Vor der Synode habe ich falsch gelegen. Wie andere auch habe ich gemeint und auch in Mikros gesagt, dass man sich nicht zu viel von dieser Versammlung der Bischofssynode erwarten soll, weil zu hoch geschraubte Erwartungen zwangsläufig zu Enttäuschung führen. Ich habe geglaubt, dass erst das Jahr der Vorbereitung für die nächste Synode und dann diese Versammlung im Oktober 2015 Neues bringt. Damit lag ich falsch, seit Montag liegt ein Papier auf dem Tisch, das eine Sprache pflegt, wie wir sie zuletzt in Evangelii Gaudium gehört haben.
Seitdem wird gestritten. Das meine ich auf die positivste Weise: die Vertreter der Weltkirche arbeiten, damit dieser Text von Kardinal Erdö ihr eigener Text wird.
Theologie wird probiert, Argumente getestet, Änderungsvorschläge debattiert, abgelehnt oder angenommen (was noch nicht Arbizu einer Änderung des Gesamttextes führt, aber zu einer Vorlage für das Redaktionsteam). Auch außerhalb der Aula hört man Kommentare in Interviews, einige äußern sich kritisch über den Text, andere zustimmend. Manchmal geht es auch rau zu, gerade in der Öffentlichkeit. In den Kleingruppen ist es eher ein konzentriertes und dichtes Arbeiten, aber auch hier sind nicht immer alle gleich derselben Meinung.
Arbeitsgruppen
Damit meine ich nicht, dass jetzt alle gegen alle debattieren, dass es keinen gemeinsamen Grund gäbe. Im Gegenteil. Ich war jetzt in einigen Kleingruppen dabei und möchte bezeugen, wie ernsthaft gesprochen wird und wie viel unausgesprochen gut gefunden wird. Aber wie das bei Textarbeit so ist: Man spricht darüber, was man ändern möchte. Wenn ich also Streit sage, meine ich offene, ehrliche, respektvolle Auseinandersetzung, nach der man sich zum Kaffee in der Lobby trifft und freundlich miteinander spricht. Das ist die gute Form von „Streit“, wenn ich bei diesem Wort bleiben darf. Es zeigt, dass das wichtig ist, dass das Ernst genommen wird.
Streit ist gut. Auseinandersetzung ist gut. Abwesenheit von Streit um des „lieben Friedens“ Willen, falscher Irenismus wie es Papst Franziskus in Evangelii Gaudium nennt, hilft nicht.
Spätestens bei den Pressekonferenzen, wo neben den Journalisten auch viele Vertreter von katholischen Lobbygruppen anwesend sind, wird deutlich wie wichtig es ist, dass alles debattiert wird und der endgültige Text Hand und Fuß hat.
Ein Teil meiner Meinung vor der Synode bleibt gültig: Der Text dieser Bischofssynode ist immer noch kein endgültiger Text, es wird ein Vorbereitungstext für das kommende Jahr sein. Auch da wird es Streit geben, Debatte, Auseinandersetzung, Änderung, Zustimmung, Lob und all das andere.
In der Pressekonferenz vorgestern (Montag) sagte Kardinal Luis Tagle einen Satz, der so etwas wie unser Mantra im Pressesaal geworden ist: „The drama continues“. It does.