Auf den Tag fünf Jahre sind es her, dass Papst Franziskus mit seiner ersten Reise einen Schwerpunkt seines Pontifikats gesetzt hat: Er war auf der Mittelmeerinsel Lampedusa.
Er wollte Flüchtlinge treffen und er wollte diejenigen betrauern, die auf dem Meer umgekommen sind. 2013 war das, damals schauten die Länder nördlich der Alpen noch gerne weg, wenn Italien und Griechenland klagten, sie würden alleine gelassen. Lange vor 2015.
Der Papst wollte aber nicht nur das Flüchtlingsthema stark machen, er wollte Flüchtlinge selber treffen. Damit ist auch seine Perspektive klar ausgedrückt gewesen: Den Menschen ins Gesicht schauen, menschlich handeln und trauern.
Der Papst erklärt es nicht, er zeigt es nicht, er fuhr selber hin. Und er fuhr nach Lesbos, und er fuhr nach Mexiko an die Grenze zu den USA und er wäscht Flüchtlingen am Gründonnerstag die Füße.
Und gestern – Samstag – war der Papst in Bari, um dort am Meer noch einmal wie auf Lesbos schon ökumenisch zu beten und zu sprechen, es ging beim Treffen vor allem um die Christen im Nahen Osten.
Der Schrei, gegen den wir Mauern bauen wollen
„Frieden: Das ist der Schrei vieler Menschen, der Abels von heute, der zum Thron Gottes aufsteigt,“ dieser Satz stammt von gestern, aber der biblische Bezug ist für den Papst nicht neu: „Wo ist dein Bruder?“, diese Frage hatte der Papst schon auf Lampedusa gestellt und dann eindrücklich in Yad Vashem wiederholt.
Noch einmal aus der Predigt von Lampedusa: „Wer hat geweint über den Tod dieser Brüder und Schwestern? Wer hat geweint um diese Menschen, die im Boot waren? Um die jungen Mütter, die ihre Kinder mit sich trugen? Um diese Männer, die sich nach etwas sehnten, um ihre Familien unterhalten zu können? Wir sind eine Gesellschaft, die die Erfahrung des Weinens, des „Mit-Leidens“ vergessen hat: Die Globalisierung der Gleichgültigkeit hat uns die Fähigkeit zu weinen genommen!“
Stimmt. Wir weinen nicht. Wir sind viel zu sehr damit beschäftigt, Zäune zu bauen, damit auch ja keiner zu uns kommen kann. Und damit, die zu verhaften, die helfen wollen. Und dann behaupten wir auch noch, das sei christlich.
Ökumene gegen Gleichgültigkeit
Immer wieder macht der Papst genau diese Begegnungen – siehe Bari, siehe Lesbos – ökumenisch. Das verdeutlicht, dass hier nicht der Westen auf den Osten schaut, sondern der Osten – die orthodoxen und orientalischen Kirchen – dabei sind. Also die Kirchen aus den Gegenden, von wo die Flüchtlinge aufbrechen und wo die meisten von ihnen auch als Vertriebene bleiben.
Das ist ein Zeichen der Solidarität, wider die weltweite Gleichgültigkeit. Solidarität, weil das sich abgrenzen ja wieder stärker wird und offensichtlich keine Erklärung mehr braucht, das finden viele offensichtlich gut. Wider die Gleichgültigkeit, weil das Leiden offensichtlich recht erfolgreich ausgeblendet werden kann.
Und so bleibt das Schlussgebet des Papstes von 2013 auf Lampedusa immer noch gültig:
„Herr, wir (bitten) um Vergebung für die Gleichgültigkeit gegenüber so vielen Brüdern und Schwestern, wir bitten dich, Vater, um Vergebung für den, der sich damit abgefunden, der sich im eigenen Wohlstand eingeschlossen hat, der zur Betäubung des Herzens führt; wir bitten dich um Vergebung für alle, die mit ihren Entscheidungen auf weltweiter Ebene Situationen geschaffen haben, die zu solchen Dramen führen. Vergebung, Herr!”