Eine vertraute Ansicht: Papst Franziskus auf der Titelseite einer führenden Tageszeitung. Tage vor einer Reise ist das normal geworden und irgendwie auch richtig, das Interesse ist da, journalistisch ist es eine gute Geschichte, auch wenn es wie in diesem Fall eine Zeitung betrifft, die sonst eher um Religion einen Bogen gemacht hat.
Das Besondere bei dieser Zeitungsausgabe an diesem Samstag ist natürlich, dass da ein Interview mit dem Papst drin ist (hier die englische Version). Kein eigenes, von der Redaktion der Zeitung selbst gemachtes und verantwortetes Interview, sondern die Übernahme eines Interviews, dass der Jesuitenpater Ulf Jonsson mit dem Papst geführt hatte.
Dazu gibt es aber gleich auch eine Einordnung durch die Redaktion, die fast schon wie eine Entschuldigung klingt. Man nimmt das Interview – eine Kurzform des Interviews, wie es in der Jesuitenzeitschrift Schwedens ‚Signum‘ erschienen ist – obwohl es nicht von der eigenen Redaktion ist, obwohl es kein journalistischer Text sondern ein religiöser ist und obwohl man das sonst nicht macht. Interessant, dass es dann nicht nur zur Übernahme des Textes, sondern gleich auch zur Titelseite gereicht hat.
Es ist halt ein Scoop, den will sich eine Zeitung nicht entgehen lassen.
Die Erklärung zum Abdruck ist aber auch sonst interessant. Man habe sich selber auch um ein eigenes Interview bemüht, aber keins bekommen, deswegen die Übernahme. Und selber hätte man auch viel kritischere Fragen gestellt. Und drei Fragen werde dann auch gleich angegeben: Korruption, Pädophilie, katholische Sexuallehre. Das hätte die Zeitung gerne gefragt.
Da bin ich doch gerade mal froh, dass die Zeitung nicht selber hat fragen können. Diese Fragen wurden schon zig Mal gestellt und beantwortet, das sind nur Versuche, sich als Journalist kritisch zu profilieren. Das jetzt abgedruckte Interview ist sehr persönlich und für Leute, die den Papst verfolgen auch vielleicht nichts allzu Neues, aber für die Zeitungsleser in Schweden bietet es doch einen Blick, den man sonst so nicht hat. Eben auch deswegen, weil Journalisten immer dieselben Fragen stellen.
Nicht falsch verstehen: Die kritischen Fragen sind und bleiben kritische Fragen und das ist auch gut so. Aber wenn ein stark säkularisiertes Land verstehen lernen will, was das ist: Kirche und wer das ist: Papst, dann hilft es nur bedingt, die üblichen Kampfgebiete zu bedienen.
Da ist das Interview von P Ulf Jonsson schon wieder sehr journalistisch.