Es begann am Montag, als ich im Vatikan Kardinal Reinhard Marx interviewte und das dann bei Facebook und auf der Webseite veröffentlichte: es gibt im Netz Menschen – sich selber Christen nennend – die unbedingt auch bei einem ganz anderen Thema die Episode von Jerusalem nennen müssen, um den Kardinal zu verunglimpfen. Möglichst wenig Details, grob geschnitzt und immer feste druff. Eigentlich ging es in dem Interview um Europa, leider zuckten bei einigen gleich die Finger und man meinte, ihm mit Verweis auf die Episode in Jerusalem seine Glaubwürdigkeit absprechen zu müssen.
Heute kam das Thema schon wieder, das Abnehmen des Kreuzes findet nun in Berlin statt, als Teil der Debatte um das so genannte Neutralitätsgesetz des Landes Berlin, in Folge dessen einer Lehrerin verboten ist, bei der Ausübung ihres Berufs religiöse Zeichen zu tragen. Im Februar war es um eine Verschleierung gegangen, nun geht es ganz frisch erst um ein Kreuz, dann um ein Fisch-Symbol, der als Ersatz getragen wurde.
Und wieder dieselben Reaktionen im Netz, erstens witzigerweise immer wieder Kardinal Marx und Jerusalem zitierend, obwohl das nichts miteinander zu tun hat, sich aber zur Erregung bestens eignet. Zweitens gerät die Debatte schnell aus dem Ruder, Nazivergleiche sind da, der Bekennermut wird bei den anderen gefordert, es geht immer gleich um den Untergang von Religionsfreiheit. Geht es auch etwas kleiner?
In Berlin geht um vom Staat verliehene Autorität, etwa als Polizist oder als Lehrer oder als Richter, nur bei solchen Positionen greift das Gesetz ja. Es geht nicht um Ausdruck von persönlicher Religiosität als solcher. Wenn das Berliner Gesetz falsch ist, dann wird das sicherlich bald genug debattiert werden oder ein Verfassungsgericht wird sich damit befassen. Die Debatte um die Öffentlichkeit von religiöser Symbolik ist wichtig und sollte geführt werden, auch kontrovers.
Dass es aber auch vernünftige katholische Stimmen geben kann, die an dem Gesetz erst einmal etwas Gutes sehen, das habe ich versucht, mit dem Interview Interview von Generalvikar Manfred Kollig. Auch das gehört zur Debatte.
Was ist denn so schlimm daran, zu debattieren? Warum immer gleich um sich schlagen?
Noch einmal zum von mir interviewten Generalvikar: er legte großen Wert darauf, dass das Kreuz für Christen erst einmal und vor allem Zeichen der Versöhnung und für Christus ist. Bei all der Schärfe, mit der die Debatte leider geführt wird, gerät das als erstes unter die Räder. Und das sollte uns zu denken geben. Bei mir jedenfalls tut es das.