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Schlagwort: Peripherie

Ein Blick vom Ende der Welt – Europa und der Papst

Veröffentlicht am 24. November 201623. November 2016

Vortrag vor der Kommende in Dortmund, 23. November

Angela Merkel war erbost. So erbost sogar, dass sie zum Telefonhörer griff, um Papst Franziskus anzurufen. Im November 2014 war das, nach der Rede des Papstes vor dem Europaparlament. Ob es wahr sei, dass er – der Papst – Europa mit einer „unfruchtbaren Frau“ verglichen habe. Der Papst habe sie dann beruhigt. Europa habe immer noch tiefe Wurzeln, in den dunkelsten Momenten habe Europa immer noch ungeahnte Ressourcen gezeigt.

Als Journalist muss ich meinen Beitrag heute Abend einfach mit dieser kleinen Episode aus dem Leben des Papstes beginnen. Einen kleinen Fehler hat diese Episode allerdings, sie ist schlicht erfunden. Nicht wahr. Hat nie stattgefunden. Leider sind in italienischen Medien die Grenzen zwischen Belletristik und Berichterstattung manchmal fließend, selbst in der selbsterklärten Spitze des Qualitätsjournalismus, im Corriere della Sera. Und leider leiden einige deutsche Kolleginnen und Kollegen darunter, zu schnell zu glauben, was andere Journalisten schreiben.

Der Papst und Europa: Besuch in Straßburg
Der Papst und Europa: Besuch in Straßburg
Aber es gilt ja auch das Sprichwort „si non è vero, e ben trovato“, wenn es auch nicht wahr ist, so ist es doch treffend erfunden. Was da Frau Merkel in den Mund gelegt wurde, ist etwas, was als Einwand nicht von der Hand zu weisen ist. Und so fand sich die Bemerkung von der „unfruchtbaren Frau“ in vielen Überschriften, zum Glück nicht bei Radio Vatikan. Wir haben mit dem Thema des Papstes getitelt: „Das europäische Projekt darf nicht scheitern“.

Dieses kleine Schattenboxen zu Beginn zeigt schon, wie komplex das wird, sich darüber zu unterhalten, was der Papst von Europa hält, will, erwartet. Wie übrigens bei anderen Themen auch, seine manchmal für europäische Ohren blumige Metaphorik schafft es in die Überschriften – samt erfundener Episoden – das was dahinter steht ist dann schon schwieriger zu umreißen.

 

„Das europäische Projekt darf nicht scheitern“

 

An dieser Stelle möchte ich das einmal etwas überblickshaft anschauen. Dazu darf ich Ihnen erst einmal ein Raster anbieten. Beginnen möchte ich mit den Klassikern, den Europa-Reden des Papstes, zwei in Straßburg und eine in Rom anlässlich der Entgegennahme des Karlspreises. Dann möchte ich zweitens über den politischen Papst Franziskus sprechen. Drittens soll es dann um das Ende der Welt gehen.

Der Papst beginnt seinen Blick auf Europa mit der Feststellung einer Wahrnehmung: „Einer ausgedehnteren, einflussreicheren Union scheint sich jedoch das Bild eines etwas gealterten und erdrückten Europas zuzugesellen, das dazu neigt, sich in einem Kontext, der es oft nüchtern, misstrauisch und manchmal sogar argwöhnisch betrachtet, weniger als Protagonist zu fühlen“. Er spricht über die Union, weil der Adressat das Europaparlament der EU ist. Diese Verunsicherung überträgt sich auch auf die Menschen, sie ist nicht nur abstrakt: „Eine der Krankheiten, die ich heute in Europa am meisten verbreitet sehe, ist die besondere Einsamkeit dessen, der keine Bindungen hat. Das wird speziell sichtbar bei den alten Menschen, die oft ihrem Schicksal überlassen sind, wie auch bei den Jugendlichen, die keine Bezugspunkte und keine Zukunfts-Chancen haben; es wird sichtbar bei den vielen Armen, die unsere Städte bevölkern; es wird sichtbar in dem verlorenen Blick der Migranten, die hierher gekommen sind, auf der Suche nach einer besseren Zukunft“.

Die EU hält sich also zurück. Sie ist verunsichert, wer oder was sie sein soll. Und die Menschen spüren das, vor allem die Schwachen.

 

Auf der Suche nach Zukunft

 

Dann folgt in der ersten Rede das Hohelied auf die Förderung und den Schutz der Würde des Menschen, einer Antriebsfeder aller europäischen Zusammenarbeit und Identität. Und dann weiter, zurück zur Diagnose: „unhaltbarer Überfluss“, der „den Nächsten gegenüber gleichgültig ist“, Steigerung des Misstrauens der Bürger in die Institutionen Europas, und die Betrachtung des Menschen als Teil einer Wohlstands-Maschine: „Der Mensch ist in Gefahr, zu einem bloßen Räderwerk in einem Mechanismus herabgewürdigt zu werden, der ihn nach dem Maß eines zu gebrauchenden Konsumgutes behandelt, so dass er – wie wir leider oft beobachten – wenn das Leben diesem Mechanismus nicht mehr zweckdienlich ist, ohne viel Bedenken ausgesondert wird“. Mir selber – wenn ich diese persönliche Bemerkung einfließen lassen darf – ist das in den 90er Jahren aufgefallen, als man in der Politik gar nicht mehr über Deutschland sprach, sondern fast nur noch über den ‚Wirtschaftsstandort Deutschland‘. Eine tief gehende Entmenschlichung, deren Gift wir auf den Plätzen Dresdens und anderswo Wirkung zeigen sehen. Weiterlesen “Ein Blick vom Ende der Welt – Europa und der Papst”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und VernunftSchlagwörter Europa, Papst Franziskus, Peripherie, Weltsozialbewegungen, Werte, Wirtschaftsordnung30 Kommentare zu Ein Blick vom Ende der Welt – Europa und der Papst

Preisträger Papst

Veröffentlicht am 4. Mai 20164. Mai 2016

Politiker verlangen Obergrenzen für Flüchtlinge. Diese oder jene Summe sei schaffbar, alles was mehr ist nicht. Diese oder jene Summe Summe stelle auch sicher, das Integration gelinge. Wo die das her haben, erschließt sich mir nicht, aber es kommt scheinbar gut an.

Ein weiterer Schnipsel Europa heute: Ungarn schulde Deutschland nichts, genauso wenig wie Deutschland Ungarn etwas schulde, so im Januar Ministerpräsident Orban in der Bild-Zeitung. Europäischer Zusammenhalt am maximalen Eigennutz, auf der Abrechnungstabelle sozusagen, gedacht.

Die Medallie zum Preis
Die Medallie zum Preis

Wenn ich solche Sätze höre, wird es immer weniger verwunderlich, dass mit Papst Franziskus jemand in dieser Woche den Karlspreis bekommt, der noch nicht wirklich mit vielen Aussagen zu Europäischer Einigung etc. hervorgetreten ist. Wer wäre denn noch in Frage gekommen? Die Grenzzäune vielleicht? Weit und breit sehe ich kaum jemanden, der auf hohem Niveau für die Einheit Europas Verdienste trägt. Und nun verweisen die Preisverleiher auf die Reden in Straßburg, die der Papst gehalten hat (November 2014 war das, Europaparlament und Europarat) und auf seine aufrüttelnden und mahnenden Worte. Aber all das weist auf das Zentrum, weist auf Politik und weist auf die Entscheider.

Wenn ich an den Papst und an Europa denke, dann fällt mir nicht als erstes Straßburg und der Papstbesuch im politischen Europa ein. Mir fallen Besuche in Sarajewo, Lesbos, Albanien und auf Lampedusa ein.

Der Papst sagt immer wieder, dass die Welt anders aussieht, wenn man sie von der Peripherie aus sieht. Die Wirklichkeit stellt sich anders da, und das sei die Perspektive, die ein Christ einnehmen müsse, denn es sei die Perspektive Christi.

 

Wohlstand, vom Rand aus gesehen

 

Von Sarajewo, Albanien, Lesbos und Lampedusa aus hat der Papst das getan. Es waren Besuche und Begegnungen, aber darüber hinaus natürlich auch Symbolhandlungen. Europa, wie es den Papst nun würdigt, sieht von dort aus anders aus. Da sind Menschen, die sehnsüchtig auf unseren Wohlstand blicken. Dieser Wohlstand ist von der Peripherie aus gesehen nicht etwas zu Verteidigendes, sondern etwas, was anderen Menschen vorenthalten wird. Albanien ist immer noch von Vendettas und Arbeitslosigkeit geprägt, der Balkan ist Route für viele Flüchtlinge zu uns. Die Augen von dort sehen ein anderes Europa.

Sie sehen Sicherheit und Chancen, sie sehen Demokratie und Toleranz, sie sehen die Abwesenheit von Waffen und Hunger, sie sehen Infrastruktur und Arbeitsplätze. Und sie wollen teilhaben daran. Und die Werbung bringt die Botschaft vom reichen Europa in alle Teile dieser Welt, kein Wunder, dass so viele Menschen glauben, wir alle lebten in dieser bonbonbunten Idealwelt.

Papst Franziskus bekommt den Aachener Karlspreis für Verdienste für die Einigung Europas. Ich denke, darin liegt eine Chance. Der genuine Beitrag des Papstes, der über Mahnungen hinaus geht, liegt in der Betonung dieser Perspektive. Europa sieht anders aus, als wir uns das vorstellen. Die Augen der Sehnsüchtigen, der Hungernden und Verfolgten, die schildern uns ein anderes Europa. Und dieses Europa – so stelle ich mir das vor – verleiht diesem Papst seinen Preis.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Rom, VatikanSchlagwörter Aachen, Europa, Papst Franziskus, Peripherie, Preis, Preisträger19 Kommentare zu Preisträger Papst

Wie geht die wahre Reform der Kirche?

Veröffentlicht am 1. Mai 201629. April 2016

Peripherie, Priorität der Pastoral, Prozess: Die Schwerpunkte von Papst Franziskus lassen sich daran erkennen, dass er sie immer wieder klar und offen ausspricht. Diese Schwerpunkte sind aber nicht irgendwie zufällig, sie hängen zusammen. Und der Zusammenhang ist das Wort „Reform“. Eine der Quellen für Papst Franziskus ist der Dominikanerater und Theologe Yves Congar und sein Buch von der wahren Reform der Kirche, „Vraie et Fausse Réforme dans l’Èglise“ von 1950. Hier kann man nachlesen, was sich bei Papst Franziskus in seinen Schwerpunkten ausdrückt.

Dominikanerpater Yves Congar beim Konzil
Dominikanerpater Yves Congar beim Konzil (c) frz. Dominikanerprovinz

Congar entwickelt seine Idee von der wahren Reform der Kirche beim Einzelnen: Beginnend mit der Reform der eigenen Person muss man zu den überpersönlichen und kollektiven Strukturen vorstoßen. Das ist die Dynamik: vom Einzelnen weiter vorgehen. Aber darüber darf man das Zweite, die Reform der Struktur, nicht als „weniger wichtig“ abtun.

Reform setzt also nicht nur bei der Sünde an, sondern bei der Kirche, so wie sie eben in der Zeit geworden ist, sich entwickelt hat, in den Strukturen verhärtet ist oder nach neuen Ausdrucks- und Lebensformen verlangt.

 

Vier Bedingungen für die Reform

 

Das heißt, dass zwar der Satz stimmt, dass ich persönlich der Ort der Reform der Kirche sein muss – Mutter Teresas berühmter Satz was sich in der Kirche ändern muss sind Sie und ich – aber dass das nicht alles ist. Strukturen brauchen auch Reform. Theologisch würde man heute sagen, dass auch Strukturen sündhaft sein können, etwas was zu Zeiten von Congar noch nicht gesagt wurde.

Der Theologe nennt vier Bedingungen, und bei dieser Liste stütze ich mich auf das Buch von Frère Emile, „Treue zur Zukunft – Lernen von Yves Congar“. Erstens muss es vorrangig um Nächstenliebe und um Seelsorge gehen, „Die gelungenen Reformen in der Kirche sind jene, die für die konkreten Bedürfnisse der Seelen gemacht wurden,“ sagt Congar. Das bedeutet nicht, die Probleme zu verharmlosen oder ins Innere zu verlegen, das macht sie im Gegenteil erst wirklich wichtig und mächtig. Reform muss pastoral beginnen. Zweitens muss muss die Gemeinschaft erhalten bleiben, mit dem Blick auf die Lehre Christi ist das eindeutig aber bei vielen, die Änderungen wollen oder verlangen, nicht wirklich sichtbar.

Drittens geht es um eine Rückkehr zu den Quellen, „die Kirche ist, wenn man auf ihre ganze Geschichte und Tradition blickt, viel weiter und reicher, als sie oft von sich selbst weiß“, wie Karl Kardinal Lehmann mit Blick auf die Studien Congars sagt. Viertens braucht es Geduld. Nur dann endet das Ganze nicht im Schisma.

Die Energie, die die Kirche in der sich verändernden Welt braucht, um wachsen zu können – wieder greife ich Frère Émile auf – stammt vom Rand, von der Grenze. Congar sagt, „dass wir sie aus dem Kontakt mit den anderen schöpfen und aus dem, was wir von ihnen übernehmen.“ (aus dem zitierten Buch, S. 87). Das ist also die Peripherie, von der die Reform ausgeht. Der Blick auf die Welt ändert sich, wenn ich vom Rand aus blicke, sagt Papst Franziskus, das gibt die nötige Energie für die Reform, sagt Congar.

Das sind die vier Bedingungen für die Reform: Primat der Pastoral, in und für die Gemeinschaft, im Rückgriff auf die Quellen mit der Energie, die von den Rändern kommt.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von Gott, Vatikan, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter Papst Franziskus, Peripherie, Reform der Kirche, Strukturreform, Yves Congar9 Kommentare zu Wie geht die wahre Reform der Kirche?

Lampedusa #4

Veröffentlicht am 15. April 20168. Juli 2018
Mitgefühl: Ein Kranz für die Toten im Mittelmeer. Lampedusa 2013
Mitgefühl: Ein Kranz für die Toten im Mittelmeer. Lampedusa 2013

Seine erste Papstreise hatte Franziskus nach Lampedusa gemacht, damals der Fokus der europäischen Flüchtlingskrise, tausende von Menschen starben und sterben auf dem Weg von Afrika nach Europa. In Mexiko hat der Papst eine Messe an der Grenze zu den USA gefeiert, dort wo tausende Migranten versuchen, in den Norden zu kommen. Zum Osterfest wusch Papst Franziskus in diesem Jahr Flüchtlingen die Füße. Und nun an diesem Samstag die Reise nach Lesbos.

Politisch ist das nicht ganz unheikel – Europa versucht gerade, mit gemeinsamer Stimme zu sprechen und scheitert regelmäßig. Der Papst setzt starke Zeichen dazu, die natürlich auch in die Politik hinein wirken.

Drei Punkte, die vielleicht interessant sein können, wenn man diesen Besuch verfolgt.

Erstens ist es eine ökumenische Aktion. Und das nicht nur, weil in Griechenland mehr Orthodoxe als Katholiken leben, diese Kirche also einbezogen wird. Die Tatsache, dass auch Patriarch Bartholomaios – Ehrenoberhaupt der Orthodoxie – dabei ist, gibt dem ganzen eine den Katholizismus übersteigende Bedeutung.

Dazu gehört auch Punkt Zwei: Eben weil die Orthodoxen dabei sind, wird klar, dass es kein Besuch “des Westens” bei den Flüchtlingen ist. Griechenland liegt am Rand Europas, aber große Teile der Orthodoxie sind noch weiter im Osten oder Norden, sie leben auch da, von wo Flüchtlinge und Migranten her kommen. Da öffnet die Perspektive.

Drittens ist das wie immer bei Papst Franziskus keine Botschaft über Bande. Was er sagt, sagt er direkt, und wenn er Flüchtlinge treffen will, dann genau deswegen, weil er Flüchtlinge treffen will. Begegnung ist hier das Stichwort. Wenn es also eine Botschaft “zurück” an uns gibt, dann es ihm in seinem Werk der Barmherzigkeit gleich zu tun und ebenfalls zu begegnen. Dieser Besuch ist also nicht als versteckte Botschaft an die Politik gerichtet.

Und dann ist da noch die Peripherie, von der der Papst spricht. Flüchtlinge und Migranten sind im Augenblick Verhandlungsmasse der Politik, Einzelpersonen zählen nicht, wenn man über “Obergrenzen” spricht, ganze Massen werden en bloc verschoben, von der Türkei hierher so dass die Türkei wiederum Leute zurück nimmt, als wäre es eine Ware. Das ist existenzielle Peripherie. Dorthin zu fahren und die Welt von dort aus wahr zu nehmen, mit den gefährlichen Routen, den Schleppern und ihren Ausbeutermethoden, der Angst vor der Rückkehr, der Einsamkeit, der Losgerissenheit und den vielen Fragen, was wird: das ist existenzielle Peripherie.

Ein kurzer Besuch von Papst Franziskus. Aber einmal mehr ein sehr wichtiger.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Papstreise, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Flüchtlinge, Fußwaschung, Lesbos, Migranten, Papst Franziskus, Peripherie13 Kommentare zu Lampedusa #4

Protagonisten des Glaubens

Veröffentlicht am 28. November 2014

Benedikt minus Ephesus: So hat ein Kollege die Reise von Papst Franziskus in die Türkei genannt. Und tatsächlich, das Programm ist dasselbe, mit der Ausnahme des Abstechers nach Ephesus, den macht der Papst in diesem Jahr nicht.

Mir fiel das auf, weil im Nachklapp zur Straßburg Reise einige Kommentatoren angemerkt haben, dass die beiden Päpste – Benedikt und Franziskus – anders behandelt werden, obwohl sie Ähnliches sagen. Der Kollege John Allen bemerkt sogar, dass dieselbe Rede, gehalten von Benedikt XVI., Überschriften wie „Papst wirft Europa Wertelosigkeit vor“ verursacht hätte.

Nun hat das weniger mit den Medien als mehr mit der Art und Weise zu kommunizieren zu tun, meine ich. Franziskus zum Beispiel sind die Ränder, die Armen, die Marginalisierten ein Anliegen. Sie müssen ins Zentrum des Denkens über die Menschheit, wenn ich das einmal ganz abstrakt ausdrücken darf. Erst gestern, bei einer Ansprache zum Thema Großstadtpastoral, schloss er seine Gedanken mit der Bemerkung, die Armen müssten „Protagonisten“ – noch so ein Franziskus-Lieblingswort – des Handelns der Kirche werden, Subjekte, nicht Objekte.

Bei so viel authentischer Betonung klingt dann auch in einer Rede ganz anderes an, obwohl die Worte ähnlich sind. Papst Benedikt war der Zusammenklang von Vernunft und Glaube ein Leib-und-Magen Thema. Und genau das wurde dann auch immer berichtet. Dass er etwa im deutschen Bundestag das „hörende Herz“ des Salomo als Vorbild für Politiker nannte, kam in den Berichten dann kaum vor, obwohl es nicht weit weg ist von der Art und Weise, wie Franziskus Politik sieht.

Warum ich dies schreibe? Nicht um die Päpste zu vergleichen. Mir geht es hier um das, was in der christlichen Sprache ‚Zeugnis ablegen’ genannt wird. Also: Einstehen für das, was man glaubt, sichtbar machen, was man glaubt.

Dann – siehe Franziskus – sehen auch die anderen, wofür man steht. Selbst wir Journalisten.

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Papstreise, Rom, Sprechen von Gott, VatikanSchlagwörter Armen, Benedikt, Europa, Franziskus, Glaube, Papst, Peripherie, Vergleich, Werte, Zeugnis3 Kommentare zu Protagonisten des Glaubens

Was heißt hier “Schmutz”?

Veröffentlicht am 20. März 2014

Es ist selten, dass ein vatikanisches Dokument so viel Aufsehen erregt, und noch seltener, dass eines ein halbes Jahr nach seinem Erscheinen noch gelesen, studiert und zitiert wird. Mit Evangelii Gaudium ist das der Fall. Nicht nur, weil Papst Franzskus das Schreiben “programmatisch” genannt hat, sondern auch der Sprache wegen, des Stils, der Anregunge , der Fülle der Themen und der offensichtlichen Tatsache, dass er Dinge anspricht, die Weltweit von Interesse sind.

So bin ich zur Zeit unterwegs mit Vortrag, Einkehrtag und Studientag, alles mit verschiedenen Gruppen, alles zu Evangelii Gaudium. Ich lerne sehr viel dabei, vor allem, weil die offene Diskussion mehr Einblick in die Reaktionen auf den Text und damit auf den vom Papst angestoßenen Dialog verschafft als das Lesen in der Studierstube allein.

Gestern gab es ein ganz besonderes Aha-Erlebnis. Nach einer Dikussion meldete sich eine Teilnehmerin bei der Auswertung und wollte noch mal was Grundsätzlicheres sagen zu einer Stelle im Text, die sie nicht so unkommentiert stehen lassen wolle. Und zwar spreche der Papst von der “verbeulten Kirche”, vom “Schmutz der Straße” dem man sich aussetze und so weiter. Damit meine er den Einsatz für die Peripherie und die Armen und allgemein diejenigen, die in der “sauberen” Kirche nicht vorkämen. Weiterlesen “Was heißt hier “Schmutz”?”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und GerechtigkeitSchlagwörter Evangelii Gaudium, Franziskus, Kirche, Papst, Peripherie, Schmutz, verbeult20 Kommentare zu Was heißt hier “Schmutz”?

“Wer weint um die Toten?”

Veröffentlicht am 8. Juli 20138. Juli 2013
Papst Franziskus auf Lampedusa
Papst Franziskus auf Lampedusa

Seit Beginn des Pontifikates spricht Papst Franziskus von der „Peripherie“, den Rändern der Gesellschaft, zu denen wir Christen aufbrechen sollen.

Wo und was das genau ist, das hat er mit seiner ersten Reise gezeigt: Für uns Europäer ist das Lampedusa, dort, wo das reiche Europa sich gegen die Armut verteidigt. Man geht von 20.000 Menschen aus, die auf dem Meer in 30 Jahren umgekommen sind. Und die, die ankommen, müssen erst mal in Lagern leben.

Papst Franziskus erklärt es nicht, er zeigt es nicht, er fährt selber hin. Was mich am meisten beeindruckt hat war aber nicht die Mahnung, uns unserer Geschwister anzunehmen, die dort vor unserer Tür elendig verrecken. Das ist wichtig und kann gar nicht oft genug gesagt werden. Aber trotzdem: Was mich in seiner Predigt am meisten bewegt hat war nicht das, sondern die Klage des Papstes, dass uns das Wegschauen verändert, dass wir in unserer Gleichgültigkeit das Weinen verlernt haben.

Weinen ist bei uns schambesetzt. Papst Franziskus sagt uns, dass das falsch ist. Wir sollen trauern, um die vielen Menschen, die umkommen, ertrinken oder perverserweise auf dem Wasser verdursten. Er selber hat einen Kranz ins Wasser geworfen um der vielen zu gedenken, an die sonst keiner denkt. Wir verlieren unsere Menschlichkeit, wenn wir nicht hinsehen und helfen und auch wenn wir nicht einmal mehr trauern, nicht weinen können, so die Botschaft des Papstes.

Das sind die Peripherien, dort sind wir als Christen gefragt. Dort schließen sich Menschen in sich selber ein und brechen nicht auf, ein anderes zentrales Thema dieses Papstes. Das ist nicht moralisch gemeint, hier geht es nicht um Appelle an und Aufforderungen zu, hier geht es schlicht darum, wozu wir geschaffen sind: Brüder und Schwestern zu sein, uns zu helfen und umeinander zu weinen.

Gott fragt uns, sagt der Papst, wir Christen sind gefragt, das alles nicht hinzunehmen, die so genannten Fakten, hinter denen wir uns in unserem Wohlstand verstecken, nicht regieren zu lassen. Papst Franziskus rütteln an unseren Herzen und er tut das von dem Ort, der für ihn der wichtigste ist: Die Peripherie, der Rand unserer eigenen Welt.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Papstreise, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Flüchtlinge, Franziskus, Lampedusa, Menschlichkeit, Peripherie, Predigt, Tote, Tränen, Trauer31 Kommentare zu “Wer weint um die Toten?”

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