Vorbereitung auf die Umweltenzyklika, Teil 6
Ein sechster und letzter Punkt: noch einmal zurück zu Schöpfung und Geschöpf. Oder anders gesagt, zum theologischen Blick auf die Frage nach Umwelt und Verantwortung. Den Text der Generalaudienz vom Juni 2015 habe ich bereits ausführlich zitiert, die meisten Dinge darin sind an alle Menschen gerichtet oder können von allen Menschen auf sich selber bezogen werden. Es gibt aber auch genuin christliche Aussagen darin, die natürlich das Fundament von den Aussagen des Papstes sind. Und Papst Franziskus beginnt biblisch: „Wenn von Umwelt, von der Schöpfung, die Rede ist, dann gehen meine Gedanken zu den ersten Seiten der Bibel, zum Buch Genesis, wo es heißt, dass Gott den Mann und die Frau auf die Erde stellt, damit sie sie bebauen und hüten (vgl. 2,15). Und mir kommen die Fragen: Was bedeutet es, die Erde zu bebauen und zu hüten? Bebauen und hüten wir die Schöpfung wirklich? Oder vernachlässigen wir sie und beuten sie aus? Die Schöpfung bebauen und hüten: Diese Weisung gab Gott nicht nur am Anfang der Geschichte, sondern sie gilt einem jeden von uns. Sie gehört zu seinem Plan; es bedeutet, die Welt verantwortungsvoll wachsen zu lassen, sie in einen Garten zu verwandeln, in einen bewohnbaren Ort für alle. (Generalaudienz, 5. Juni 2013)
Das ist der Anfang, die Bibel. Aber auch später, in der Geschichte und der Tradition der Kirche, gibt es Zeugen für so ein behütendes und sich sorgendes Verhalten: „Klein aber stark in der Liebe Gottes wie der heilige Franziskus, sind wir als Christen alle berufen, uns der Schwäche des Volkes und der Welt, in der wir leben, anzunehmen.“ (EG 216) Es braucht also keine Stärke und Macht, sondern Zuwendung zur Schöpfung, Aufmerksamkeit, um unser Verhalten ihr gegenüber zu ändern. Das entspricht dann auch dem Verhältnis, das Gott zu seiner Schöpfung hat, eine Formulierung aus einer Morgenmesse in Santa Marta, die so sehr stark an das Exerzitienbuch des Ignatius von Loyola erinnert: „Gott arbeitet, Er macht mit seiner Arbeit weiter, und wir können uns fragen, wie wir auf diese Schöpfung Gottes antworten sollen. Denn die Schöpfung ist aus Seiner Liebe entstanden, Gott arbeitet durch die Liebe. Wir haben also eine sozusagen erste Schöpfung, und auf diese müssen wir mit Verantwortung antworten. Der Herr hat uns das Land geschenkt, um Sorge dafür zu tragen. Wir sind dann zwar Herren der Schöpfung, aber nicht die Besitzer!“ (Predigt am 9. Februar 2015, Santa Marta)
Es bleibt immer noch die Frage, ob das wirklich die Aufgabe von Christen als Christen ist, sich dieses Themas anzunehmen. Immer wieder lautet ja der Einwand – zugegeben weniger in unseren Breiten – dass das doch bitte die NGOs machen sollen. Nein, sagt Papst Franziskus. Im Gegenteil: „Manchmal hören wir von Leuten, die sich versammeln, um über Umweltschutz zu sprechen und sagen: Ach, das sind die Grünen! Nein, das sind nicht die Grünen! Das sind Christen! Denn das ist die erste Antwort, die wir auf diese ,erste Schöpfung´ geben sollten. Das ist unsere Verantwortung! Ein Christ, der die Schöpfung nicht achtet, ist ein Gläubiger, der sich nicht um das Werk Gottes schert. Also, die Antwort auf die erste Schöpfung lautet: die Schöpfung bewahren und sie wachsen lassen.“ (Predigt am 9. Februar 2015, Santa Marta)
Kurioserweise wird im (modernen) Jainismus das im Alltag praktiziert, was die biblischen Aussagen nahelegen oder fordern, auch wenn die Zielsetzung dahinter keine originär christliche ist: http://www.br.de/radio/bayern2/wissen/radiowissen/jainismus-religion-indien-100.html
Ich sehe die Erde als mein Zuhause. Dieses Zuhause aber entspricht ganz und gar nicht meinem Gefühl für die Verbundenheit mit den Familienmitgliedern, die sich ein gemeinsames Zuhause teilen. Sie berauben sich nicht selbst ihrer eigenen Lebensgrundlage, denn das entspricht nicht den Gepflogenheiten des Umgangs miteinander, wenn man sich ein gemeinsames Zuhause teilt.
Oft ruhen wir uns auf unseren Lorbeeren aus und denken, das wäre genug, doch wer sagt wann es genug ist?
Heute schreit die Menschheit so laut wie nie zuvor nach menschlicher Anerkennung und Gleichberechtigung, doch sie vergisst dabei, dass Gott sie bereits als sein Volk anerkannt hat und diese Gleichberechtigung aller erst durch den Menschen selbst zerstört wurde. Statt an diesem Recht für jeden Menschen gleich zu arbeiten, stellt sich der Mensch noch heute darüber, um es nach seinen Maßstäben zu verteilen und zu verwalten, um damit seine „göttliche“ Nachfolge zu rechtfertigen. Vielleicht wollte Gott mit dem Begriff Familie etwas für den Menschen schaffen, was als kleinster gemeinsamer Nenner in das größte gemeinsame Vielfache wächst, um dann als gemeinschaftliches Werk zurückzufinden zu seiner Geburtsstunde.
Vater und Sohn entbehren ihrer Mutter, die es schaffen muss die beiden zusammen zu führen. Größe stellt für mich die Möglichkeit des Umgangs mit allen bedeutsamen Anforderungen der Natur an den Menschen dar. Diese Anforderungen werden heute lauter kommuniziert denn je und doch schaffen wir als Menschheitsfamilie es nicht unser zu Hause so zu ordnen und die Familie darin so zu hüten, dass daraus eine Herde entsteht aus der etwas Neues, vom Menschen selbst Erschaffenes erwachsen kann.
Kirche sollte als Mutter dienen und fördern, um damit das „Ich“ zu überwinden und sich vom göttlichen „Selbst“ führen zu lassen, denn das ist die wahre Kunst des Lebens, das Gott nachfolgt. Gott selbst wurde vom Schöpfer zum Geschöpf seiner selbsternannten Menschheit, denn nur er war in der Lage seine eigene geistige Gegenwart aus Jesus heraus zu führen und in die bestehende Zeit zu tragen. Die Natur ist ihrer Gesetzmäßigkeit unterworfen, doch Gott unterstellt sich der Liebe zum Leben und führt sie so in das Leben. Dafür kennt meine Dankbarkeit keine Grenzen und ich wünschte mir, alle Menschen könnten diese Dankbarkeit mit mir teilen, um nur in Ansätzen zu begreifen, wie viel dieses Leben noch für die ganze Menschheit zu bieten hat, wenn sie endlich aufhört sich als göttlicher Nachfolger einzubringen und sich ihrem menschlichen Miteinander widmet. Es gibt keinen Nachfolger Gottes, denn Jesus ist als Sohn das Geschöpf der göttlichen Lebensführung, um ihm als immerwährende Gegenwärtigkeit zu dienen. Zeit ist als Reinkarnation der göttlichen Einheit so angelegt, dass alle Inhalte in ihre zugehörige Gegenwart geführt werden können.
In der Hoffnung diese Gedanken mögen den Lesern dazu dienen ihren eigenen Weg der Erkenntnis zu finden, bringe ich sie hier ein, denn sie gehören mir nicht. Es liegt mir fern, sie als gültige Grundlage auszuwerfen, denn Gedanken gelten nur dort, wo sie ihre Ansprechpartner finden, um sich im Leben als Fortbildung zu etablieren.
„Das Ich zu überwinden“, gelingt wohl nur ganz wenigen und von einer Kirche, die aus vielen Ichlingen besteht, darf man wohl nur eine suboptimale Hilfestellung dazu erwarten. Das Ich ist ja auch jenes Licht in uns, das uns den Weg zu einem Menschsein gezeigt hat, in der Kultur und Zivilisation entstehen konnten. Man sollte sich von seinem Ich-Licht darum nur soweit entfernen, dass es einen nicht mehr blendet und man das Licht der Sterne deutlicher erkennt. Wenn Sie jedoch Ihr Ich total überwinden möchten, haben Sie mit dem Buch des emeritierten Professors für Philosophie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt einen guten Wegweiser in der Hand: http://www.lit-verlag.de/isbn/3-8258-9662-5
Sie haben wirklich keine Ahnung von Kirche, oder? Verzeihen Sie die Direktheit, aber ihr naturwissenschaftlicher Absolutismus braucht glaube ich ein wenig Widerspruch. UNendlich viele Menschen setzen sich für alle möglichen Dinge ein, vor allem für andere Menschen, ohne jemals berühmt zu werden. Und das schmähen Sie als „Ichlinge“?
Vielen Dank Pater Hagenkord!
Ausgangspunkt meines Beitrags war der Gedanke von Frau Steffens, die Kirche solle fördern, das „Ich“ zu überwinden und sich vom göttlichen „Selbst“ führen zu lassen. Das Ich zu überwinden, abzutöten oder auszulöschen hat nebenbei auch in außerkirchlichen Kreisen ein gewisses Image für den idealen Lebenswandel bekommen. Vom Ich zum Selbst zu kommen hat m.E. nicht unmittelbar etwas mit dem aufopferungsvollen Einsatz für andere Dinge und Menschen zu tun. Es gibt sicherlich viele (multi, not omnes!) altruistische und liebenswerte Ichlinge in Kirche und Welt, die große Vorbilder sind, so wie es auch viele Gottlose von edler Menschengesinnung gibt. Aber ob ihr Handeln tatsächlich mehr vom Ich oder vom Selbst gesteuert geschieht, sei dahin gestellt. Vielleicht sind Humor oder Gelassenheit beim und im Einsatz für andere ein praktisches Kriterium für die Unterscheidung zwischen mehr Ich- oder mehr Selbstling. Die nachstehende Geschichte, wo jeder dem anderen helfen will, mag das – gewiß unvollkommen – verdeutlichen:
Drei heilige Männer gingen zusammen auf Reisen. Der eine war ein indischer Yogi, der zweite ein Sufi-Derwisch, der dritte ein Zen-Mönch. Unterwegs kamen sie zu einem kleinen Fluss. Die Brücke, die ursprünglich darüber führte, war vom Schmelzwasser weggespült worden. «Ich zeige euch, wie man einen Fluss überquert», sagte der Yogi – und ging doch tatsächlich hinüber, und zwar direkt auf der Wasseroberfläche! «Nein, nein, so macht man das nicht», sagte der Derwisch. «Passt gut auf, Freunde.» Er fing an, sich im Kreis zu drehen, schneller und schneller, bis er nur noch ein verwaschener Fleck aus konzentrierter Energie war, und ganz plötzlich – peng! – sprang er ans andere Ufer. Der Zen-Mönch stand da und schüttelte den Kopf. «Ihr Dummköpfe», sagte er, «ich zeige euch, wie man einen Fluss überquert.» Und damit hob er sein Gewand an und watete vorsichtig durch den Fluss.
„Naturwissenschaftlicher Absolutismus“ ist ein Widerspruch in sich. Naturwissenschaftliche Sätze haben nicht den Charakter absoluter Wahrheiten. Die Naturwissenschaft arbeitet approximative Richtigkeiten heraus. Diese Approximation ist bisweilen allerdings so zuverlässig, dass man meint, man habe etwas Wichtiges erkannt. Das läßt sich dann als wahr, nützlich oder anderswie bezeichnen, wichtig ist es aber vor allem zu betonen, dass dieser Grad an Zuverlässigkeit erheblich personenunabhängiger ist als in irgendeinem anderen Bereich der menschlicher Tätigkeit.
Ich meinte mit „Ich überwinden“ nicht vom „Ich“ ins „Selbst“ zu gelangen, sondern das Ich hinter das Selbst zu stellen, um damit die eigenen Bedürfnisse denen der Natur zu unterwerfen. Es geht im Leben doch nicht um liebenswert und altruistisch, es geht darum sich selbst so einzubringen, dass daraus ein Schuh wird, der dann auch passt. Auch Menschen die nicht ansprechend und rücksichtsvoll sind, gehören zum Leben, auch sie erweitern den menschlichen Horizont, denn auch sie bringen ihren Teil ins Leben ein, um daraus einen für alle passenden Schuh zu machen. Gott und die Natur stehen ohne Zweifel im Raum, wie sie das tun, das muss jeder für sich selbst herausfinden.
Mein Ich steht hier überhaupt nicht zur Debatte, denn es ist nur ein kleines Licht unter all den anderen Menschen, die täglich großartiges leisten. Sie sollten versuchen, die Gedanken, die ich hier zwar veröffentliche, weil sie mir zugänglich sind, auf die ich jedoch keinen Anspruch erhebe, einfach als solche hinzunehmen, um daraus etwas eigenes zu entwickeln. Für mich ist der Selbstbezug viel wichtiger als das Ich, denn dieses Selbst ist für mich die Vorgabe, der sich das Ich anpassen muss, um in einer Welt voller Erfahrungen überleben zu können. Mit Hilfe dieses Selbst das Ich überhaupt erreichen zu können, das stellt die wohl größte Herausforderung des Lebens dar, das jeder durch seinen eigenen Alltag führen muss.
Bei Schicksalsschlägen neigen wir Menschen stets
dazu zu fragen, wie Gott dies zulassen kann.
Wir Menschen lassen es zu, dass in nur einem Jahr
weltweit 63.000.000.000 (in Worten dreiundsechzig
Milliarden ) Lebewesen geschlachtet werden. Fischerei
und Tierversuche sind in diesen Zahlen noch nicht enthalten.
Es gäbe Alternativen dazu für uns alle.
Manchmal glaube ich, es dauert einfach nur sehr lange bis der Mensch begreift, wem die Natur unterstellt ist. Heute nimmt die Wissenschaft dem Leben den Glauben als menschliche Grundlage für das bestehende Denkvermögen. Die Wissenschaft sollte sich dieser Grundlage lieber selbst bedienen, um sich besser zu hinterfragen, um ihren Nutzen auch für die Natur und nicht nur für die menschlichen Bedürfnisse zu erzielen. Die Öffentlichkeit nimmt, was sie kriegen kann und sie glaubt, was sie hören will. Die wenigsten Menschen hinterfragen was ihnen angeboten wird, sie verlassen sich darauf, dass es gut und richtig ist, anders wäre es nicht auf den Markt gelangt, mit welchem Recht auch? Wer also ist verantwortlich für die Erniedrigung der Natur auf ein menschliches Maß, das jeglicher Würde entbehrt? Die Armen und Bedürftigen müssen dabei meist gegen ihre Überzeugung handeln und sind gezwungen, sich selbst zu erniedrigen, um das zu bekommen, was ihnen das Recht auf Leben zuerkennt, das von den verantwortlichen Trägern jedoch nicht umgesetzt sondern nur hofiert wird und in der menschlichen Willkür endet. Wir haben nichts dazu gelernt und doch wissen wir so viel mehr, woran mag das wohl liegen?