Auslöser für dieses Stück ist ein Foto, das ich in New York gemacht habe, bei der Papstreise im September. Auf den ersten Blick hat es mich sehr geärgert. „A progressive united methodist Community“ steht auf dem Banner. Nun mag das Wort ‚progressiv‘ ja innerhalb der Methodisten etwas ganz spezielles bedeuten, aber mich als Christen hat es erst einmal geärgert. Denn es spricht von Trennung.
Wir sind progressiv, ihr seid konservativ, die da sind traditionell, und so weiter. Sich diese Trennung zur Identität zu geben und damit auf Bannern vor Kirchen zu werben, das ging mir dann doch gegen den katholischen Strich.
Dazu kommt ein Zweites: man reklamiert für sich selbst ja das Positive. „Progressiv“ ist ja etwas gutes, sonst würde man sich das nicht buchstäblich auf die Fahne schreiben. Damit geht automatisch auch immer eine Abwertung einher. „Konservativ“ wäre die konträre Zuschreibung, die wir in der Debatte normalerweise haben, jedenfalls bei uns. „Nicht-progressiv“ – also die kontradiktorische Zuschreibung – wäre auch möglich, wir fortschrittlich, ihr nicht.
In dieser Diktion ist „progressiv“ gleich gut und „konservativ“ ist etwas, was sich der Moderne sperrt. Wobei man jemanden, der seit 30 Jahren dieselben Themen hat, durchaus als Konservativ verstehen könnte. Oder die Progressiven, welche nach der „Entweltlichungs“-Rede von Papst Benedikt in Freiburg 2011 die Kirchensteuerregelung verteidigt haben, als strukturkonservativ. Das nur als Nebenbenerkung.
Umgekehrt geht es übrigens genauso, auch das findet sich oft, das ist nicht den selbsterklärten Progressiven eigen: „Wir verteidigen den Glauben“ lautet das dann normalerweise, auch das bedeutet eine Trennung.
Wir alle sind konservativ
Wir lieben halt unsere Schubladen. Dabei sind jede Theologie und jeder Glauben notwendigerweise konservativ, wir stehen ja für etwas, was wir verteidigen, die Würde des Lebens etwa, die uns in der Schöpfung in der Gottesebendbildlichkeit geschenkt ist. Wir haben das Wort Gottes, das wir dadurch bewahren, dass wir es immer wieder studieren und übersetzen. Ohne das alles sind wir nur die NGO, über die Papst Franziskus so gerne und wiederholt schimpft.
Wir sind auch traditionell, denn unser Glaube ist ja nicht von uns selbst entwickelt. Er ruht auf den Schultern der Generationen vor uns auf, bis zurück zu den Aposteln. Deswegen glauben wir an die „apostolische“ Kirche, das ist das Empfangen mit dem Auftrag zur Weitergabe. Das ist traditionell. Weiterlesen “Ach, wie progressiv”