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PaterBerndHagenkord.blog

Vatican News

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Schlagwort: Ökologie

Die Welt, wie wir sie uns geschaffen haben

Veröffentlicht am 18. Mai 202017. Mai 2020
Komplexe Zusammenhänge Wunderschön, aber wir machen es kaputt: der Regenwald in Amazonien, aufgenommen vor genau einem Jahr

Es ist einfacher, mit dem Finger auf Menschen zu zeigen, als komplexe Zusammenhänge zu sehen, in die man selber möglicherweise drin steckt. Das ist die aktuelle Formulierung eines Problems, das uns Papst Franziskus 2015 auf den Tisch gelegt hat. Christen können sich nicht zufrieden geben mit der Welt, so wie wir sie uns geschaffen haben. Heute müssen wir aktualisierend sagen: dafür tragen aber nicht irgendwelche geheimen Weltregierungen die Verantwortung, sondern wir selber.

Da ist zum einen die Ausbeutung der Natur über die Maßen hinaus, der Earth Overshot Day rückt im Kalender immer weiter nach vorne. Dann ist da die soziale Ungerechtigkeit, die Umverteilung, der Zugang zu den die Welt verändernden Entscheidungen. Und dann ist da die kulturelle Hegemonie, die individuelle Vorteilssuche, die bis in die letzten Regionen der Welt vordringt und Kulturen durchdringt und verändert.

Komplexe Zusammenhänge

Das ist aber nicht unsere – christliche – Welt. Unsere Welt wie wir selber auch verdanken uns Gott. Der Papst gibt uns auf, diese „Logik der Schöpfung“ zu verstehen. Das ist eben nicht die Logik des Besitzens. Besitzen, das bedeutet letztlich auf Nutzen abklopfen. Und was nichts nutzt, kommt weg. Kultur des Wegwerfens lautet eine der immer wieder kehrenden Vorwürfe, die Papst Franziskus seit 2013 unseren Gesellschaften vorwirft, Menschen die keinen verwertbaren Nutzen haben, werden weg-geworfen, wörtlich.

Sprechen wir von der Ausbeutung der Natur:  Der Schutz der Schöpfung ist für Christen nicht optional. So formuliert es Papst Franziskus in Laudato Si’ (LS, 5, 64, 159). Verschmutzung, Klima, Wasser, Biodiversität, immer wieder bezieht sich der Papst ausdrücklich auf Experten, die er zu Rate gezogen hat. Breit aufgestellt ist die Beschreibung der Probleme, die ich hier nicht zu wiederholen brauche. Aber der Kern ist eben seine nicht in allen katholischen Kreisen beliebte Feststellung, dass der Schutz der Schöpfung nicht optional sei. Und dazu braucht es eben sämtliche Wissenschaften.

Unbequem, immer noch

Damit landet der Papst mit einem fünf Jahre alten Text mitten in den aktuellen Debatten von heute. Und bleibt unbequem.

Schon damals hatte es Kritik gehagelt: das sei nicht Kernbestand des Katholischen und so weiter. Da schwingen sich gerne einige zu unfehlbaren Kritikern auf, daran hat sich auch heute nichts geändert.

Dabei führt Laudato Si’ viele christliche Themen zusammen. Über das schon Genannte hinaus die Frage, ob wir Gott ins Zentrum unseres Handelns setzen. Das ist die Frage hinter der Gebetsinitiative, die auf Laudato Si’ aufbaut. Oder die Frage nach dem Lebensschutz, der eben kein ideologisch eng geführter Konflikt ist, sondern viel mehr Dimensionen hat, als es die Kulturkrieger wahr haben wollen.

Gottes Auftrag an uns

Am 24. Mai oder eine Woche später am Pfingstfest wird die Enzyklika nun fünf Jahre alt, je nachdem, wie man zählen will. Die Lektüre lohnt auch heute noch, eben weil so viele Konflikte oder Fragen von heute schon da drin stecken.

Es ging und geht dem Papst um Schöpfung und Geschenk, um Hüten als Auftrag Gottes, es geht um den Sündenfall als Bruch der Balance der Schöpfung und darum, dass die Menschen danach ein Verhältnis zur Wirklichkeit haben, das von Macht und Unterwerfung geprägt ist. Um zerstörerische Wirtschaftsordnung. Um Wegwerfen von Mensch und Schöpfung.

Und so schwer uns das fällt: wir sind daran beteiligt.

Zeit, sich diesen Text noch einmal vorzunehmen. Mit der Brille von heute.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Debatte, Enzyklika, Gerechtigkeit, Jahrestag, Kirche, Laudato Si, Ökologie, Papst Franziskus, Schöpfung5 Kommentare zu Die Welt, wie wir sie uns geschaffen haben

Laudato Si’ und die Machtfrage: Ein Papsttext revisited

Veröffentlicht am 14. November 201914. November 2019
„Die heutige Globalisierung annulliert die kulturellen, religiösen, persönlichen Identitäten: Alles wird gleich. Eine wirkliche Globalisierung müsste uns zusammenführen, Schöpfung und Verantwortung gehören in der Religion zusammen

„Die heutige Globalisierung annulliert die kulturellen, religiösen, persönlichen Identitäten: Alles wird gleich. Eine wirkliche Globalisierung müsste uns zusammenführen, wobei aber jeder Einzelne seine Eigenheiten bewahren können müsste.“ Und wieder nimmt Papst Franziskus sich die Welt vor, wie wir sie uns geordnet haben. Und kritisiert.

Am vergangenen Wochenende habe ich in München an einer Tagung teilgenommen, die sich unter anderem Laudato Si’ noch einmal vorgenommen hat, fast fünf Jahre nach ihrem erscheinen. Und es war spannend, mit den frischen Papstworten im Hinterkopf dieses Projekt Franziskus noch einmal durchzugehen.

Wirkliche Globalisierung müsste uns zusammenführen

Denn wirklich vollständig anschlussfähig ist das, was der Papst sagt, nicht, zumindest nicht für religiös Unmusikalische. Denn die Welt reicht als Horizont nicht aus. Schon gar nicht die konkrete Welt, die in der wir leben und so wie wir sie uns geordnet haben. Christen können in dieser Welt nicht ganz zu Hause sein. Jedenfalls nicht in einer Welt, die vom globalen Kapitalismus organisiert und geordnet wird. Es kann nicht um eine Nach-Justierung gehen, so dass es weiter gehen kann wie bisher. „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass sich alles verändert“, heißt es in Il Gattopardo, einem berühmten italienischen Roman. Dieser „geistliche Gattopardismus“ – ein Franziskus-Wort – will die Änderung letztlich nicht, sondern ein Bleiben. Hier ein wenig Energiewende und E-Mobilität, dort Bäume-Pflanz-Programme, aber grundsätzliche Fragen sind nicht vorgesehen.

Hier liegt das Problem für Christen. Der Theologe Rainer Bucher beschreibt es unter der Frage „Wie im Kapitalismus wohnen, ohne ihm zu verfallen?“ Da ist zum einen die Ausbeutung der Natur über die Maßen hinaus, der Earth Overshot Day war in diesem Jahr am 29. Juli. Dann ist da die soziale Ungerechtigkeit, die Umverteilung, der Zugang zu den die Welt verändernden Entscheidungen. Und dann ist da die kulturelle Hegemonie, die individuelle Vorteilssuche, die bis in die letzten Regionen der Welt vordringt und Kulturen durchdringt und verändert.

Das ist nicht unsere Welt

Das ist aber nicht unsere – christliche – Welt. Unsere Welt wie wir selber auch verdanken uns Gott. Der Papst gibt uns auf, diese „Logik der Schöpfung“ zu verstehen. Das ist eben nicht die Logik des Besitzens. Besitzen, das bedeutet letztlich auf Nutzen abklopfen. Und was nichts nutzt, kommt weg. Kultur des Wegwerfens lautet eine der immer wieder kehrenden Vorwürfe, die Papst Franziskus seit 2013 unseren Gesellschaften vorwirft, Menschen die keinen verwertbaren Nutzen haben, werden weg-geworfen, wörtlich.

Sprechen wir von der Ausbeutung der Natur:  Der Schutz der Schöpfung ist für Christen nicht optional. So formuliert es Papst Franziskus in Laudato Si’ (LS, 5, 64, 159). Verschmutzung, Klima, Wasser, Biodiversität, immer wieder bezieht sich der Papst ausdrücklich auf Experten, die er zu Rate gezogen hat. Breit aufgestellt ist die Beschreibung der Probleme, die ich hier nicht zu wiederholen brauche. Aber der Kern ist eben seine nicht in allen katholischen Kreisen beliebte Feststellung, dass der Schutz der Schöpfung nicht optional sei. Und dazu braucht es eben sämtliche Wissenschaften.

Alles ist mit allem verbunden

Sprechen wir über Soziale Ungerechtigkeit:  Die Aufzählung der Umweltdesaster in Laudato Si’ geht lückenlos über in die Beschreibung der sozialen Katastrophen. Lieblingssatz des Papstes in seinem Text ist „alles ist ist mit allem verbunden“. Ökologie kann es deswegen nicht ohne Fragen der Gerechtigkeit, der Armut, der Verteilung, der Solidarität und der Geschwisterlichkeit geben. Nachhaltige Ökologie muss zu einem Paradigma der Gerechtigkeit werden (LS 53). An der Flucht-Frage und der Versteppung ist das offensichtlich, aber auch die Themen der Amazonas-Synode im Vatikan haben das noch einmal offen gelegt.

Der Papst sprach und spricht immer wieder von der „Versklavung durch ideologische Kolonisierung“. Dahinter steckt eine Überzeugung, nämlich die dass es für die Welt eben keine „europäische Leitkultur“ geben darf. Dass andere Kontinente Dinge anders wahrnehmen, vom Rande her eben. Die westliche verwertungsorientierte Ordnung der Welt ist eben auch eine Kolonisierung. Wirkliche Globalisierung müsste uns zusammenführen, hatte ich gesagt. Nicht den einen den anderen unterwerfen.

Keine europäische Leitkultur

„Der neue Kolonialismus nimmt verschiedene Gestalten an. Manchmal ist es die anonyme Macht des Götzen Geld: Körperschaften, Kreditvermittler, einige so genannte ,Freihandelsabkommen´ und die Auferlegung von ,Sparmaßnahmen´, die immer den Gürtel der Arbeiter und der Armen enger schnallen.“ Gesagt in La Paz, im Laudato Si’ Jahr 2015. Franziskus erwähnte außerdem die „monopolistische Konzentration der sozialen Kommunikationsmittel“, eine spannende Debatte um die Frage, wem das angebliche globale Dorf eigentlich gehört.

Das Schlüsselwort bei Papst Franziskus für jede Form der Veränderung lautet „Bekehrung“. Schon in Evangelii Gaudium, seiner Programmschrift noch aus seinem Wahljahr 2013, was das so. Was aber rein religiös klingt, hat noch eine weitere Sinnspitze. Denn es ist gleichzeitig auch eine Absage an Allmachtsphantasien. An die eine Lösung, die alles ändert. An das Machtwort, die große Geste, letztlich die Politik. Aber auch eine Absage an das stille „weiter so, wird schon gutgehen“.

Wem gehört das globale Dorf?

Die soziale, also zwischenmenschliche Übersetzung von „Bekehrung“ lautet „Dialog“. Der Dialog ist ihm so wichtig, dass das Wort in jeder Zwischenüberschrift des fünften Kapitels („Leitlinien für Orientierung und Handlung“) erscheint. Damit ist aber nicht das überstrapazierte Wort gemeint, das wir im politischen und leider auch kirchlichen Zusammenhang benutzen. Dialog bedeutet offene Augen und die Bereitschaft, sich verändern zu lassen.

Wie Bekehrung im Individuellen ist Dialog im sozialen Raum ein sich-verändern. Die Grundlinie des Dialoges ist ja, nicht über ihn verfügen zu können. „Einen Dialog zu führen bedeutet nicht zu verhandeln. Verhandeln heißt zu versuchen, das eigene ‚Stück’ aus der gemeinsamen Torte zu bekommen. Das meine ich nicht. Vielmehr bedeutet es, das Gemeinwohl aller zu suchen“ (Ansprache in Florenz aus dem Laudato Si’ Jahr 2015). Hier ist Bewegung gefragt.

Eine letzte Anmerkung: es geht auch um Macht. Zuerst ganz praktisch: Die internationalen Abkommen hätten nichts gebracht, Politik sei viel zu sehr mit dem Verschleiern von Problemen beschäftigt, schaue nur auf kurzfristige Wahlergebnisse und so weiter.

Und weil Franziskus Franziskus ist vor allem auf die Menschen im reichen Westen: Es sei Zeit, eine wirtschaftliche Rezession zu akzeptieren, damit sich die armen Länder besser entwickeln könnten. Wir hätten eine „ökologische Schuld“, die den leidenden ärmeren Menschen und Ländern gegenüber abzutragen sei (LS 51, 52). Was wir stattdessen bekämen, sei Verschleierungs-Taktik (LS 26).

Der Papst stellt die Machtfrage

Da stellt Laudato Si’ ganz klar die Machtfrage. Die wird aber auch noch einmal philosophisch gestellt:  Durch die Technik – so der Papst – habe der Mensch Mittel und Macht geschaffen, die er nun nicht mehr kontrollieren könne. Im Gegenteil, die Macht kontrolliere ihn. Die Technik sei nicht neutral, sie treibe denen, die Macht und Geld hätten, sie zu nutzen, immer mehr Macht zu. Und das so entstehende technokratische Paradigma – also dass durch technische Fragen alles zu lösen sei – mache alles nur noch schlimmer.

Damit ist die Grundfrage des biblischen Schöpfungsberichtes nach Hüten oder Dominieren angesprochen. Es geht dem Papst um Sorge für die Schöpfung, um das Hüten, es geht ihm um Widerstand gegen die Ausbeutung. Und das ist ein Gedanke, der sich bereits in seiner ersten Predigt findet, bei seiner Amtsübernahme am 19. März 2013. Welche Welt wollen wir hinterlassen? Das ist die Eingangsfrage für die Enzyklika.

Zeit, sich diese Frage zu stellen, ist es allemal, höchste Zeit sogar. Der Papst ist kein Alarmist und auch kein Moralist, aber er macht mit seiner Enzyklika sehr deutlich, dass es aus christlicher Sicht keine Alternative gibt zum Einsatz für eine ganzheitliche Ökologie, keine Alternative zur Sorge um die den Menschen anvertraute Schöpfung.

Es gibt Theologen, die dem Papst bescheinigen, in seinen Dokumenten wie etwa Laudato Si’ auch einer laikalen (und nichtchristlichen) Welt den Mehrwert theologischer Analysen vermitteln zu können und somit Gott als wirklichkeitseröffnendes Moment der heutigen Welt zu bezeugen. Das halte ich für etwas gewagt, aber vielleicht weist es in die richtige Richtung. Wenn Glauben Fragen stellt und nicht gleich die Weltdeutung beansprucht, dann ist Dialog ja vielleicht wieder möglich.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Kirche, Laudato Si, Ökologie, Papst Franziskus, Schöpfung, Umwelt14 Kommentare zu Laudato Si’ und die Machtfrage: Ein Papsttext revisited

Der Papst und die Bombe

Veröffentlicht am 30. August 20174. September 2017

Ob Nordkoreas Diktator Kim Jong-un sich speziell den UNO-Tag gegen Atomwaffentests ausgesucht hat, um wieder einmal eine Rakete fliegen zu lassen, können wir nicht wissen. Wissen tun wir aber, dass es bei all diesen Provokationen und Machtspielen immer um Nuklearwaffen geht.

Erst im vergangenen Jahr hat Nordkorea zwei Atomwaffentests durchgeführt, oder besser: behauptet, sie durchgeführt zu haben. Messungen woanders beweisen nicht unbedingt, dass die auch ein Erfolg waren.

Papst Franziskus 2015 vor der UNO
Papst Franziskus 2015 vor der UNO

Die UNO wollte 2009 durch einen Beschluss der Generalversammlung erreichen, dass nukleare Tests eingestellt werden. Solche Tests braucht man, um die Waffe auch einsatzbereit zu machen. Ein Teststopp würde also letztlich zum Abschaffen dieser Waffen führen. Also ein guter Plan.

Wenn jetzt wieder Raketen fliegen und bei jeder neu entdeckten Rakete die Frage auftaucht, ob die nicht vielleicht einen nuklearen Sprengkopf nach Nordamerika tragen könnte, dann wird diese Frage und damit der Tag gegen Atomwaffentests wieder aktuell.

 

So kann man keinen Frieden machen

 

Die „Androhung wechselseitiger Zerstörung“ könne nicht die Grundlage friedlichen Zusammenlebens zwischen Völkern und Staaten sein. So hat sich Papst Franziskus bereits 2014 in die Debatte eingeschaltet. Die Jugend von heute und morgen verdiene eine friedliche Weltordnung. „Jetzt ist die Zeit, auf die Logik der Angst mit der Ethik der Verantwortung zu antworten“. Kling wie auf die aktuelle Situation gemünzt: „Logik der Angst“, das sieht man dauernd im TV.

In seinem Statement damals an die ‚Konferenz über die humanitären Auswirkungen von Nuklearwaffen’ in Wien schraubt der Papst auch sozusagen das Weitwinkelobjektiv vor die Problematik, es geht halt nicht nur um diese Waffen. „In Atomwaffen zu investieren, verschwendet den Wohlstand der Nationen“, schreibt Franziskus. Die Mittel wären weit besser investiert in menschliche Entwicklung, Bildung, Gesundheit und den Kampf gegen extreme Armut. Es seien die Armen und die Schwachen am Rand der Gesellschaft, die für atomare Hochrüstung den Preis bezahlen würden. Auch das gehört in die Debatte von heute hinein.

Und ja, der Papst blickt auch ganz konkret auf die Situation in Korea. Weiterlesen “Der Papst und die Bombe”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Neulich im Internet, Papstreise, VatikanSchlagwörter Ansprache, Frieden, Gerechtigkeit, Nuklearwaffen, Ökologie, Papst Franziskus, Politik, UNO15 Kommentare zu Der Papst und die Bombe

Beten ist Handeln

Veröffentlicht am 1. September 201518. August 2015

Der Papst hat unmittelbar reagiert. Der Vorschlag, einen gemeinsamen Gebetstag für die Schöpfung einzuführen, wurde bei der Vorstellung der Enzyklika Laudato Si’ durch den Vertreter der griechisch-orthodoxen Kirche ausgesprochen, und noch in diesem Jahr findet der Tag statt.  Der Papst verliert keine Zeit.

Die orthodoxe Kirche hat den Zeitpunkt vorgegeben, für ihren liturgischen Kalender ist es der Beginn des Kirchenjahres, es ist also der Verweis auf den Beginn, die Schöpfung.
Diese Symbolik geht uns zwar bei diesem Datum verloren, dafür gewinnen wir die Gemeinsamkeit. Es ist ein ökumenischer Schritt. Und die klare Aufforderung des Papstes an Kardinal Kurt Koch, den Ökumene-Verantwortlichen im Vatikan, das auch mit dem Weltkirchenrat zu koordinieren zeigt, dass es nicht nur um die Ökumene mit der Orthodoxie geht.

Dieser Tag ist also heute.

Hilft denn Beten? Einmal abgesehen von theologischen Überlegungen über die Rolle des Gebetes im Leben, über die ich gerne auch einmal etwas hier schreiben möchte und bestimmt auch einmal werde, bleibt auf jeden Fall eine Dimension erhalten. Das Beten verweist auf die Grund-Haltung gegenüber der Umwelt oder Mitwelt. Es verweist darauf, dass wir sie empfangen haben.

„Sich die Erde untertan machen“ wird die Schrift meistens zitiert, Papst Franziskus hat das wiederholt – in seiner Predigt beim Amtsantritt zuerst und dann bis zur Enzyklika immer wieder – als „sich sorgen um“ ausgelegt. Gott bleibt der Herr der Schöpfung, auch wenn sie uns anvertraut ist, könnte man es übersetzen. Wir sind nicht Herren der Schöpfung wie Gott unser Herr ist. Wir stehen neben und inmitten der anderen Geschöpfe.

Das gemeinsame Beten hat nur dann Sinn, wenn ich das akzeptiere. Wenn ich meine, dass ich den Bezug zu Gott brauche und mich in Beziehung zu Gott verstehe, dann drücke ich das im Beten aus. Beten verschiebt nicht das Tun. Es ersetzt es nicht, aber es gibt dem Handeln eine Grundlage.

Beten setzt die Beziehung zu Gott in den Kern des Handelns.

Und damit wäre ja schon einmal ein erster Schritt getan hin zur „ökologischen Umkehr“, wie sie Franziskus fordert. Nicht wir sind die Kategorie, an der sich in der Welt alles entscheidet. Ohne die Beziehung zu Gott geht gar nichts. Auch nicht – und an diesem Gebetstag gerade nicht – unser Einsatz für eine gerechtere Welt.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Ökumene, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Beten, Enzyklika, Franziskus, Handeln, Laudato Si, Mitwelt, Ökologie, Schöpfung, Umwelt7 Kommentare zu Beten ist Handeln

Schöpfer und Geschöpf

Veröffentlicht am 13. Juni 201529. Mai 2015

Vorbereitung auf die Umweltenzyklika, Teil 6

Ein sechster und letzter Punkt: noch einmal zurück zu Schöpfung und Geschöpf. Oder anders gesagt, zum theologischen Blick auf die Frage nach Umwelt und Verantwortung. Den Text der Generalaudienz vom Juni 2015 habe ich bereits ausführlich zitiert, die meisten Dinge darin sind an alle Menschen gerichtet oder können von allen Menschen auf sich selber bezogen werden. Es gibt aber auch genuin christliche Aussagen darin, die natürlich das Fundament von den Aussagen des Papstes sind. Und Papst Franziskus beginnt biblisch: „Wenn von Umwelt, von der Schöpfung, die Rede ist, dann gehen meine Gedanken zu den ersten Seiten der Bibel, zum Buch Genesis, wo es heißt, dass Gott den Mann und die Frau auf die Erde stellt, damit sie sie bebauen und hüten (vgl. 2,15). Und mir kommen die Fragen: Was bedeutet es, die Erde zu bebauen und zu hüten? Bebauen und hüten wir die Schöpfung wirklich? Oder vernachlässigen wir sie und beuten sie aus? Die Schöpfung bebauen und hüten: Diese Weisung gab Gott nicht nur am Anfang der Geschichte, sondern sie gilt einem jeden von uns. Sie gehört zu seinem Plan; es bedeutet, die Welt verantwortungsvoll wachsen zu lassen, sie in einen Garten zu verwandeln, in einen bewohnbaren Ort für alle. (Generalaudienz, 5. Juni 2013)

Das ist der Anfang, die Bibel. Aber auch später, in der Geschichte und der Tradition der Kirche, gibt es Zeugen für so ein behütendes und sich sorgendes Verhalten: „Klein aber stark in der Liebe Gottes wie der heilige Franziskus, sind wir als Christen alle berufen, uns der Schwäche des Volkes und der Welt, in der wir leben, anzunehmen.“ (EG 216) Es braucht also keine Stärke und Macht, sondern Zuwendung zur Schöpfung, Aufmerksamkeit, um unser Verhalten ihr gegenüber zu ändern. Das entspricht dann auch dem Verhältnis, das Gott zu seiner Schöpfung hat, eine Formulierung aus einer Morgenmesse in Santa Marta, die so sehr stark an das Exerzitienbuch des Ignatius von Loyola erinnert: „Gott arbeitet, Er macht mit seiner Arbeit weiter, und wir können uns fragen, wie wir auf diese Schöpfung Gottes antworten sollen. Denn die Schöpfung ist aus Seiner Liebe entstanden, Gott arbeitet durch die Liebe. Wir haben also eine sozusagen erste Schöpfung, und auf diese müssen wir mit Verantwortung antworten. Der Herr hat uns das Land geschenkt, um Sorge dafür zu tragen. Wir sind dann zwar Herren der Schöpfung, aber nicht die Besitzer!“ (Predigt am 9. Februar 2015, Santa Marta)

Es bleibt immer noch die Frage, ob das wirklich die Aufgabe von Christen als Christen ist, sich dieses Themas anzunehmen. Immer wieder lautet ja der Einwand – zugegeben weniger in unseren Breiten – dass das doch bitte die NGOs machen sollen. Nein, sagt Papst Franziskus. Im Gegenteil: „Manchmal hören wir von Leuten, die sich versammeln, um über Umweltschutz zu sprechen und sagen: Ach, das sind die Grünen! Nein, das sind nicht die Grünen! Das sind Christen! Denn das ist die erste Antwort, die wir auf diese ,erste Schöpfung´ geben sollten. Das ist unsere Verantwortung! Ein Christ, der die Schöpfung nicht achtet, ist ein Gläubiger, der sich nicht um das Werk Gottes schert. Also, die Antwort auf die erste Schöpfung lautet: die Schöpfung bewahren und sie wachsen lassen.“ (Predigt am 9. Februar 2015, Santa Marta)

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Rom, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Enzyklika, Franziskus, Ökologie, Papst, Papstaussagen, Umwelt, Vorbereitung11 Kommentare zu Schöpfer und Geschöpf

Zum Hüten berufen

Veröffentlicht am 12. Juni 201529. Mai 2015

Vorbereitung auf die Umweltenzyklika, Teil 5

Was also tun? Dieser fünfte Punkt gleicht in gewisser Hinsicht dem vierten, als dass auch hier nach möglichen Handlungsperspektiven gefragt werden soll. Es geht kurz gesagt um eine Änderung des Lebensstils: „Die Natur steht uns zur Verfügung, und wir sind berufen, sie verantwortlich zu verwalten.“ (Botschaft für den Weltfriedenstag, 1.1.2014)

Dieser Gedanke, berufen um zu verwalten, ist bereits ganz am Anfang des Pontifikates präsent. Der Papst feierte am 19. März die Messe zum Amtsantritt, am Fest des hl. Josef, was er zum Anlass nahm, genau darüber zu sprechen, über das verantwortliche Verwalten, oder übersetzt: über das Hüten:

„Die Berufung zum Hüten geht jedoch nicht nur uns Christen an; sie hat eine Dimension, die vorausgeht und die einfach menschlich ist, die alle betrifft. Sie besteht darin, die gesamte Schöpfung, die Schönheit der Schöpfung zu bewahren, wie uns im Buch Genesis gesagt wird und wie es uns der heilige Franziskus von Assisi gezeigt hat: Sie besteht darin, Achtung zu haben vor jedem Geschöpf Gottes und vor der Umwelt, in der wir leben. Die Menschen zu hüten, sich um alle zu kümmern, um jeden Einzelnen, mit Liebe, besonders um die Kinder, die alten Menschen, um die, welche schwächer sind und oft in unserem Herzen an den Rand gedrängt werden. … Im Grunde ist alles der Obhut des Menschen anvertraut, und das ist eine Verantwortung, die alle betrifft. Seid Hüter der Gaben Gottes! … Alle Verantwortungsträger auf wirtschaftlichem, politischem und sozialem Gebiet, alle Männer und Frauen guten Willens möchte ich herzlich bitten: Lasst uns „Hüter“ der Schöpfung, des in die Natur hineingelegten Planes Gottes sein, Hüter des anderen, der Umwelt; lassen wir nicht zu, dass Zeichen der Zerstörung und des Todes den Weg dieser unserer Welt begleiten! Doch um zu „behüten“, müssen wir auch auf uns selber Acht geben! Erinnern wir uns daran, dass Hass, Neid und Hochmut das Leben verunreinigen! Hüten bedeutet also, über unsere Gefühle, über unser Herz zu wachen, denn von dort gehen unsere guten und bösen Absichten aus: die, welche aufbauen, und die, welche zerstören! Wir dürfen keine Angst haben vor der Güte, ja, nicht einmal vor der Zärtlichkeit!” (Predigt bei der Messe zum Amtsantritt, 19. März 2013).

 

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Eine offene Debatte

Veröffentlicht am 10. Juni 20153. Juni 2015

Vorbereitung auf die Umweltenzyklika, Teil 4

Was also tun? Viele Überlegungen von Papst Franziskus zur Frage von Umwelt und Schöpfung, von Mensch und Würde sind Aufforderungen, sich an einer Lösung zu beteiligen. Oder zumindest an der Suche danach, wie etwa hier: „Ich lade alle ein, über das Problem des Verderbens und der Verschwendung von Nahrung nachzudenken, um Wege und Mittel zu finden, die, wenn man dieses Problem ernsthaft angeht, Ausdruck der Solidarität und des Teilens mit den Notleidenden sein sollen.“ (Generalaudienz, 5. Juni 2013)

Nachdenken ist also der erste Schritt. Und der zweite? „Ich möchte also, dass wir alle uns ernsthaft bemühen, die Schöpfung zu achten und zu hüten, jedem Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, der Kultur des Verschwendens und des Wegwerfens entgegenzuwirken, um eine Kultur der Solidarität und der Begegnung zu fördern.“ (Generalaudienz, 5. Juni 2013) Das sind alles offensichtliche Punkte, die aber zu wenig gemacht werden. Aufmerksamkeit ist ein Schritt zur Lösung, genau so wie er den Verlust des Staunens und der Wertschätzung genannt hat. Das bedeutet keine falsche Romantik, ein Verehren einer angeblich unberührbaren Natur. „Die christliche Sicht der Schöpfung beinhaltet ein positives Urteil über die Zulässigkeit der Eingriffe in die Natur, um einen Nutzen daraus zu ziehen, unter der Bedingung, dass man verantwortlich handelt, das heißt die „Grammatik“ anerkennt, die in sie eingeschrieben ist, und die Ressourcen klug zum Vorteil aller nutzt und dabei die Schönheit, die Zweckbestimmtheit und die Nützlichkeit der einzelnen Lebewesen und ihre Funktion im Ökosystem berücksichtigt.“ (Botschaft für den Weltfriedenstag, 1.1.2014)

 

Keine naive Romantik

 

Also, die Einladung zur Debatte findet nicht auf naiven Grund und Boden statt. Ganz im Gegenteil, der Papst hat ganz konkrete Ziele im Blick, was seine Enzyklika angeht, es ist nicht die Klage eines Romantikers, sondern der Beitrag eines Realisten. Was man am Zeitrahmen für die Enzyklika ablesen kann: „Wichtig ist, dass zwischen ihrer Veröffentlichung und dem Treffen in Paris ein gewisser zeitlicher Abstand liegt, damit sie einen Beitrag leistet. Das Treffen in Peru war nichts Besonderes [UN-Klimakonferenz in Lima 2014]. Mich hat der Mangel an Mut enttäuscht: An einem gewissen Punkt haben sie aufgehört. Hoffen wir, dass in Paris die Vertreter mutiger sein werden, um in dieser Sache voranzukommen.“ (Pressekonferenz auf dem Flug von Colombo nach Manila, 15. Januar 2015) Wohin voran kommen? „Tatsächlich ist es eine unumgängliche Pflicht, die Ressourcen der Erde so zu nutzen, dass keiner Hunger leidet.“  (Botschaft für den Weltfriedenstag, 1.1.2014)

Auch von kirchlicher Seite will sich der Papst an den politischen und gesellschaftlichen Debatten um Umwelt und Zukunft beteiligen. Und er weiß sich nicht allein: „Gottlob gibt es heute Stimmen, viele, viele Stimmen, die darüber sprechen; in diesem Moment möchte ich meinen geliebten Bruder Bartholomaios erwähnen, der seit vielen Jahren über dieses Thema predigt. Und ich habe vieles von ihm gelesen, um diese Enzyklika vorzubereiten.“ (Pressekonferenz auf dem Flug von Colombo nach Manila, 15. Januar 2015) Aber es sind nicht nur christliche Mitstreiter: „Ich meine, dass der Dialog zwischen den Religionen über diesen Punkt wichtig ist. Die anderen Religionen haben eine gute Sichtweise. Auch zu diesem Punkt gibt es eine Abmachung, um die gleiche Sicht zu haben.“ (Pressekonferenz auf dem Flug von Colombo nach Manila, 15. Januar 2015)

Die Einladung des Papstes will also eine breite, offene Debatte, unter Beteiligung aller, die dazu etwas zu sagen haben.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Rom, VatikanSchlagwörter Enzyklika, Franziskus, Ökologie, Papst, Papstaussagen, Umwelt, Vorbereitung13 Kommentare zu Eine offene Debatte

Zu weit gegangen

Veröffentlicht am 8. Juni 20153. Juni 2015

Vorbereitung auf die Umwelt-Enzyklika, Teil 3

Die Verantwortung des Menschen ist keine moralische Verantwortung, das lässt sich aus dem vorherigen Überlegungen entnehmen. Was aber folgt aus dem Gegenentwurf, aus dem Schöpfungsgedanken? Wie ist die Verantwortung mit dem Glauben and Schöpfung verwoben? „Benedikt XVI. hat uns oft daran erinnert, dass diese Aufgabe, die Gott, der Schöpfer, uns anvertraut hat, es verlangt, den Rhythmus und die Logik der Schöpfung zu verstehen. Wir dagegen sind oft vom Hochmut des Herrschens, des Besitzens, des Manipulierens, des Ausbeutens geleitet; wir „hüten“ sie nicht, wir achten sie nicht, wir betrachten sie nicht als unentgeltliches Geschenk, für das wir Sorge tragen müssen. Wir verlieren die Haltung des Staunens, der Betrachtung, des Hörens auf die Schöpfung; und so können wir darin nicht mehr das erkennen, was Benedikt XVI. „den Rhythmus der Liebesgeschichte Gottes mit dem Menschen“ nennt. Warum passiert das? Weil wir horizontal denken und leben, uns von Gott entfernt haben, seine Zeichen nicht erkennen.“ (Generalaudienz, 5. Juni 2013) Das Resultat: „Männer und Frauen [werden] den Götzen des Profits und des Konsums geopfert: Das ist die „Wegwerfkultur“.“ (ebd.)

Und dann wird auch klarer, wie die Auswirkungen sind, wenn wir diese „Haltung des Staunens“ verlieren: „In diesem System, das dazu neigt, alles aufzusaugen, um den Nutzen zu steigern, ist alles Schwache wie die Umwelt wehrlos gegenüber den Interessen des vergötterten Marktes, die zur absoluten Regel werden“ (EG 56).

Aber sind es wirklich immer wir Menschen, ist es immer die Eigendynamik des Marktes ohne Ethik, des egoistischen Finanzsystems, das den Schaden verursacht? Selbst wenn – so der Papst – das nicht so ist, ist das noch lange keine Entschuldigung, nichts zu tun. „Ich weiß nicht, ob die Verantwortung ganz und gar beim Menschen liegt, aber größtenteils, in weitem Umfang ist er es, der die Natur ohrfeigt, fortwährend. Wir haben uns der Natur, der Schwester Erde, der Mutter Erde etwas zu viel bemächtigt. Ich erinnere mich an das – Sie haben es schon gehört –, was ein alter Bauer einst zu mir sagte: „Gott verzeiht immer, wir, die Menschen, verzeihen einige Male, die Natur verzeiht nie.“ Wenn du sie ohrfeigst, dann zahlt sei es dir heim. Ich glaube, wir haben die Natur zu sehr ausgebeutet. …Ich glaube, der Mensch ist zu weit gegangen“ (Pressekonferenz auf dem Flug von Colombo nach Manila, 15. Januar 2015).

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Rom, VatikanSchlagwörter Enzyklika, Franziskus, Ökologie, Papst, Papstaussagen, Umwelt, Vorbereitung7 Kommentare zu Zu weit gegangen

Verantwortung!

Veröffentlicht am 5. Juni 20155. Juni 2015

Vorbereitung auf die Umweltenzyklika, Teil 2 (Veröffentlichungsdatum: 18. Juni)

Die Wirtschaft, die Menschen ausschließt, tötet. Dieser Satz klingt bis heute in den Ohren all derjenigen, die meinen, dass der Markt alles regeln wird. Tut er nicht, im Gegenteil, die Welt – die soziale wie die ökologische – ist Gefahr, aus dem Gleichgewicht zu geraten: „Die Gefahr ist groß, denn die Ursache des Problems ist nicht oberflächlich, sondern sitzt tief: Es ist nicht nur eine Frage der Wirtschaft, sondern der Ethik und der Anthropologie. Die Kirche hat das oft hervorgehoben. Und viele sagen: Ja, das stimmt, das ist wahr , aber das System geht weiter wie zuvor, denn was herrscht, sind die Dynamiken einer Wirtschaft und einer Finanz, denen es an Ethik mangelt. Heute gebietet nicht der Mensch, sondern das Geld, das Geld regiert. Und Gott, unser Vater, hat nicht dem Geld die Aufgabe erteilt, die Erde zu hüten, sondern uns: den Männern und Frauen. Wir haben diese Aufgabe! Stattdessen werden Männer und Frauen den Götzen des Profits und des Konsums geopfert: Das ist die „Wegwerfkultur“.“ (Generalaudienz, 5. Juni 2013)

Es geht dem Papst hierbei also um die Frage von menschlicher Verantwortung, die abgegeben wird, wenn man sich allein auf vermeintliche „Gesetze des Marktes“ verlässt. Dessen ethikfreie Dynamik zerstört. An anderer Stelle führt der Papst aus, wie es das meint: „Es gibt noch andere schwache und schutzlose Wesen, die wirtschaftlichen Interessen oder einer wahllosen Ausnutzung auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Ich beziehe mich auf die Gesamtheit der Schöpfung.“(EG 215) Und auch hier geht der Papst auf sein Thema der Verantwortung ein: „Wir sind als Menschen nicht bloß Nutznießer, sondern Hüter der anderen Geschöpfe. Durch unsere Leiblichkeit hat Gott uns so eng mit der Welt, die uns umgibt, verbunden, dass die Desertifikation des Bodens so etwas wie eine Krankheit für jeden Einzelnen ist, und wir können das Aussterben einer Art beklagen, als wäre es eine Verstümmelung. Lassen wir nicht zu, dass an unserem Weg Zeichen der Zerstörung und des Todes zurückbleiben, die unserem Leben und dem der kommenden Generationen schaden.“ (EG 215) Die Verantwortung ist also nicht nur eine moralische, sondern uns als Geschöpfe Gottes mitgegeben. Diesen Gedanken kann man glaube ich nicht genug betonen: Es geht nicht um Moral, es geht darum, dass wir Teil der Schöpfung sind, nicht getrennt, sondern durch unsere Leiblichkeit tief verwoben. Umweltzerstörung ist Verstümmelung des Menschen, enger kann man die beiden Themen nicht zusammen bringen.

 

Einschränkung: Was der Papst nicht sagt

 

An dieser Stelle muss man aber auch eine Einschränkung machen, und zwar dazu, was der Papst sagt und was er nicht sagt. Vor einiger Zeit bin ich auf die  Debatte vor der Debatte  eingegangen und auf die vielen Vor-Urteile über die kommende Enzyklika. Weiterlesen “Verantwortung!”

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Ökologie des Menschen und der Natur

Veröffentlicht am 3. Juni 20153. Juni 2015

Vorbereitung auf die Umweltenzyklika, Teil 1

Das Thema Ökologie ist nicht neu für Papst Franziskus. In Evangelii Gaudium ist davon die Rede, in seiner Predigt zum Amtsantritt, in Generalaudienzen, bei Pressekonferenzen: immer wieder spricht er dieses Thema an. Aber anstatt an dieser Stelle diese Texte einfach aufzuzählen, sollen sie um fünf Themen herum gruppiert werden, die sich – meiner Meinung nach – deutlich zeigen und die ich in den kommenden Tagen zur Vorbereitung auf die Veröffentlichung der Enzyklika einstellen werde.

Der erste Punkt ist ein eher allgemeiner. Wenn man Papst Franziskus Texte zum Thema nachliest, dann wird offensichtlich, dass Ökologie kein isoliertes Thema ist, die „ Ökologie des Menschen und Ökologie der Umwelt gehen Hand in Hand.“ Das betonte er bei der Generalaudienz vom 5. Juni 2013 (GA), die er ganz dem Thema Ökologie gewidmet hat. Und „Ökologie des Menschen“ ist ja das Thema, wie es von Vatikansprecher Federico Lombardi angekündigt wurde.

Dass das alles zusammen gehört zeiht sich auch in seinen Gedanken zur Brüderlichkeit bzw. Geschwisterlichkeit, denen er die Botschaft zum Weltfriedenstag 2014 gewidmet hatte: „Wir bewahren die Natur nicht, respektieren sie nicht und betrachten sie nicht als eine unentgeltliche Gabe, für die man Sorge tragen und sie in den Dienst der Mitmenschen, einschließlich der kommenden Generationen, stellen soll.“ (Botschaft für den Weltfriedenstag, 1.1.2014) Mindestens also bei den kommenden Generationen gehört Natur und Sorge um den Menschen zusammen, mindestens. Aber Papst Franziskus macht das Thema noch weiter: „Die Päpste haben von der Ökologie des Menschen gesprochen, die eng mit der Ökologie der Umwelt verbunden ist. Wir durchleben gerade einem Augenblick der Krise; das sehen wir in der Umwelt, aber vor allem sehen wir es im Menschen. Der Mensch ist gefährdet: Das ist sicher, der Mensch ist heute gefährdet, daher die Dringlichkeit der Ökologie des Menschen!“ (GA)

Die sozialen und ökologischen Dimensionen gehören also im Sprechen und Denken des Papstes zusammen. Mehr davon im nächsten Kapitel.

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Los hermanos Koch …

Veröffentlicht am 22. Mai 201522. Mai 2015

Noch einmal die Frage nach dem Klima, noch einmal die Frage nach dem Papst und seiner Enzyklika, noch einmal die Frage, wie das vor deren Erscheinen debattiert wird. Aber jetzt geht es nicht um die Kirche. Es geht um Politik. Obwohl erst im Herbst 2016 ein neuer Präsident gewählt wird, laufen die Werbemaschinen bereits auf Volltouren. Jetzt ist in den USA ein TV-Clip erschienen, der ganz direkt Papst Franziskus auftreten lässt.

Neun von zehn Latinos seien dafür, dass die Regierung sofort gegen den Klimawandel handle, heißt es zu Beginn. Und: Nichts zu tun sei viel teurer. Und dann wechselt die Stimme, von der Frau aus dem Off geht sie über auf einen Mann, es klingt wie ein Stück Nachrichten. Man sieht Papst Franziskus, wie er UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon trifft und dazu heißt es, „Papst Franziskus wird den Klimawandel als dringendes moralisches Gebot angehen.“

So weit, so harmlos. Aber dann wendet sich der Spot gegen die Brüder Koch, zwei US-amerikanische Industrielle und Multimillionäre, denen unterstellt wird, viel Geld – es ist die Rede von 900 Millionen Dollar – in den Wahlkampf zu stecken, um ihre Industrien zu schützen, also die den Planeten verschmutzenden Industrien. Sie hätten die Republikanische Partei gekauft und seien nun dabei, den Papst „einzuschüchtern“. Gezeigt werden Bilder einer Konferenz in Rom, in der US-Amerikaner für traditionelle Energiegewinnung durch Kohle und Öl sprechen und davon, dass der Papst sich für diese einsetzen müsse – unterstellt wird, dass es die Industrie der Koch-Brüder sei. Man dürfe nicht zulassen, dass die Brüder Koch und die Republikaner „uns zum schweigen bringen“, heißt es zum Abschluss.

Und das ist der Clou, der gesamte Spot ist nicht etwa auf Englisch, sondern auf Spanisch gemacht, richtet sich also an die mehrheitlich katholischen Latinos in den USA. Die Latinos sind mit dem „Wir“ gemeint. Vor dem Papstbesuch im September, vor dem Auftritt des Papstes vor dem Kongress und danach vor der UNO, wird Papst Franziskus einsortiert in Parteipolitik.

Dahinter steht ein so genannter Super-PAC, also ein Aktionskomitee, das der besonderen Wahlkampf-Gesetzgebung folgt, vor allem finanziell. So lange man keine Kandidaten nennt, darf man so viel Geld ausgeben, wie man will.

Schon in der Vergangenheit war in den US-Medien viel über den Papst und die Erderwärmung zu lesen, dort scheint die gesamte Klima- und Umweltschutzdebatte – anders als in Europa – auf diese eine Frage enggeführt zu werden. Vielleicht ist es deswegen kein Wunder, dass der Papst nun auch zu Wahlkampfzwecken zwangsrekrutiert wird. Die Situation ist aufgeladen. Und wenn in den kommenden Wochen die Enzyklika erscheinen wird, dann wird der Streit erst richtig losgehen, ganz gleich, was genau der Papst sagen wird. Denn leider wird man versuchen, den Papst vor den jeweils eigenen Wagen zu spannen. Soviel jedenfalls hat der Spot bereits bewiesen.

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Ökologie des Menschen

Veröffentlicht am 20. Februar 201516. Februar 2015

Ende Juni oder Anfang Juli kommt sie endlich: Papst Franziskus hat eine neue Enzyklika angekündigt, erst hatte man sie für November, dann für März erwartet. Und bei der Pressekonferenz während des Rückfluges aus Manila hat er dann selber gesagt, dass er sie im März fertig stellen wolle, dann solle sie übersetzt werden und dann im Frühsommer vorgestellt.

Wichtig sei ihm, dass sie vor dem Klimatreffen von Paris vorgestellt wird, so dass sie ihren Beitrag leisten könne. Und damit sind wir beim Thema, denn es wird eine Umweltschutz-Enzyklika erwartet. Zu Ökologie und Klimawandel vielleicht. Auf jeden Fall wird sie als solche erwartet, aber hier liegt auch ein Teil des Problems.

Wenn man durch das Internet blättert und Kommentare dazu sucht, findet man eine große Erwartung, der Papst werde sich für dieses oder jenes einsetzen. Tatsächlich wird die Frage des Umweltschutzes ja wert- und glaubensneutral geführt, und oft begegnet mir die unausgesprochene Einschätzung, an dieser Debatte werde sich der Papst beteiligen.

Es ist noch eine Weile hin, aber vielleicht lohnt sich jetzt schon mal ein Blick darauf, was uns auch erwarten könnte.

„Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur sich selbst machende Freiheit. Der Mensch macht sich nicht selbst. Er ist Geist und Wille, aber er ist auch Natur, und sein Wille ist dann recht, wenn er auf die Natur achtet, sie hört und sich annimmt als der, der er ist und der sich nicht selbst gemacht hat. Gerade so und nur so vollzieht sich wahre menschliche Freiheit.“ Weiterlesen “Ökologie des Menschen”

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