„Ich habe eine Ansprache vorbereitet, aber solche Ansprachen sind langweilig.“ Wenn Papst Franziskus so beginnt, dann folgt meistens ein Highlight päpstlicher Kommunikation. So auch an diesem Samstag, beim Treffen des Papstes mit Priestern und Ordensleuten in Neapel. Er habe den offiziellen Text dem Ortsbischof übergeben, der ihn veröffentlichen werde. „Ich ziehe es vor, auf einige Dinge zu antworten,“ so der Papst. Zuvor war er vom Vikar für die Priester und einem Ordensmann begrüßt worden. Und von Schwestern umarmt, die ihn gar nicht mehr loslassen wollten.
Und dann sprach der Papst frei, über 40 Minuten. Er begann bei einer seiner Lieblings-Sprachbilder, dem auf-dem-Weg-sein des Christen, der Nachfolge Jesu. Ordensleben und Priesterleben seien nicht einfach, aber trotzdem betonte er seine Botschaft von der Begegnung und der Nachfolge. Wie überhaupt diese Ansprachen des Papstes sich an das konkrete Leben, nicht die abstrakte Formulierung oder Definition richten, was denn Ordensleben geistlich oder theologisch heiße. Papst Franziskus ist immer konkret.
[Im Folgenden werden einige Passagen in Arbeitsübersetzung wiedergegeben, ich behalte oft den Sprachduktus der Sätze bei, so wie sie in gesprochener Rede geklungen haben]
„Die Mitte des Lebens muss Jesus sein. Wenn es passiert – vielleicht nicht in Neapel aber sicherlich woanders – dass im Zentrum des Lebens das steht, was ich gegen meinen Bischof oder gegen meinen Pfarrer habe oder gegen einen anderen Priester, dann geht es in meinem Leben nur um diesen Streit. Das aber heißt, das Leben zu verlieren. Keine Familie zu haben, keine Kinder zu haben, keine Liebe von Eheleuten zu haben ist etwas sehr Schönes, aber wenn es dann darin endet, mit dem Bischof zu streiten, mit seinen Mitbrüdern, den Gläubigen, mit einem Essiggesicht, dann ist das kein Zeugnis. Das Zeugnis ist das: Jesus. Die Mitte ist Jesus. Auch wenn Jesus im Zentrum steht, dann gibt es diese Konflikte, nicht wahr? Es gibt sie überall, weil mir vielleicht im Konvent die Oberin nicht passt; aber wenn die Mitte die ist, dass mir meine Oberin nicht passt, dann gibt es kein Zeugnis. Wenn meine Mitte Jesus ist und die Oberin mir nicht passt, dann toleriere ich sie und tue alles, dass die anderen Oberen die Situation kennen. Aber meine Freude lasse ich mir von niemandem nehmen: Die Freude, Jesus nachzufolgen. Die Mitte: Jesus Christus.
Hier sind auch Seminaristen … auch euch sage ich etwas: wenn ihr nicht Jesus als Mitte habt, dann verschiebt eure Weihe. Wenn ihr nicht sicher seid, dass Jesus in der Mitte eures Lebens ist, wartet noch eine Zeit, um sicher zu gehen. Sonst begebt ihr euch auf einen Weg, von dem ihr nicht wisst, wie er endet.
Das erste Zeugnis: Jesus in der Mitte des eigenen Lebens
Das ist das erste Zeugnis: dass man sieht, dass Jesus die Mitte ist. Es weder die Geschwätzigkeit noch der Ehrgeiz, diesen Posten zu haben oder jenen, noch Geld, nein – über das Geld werde ich gleich noch sprechen – nein: Jesus, Jesus, nicht wahr? Jesus. (..)“
„Ein zweites Zeugnis ist das der Armut, auch der Priester, die das Gelübde der Armut nicht ablegen, aber den Geist der Armut haben. Wenn in die Kirche die Geschäftemacherei Einzug hält, sei es bei Ordensleuten oder bei Priestern, dann ist das schlimm, schlimm. (…) Die Gott-Geweihten – seien sie Priester, Schwestern oder Ordensmänner – (sollen) niemals Geschäftemacher (sein).
Der Geist der Armut ist nicht der Geist der Armseligkeit. Weiterlesen “Jesus, Armut, Barmherzigkeit: Ordens- und Priesterleben nach Papst Franziskus”