche mag ja noch angehen, aber selbst da hat man versucht, Vergangenheit auszulöschen, indem man sie bruchlos wieder aufgebaut hat. Bei den Gebäuden drum herum ist es noch schlimmer. Alles Betonbauten, denen man ein pseudo-barockes Aussehen gegeben hat. Damit wirkt wie eine Freundin es genannt hat Dresden wie Disney-Land, für Touristen gemacht, die üblichen Geschäfte unten, alles neu oben, man tut barock aber da wird man keinen Nagel in die Wand schlagen können, weil alles einfach nur beton ist. Bunt angemalter Beton.
Falsche Historisierung
Die drei Busse auf dem Markt sind deswegen auch ein Mahnmal gegen diese Historisierung, die einen wichtigen Teil der Geschichte, nämlich den brutalen Bruch, nicht weg-putzt. Welche Bomben und Tote nicht auf einige Mahnmale reduziert und ansonsten alles fein macht für die Busladungen shoppender und knipsender Besucher.
Dresden ist da nicht der einzige Ort, das Schloss in Berlin ist ja gerade zu ein Symbol für dergleichen Geschichtsklitterung. Als ob die Demokratie und die Gesellschaft nach der Zerstörung heute künstlerisch und architektonisch nichts beizutragen hätte.
Das ist natürlich übertrieben, es gibt gute Beispiele modernen Bauens, welche die Vergangenheit und die Stil-Vorbilder nicht ignoriert, aber eben auch heutig ist. Das Gegenteil stand in dieser Woche in der Zeitung: In Berlin soll die Bauakademie wieder errichtet werden, das Original war 1836 eröffnet worden, Entwurf Karl Friedrich Schinkel.
„Bauherrenschaft und Zweck des Gebäudes sind noch unklar, aber das Geld für die „Hülle“ ist, wie damals beim Berliner Schloss, bereits da”, schreibt etwas bösartig aber treffend die FAZ. Das aussehen ist alles, die Fassade für die Knipser.
Was für ein Verständnis von Geschichte ist das denn bitte? Kein Wunder, dass alle möglichen Populisten sich ihre Stücke aussuchen und für ihre Zwecke zurecht biegen, wenn selbst öffentliche Bauherren das tun.
Braucht es wirklich die Mahnung an Aleppo, um Dresden zu zeigen, dass diese bunten Betonwände eben nicht das alte Dresden sind? Dass es Zerstörung gegeben hat, die man jetzt irgendwie weg-bauen will?
Danke jedenfalls an Manaf Halbouni, dass er sich Dresden ausgesucht hat. Und schade, dass das Monument im April schon wieder abgebaut wird. Es täte Dresden gut, als Erinnerungsort der eigenen Vergangenheit. Der Rest drumherum hat jedenfalls mit Vergangenheit nicht viel zu tun.