Die Süddeutsche Zeitung hatte es online auf der Eins, Spiegel Online hatte den Papst gleich zwei Mal, auf Position Zwei und Drei. Tagesschau.de hat eine Sondermeldung draus gemacht, die KNA auch. Wir sind ja gewohnt, dass der Papst bei seinen Pressekonferenzen offen spricht, aber die Worte beim Rückflug aus Mexiko waren dann doch was besonderes.
Aber waren sie das wirklich? Lassen wir die Frage mit den Verhütungsmitteln mal weg, da lese ich nicht, was die meisten Medien daraus gemacht haben. Er rüttelt an keinem Dogma, sagt das auch ausdrücklich. Bleiben wir beim Thema, was mal witzig, mal tragisch aussieht, bleiben wir bei Donald Trump.
Er hat ausgeteilt, der Papst. So habe ich das bei uns berichtet:
‘Ob er nur ein Spielball der Politik sei, dieses Urteil überlasse er gerne anderen, antwortete Papst Franziskus. „Ein Mensch, der nur daran denkt, Mauern zu bauen und nicht Brücken, der ist nicht christlich. Das ist nicht das Evangelium“, ging der Papst auf den zweiten Teil der Frage ein. Zur Frage, ob man so jemanden wählen könne, wollte er sich nicht direkt äußern. „Ich sage nur: Dieser Mensch ist kein Christ, wenn er das so sagt. Man muss aber sehen, ob er das wirklich so gesagt hat, nicht wahr?” ‘
Der erste Facebook Kommentar echauffierte sich gleich, was der Papst sich denn erlaube. Ich fühlte mich irgendwie an die Überreaktion der AfD Frau Frauke Petry erinnert, die der deutschen Kirche vorwarf, nicht genug für die Christen im Nahen Osten zu tun, die verfolgt würden, dafür aber mehr für Muslime zu sprechen. Ähnlich dünnhäutig äußerte sich Trump auf seiner Webseite – oder er ließ äußern, denn es ist ja Wahlkampf.
“If and when the Vatican is attacked by ISIS, which as everyone knows is ISIS’s ultimate trophy, I can promise you that the Pope would have only wished and prayed that Donald Trump would have been President because this would not have happened. ISIS would have been eradicated unlike what is happening now with our all talk, no action politicians.”
Die Formulierung “would have been” gibt mir Hoffnung, scheint Herr Trump schon selber nicht mehr von seinem Wahlsieg auszugehen. Aber das nur nebenbei. Zu viel Konjunktiv.
Die Formulierung “if and when” dagegen ärgert mich. Dem ‘ob’ folgt gleich das ‘sobald’, hier wird mit Angst gespielt. Und ich darf schon fragen, wer die ganzen Islamisten jahrelang militärisch ausgerüstet hat, in Afghanistan gegen die Sowjetunion, in Pakistan, wir dürfen auch fragen wer die erste demokratisch gewählte Regierung Irans gestürzt hat, und so weiter. Das war das Amerika, das Trump wieder groß machen will. Also, jetzt mit den Ängsten zu spielen ist schon ziemlich zynisch.
Wäre Trump nur Präsident gewesen!
Streng genommen hat der Papst ja auch nur die Aussagen kommentiert, die ihm vorgehalten wurden und dann angefügt, man müsse genau sehen, was Herr Trump gesagt habe. Aber die Reaktion von Trump’s Camp macht das ja wohl überflüssig, man fühlt sich angesprochen.
Aber zur wirklich wichtigen Frage: Darf jemand über jemand anderen sagen, dass er oder sie kein Christ sei? Dass seine oder ihre Äußerungen nicht christlich seien? Da mag ich anders herum fragen: Muss man nicht irgendwann mal den Strich ziehen und Äußerungen Ernst nehmen? Unendlich biegsam für politische Zwecke sind die Worte Jesu nicht, irgendwann brechen sie. Und das muss schon mal gesagt werden dürfen.
Einwand eines Freundes – US-Amerikaner, Republikaner, kein Trump-Fan – “wer bin ich zu richten”. Papst Franziskus hatte das selber gesagt. Der Unterschied ist nur, dass er das über Menschen gesagt hat, die nach bestem Wissen und Gewissen dem Evangelium gemäß leben wollen. Kann man das aber auf Menschen ausdehnen, die abschotten und ausweisen wollen? Wo man beim besten Willen nicht Aussagen Jesu neben politischen Populismus halten kann?
Darf der Papst das?
Wir können gerne darüber streiten, ob jemand mit dem Amt des Papstes das tun sollte oder nicht, da gibt es gute Argumente auf allen Seiten. Aber wenn ich die hunderte Kommentare im Netz auch nur überfliege, ist das gar nicht so sehr das Argument. Da fühlen sich Leute vielmehr ertappt, scheint mir. Das politische Schauspiel, das sich in den USA gerade bietet, macht Angst. Die USA sind einfach zu mächtig, als dass jemand von 2.500 Kilometern Zaun faseln darf, den andere zahlen sollen. Da finde ich persönlich es gut, dass mal jemand in diese Ballons eine Nadel sticht und Luft raus lässt. Oder im Sinn des Märchens: dass jemand aufsteht und sagt, dass der Kaiser keine Kleider an hat.
Und wenn wir ehrlich sind – der Wahlkampf dort ist bereits so emotional und absurd und bei einigen Kandidaten fern der Realität, da sind die Äußerungen des Papstes schon erfrischend normal zu nennen.