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Schlagwort: Sprache

Glauben sprechen

Veröffentlicht am 20. Oktober 202018. September 2020
Sprache ist eines unserer Mittel: Über Glauben, Sprache, ewige Wahrheiten und die Neuheit des Evangeliums. Das Ganze ist lebendig und nicht immer einfach. Einfach ist's, wenn ein Egel spricht. Fresko in Subiaco

Sprache ist eines unserer Mittel, Glauben zu Verkünden und zu erklären. Ein anderes – laut Papst Franziskus das vorzuziehende – ist das gelebte Christsein, das „Zeugnis“, wie wir es nennen. Aber  es ist die Sprache, die wir hier schon einige Male besprochen haben.

Es ist unsere Aufgabe, „ewige Wahrheiten“ und „deren ständige Neuheit“ übereins zu bringen. Was nicht einfach ist. Der Papst skizzierte das 2013 in Evangelii Gaudium, was ich hier nachreichen möchte.

Sprache ist eines unserer Mittel

„Manchmal ist das, was die Gläubigen beim Hören einer vollkommen musterhaften Sprache empfangen, aufgrund ihres eigenen Sprachgebrauchs und -verständnisses etwas, was nicht dem wahren Evangelium Jesu Christi entspricht. Auf diese Weise sind wir einer Formulierung treu, überbringen aber nicht die Substanz. Das ist das größte Risiko. Denken wir daran: » Die Ausdrucksform der Wahrheit kann vielgestaltig sein. Und die Erneuerung der Ausdrucksformen erweist sich als notwendig, um die Botschaft vom Evangelium in ihrer unwandelbaren Bedeutung an den heutigen Menschen weiterzugeben. « (Ut Unum Sint)“. (EG 41).

Mit dieser Erneuerung unserer Sprache (als eine der Ausdrucksformen, über Kunst etwa wäre eigens zu sprechen) tun wir uns schwer. Aber auch das Klickzahlen-erhöhende Bashing hilft nicht unbedingt weiter, es gibt da ja einen kleinen Markt mit Büchern, die viel kritisieren. Das hilft, es braucht aber mehr als Kritik oder den Rückzug auf das Unkritisierbare, auf das immer-wahre Wort, das nur wiederholt werden will.

Einfach ist’s, wenn Engel reden

Die Schrift spricht immer wieder davon, dass sich Engel direkt an einen Menschen wenden. Gott in direktem Kontakt zu den Menschen, über Wesen, die Gott näher sind als wir. Auf Gott hören geht auch heute noch, mit einer Weise – der Unterscheidung der Geister – werde ich mich demnächst mal hier beschäftigen.

Aber dann unsere Weise des Sprechens daraus zu machen, eine Weise die wirklich Kommunikation und Dialog ist und nicht bestimmen will oder klein beigibt, das ist ein nicht so einfacher Schritt. Aber auch hier gilt die Weisheit von Papst Paul VI.: „Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind“.

Einheit als Erweis der Vollmacht

Von diesem Papst stammt auch die Betonung des gemeinsamen Tuns. Verkündigung oder auch nur Sprechen über den Glauben ist nie nur individuelles, sondern immer kirchliches Tun. Es findet in Gemeinschaft statt, ob die nun präsent ist oder nur Kontext.

Paul VI. zum Beispiel spricht in Evangelii Nuntiandi über die Einheit als Erweis der Vollmacht, aber auch über den Skandal des Fehlens dieser Einheit. Das betont die Wichtigkeit dieser gemeinschaftlichen Dimension. „Die Kirche entsteht aus der Evangelisierung durch Jesus und die Zwölf. Sie ist deren normales, gewolltes, ganz unmittelbares und sichtbares Ergebnis”, beides ist nicht voneinander zu trennen: Kirche ohne Verkündigung ist nicht Kirche und Reden über Jesus ohne die Kirche, die Gemeinschaft der Hörenden, gibt es nicht (Nr. 14, siehe auch Nr. 16).

Dem dient der synodale Weg, das ist letztlich der Kern dessen, was wir da vorhaben. Aber nicht nur die im Saal versammelten, sondern letztlich alle, denen Glaube und Kirche am Herzen liegen.

 

 

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Kirche und Medien, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Engel, Glauben, Kirche, Sprache, synodaler Weg, Verkündigung8 Kommentare zu Glauben sprechen

52 Papstversteher

Veröffentlicht am 26. Juni 202025. Juni 2020
Was meint der Papst damit Das besprochene Buch

Manchmal ist er schwer zu verstehen. Wenn Papst Franziskus von „Satan“ spricht, von „Unterscheidung“ oder eine seiner Sprachmetaphern wie das „Feld-Krankenhaus“ benutzt, dann sind es manchmal schon die Worte, die Verstehen nicht einfach machen.

Klerikalismus ist auch so ein Wort. Synodalität. Barmherzigkeit. Was meint der Papst damit? Wir können nicht einfach unser eigenes Verständnis dieser Worte darunter legen, soviel ist mal sicher. Da braucht es Verstehenshilfen.

Was meint der Papst damit?

Gleich zu Beginn des Pontifikates schon gab es erste Listen über Worte, die Papst Franziskus besonders oft benutzt. Die sozusagen seine Absichten sprachlich markieren. Auch hat er seinen ganz eigenen Sprachstil, den man erst einmal verstehen muss, um dahinter zu kommen.

Über Jahre habe ich versucht, immer mal wieder Verstehenshilfe zu liefern, hier im Blog. Nun ist mir eine andere Hilfe in die Hände gefallen, kurz und praktisch. Es ist ein Buch, „A Pope Francis Lexicon“ heißt es. Wie der Titel vermuten lässt, ist es Englisch, und hier ist auch gleich der Nachteil. Denn man muss um das Buch lesen zu können nicht nur Englisch können, sondern auch einen englischen kirchlichen Verstehenshorizont mitbringen. Für diejenigen aber, die damit was anfangen können, ist das eine gute Übersicht.

Eine gute Übersicht über die zentralen Worte

Satan. Barmherzigkeit. Tränen. Begegnung. Immigranten. Klerikalismus. All das sind so Worte, die im Buch behandelt werden.

52 recht kurz und übersichtlich gehaltene Artikel von ebensovielen Autoren zu diesen und anderen Begriffen sind im Buch versammelt. Unter den Autorinnen und Autoren sind einige Kardiäle, Vatikan-Insider, Papst-Kennerinnen und Kenner, aber auch Theologinnen und Theologen.

Alle vereint die Aufgabe, den Gebrauch von bestimmten Worten und Begriffen bei Papst Franziskus zu erklären. Was macht er mit den Worten und was will er damit aussagen? Manchmal ist es der argentinische Hintergrund, der hilft. Oder es sind es genaue Lektüren der Texte. Manchmal ist es die Spiritualität der Jesuiten. Oft genug aber eine Kombination von alldem.

Die Herausgeber – City Wooden und Joshua J. McElwee – kennen sich gut im Vatikan aus und haben ihre Autorinnen und Autoren gut gewählt. Ihnen gelingt es, ohne lang und breit zu zitieren zu erklären, was der Papst will. Und wie er zu verstehen ist, wenn er eines seiner Lieblingsworte benutzt.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Barmherzigkeit, Buch, Lexikon, Papst Franziskus, Sprache17 Kommentare zu 52 Papstversteher

üben, üben, üben

Veröffentlicht am 19. Juni 202018. Juni 2020
Sprache schafft Wirklichkeit Beten heißt üben. Foto: Pixabay

Sprache schafft Wirklichkeit. Aber schaffen wir auch durch das Verändern der Sprache neue Wirklichkeiten? Die Diskussion hier und anderswo über die Frage nach dem Wort „Rasse“ hat die Frage neu aufgeworfen. 

„Ich bin generell skeptisch, wenn Worte ausradiert oder manipuliert werden in der Hoffnung, mit dem Wort werde auch der böse Gedanke verschwinden“, sagt ein Kommentator bei Facebook. „Das klappt noch nicht einmal mit Büchern. Oder Portraits. Es ist das Denken, an das wir ‘ran müssen, nicht die Vokabel.“

Sprache schafft Wirklichkeit

Oder auch hier im Blog: „Wenn wir aber auf jedes Wort verzichten wollen, das in der Menschheitsgeschichte schon einmal mißbraucht worden ist, dann können wir unsere Sprache vergessen. Ich brauche keine Sprachpolizei.“

Es wird niemanden überraschen, dass ich hier widerspreche. Natürlich geht es nicht um das erzieherische Verbieten, um Sprachpolizei und ein Besserwissertum, das sich über andere Menschen ergießen will. Mein Antrieb ist ein anderer, und zwar geht es mir um eine Grundeinsicht, die letztlich in der DNA der Spiritualität meines Ordens eingeschrieben ist.

Es geht um das Üben.

Keine Sprachpolizei

Wer mit Ignatius von Loyola und den Männern und Frauen dieser Spiritualität unterwegs ist, der übt. Wobei üben nicht als ‚ausprobieren‘ zu verstehen ist, sondern als Einübung. Geistliche Übungen, Lateinisch: ‚exercitium, eingedeutscht ‚Exerzitien‘.

Für Ignatius war Beten – darum geht es ihm erst einmal – nicht ein frei fließender Gedankenstrom, kein leer-Werden, kein Seelen- oder Bewusstseinszustand. Sondern ein strukturiertes Tun. Mit Tendenz zu richtiger Arbeit. Mit Anleitungen, Wiederholungen und klarer Ausrichtung soll man üben, mit Gott zu sprechen. Oder auf Gott zu hören, Gott im eigenen Leben wahrzunehmen. Und das meint Ignatius sehr physisch und vergleicht das geistliche Üben mit „Umhergehen, Wandern und Laufen”, also „leibliche Übungen”.

„Umhergehen, Wandern und Laufen”

Und wenn ich viel übe, dann lerne ich. Wie beim Yoga, wie beim Fußball, wie in der Reha. Dann wird es Teil meines Lebens und meiner Sichtweise auf die Dinge. Darum geht es Ignatius: permanent mit Christus auf die Welt, die Menschen und sich selbst zu schauen. Und das geht halt nur mit Übung.

Zurück zum Sprachproblem: wenn wir uns reflektiert dazu entscheiden, ein Wort nicht zu benutzen, dann üben wir eine andere Sicht auf die Dinge. Wenn wir ‚Rasse‘ nicht mehr benutzen, dann müssen wir überlegen, was wir eigentlich sagen wollen. Und das will dann geübt werden.

Und dann ändert sich unsere Sicht auf die Welt und uns selber.

So schaffe ich Veränderung

Nicht automatisch, auch nicht immer so wie unser Wille sich das vorstellt – weswegen man das nicht als Voluntarismus bezeichnen kann – aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Und wie es das Gebet und die geistliche Betrachtung vormachen: das lässt sich nicht dekretieren, nicht vorschreiben, auch nicht von außen. Das geht nur allmählich, dann aber tragfähig.

Verbote ändern keine Haltungen. Das ist richtig. Aber reflektiertes Einüben einer nicht ausgrenzenden Sprache hat die Chance, eine andere Sicht auf Menschen und uns selbst einzuüben. Und das wäre es doch wert, oder?

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Neulich im Internet, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Beten, Exerzitien, Rasse, Sprache, üben, Wirklichkeit29 Kommentare zu üben, üben, üben

Moralisierend, vertuschend, übergriffig: kirchliches Sprechen

Veröffentlicht am 4. März 202023. Februar 2020
Sprache schafft Realität Sprechen ist kirchlicher Grundvollzug, sollte man denken. Der ist aber in einer Krise.

Sprache schafft Realität. Deshalb will Sprechen überlegt sein. Das gilt vor allem für glaubende Menschen, die den Auftrag haben, zu verkünden. Also zu sprechen. Nun ist aber gerade dieses Sprechen in der Krise, die Konflikte, Blasen, Phrasen und Weltfremdheiten kirchlichen Sprechens sind eines der ganz großen Probleme.

Zwei Journalisten haben sich dessen jetzt in einem Buch angenommen, das in diesen Tagen auf den Markt kommt, „Phrase unser”. Sie analysieren diese Krise und die Gründe dahinter, ordnen historisch ein, fragen nach. Und haben keine alles lösende Antwort, sondern dankenswerterweise sortieren sie „nur“, so dass die Sprechenden, und zwar alle, sich selber einen Weg durch das Dickicht suchen können.

Sprache schafft Realität

Das Buch ist dabei weniger ein appelatives Geschimpfe, das ja einfach wäre. Jeder findet zig sprachliche Unfälle, wo Kirche eben nicht mehr kommuniziert, nicht mehr spricht. Das Buch schaut genau hin, was kirchliche – evangelische wie katholische – Sprache tut und fragt nach dem warum.

Es geht Sprache, die nur noch im kirchlichen Innenraum verstanden wird, verfehlt den wichtigsten Auftrag von Kirche. Kirche hört hier auf, Kirche zu sein.

„Phrase unser”

Es geht aber auch um das Vertuschen von Hierarchie oder Aggression. Das einnehmende „wir“ und das Sprechen von „Augenhöhe“ müssten als Warnsignale verstanden werden. Es geht um das Vertuschende von kirchlicher Sprache. „In der Regel wird überall dort Augenhöhe betont, wo eben keine ist“.

Das sind natürlich vor allem erst einmal die Phrasen: „Abholen, Mitnehmen, Mitfühlen, Authentischsein und so weiter – das sind tyrannische Phrasen. Es wird dabei so eine Art Begriffs-Bingo gespielt.“ Aber dahinter liegt eben eine Sprache, die Streit vermeiden will und dadurch Unterschiede vertuscht.

Begriffs-Bingo

Auf der einen Seite wird von „gleich“ gesprochen, „Schwester und Brüder“. Auf der anderen Seite liegen dahinter klare Unterschiede, die man aber nur benennen kann, wenn man bereit ist, das Sprachspiel zu stören. Das reibungslose Miteinander wird gestört.

Diese Doppelbödigkeit der kirchlichen Sprache ist unehrlich, so die Autoren. Wenn man das dann nicht mehr offen ansprechen darf, ohne dass einem selbst ein Problem unterstellt wird, dann macht das aggressiv. Oder man geht einfach.

Sozialpädagogisierung kirchlicher Sprache

Es geht um das moralisierende Sprechen, um die Sozialpädagogisierung kirchlicher Sprache. Gerade letzteres finde ich ein starkes Kapitel: pädagogisierendes Sprechen ist verlockend, weil man – wie die Autoren betonen – wunderbar als übergeordnete Instanz auftreten kann, gutwillig, wissend was gut und besser ist.

Gerade das Katholische hat aber noch eine eigene Sprach-Welt, die liturgische. Die ist noch einmal eigen, weil hier Worte noch auf eine ganz anderen Weise Wirkung haben, in der Wandlung etwa oder der Lossprechung.

Sprechen in der Krise

Bedeutung entsteht in der Kommunikation. Und wenn das Sprechen in der Krise ist, dann verliert auch die sprechende Institution und verlieren auch die sprechenden Einzelnen ihre Glaubwüdigkeit. Dann gehen Menschen weg. Dann mag niemand mehr zuhören.

Was soll aber Sprache leisten? Mein Favorit: sie soll aufschlüsseln. Nicht vertuschen, sondern offen legen in unserer Welt: Gott, Sünde, Gnade. Gerade in der Krise der Kirche, gerade in der Krise kirchlichen Sprechens.

Um mit dem Psalmvers zu enden, der dem Buch voran steht: „Mein Mund soll Weisheit reden /  und was mein Herz sagt, soll verständig sein.“ (Ps 49)

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Jan Feddersen und Philipp Gessler: Phrase unser. Die blutleere Sprache der Kirche. Das Buch ist im Claudius Verlag erschienen.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Sprechen von GottSchlagwörter Buch, Glaube, Kirche, Kritik, Phrase, Sprache, Verkündigung23 Kommentare zu Moralisierend, vertuschend, übergriffig: kirchliches Sprechen

Sprachverschiebungen

Veröffentlicht am 28. August 201927. August 2019
Die Sprache des Papstes Übersetzung, Stolperstein und Übergang: Stein im Straßenpflaster von Amsterdam

Es gab Klagen. Über den Brief des Papstes an die Gläubigen in Deutschland. Nicht zuletzt auch in der ZEIT, in der auch ich einen Beitrag hatte. Und zwar Klagen nicht über Inhalt oder Sinn, sondern über die Übersetzung. Die Sprache des Papstes sei schlecht wieder gegeben.

Ein Uraltes Problem: Ein frei gesprochener Text muss übersetzt werden, was ein Spezialistenjob ist. Die Nuancen, die kulturellen Anspielungen und die Zitate, das alles muss erkannt werden. Oder aber ein geschriebener Text muss in zu kurzer Zeit übersetzt werden. Dasselbe Problem nur leicht verschoben.

Die Sprache des Papstes

In den vergangenen Jahren war das fast mein täglich Brot. Sowohl in meiner Arbeit, als auch immer, wenn ich mich im Italienischen bewegt habe. Denn so gut jemand in einer zweiten Sprache auch ist, so richtig und ganz kommt man da nie rein, schon gar nicht wenn diese Sprache spät erlernt wurde.

Auch in der Bibel, in Gebet, Meditation und Liturgie begegnet einem das. Die Bibel ist nicht in unserer Sprache geschrieben und meistens sind die Texte sogar zu gut übersetzt. Paulus Griechisch ist zum Beispiel beileibe nicht so glatt und logisch wie uns die Übersetzungen glauben machen.

Besser als das Original

Zurück zu den Klagen über die Übersetzung des Papstbriefes. Professionelles arbeiten ist hier das eine. Zeitdruck und Entscheidungen des Absenders, das über sein persönliches Büro laufen zu lassen sind das andere. Nicht immer geht dabei alles so glatt, wie wir das wollen.

Neulich habe ich mich mit einem nigerianischen Jesuiten unterhalten. Nigeria – so klärte er mich auf – habe 250 anerkannte Sprachen. Sprachen, nicht Dialekte. Wie machen die das? Wenn es keine Minimalsprache gibt? So gut kann man gar nicht sein. Das Ergebnis ist oft genug, ob Nigeria oder Vatikan, eine nicht ordentliche Übersetzung.

250 Sprachen in einem Land

Oder das Gegenteil: Man übernimmt Sprachbilder, die so gar nicht passen. Denn die Sprache, in die hinein übersetzt wird, hat ja auch ihre Bilder. Und auch das kann die Aussage verzerren. Die Sprache des Papstes sagt dann etwas, was in der Intention gar nicht drin war.

Sprache verändert sich beim Übersetzen. Kulturen, Intentionen, Arbeitsumstände, Wortfelder, all das hat seinen Einfluss. Wir können schlicht gar nicht einen Text so übersetzen, dass er voll und ganz die Intention des Aussagers oder Schreibers wiedergibt.

Sprache des Papstes verändert sich beim Übersetzen

Wie schön wäre es, wenn wir nur eine Sprache hätten und diese Verwirrung und Verschiebung uns erspart bliebe. Im Vatikan glaube ich ist man oft der Überzeugung, Italienisch sei diese Sprache. Oder sei zumindest die Richtsprache. Dem ist aber nicht so.

Die Vielfalt der Sprachen und die Sprachverschiebungen trennen uns, machen uns Arbeit. Aber sind auch ein Segen. Nichts ist selbstverständlich. Nichts ist von sich aus verstehbar, verständlich. Und das hat Auswirkungen auf die Weltkirche, wenn ich bei meinem Beispiel bleibe. Eben weil übersetzt werden muss und wir wissen, dass in der Übersetzung die Bedeutung sich verschiebt, können wir nie sicher sein. Und müssen immer nachfragen. Und müssen in der Ambiguität leben, dass wir nicht alles verstanden haben und verstehen können.

In Babel einen Turm zu bauen war eine ziemlich dämliche Idee, wenn wir von den Konsequenzen drauf schauen. Aber es bewahrt uns heute davor – wenn wir uns das denn eingestehen wollen – dass wir meinen zu verstehen.

Das ist zumindest eine Lehre, die ich aus meinen zehn Jahren Vatikan und Papstübersetzungen mitnehme.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Kunst, Kultur und Können, Neulich im InternetSchlagwörter Papst Franziskus, Sprache, Übersetzung, Urtext.16 Kommentare zu Sprachverschiebungen

Man spricht Italienisch: der Vatikan und die vielen Kulturen

Veröffentlicht am 30. November 201829. November 2018
Man spricht Italienisch: Die Piazza del Popolo, einer der schönsten Plätze der Welt Italien wie es italienischer nicht geht: Piazza del Popolo, im Norden der Altstadt

Es gehört schon fast zum guten Ton unter Journalisten hier in Rom: Man klagt gerne, dass alles immer nur auf Italienisch passiert. Texte, Vorstellungen, Dokumente, auch wenn sie für die ganze Kirche gedacht sind, gibt es gerne einmal nur in einer einzigen Sprache. Und das auch noch in einer, die kaum auf dem Planeten gesprochen wird: Man spricht Italienisch.

Bislang zum Beispiel gibt es das Schlussdokument zur Bischofssynode in noch keiner offiziellen Übersetzung. Wie sollen junge Menschen oder auch andere aus der Seelsorge sich Inspiration holen, wenn sie den Text nicht verstehen?

Nur Italienisch

Auch ich gehöre gerne zu den Leuten, die immer wieder darauf hinweisen, wenn das Italienische übermächtig oder zu selbstverständlich zu werden droht. Wenn eine interne Hausmitteilung von „unserem Land“ spricht und Italien meint. Wenn bei einer Papstreise einige Sprachen nicht vertreten sind, Italienisch aber gleich zwei Leute schicken darf. Und so weiter.

Aber am Ende des Tages bin ich dann doch ein Fan des Italienischen hier im Vatikan. Und wie ich glaube aus guten Gründen.

Italienisch ist für die meisten von uns eine gelernte Sprache. Niemand auf dem Planeten – außer den Italienern – spricht Italienisch als Muttersprache. Also müssen alle, die in den Vatikan kommen, sie lernen. Natürlich sind die meisten hier Muttersprachler, die Verwalter, Journalisten, Techniker, und ich kann mir kaum vorstellen, wie grausam das manchmal für sie klingen muss. Aber das muttersprachliche Italienisch bleibt Minderheit, eben weil es keine Weltsprache ist.

Es ist halt nicht nicht die sonst dominante angelsächsische oder besser noch US-amerikanische Sprache und Kultur, die hier Wort und Vorstellung bestimmt. Und das ist gut so. Natürlich ist es immer noch die europäische Vorstellungswelt, aber das ist mir lieber als das Englische. Und das sage ich als bekennender Anglophiler.

Internationalismus und Italienisch

Es ist ein Internationalismus, der sich nicht der dominanten Macht anpasst. Der die Eigenheiten pflegt und eine Alternative bietet. Die Sprache ist außerdem noch ziemlich nah am Lateinischen, so dass die die Kirche prägenden Traditionen anschlussfähig sind.

Natürlich hat das auch Schwierigkeiten. Und die sind vor allem praktischer Natur. Nehmen wir noch einmal die Bischofssynode: Das Vorbereitungsdokument gab es am Tag der Vorstellung nur auf Italienisch. Und auch das Schlussdokument musste von den Teilnehmenden auf Italienisch abgestimmt werden, es war keine Zeit für Übersetzungen.

Aber das sind lösbare Probleme. Mit guten Übersetzerdiensten – die wir in diesem Jahr hatten – und in Zukunft mit guter Software ist das alles überwindbar, wenn denn die Muttersprachler des Italienischen sich etwas mehr Mühe geben würden. Italienisch ist die verbindende Sprache hier im Vatikan, nicht mehr Latein, und zumindest im Augenblick auch nicht Englisch.

Und das sollte auch so bleiben. Man spricht Italienisch.

 

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Die deutschsprachige Kirche, Rom, VatikanSchlagwörter Europa, Internationalität, Italienisch, katholisch, Sprache, Tradition, Übersetzung6 Kommentare zu Man spricht Italienisch: der Vatikan und die vielen Kulturen

Sprechen so als ob

Veröffentlicht am 7. Juli 201811. November 2018
P Czerny, der Vortragende, bei der Arbeit

Ein Mitbruder von mir hält einen Vortrag, in Berlin. Es geht um Flüchtlinge und darum, was der Vatikan und der Papst für eine Perspektive auf diese Frage hat.

Und es passiert, was passieren muss, er bekommt Rückmeldungen. Gute und kritische, soweit, so gut. Leider bekommt er aber auch die üblichen Rückmeldungen: Unterwerfung, realitätsfremd schließlich täten die nur so als ob sie in Gefahr wären und so weiter.

P Czerny, der Vortragende, bei der Arbeit

Weil der Mitbruder Kanadier ist zeigt er mir diese Rückmeldungen und fragt, was er antworten soll.

Nichts. Weil die Debatte bereits durch die Anfrage zu ist, kein Raum für Interesse, Bewegung, Austausch. Und bereits die Wortwahl schafft das. Neudeutsch: das “Framing”.

Bekannt wurde der Begriff jetzt vor allem durch das unsägliche Wort des “Asyltourismus”, das der bayerische Ministerpräsident meinte benutzen zu sollen und das so auffällig war, dass es bei Twitter zum Trend wurde. Es wurde benutzt, um die Debatte zu dominieren, noch bevor jemand anders etwas sagt. Und die Twitter-Blase verstärkte das Echo, selbst durch Kritik.

 

Framing

 

Auch das Wort von der “Rechtssicherheit” ist auch so ein Framing, als ob wir in den vergangenen Jahren in einer Anarchie gelebt hätten.

Genau das macht auch einer der Emailschreiber: “Hier geht es um Unterwerfung unter den Mohammedanismus, den offensichtlich der Papst und seine Berater wollen.” Die Worte “Unterwerfung” und das Unwort “Mohemmedanismus” lassen gar keine Debatte mehr zu, das Framing ist so stark dass jeder, der sich darauf einlässt, nur noch in Verteidigung steht. Das Land würde durch Flüchtlinge “geflutet” ist auch so ein Beispiel. Die Zahlen zeigen etwas völlig anderes, aber Sinn von Framing ist unter anderem, ohne Verweis auf Realität Debatte zu prägen, färben und zu bestimmen. Weiterlesen “Sprechen so als ob”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Gerechtigkeit, Kirche und Medien, Kunst, Kultur und Können, Neulich im InternetSchlagwörter Flüchtlinge, Framing, Journalismus, Migranten. Politik, Sprache, Twitter1 Kommentar zu Sprechen so als ob

Das Verhalten der anderen kontrollieren

Veröffentlicht am 26. Oktober 201624. Oktober 2016

Es ist kein Besuch beim Psychologen und kein Arztbesuch, wenn der Papst von Krankheiten spricht. Es sind geistliche Einsichten, die in die Sprache von Medizin verpackt sind. Aus aktuellem Anlass, hier ein Zitat von der Papstmesse am Montag, der Papst sprach über die Strenge in Glaubensdingen. „Hinter der Strenge versteckt sich etwas im Leben eines Menschen. Die Strenge ist keine Gabe Gottes. Die Milde sehr wohl; auch die Güte, das Wohlwollen, auch das Vergeben. Aber die Strenge nicht! Hinter der Strenge versteckt sich immer etwas; in vielen Fällen ist das ein Doppelleben, aber da ist auch etwas Krankhaftes. Wie sehr leiden doch die Strengen! Wenn sie ehrlich sind, dann merken sie, dass sie leiden. Weil es ihnen nicht gelingt, die Freiheit der Kinder Gottes zu haben. Weil sie nicht wissen, wie man im Gesetz des Herrn voranschreitet. Weil sie nicht selig sind. Sie leiden so sehr! Sie scheinen nach außen gut zu sein, weil sie das Gesetz befolgen; aber dahinter steckt etwas, das dafür sorgt, dass sie nicht gut sind. Entweder sind sie bösartig und heuchlerisch, oder sie sind krank. Sie leiden…“ (Papstmesse am 24. Oktober 2016).

Kein Mann der Strenge: Papst Franziskus
Kein Mann der Strenge: Papst Franziskus

Bei den berühmt-berüchtigten fünfzehn Krankheiten der Seele sind wir diesem Phänomen bereits ausführlich begegnet, der Ausdruck des „spirituellen Alzheimer“ zieht immer wieder Kritik auf sich, aber hier kann man noch einmal sehen, wie der Papst medizinische Metaphern verwendet. „Sie leiden, sie sind krank“ ist genau so zu verstehen.

Abgesehen davon ist dieses kleine kurze Stück eine ganz starke Aussage. So etwas Ähnliches habe ich neulich aus dem Mund von John Cleese gehört. Der sagt in einem kurzen Video „Wenn Menschen ihre eigenen Emotionen nicht im Griff haben, beginnen sie damit, das Verhalten anderer zu kontrollieren.“ Das ist die Strenge, die der Papst beklagt.

Wenn er also über die Gesetzeslehrer schimpft oder die Gesetzes-Religion beklagt, die in der Bibel zu finden ist, dann ist das nicht gegen die historischen Figuren von damals gerichtet. Das ist schlicht die geistliche Einsicht, dass es diese Haltungen heute gibt und dass man sie mit den Erzählungen der Bibel fassen kann, weil genau sie gemeint sind.

Keine Kontrolle also über den anderen, keine Strenge, sondern der ehrliche Blick auf sich selber. Denn dann merkt man, dass Barmherzigkeit das Gebot der Stunde ist.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und VernunftSchlagwörter Papst Franziskus, spiritueller Alzheimer, Sprache49 Kommentare zu Das Verhalten der anderen kontrollieren

Sprechen ist liturgisch überbewertet

Veröffentlicht am 22. Mai 201623. Mai 2016

Heute darf ich mal wieder taufen. Selten genug, dass ich diese Sakramente hier in Rom feiern kann, Journalistsein beschränkt das Seelsorgersein doch arg. Um so schöner, dass es dann ab und zu doch noch geht.

Aber wie immer stellt sich die Frage, wie das gehen soll. Immer, wenn es hier eines der familiären Sakramente zu feiern gibt, ist die Sprache zu entscheiden. Meistens sind hier die Familien, mit denen ich zu tun habe, halb Italienisch, halb Deutsch, und die anreisenden Freunde und Familien sprechen entweder das eine oder das andere. Das macht es mindestens bei der Predigt schwierig.

Auch hier durfte ich schon mal taufen: Taufbecken Gianlorenzo Berninis in Sankt Peter
Auch hier durfte ich schon mal taufen: Taufbecken Gianlorenzo Berninis in Sankt Peter

Das Ganze ist in Abwandlung ein Problem, das sich mir schon in Deutschland in der Jugendsprache gestellt hat. Spreche ich in der Liturgie so, dass ich möglichst nahe an den Jugendlichen bin? Dann öffne ich eine Distanz zur Normalerfahrung Kirche in der Pfarrei. Bleibe ich in der kirchlichen Sprache, öffne ich eine Distanz zu den Jugendlichen und überhaupt zu einer ganzen Generation.

Eine perfekte Lösung gibt es nicht, auch keine Lösung ein für allemal, aber die Frage hat sich immer wieder gestellt.

Wobei unter „Sprache“ hier ausdrücklich auch Zeichen und Symbole gemeint sind. Kleidung zum Beispiel war ganz klar kirchlich. Je klarer die Ästhetik, je klarer sichtbar ist, dass es sich beim Gottesdienstort um einen Gottesdienstort handelt, desto sicherer fühlen sich Leute. Auch Jugendliche. Stola über T-Shirt kommt da gar nicht in Frage, und sei es auch nur deswegen, weil es verunsichert. Von anderen Gründen einmal abgesehen.

Zurück zur Sprachfrage hier in Rom. Predige ich auf Deutsch? Italienisch? Kurz und dann auf beiden Sprachen? Alles habe ich schon probiert, wirklich befriedigend ist das nicht. Zum Glück ist die Predigt nicht das Wichtigste bei einer Liturgie. Bei einer Taufe schon gleich gar nicht.

Die Feigling-Lösung wäre, auf Exot zu machen und mit einem Lächeln zu erklären, dass man die eigentlichen Tauf-Worte auf Latein spricht. Feigling deswegen, weil das keine echte Lösung ist, sondern das sich vor einer Entscheidung drücken. Latein versteht keiner mehr, das sieht nur egalitär aus, ist es aber nicht.

 

Das Zeichen hat eine eigene Sprache

 

Also bleibt die Frage nach der Sprache. Und da helfen mir die Erfahrungen von früher. Erstens müssen nämlich die Zeichen sitzen. Kein Drumherum, Handbewegungen, Kleidung, Kerze, Wasser, all das muss für alle sichtbar und klar nachvollzierbar sein, dann versteht es jeder, auch wenn er oder sie die Sprache nicht kennt. Und wenn man das dann auch noch in einer der klassischen schönen römischen Kirchen oder gar Baptisterien feiern darf, dann um so besser.

Die liturgische Sprache muss alleine klingen, ohne dass man alles auch noch erklärt. Es wird in Liturgien sowieso zuviel geredet, die Zeichen gehen da manchmal unter.

Es hilft, wenn dann die Predigt kurz ist. Bei Taufen sowieso, das Kind stellt sich schon rechtzeitig in den Mittelpunkt. Eine Sprache, kurze Entschuldigung in der anderen. Fertig.

Einleitung und Taufritus dann in der Sprache derer, die ich anspreche. Ist ein Pate nur einer Sprache mächtig, dann wird er oder sie in dieser Sprache angesprochen. Sind Kinder dabei, die nur eine Sprache kennen, dann in dieser Sprache, Erwachsene sind da nicht so wichtig.

Das klingt nach einem klaren Programm. Trotzdem stellt sich diese Frage jedes Mal wieder. Was ja auch gut ist, denn das zeigt, dass das keine Routine ist. Wenn ich also heute F taufen darf, dann geschieht das wieder in Abwechslung der Sprachen. Aber die Taufe selbst, die Zeichen, die ausdeutenden Riten, die müssen sitzen.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Glaube und Vernunft, RomSchlagwörter Gottesdienst, Liturgie, Rom, Sprache, Taufe, Zeichen, Zeichenhandlung12 Kommentare zu Sprechen ist liturgisch überbewertet

Sprachfähig

Veröffentlicht am 8. Mai 20167. Mai 2016

Der Papst spricht viel. Auf dem Petersplatz, in Videos an Aktionen oder Personen, bei Twitter, gedruckt oder im Audio, der Papst kommuniziert. Und er tut es auf viel mehr Wegen, als wir das im Vatikan bislang gewohnt waren, und er tut es spontaner. Jemand zückt sein Mobiltelefon, der Papst spricht ein Video ein. Er lässt professionelle Videos für die Gebetsmeinungen machen. Er macht Interviews mit Jugend- und Obdachlosenzeitungen.

Twitter-Account des Papstes - auf Latein
Twitter-Account des Papstes – auf Latein

Aber das ist nur die eine Seite. Die andere Seite ist, dass er auch verstanden wird. Zuerst ist da die Sprache seiner Gesten: von Tag Eins an hat er sprechende Gesten genutzt, angefangen bei der Kleidung, den Autos, das Umarmen, das Stehen bei der Predigt, und so weiter und so weiter. Das ist eine verständliche Sprache, die nicht durch „Worte“ verwirrt wird, die in unserem normalen Wortschatz nicht vorkommen, wenn ich das mal so sagen darf.

Das Gleiche gilt auch für das, was er sagt. Er wird in seinen Sprachbildern verstanden – vorausgesetzt, man will ihn auch verstehen. Die meisten Menschen würden glaube ich intuitiv sagen, dass sie verstanden haben, nachdem sie den Papst gehört haben. Oder in unserem Fall: übersetzt gehört oder gelesen haben.

 

Großer Kommunikator

 

Auf Twitter ist der Papst ein ganz großer, sehr viele Follower, obwohl er selber gar nicht interagiert, sondern nur verschickt. Auch sind seine 140-Zeichen Kommentare nicht dazu geeignet, tief und ausführlich pastoral oder theologisch im Netz unterwegs zu sein, aber das soll Twitter ja auch gar nicht. Die kurzen Texte sind Teil einer neuen Form von Kommunikation, werden geteilt, kommentiert, kritisiert, übersetzt und so weiter und so zum Teil des Kommunikations-Netzes.

Vielleicht kann man sogar sein jüngstes ausführliches Schreiben so sehen, Amoris Laetitia, über die Liebe in der Familie. Dort behandelt er Themen, über die sonst in der Kirche eher Sprachlosigkeit herrscht. Der Papst schafft es aber, eine Sprache zu finden, die vielleicht etwas sperrig klingt, aber die nachvollziehbar ist. Eine Sprache, mit der man reden kann, wenn es um Liebe geht, die nicht romantisiert oder abstrakt wirkt, sondern lebenswirklich. Es geht ihm um die alternde Liebe, die Dimension der Erotik, es geht um Konfliktsituationen und in allem nimmt man dem Papst ab, dass er weiß, worüber er spricht. Das hat vor allem damit zu tun, dass er verstanden wird.

Der Papst ist ein großer Kommunikator. Und heute begeht die Kirche den Welttag der sozialen Kommunikationsmittel – Kirchensprache für Medien. Der Papst hat einen eigenen Text dazu verfasst.

Thema des Kommunikationssonntags in diesem Jahr
Thema des Kommunikationssonntags in diesem Jahr

Auch hier, bei der Kommunikation, braucht es eine Reform der Kirche. Wie oft wird schlicht nicht zur Kenntnis genommen, was Kirche oder was Christen zu sagen und beizutragen haben? Und zwar schlicht deswegen, weil sich Sender und Adressat verschiedener Sprachen bedienen. Papst Franziskus bringt das Sprechen über Glauben und Gott wieder in die Normalsprache zurück, ohne dass der Inhalt dabei leiden würde. Noch etwas, was wir von ihm lernen können.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, VatikanSchlagwörter Amoris Laetitia, Kommunikation, Medien, Papst Franziskus, Sprache, Twitter, Video9 Kommentare zu Sprachfähig

Päpstliche Rauferei

Veröffentlicht am 17. November 201413. November 2014

„Wenn du was gegen deinen Bruder hast, sag’s ihm ins Gesicht. Vielleicht endest du in einer Rauferei, aber besser dies als der Terror des Geschwätzes“. Es sind solche Sätze, die Papst Franziskus immer wieder äußert und die immer noch Aufsehen erregen.

Recht hat er ja, der Papst, und er hat es auch schon vielfach gesagt, nur tut er das normalerweise nicht mit der farbigen Metapher einer Schlägerei.

Das Zitat stammt übrigens aus einer Ansprache vor Ordensleuten in der vor-vergangenen Woche.

Hier kam eines seiner Lieblingsthemen zum Tragen: Der Tratsch. Dabei geht es nicht um leichte Lästerei, der Papst sieht darin eine schwere geistliche Verformung. Wer über andere rede, verborgen und nie wirklich der Wahrheit verpflichtet (= Tratsch), der stellt sich selbst in den Mittelpunkt. Tratsch ist nicht nur eine schlechte Form der Kommunikation, sie ist eine Selbstrechtfertigung, ohne Scham, ohne Freundschaft.

Zu viel gibt es davon unter uns Menschen, und das zersetzt Gemeinschaften.

Aber zurück zur farbigen Formulierung einer „Rauferei“. Den Bericht über die Rede des Papstes habe ich so angelegt, dass diese Formulierung gar nicht vorkam. Es geht in der Ansprache um das zeugnishafte Leben von Ordenschristen, individuell und als Gemeinschaft. Natürlich ist die oben genannte Formulierung packend und drückt den Gedanken sofort verstehbar aus. Aber darüber hinaus hat der Papst noch mehr zu sagen, und das gerät dann etwas in den Hintergrund.

Denn die Botschaft ist letztlich unbequem: Ordensleben sei prophetisch in dem Sinn, als es als Widerspruch zum Zeitgeist zu verstehen sei, wie auch Jesus Widerspruch gewesen sei.

Und er spricht davon, dass man die Charismen der Orden nicht wie destilliertes Wasser behandeln kann, also sichern und abdichten, sondern dass sie sich ausschließlich in der herrschenden Kultur und Realität voll entfalten können, ein Plädoyer wider den Rückzug.

Das sind Botschaften, die wichtig sind.

Bei der Berichterstattung bleibt es spannend – und es ist fast täglich eine Debatte in der Redaktion hier bei uns – wie stark die bunten Formulierungen und wie wichtig die eher trockenen Inhalte in der Berichterstattung sind. Eine abstrakte Lösung gibt es nicht, wir sind Journalisten, wir wollen irgendwie beides.

Auch das gehört zum Spannenden in diesem Pontifikat.

Kategorien Allgemein, Franziskus, Rom, Spiritualität / Geistliches Leben, VatikanSchlagwörter Franziskus, Geistliches Leben, Orden, Papst, Predigt, Sprache9 Kommentare zu Päpstliche Rauferei

umstritten!

Veröffentlicht am 11. Mai 20147. Mai 2014

[Ein Nachtrag zu einer Zeile in einem Post vor einiger Zeit, nach einigen Gesprächen mit Kollegen]

Es gehört zum Wesen des Journalismus, sich vor allem Dingen zuzuwenden, die nicht klar sind. Wo es Widerspruch, unterschiedliche Meinungen, Auseinandersetzungen und Mangel an Information gibt. Kontroverse und Polarisierungen, da sind wir gerne zu Hause.

Im Journalistensprech heißt das dann gerne „umstritten“. Seit Jahren führe ich eine kleine private Liste über die Verwendung dieses Wortes und meiner – nicht repräsentativen – Beobachtung nach hatte die überbordende Verwendung in den vergangenen Monaten etwas nachgelassen. Erfreulicherweise. Jetzt sehe ich es wieder in Verwendung, bei umstrittenen Päpsten, umstrittenen Bischöfen und so weiter. Deswegen meine Zeilen an dieser Stelle.

Das Großartige an dem Wort „umstritten“ ist, dass es immer wahr ist. Sobald ich, der Journalist, etwas „umstreite“, ist es umstritten. Der Gebrauch des Wortes macht es also zutreffend. Eigentlich wäre das ein Grund, das Wort nicht zu benutzen, aber da es so schöne Reizsignale aussendet, findet man es gerne in journalistischen Texten vor. „Polarisierung!“ ruft es mir zu, und in meinen Bildschirm schauend kann ich der Versuchung nicht widerstehen.

Manchmal macht das Wort auch erst eine Nachricht. ‚Person X sagt ABC’ ist keine Nachricht; dass irgendwer eine Äußerung von sich gibt, sollte nicht gleich die Tastatur in Bewegung setzen. Aber wenn Person X „umstritten“ ist, dann äußert sich X ja vielleicht zu dem Konflikt, den wir dank des benutzten Adjektives jäh zu vermuten gedungen sind.

Umstritten bedeutet, dass da etwas Schlimmes ist, Streit und so weiter. Dass die Berichterstattung diesen Konflikt oft durch diese Berichterstattung erst herstellt, bleibt außen vor.

Deswegen mein Vorschlag, zugegeben ein naiver: Das Adjektiv niemals im passiven Sinn von „ist umstritten“ benutzen, sondern immer nur im aktiven Sinn unter Nennung des Namens, wer denn da etwas „umstreitet“.

Ein kleines unbedeutendes Plädoyer für etwas mehr Klarheit. Und eine Warnung vor weiterer unbedarfter Nutzung.

Kategorien Allgemein, Kirche und Medien, Neulich im InternetSchlagwörter Journalismus, Konflikt, Polarisierung, Reiz, Sprache, umstritten6 Kommentare zu umstritten!

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