Nein, Papst Franziskus trägt keine roten Schuhe. Hat er noch nie und wird er auch nicht. Aber wie ehedem Papst Benedikt XVI. immer und immer wieder eine rote-Schuhe-Geschichte in den Medien hatte, so hat nun Papst Franziskus etwas Ähnliches. Eine Geschichte durch Symbole erzählt.
Es geht um die Ring-Kuss-Geschichte in der zu Ende gehenden Woche. Ein kurzes Video aus Loreto, wo der Papst zur Unterzeichnung des Synoden-Abschlussdokuments hingefahren war. Er wollte sich nicht den Fischerring – das Zeichen seiner Autorität – küssen lassen und zog immer wieder die Hand weg. Das Video ging viral und irgendein Scherzkeks hat auch noch unser Logo, das Logo von VaticanNews, auf das Video geklebt, obwohl es nicht von uns ist.
Geschichte durch Symbole erzählt
Dumme Geschichte, könnte man meinen. Nicht wirklich interessant, könnte man sagen. Eine Kuriosität, könnte der Eindruck sein. Aber dass bis in die großen Zeitungen hinein ist das berichtet worden, wenn auch nur unter der Abteilung „Buntes“. Und die üblichen Medien haben natürlich der Versuchung nicht widerstehen können, darin grundsätzlich ein Zeichen für die Geschmacklosigkeit des Papstes zu sehen.
Aber das ist nicht alles. Hier wird etwas Neues sichtbar. Natürlich hat es immer auch „bunte“ Geschichten über den Papst gegeben, auch über diesen. Aber dieses Mal wird daraus eben das, was ich eine rote-Schuhe-Geschichte nenne. Hier wird eben wie ich weiter oben schon gesagt habe eine Geschichte durch Symbole erzählt, wie weiland bei den roten Schuhen.
Die roten Schuhe des Papstes hatten immer ein Eigenleben. Kaum eine Papstreise ins Ausland, bei der ich dabei war, wo nicht in den örtlichen Zeitungen ein Foto samt Text erschienen ist. Es war das Symbol für das Andere, das Fremde, das Skurrile, das Komische, das Unverständliche. Indem man über die Schuhe sprach, konnte man genau diese Dimensionen symbolisch zur Sprache bringen. Und jeder konnte es verstehen, denn jeder hatte ja dieselben Eindrücke; wer trägt schon rote Schuhe? Und dann auch noch von Amts wegen?
Rote Schuhe von Amts wegen
Papst Franziskus hat gleich von Anfang an die Symbolsprache verändert. Gereinigt, würde ich sagen. Symbole ändern sich, wie die Sprache sich auch ändert. An die Bibel angelehnt frage ich an dieser Stelle noch einmal: Und wenn ein Symbol nicht mehr symbolisch ist, womit können wir es wieder symbolisch machen? Ich kann ein Symbol nicht dekretieren, es funktioniert oder funktioniert nicht. Ein Symbol, das ich erst erklären muss, verfehlt seinen Zweck total. Und um gleich einen garantierten Einwand vorwegzunehmen, nein, das heißt nicht das Ausrichten am kleinsten gemeinsamen Nenner. Das heißt die Realität einer sprachlichen Entwicklung Ernst nehmen.
Denn es gibt ja Symbole, die weiterhin problemlos funktionieren. Niemandem fällt auf, dass der Papst weiterhin weiß trägt. Hätte er ja ändern können. Hat er aber nicht. Weil es eben ein Symbol ist, das verstanden wird. Der Papst hat seine eigene symbolische Sprache eingesetzt, das Umarmen, der Verzicht auf große Autos. Der Vorwurf ist, dass er nicht verstehe, dass es nicht um ihn gehe, sondern um das Amt. Dass diese Sprache ihn selber in den Vordergrund rücke. Das sehe ich nicht. Ich sehe, dass seine symbolische Sprache auf die Vereinbarkeit von Amt und Religion achtet. Dass die Symbolsprache der Botschaft von Jesus Christus mindestens nicht widerspricht. Geschichte durch Symbole, das sollte weniger Amt und Rang und mehr Religion sein.
Man weiß einfach nicht mehr
Aber jetzt haben wir die Ring-Kuss-Geschichte. Es ist für mich das Zeichen, dass viele nicht mehr verstehen, wofür der Papst steht. Dass er fremd geworden ist, so dass wir diese Fremdheits-Erfahung als symbolisch betrachten. Dass uns nicht mehr klar ist, was er will und wofür er steht. Dass so ein Video viral geht ist kein Zeichen für eine verblendete Medienwelt, sondern es ist ein Zeichen, dass viele Leute eben nicht mehr sehen, wofür dieser Papst steht. Das ist ein Alarmsignal.
Nun muss nicht immer alles klar sein, aber wenn das Grundanliegen des Papstes, die Umkehr der Kirche, die Reform und der Aufbruch in den Spuren Jesu, Gehör finden will, dann müssen wir uns dessen bewusst sein, dass das so einfach nicht mehr ist. Was genau, darüber müssen wir reden. Die rote-Schuhe-Ringkuss-Geschichte macht es uns sehr deutlich.