Von Kuba und der USA waren wir alle völlig überrascht. Als Präsident Obama bekannt gab, man wolle Gespräche mit dem Nachbarn auf der Insel führen mit dem Ziel eines Friedens und dass Papst Franziskus dort persönlich eine Rolle gespielt habe, waren wir alle erstaunt darüber, dass die Vorbereitungen dazu keiner mitbekommen hatte. Auch als das Beten in den Vatikanischen Gärten stattfand und Franziskus Vertreter Israels und Palästinas nach Rom einlud, war das eine große und auf zwischenstaatlichem Parkett gar nicht selbstverständliche Geste.
„Papst Franziskus mischt sich in die Konflikte ein. Er ist kein Papst, der nur segnet. Er nutzt die Gunst der Stunde, die Konfliktparteien waren wohl des Streites müde oder haben mehr Angst vor dem Stillstand als vor Veränderung, wie dem auch sei, es war die Gelegenheit des Handelns.“ Das ist ein Selbstzitat, das habe ich vor einiger Zeit hier an dieser Stelle über die diplomatischen Bemühungen geschrieben.
Als am Samstag Bundeskanzlerin Angela Merkel in Rom war, wurde das noch einmal deutlicher. Sie hätte nicht kommen müssen. Niemandem wäre es aufgefallen, wenn sie nicht gekommen wäre. Und schon gar nicht bei dem Terminplan.
Trotzdem hat sie es für wichtig gehalten, mit dem Papst zu sprechen. 47 Minuten lang, den Protokollbeamten des Vatikan nach, das ist außergewöhnlich lang.
Ukraine, Armut – und China
Aufgehorcht habe ich dann aber auch bei Gesprächen um den Besuch herum, so sagte Regierungssprecher Seibert uns Journalisten am Rande, beim Gespräch der Kanzlerin mit dem Kardinalstaatssekretär sei es unter anderem um die Katholiken in China gegangen. Nun sind die Gespräche mit dem Leiter der vatikanischen Diplomatie normal, jeder Staats- und Regierungschef geht nach dem Papst zum Kardinal. Aber dass auch dies offensichtlich kein Höflichkeitsbesuch war, sondern dass für beide interessante Themen angesprochen wurden, fand ich interessant. Kardinal Parolin hat sich lange mit China befasst und auch der Kanzlerin ist das Land ein Anliegen. Scheinbar passiert bei diesen Begegnungen dann doch mehr, als gedacht.
Man man schon auch fragen, was das alles bringt. Wenn Regierungschefs sich treffen oder ein Regierungschef den Papst trifft, setzt automatisch der Verdacht ein, das sei nur ein Stunt für Foto und Beliebtheit. Natürlich gibt es immer eine ganze Reihe von Gründen für einen solchen Besuch, schließlich kommen ja Politiker. Aber wenn als Ergebnis sinnvoller Austausch steht, dann soll mir das recht sein. Gerne mehr davon!