Seit heute wird in Turin wieder das Grabtuch zur Verehrung ausgestellt, das „Sindone“. Ende Juni, kurz vor Ende der öffentlichen Hängung, wird auch Papst Franziskus nach Turin reisen. Zu diesem Anlass möchte ich hier noch einmal die von mir sehr geschätzte Meditation Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch dort 2010 einstellen:
„Die Verborgenheit Gottes ist Teil der Spiritualität des zeitgenössischen Menschen: in einer existentiellen, fast unbewussten Weise, wie eine Leere im Herzen, die immer größer geworden ist. Am Ende des 19. Jahrhunderts schrieb Nietzsche: „Gott ist tot! Und wir haben ihn getötet!“ Dieser berühmte Ausspruch ist bei genauem Hinsehen fast wörtlich der christlichen Überlieferung entnommen, oft wiederholen wir diese Worte beim Kreuzweg, vielleicht ohne uns ganz dessen bewusst zu sein, was wir da sagen. Nach den beiden Weltkriegen, nach den Konzentrationslagern und dem Gulag, nach Hiroshima und Nagasaki, ist unsere Epoche immer mehr zu einem Karsamstag geworden: Die Dunkelheit dieses Tages fordert die heraus, die nach dem Leben fragen, und besonders fordert sie uns Gläubige heraus. Auch wir müssen uns dieser Dunkelheit stellen.
Und dennoch hat der Tod des Sohnes Gottes Jesus von Nazaret auch noch einen entgegen gesetzten Aspekt, der vollkommen positiv ist, Quelle des Trostes und der Hoffnung. Und das lässt mich daran denken, dass das heilige Grabtuch wie ein „fotografisches” Dokument ist, das ein „Positiv“ und ein „Negativ“ hat. Es ist wirklich so: Das dunkelste Geheimnis des Glaubens ist zur gleichen Zeit das hellste Zeichen einer Hoffnung, die keine Grenzen hat. Der Karsamstag ist das „Niemandsland“ zwischen Tod und Auferstehung, aber dieses „Niemandsland“ hat einer, der Einzige betreten, der es durchquert hat mit den Zeichen seines Leidens für den Menschen: „Passio Christi. Passio hominis“. Und das Grabtuch spricht genau von diesem Augenblick zu uns, es bezeugt gerade dieses einzigartige und unwiederholbare Intervall in der Geschichte der Menschheit und des Universums, in dem Gott in Jesus Christus nicht nur unser Sterben geteilt hat, sondern auch unser Bleiben im Tod. Radikalste Solidarität.”
Die gesamte Meditation lesen Sie hier