Die Maus, mit der ich den Computer steuere.
Das Fenster, dass sich beim Klicken öffnet.
Der iPod, der Musik hören verändert.
Aber auch die Pixar Animation Studios, die wunderbare Trickfilme drehen, von denen zwei – Finding Nemo und Toy Story – den Oscar bekommen haben.
Dies alles sind Dinge, die es ohne Steve Jobs so nicht gegeben hätte. In der vergangenen Woche ist er gestorben, der große Magier der Konsum – Elektronik.
Er ist ein Phänomen der Popularkultur, Steve Jobs, Gründer, Kreativgenie und langjähriger Leiter der Computerfirma Apple. Er verkaufte nicht nur Rechner, er verkaufte einen Lebensstil, ein Lebensgefühl, seine Computer und später das iPhone und der iPod und werden verehrt, fast schon mit pseudo-religiösen Ritualen. Wer ist der Mann, der in der vergangenen Woche verstorben ist?
Der größte Wert heute: Kommunikation
Steve Jobs ist vielleicht das, was man am besten als „Säkularen Heiligen“ bezeichnen könnte, als jemanden, der durch seine Arbeit aber auch durch sein Leben und seinen Lebensstil prägend gewirkt hat für eine ganze Generation. Zunächst einmal positiv. Der neue Chefredakteur der Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica, Pater Antonio Spadaro, der auch ein Projekt zu Cyber-Theology betreibt, sieht in Jobs jemanden, der den wahren Wert der Kommunikation in der Welt heute erkannt habe – Bits und Bytes seien heute mehr wert als Erdöl. Er sieht – und da stimme ich voll zu – vor allem die Dynamik in Jobs Tun:
„Die Fähigkeit, das Leben nicht bloß als Abfolge des kleinen Alltags zu sehen, sondern leitende Visionen zu haben, Grenzen zu überwinden – das, was uns seinerzeit auf den Mond gebracht hat. Das Überwinden eines Zustands der Starre, das können wir von Steve Jobs lernen. Im Grund ist das seine wichtigste Botschaft: Bleib hungrig, bleib töricht. Hab die Fähigkeit, das Leben aus neuen Blickwinkeln zu sehen.“
Magier, Philosoph, Verkäufer
Jobs war kein Garagen-Bastler. Er war ein Philosoph, der diese Fähigkeit des Blicks auf das Leben auch ausdrücken wollte, in Interviews, in den jährlichen Ansprachen bei den Vorstellungen und auch in seinen Produkten selbst. Es klingt fast philosophisch, wie er seine Erfahrungen formuliert. Hören wir das aus Steve Jobs Mund, gesprochen 2005 zu Studenten in Stanford, Kalifornien, über echte Befriedigung in der eigenen Arbeit.
„Der einzige Weg zu einer tiefen Befriedigung liegt in dem Glauben, dass das, was ihr macht, großartig ist. Und die einzige Weise, großartige Arbeit zu machen, heißt zu lieben, was ihr tut. Wenn ihr das noch nicht gefunden habt, bleibt auf der Suche. Und gebt euch nie zufrieden.“
Das klingt wie eine Kurzform des Lebensgefühls der Generation Apple. Aber es ist nicht rein philosophisch. Steve Jobs Können lag im Gestalten und Vermarkten der Interfaces, wo unsere menschliche Welt mit der Technik in Verbindung tritt. Durch seine Produkte sind diese Interfaces heute keinen Trennungen mehr, sondern Verbindungen. Und auch seine Philosophie ist Teil der Vermarktung, Teil dieses Interfaces. Seine Philosophie verbindet uns mit der Technik, bindet uns an die Technik, die seine Philophie vom selbstbestimmten Leben ermöglichen soll. Noch einmal Steve Jobs:
„Eure Zeit ist begrenzt. Verschwendet sie also nicht dadurch, dass ihr das Leben eines Anderen lebt. Lasst euch nicht von den Ergebnissen des Denkens von anderen Menschen einfangen, lasst nicht zu, dass der Lärm der Meinung der Anderen eure eigene innere Stimme übertönt. Und das Wichtigste: Habt den Mut, eurem eigenen Herzen und eurer Eingebung zu folgen.“
Und damit spricht er einer ganzen Generation aus dem Herzen. Nicht zuletzt heißen die jüngsten Produkte aus dem Hause Apple „iPhone“, iPod“ etc, beginnen also mit dem Wort englischen Wort „ich“. Dieses Ich, und da drückt Jobs das Lebensgefühl seiner Anhänger treffsicher aus, dürfe sich nicht beschränken lassen, durch nichts.
Zwei Ergebnisse hat das Alles: Das eine ist visionär, persönlich, fast schon existenzialistisch. Das andere Ergebnis: Kauft Apple Produkte. Diese beiden Dinge gehörten bei Jobs zusammen. Es geht um das Kaufen.
Die Mythen
Und auch wenn fast alle Nachrufe den pseudo-religiösen Charakter der Verehrung betonen, die Käufer seine „Jünger“ nennen, so ist es doch immer der Verkauf, um den es geht. Und Jobs war ein begnadeter Verkäufer. Sein Auftreten in Jeans und schwarzem Rolli, die Geheimnistuerei um neue Produkte, der eigene Jargon: Das alles hatte und hat Konsum-Kult-Status. Das alles hatte und hat Konsum-Kult-Status. Im christlichen Medienmagazin „Pro“ findet sich eine Analyse zur religiösen Symbolik der Jobs-Produkte:
Ein Schöpfungsmythos: Der erste Apple Rechner wurde in der Garage von Jobs‘ Eltern gebaut. Die Symbolkraft ist eindeutig: Ähnlich dem Stall von Betlehem.
Ein Heldenmythos: Der Apple-Gründer Jobs rettet seine User davor, dem Reich der bösen Windows-PC-Welt anheim zu fallen.
Ein satanischer Mythos: Der Widersacher von Apple ist und war seit jeher IBM. PC‘s wollten die Welt mit grauen Desktopcomputern knechten, und Apple als strahlender Guter versprach das Heil.
Ein Wiederauferstehungsmythos: Jobs kehrte 13 Jahre nach dem ersten Rauswurf bei seiner eigenen Firma zu Apple zurück und führte sie wieder auf den rechten Weg.
Wenn er auftrat um neue Produkte vorzustellen, dann betrat er eine Kanzel. Millionen hingen an seinen Lippen – um dann am nächsten Tag oder bereits in der Nacht zu kaufen. Denn das ist der Kern: Kaufen.
Konsummaterialist oder Visionär?
Visionär oder Funktionär des Konsums? Oder sogar beides? Vielleicht ist das ja gar kein Widerspruch. Vielleicht hat uns Steve Jobs gezeigt, wie Visionäres unter den Bedingungen der heutigen Wirtschaft und des Konsummaterialismus entsteht. Nichts mehr. Aber auch nichts weniger. Und das, das darf ich als Fan der Apple-Computer sagen, hat er großartig gemacht. Zum Abschluss noch einmal Steve Jobs selbst: Christliche Gedanken, stoische Philosophie, das Lebensgefühl der Apple-Community:
„Sich vor Augen zu halten, dass du sterben musst, ist die beste Art die ich kenne, die Falle zu vermeiden und zu glauben, dass du etwas zu verlieren hast. Das hast du nicht. Es gibt keinen Grund, nicht dem Herzen zu folgen. Niemand möchte sterben. Selbst diejenigen, die in den Himmel wollen, wollen nicht sterben, um dahin zu kommen. Trotzdem: Der Tod ist das Ziel, das uns allen gemeinsam ist. Niemand ist dem jemals entflohen. Und genau so sollte es auch sein. Tod ist wahrscheinlich die allerbeste Erfindung des Lebens. Es bewirkt Wandel im Leben. Es entsorgt das Alte um Platz für das Neue zu machen.“
Und für mich persönlich? Ich höre das Mantra, dass er in der berühmten Rede in Stanford vorstellt. Und ich höre darin viel menschliche Einsicht in den Umgang mit den Dingen heute: Sich nicht abfinden, weiter suchen, auf die Gefahr hin, nicht so zu funktionieren, wie es das System des Konsums gerne hätte: