Wenn der Papst von Reform spricht, dann spricht er meistens vom Amt des Bischofs. Was ja auch selbsterklärend ist, denn das Bischofsamt ist das Leitungsamt. Bereits in Rio, bei seiner ersten großen Reise, hat er den Bischöfen einiges ins Stammbuch geschrieben (“Was Franziskus von den Bischöfen will”), in Evangelii Gaudium ebenfalls. Es geht um die „Psychologie von Prinzen“ und dergleichen, „Der Bischof muss leiten, was nicht dasselbe ist wie sich als Herr aufzuspielen“ hat er in Rio gesagt. in Kritik und Warnung vor Versuchungen ist der Papst immer sehr stark.
Es ist auch eine notwendige Debatte, weil die Frage nach Leitung immer wieder laut gestellt wird, was ich hier ja auch schon einmal aufgegriffen habe. Es ist die Frage hinter der Debatte zur Bedeutung der Synode und so weiter.
Aber es geht auch anders herum, was wir heute gesehen haben. Papst Franziskus ändert das Kirchenrecht in Sachen Ehenichtigkeitsverfahren. Und dabei weist er den Bischöfen die zentrale Rolle zu. Bereits in Rio gab es dieses Thema: „Die Bischöfe müssen Hirten sein, nahe am Volk, Väter und Brüder, mit viel Milde; geduldig und barmherzig”.
Deswegen bekommt der Bischof auch in der Kirchenrechtsänderung von heute eine wichtige Rolle. Nicht der Bischof als Bistumsverwaltung, sondern die Person des Bischofs. Er kann nun selber in offensichtlichen Fällen selber entscheiden, ohne dass eine zweite Instanz automatisch involviert wird. Außerdem verfügt der Papst, dass der Bischof das nicht vollständig delegieren darf, er muss also selber an diesen Verfahren beteiligt sein.
Die Frage, ob eine Ehe überhaupt nach katholischem Verständnis eine wirkliche und gültige Ehe ist und jemals war, wird also nun pastoraler. Immer wieder hatte es – nicht zuletzt bei der Synode – Beschwerden gegeben, dass es in vielen Ländern fast unmöglich sei, eine solche Frage beantwortet zu bekommen, weil die Strukturen dazu zu weit weg wären und damit das Ganze viel zu teuer. Das darf nicht sein, sagt Papst Franziskus. Es braucht eine „Bekehrung der Strukturen“, damit diese näher bei den Menschen sind. Es soll und muss pastoraler werden.
Der Papst zitiert selber sein Schreiben Evangelii Gaudiumm und es lohnt sich wirklich, in Sachen Reform das Ziel, das da genannt wird, nicht aus den Augen zu verlieren: „Ich träume von einer missionarischen Entscheidung, die fähig ist, alles zu verwandeln, damit die Gewohnheiten, die Stile, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede kirchliche Struktur ein Kanal werden, der mehr der Evangelisierung der heutigen Welt als der Selbstbewahrung dient. Die Bekehrung der Strukturen, die für die pastorale Neuausrichtung erforderlich ist, kann nur in diesem Sinn verstanden werden: dafür zu sorgen, dass sie alle missionarischer werden, dass die gewöhnliche Seelsorge in all ihren Bereichen expansiver und offener ist, dass sie die in der Seelsorge Tätigen in eine ständige Haltung des „Aufbruchs“ versetzt und so die positive Antwort all derer begünstigt, denen Jesus seine Freundschaft anbietet. Wie Johannes Paul II. zu den Bischöfen Ozeaniens sagte, muss ‚jede Erneuerung in der Kirche […] auf die Mission abzielen, um nicht einer Art kirchlicher Introversion zu verfallen’.“ (Nr. 27)
NB: Ich habe im Zitat abweichend von der offiziellen Übersetzung conversión (Originaltext) nicht als „Reform“, sondern als „Bekehrung“ übersetzt, wie auch alle anderen Sprachen: conversione, conversion und so weiter. Das ist ein religiös aufgeladenes Wort, das man nicht nur als „Reform“ wiedergeben kann.