Da kommt man ja kaum noch nach, mit den Nachrichten in dieser Woche: Wieder einmal Amoris Laetitia, dieses Mal aber lehramtlich von Seiten des Papstes. Dann die Übersetzung des Vaterunser, keine triviale Sache. Der fünfte Geburtstag des Twitteraccounts des Papstes steht auch an, dann dasHochfest und der Advent.
In der täglichen Besprechung der Themen des Tages haben wir immer wieder gelacht. Die französische Redaktion hatte ein Interview mit dem Autor des Vaterunser ausgemacht, so stand es im Plan. „Also mit dem Heiligen Geist“, kam gleich der Einwurf, und damit das Lachen. Das Interview verschob sich und so kam Ankündigung und Witz noch zwei Mal.
Die anderen Sprachen haben sich nicht viel dabei gedacht, bis in Deutschland ein Bischof die französische Übersetzung kritisierte und dann der Papst diese Übersetzung lobte. Öffentlich. Auf einmal ist das ein Thema.
Keine triviale Sache, habe ich das genannt. Das Vaterunser ist ja nicht nur das Gebet, Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern beigebracht hat, so ist es überliefert. Es ist auch das Gebet, das die meisten noch im Halbschlaf erinnern. Dort ein Wort zu verändern wirft uns sozusagen aus der Bahn, ein Leben lang eingeübte Praxis zu ändern.
Wer führt in Versuchung?
Dass Gott uns in Versuchung führt sei keine gute Übersetzung, so der Papst. Und das beträfe ja auch unsere eigene, die deutsche. Mt 6:13 übersetzt in der Neuen Einheitsübersetzung sagt: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns vor dem Bösen!“ Genauso sagt es die Lutherbibel, mit dem Zusatz „erlöse uns von dem Bösen“.
Die Neue Genfer Übersetzung ist da schon näher an der neuen französischen und damit an der vom Papst gelobten: „Und lass uns nicht in Versuchung geraten, sondern errette uns vor dem Bösen.“ Dieselbe Übersetzung zu Lk 11: „Und lass uns nicht in Versuchung geraten“, während die Einheitsübersetzung auch hier sagt: „Und führe uns nicht in Versuchung!“. Die neue französische Übersetzung sagt: „Et ne nous laisse pas entrer en tentation.“
„εἰσενέγκῃς ἡμᾶς εἰς πειρασμόν” heißt es auf Griechisch bei Lukas, was „in etwas hinein führen“ bedeutet. Matthäus benutzt dasselbe Wort. Wobei ich einschränkend sagen muss, dass ich genaue moderne Exegese in diesem Punkt nicht kenne, da sind jetzt die Fachleute gefragt. Der Vatikan hat übrigens die neue französische Übersetzung schon 2013 approbiert.
Übersetzen ist kein trivialer Akt
In Versuchung führen oder in Versuchung geraten lassen, das ist schon etwas anderes und nicht schlicht Haarspalterei. Der Grund ist ganz einfach und theologisch fundiert: Ein Vater macht sowas nicht, jemanden in Versuchung führenm sagt der Papst. Und er sagt in seiner TV-Sendung auf Italienisch „battere“, klopfen, pochen, schlagen. Bildlich also. Der Vater schaut nicht einfach auf den, der gefallen ist. Der Vater – Gott – hilft wieder auf.
Bischof Voderholzer hatte in seinem Kommentar auf den Zusammenhang mit Erbsündenlehre verwiesen, es stehe dem Menschen nicht an, Jesus zu korrigieren. Zwar müsse man das Gebet erklären, aber nicht ändern, so lautete seine Kritik.
Wenn man es aber ändert, dann wird aus der Bitte an Gott, etwas nicht zu tun, eine Bitte um Schutz. Und trotz aller möglicher anderer Themen finde ich das das wichtigste: hier geht es um Gottesbild und um Gebet. Und wenn wir darüber nicht sprechen, dann ist eigentlich alles andere nicht mehr wichtig. Sprechen wir darüber, sprechen wir darüber was und wie wir beten, was wir meinen, wie wir es sagen, einzeln und in Gemeinschaft und in Liturgie.
Eine gute Debatte, finde ich.