
Es war einmal ein Eisenwarenladen. So einen, wie es ihn bei uns schon längst nicht mehr gibt. Einen Laden, in dem eine Frau umrahmt von Regalen, Pappkartons, Werkzeugen und allerlei anderen geheimnisvollen Metallgegenständen saß wie in einer offenen Garage und auf Kunden wartete. Brauchte man Nägel, dann ging man hin und beschrieb seinen Bedarf. „Für Bilder“, aha, dann sind diese hier richtig. Und sie riss eine Seite aus einem alten Telefonbuch, legte es auf die Waage, goss einige Nägel aus der Pappschachtel darauf, wog das Ganze, wickelte die 9 Nägel in die gelbe Seite und gab sie einem. Man bezahlte seine Groschen – Cents ist hier irgendwie unangebracht – und ging seiner Wege.
Das ganze war im Borgo Pio, eine Parallelstraße zur Touristenmeile Via della Conciliazione, die zum Vatikan führt. Diesen Borgo hatten wir – die Römer – bislang für uns alleine. Bis vor zwei Jahren auch hier Ladenlokal um Ladenlokal von Industrieeis, Pizza-auf-die-Hand, Religions-Nippes und Touri-Restaurant eingenommen wurde. Und jetzt also auch unsere „Ferramenta“. Nun kann man da Schuhe und Handtaschen und Armreifen kaufen. Nicht wirklich typisch römisch, das könnte genauso auch in Paris oder Madrid auf einer Tourimeile stehen.
Ich könnte jetzt den guten alten Zeiten nachweinen, als alles noch irgendwie menschlicher war.
Ich könnte jetzt auch darauf hinweisen, dass wir die Läden, die wir im Kino so lieben, in der Realität durch unser Touri-sein verdrängen. Und durch Baumärkte auf dem platten Land.
Vielleicht klage ich auch einfach nur, dass ein weiteres Stück römisches Rom Vergangenheit ist, dass die künstliche Welt, die den Besuchern präsentiert wird, überhand nimmt und wir hier Lebenden uns noch mehr Wege durch die undurchdringlichen Massen von Touristen bahnen müssen. Wahrscheinlich ist es letzteres, was mich ein wenig melancholisch werden lässt.
Schade um die Ferramenta.
Das erste, was beim neuen und frisch polierten Laden übrigens ins Schaufenster gehängt wurde war ein Schild: „Saldi“. Schlussverkauf.