Was hat er genau gemeint? Was hat er genau gesagt? Wenn Papst Franziskus spricht, dann sind es oft diese Fragen, die als erstes kommen. Vor allem, wenn er frei spricht. Dann muss schnell übersetzt werden – wenn wir live übertragen – oder aus der gesprochenen Sprache lesbare Sprache werden, denn die beiden sind nicht dieselben.
Dann gibt es auch noch die Gelegenheiten, zu denen der Papst spricht, über die wir aber nur danach erfahren. Etwa Telefonate mit Menschen, die einen Schicksalsschlag erlitten haben. Oder die Ordensleute Lateinamerikas. Da sagen danach die Gesprächspartner, was der Papst gesagt hat. Oder besser: was sie erinnern der Papst gesagt habe. Da entstehen schon einmal Verschiebungen und es ist nicht wirklich klar, was genau der Papst da gesagt hat.
Und dann gibt es Dinge, die überhaupt nie gesagt wurden. Leider immer mehr, wie festzustellen ist. Da kann man noch von Glück sagen, wenn irgendwer postet, der Papst habe beim Dritten Vatikanischen Konzil alle Religionen für gleich wahr erklärt. Oder dass er den US Politiker Bernie Sanders in seiner Kandidatur für das Präsidentenamt unterstützt. Das ist so falsch, das erkennt jeder. Wenn es aber Stücke sind, die den Tonfall Franziskus haben und so klingen, als ob er es gesagt haben könnte, was dann? Wie damit umgehen?
Als erstes natürlich bei Radio Vatikan nachsehen, das versteht sich von selbst. Oder auf der offiziellen Vatikan-Webseite.
Aber dann? Nicht alles, was behauptet wird, hat auch stattgefunden. Am Sichersten ist es, sich bei seiner Meinung über den Papst auf das zu berufen, was er nachweislich wirklich gesagt hat und dabei gute und verlässliche Übersetzungen zu Rate zu ziehen. Die anderen Dinge, auch wenn sie noch so schön klingen wie das Repubblica Interview von 2013 oder die Ansprache an die Ordensleute sind einfach nicht verlässlich.
Was ist verlässlich?
Auch das ist eine Dimension des Papstamtes, die neu ist. Bislang hat der Vatikan sehr genau darauf geschaut, dass kein Schindluder getrieben werden konnte mit angeblichen oder echten Papstworten. Papst Franziskus öffnet das, er telefoniert und spricht frei und gibt Leuten Interviews von denen man weiß, dass die sehr – sagen wir – kreativ mit den Worten umgehen und unter journalistischen Standards arbeiten, die bei uns in keiner Redaktionskonferenz durchkämen.
Auch hier ändert sich das Amt. Der Papst ist pastoraler, er ist Seelsorger. Nicht jedes Wort ist Lehramt, nicht jedes Wort ist tiefe Weisheit, manchmal ist es einfach nur Kommunikation und hilft nicht dabei, die Tiefen und Weiten auszuloten oder den Kaffeesatz zu lesen, was jetzt als nächstes Reformvorhaben etc. dran ist.
Noch steckt das alles in uns drin, vor allem den Vatikan-Berichterstattern. Wir nehmen alles als sehr bedeutsam wahr. Aber Teil dieses Pontifikates ist es, dass Sprache eben manchmal nur Sprache ist, Kommunikation, nicht mehr und nicht weniger. Diese Dimension müssen wir in der Kirche neu entdecken. Und wir müssen ignorieren lernen, was für ein Unfug über den Papst im Netz herum schwirrt.
Dazu einige Hilfestellungen:
- Ist es zu schön, um wahr zu sein? Ein deutlicher Hinweis, dass da was nicht stimmt.
- Es taucht nirgendwo anders auf, weder bei RV, noch auf der Vatikan Webseite, noch sonstwo? Dann besser ignorieren.
- Der Papst ist repetitiv, ein Gedanke kommt immer in mehreren Gestalten und verschiedenen Ansprachen daher. Das hilft beim Verstehen und ist auch eine Stärke. Wenn ein Gedanke nur einmal kommt, dann Vorsicht!
Kurz: Es hilft Gelassenheit. Wem die Begeisterung oder der Ärger zu schnell durchgeht, der wird schnell fündig, aber der gerät auch schnell aufs Glatteis. Also, ruhig bleiben und nachdenken. Wie immer halt.