Ohne dass jemand am Steuer stünde: Diesen unglücklichen Vergleich meinte ein prominenter Kardinal gebrauchen zu sollen, als er die Ergebnisse der Bischofssynode im Oktober beschrieb. Wir sind also angekommen, Teile der Kirche sehen in Papst Franziskus das Übel und sprechen ihm entweder den Willen oder die Fähigkeit ab, die Kirche zu leiten.
Was heißen soll: So zu leiten, wie sie es für richtig halten. Auch wenn ich ein großer Fan davon bin, die Konflikte nicht in den Mittelpunkt der Kirche zu rücken, braucht es doch einen klaren Blick darauf, um was es geht, damit wir uns nicht ins Boxhorn jagen lassen. Also: Die sich selber traditionsverbunden oder konservativ nennenden Katholiken wittern ein Ändern der Lehre und damit einen Abfall vom tradierten Glauben.
Eine der Annahmen der Kritik am Papst ist, dass die Begriffe „konservativ“ und „orthodox“ austauschbar sind. Diesen Gedanken habe ich bei Pater John O’Malley SJ gefunden, der damit in eine Debatte in den USA eingreift. Eine kluge Beobachtung, die ich mir gleich zu Nutzen mache.
Konservativ ist nicht automatisch gleich rechtgläubig
Nicht wandeln wollen und rechtgläubig sein – so darf ich die beiden Begriffe übersetzen – seien sozusagen zwei Seiten derselben Medaille. Mir scheint aber, und da stimme ich John O’Malley zu, dass das in diesem Automatismus nicht stimmt. Blicken wir nur zurück auf das Zweite Vatikanum, da gab es eine ganze Reihe von damals so genannten Progressiven – verstanden als Gegensatz zu konservativ – bei denen sich herausgestellt hat, dass sie und ihre Meinungen, Stellungnahmen und Texte sehr rechtgläubig waren.
Es hat Wandel stattgefunden, in vielen Punkten, nehmen wir nur das Verhältnis zu den Juden oder die Ökumene. Rechtgläubigkeit, die getreue Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation, hat im Wandel stattgefunden. Die selbsternannten Wahrer der Lehre sehen sich also als orthodoxer, der Lehre näher, als die zu diesem Zweck geweihten Bischöfe. Das finde ich einen erstaunlichen Befund.
Da gibt es Theologen, die so päpstlich sind, dass sie aus all dem Wandel den Schluss ziehen, wir könnten einen neuen Papst brauchen. Man ist nur dann treu, wenn der Papst das macht, was man selber will. Das hat Untertöne, nämlich die der Spaltung. Das will keiner zugeben, aber logisch gesehen ist das die Drohung, die folgt. Das ist weder orthodox noch konservativ. Weiterlesen “Hermeneutik der Reform”