Robuster hätte ich auftreten sollen. Nach meiner Einladung am vergangenen Wochenende, beim BR zu Kirche und Corona zu sprechen, habe ich eine ganze Reihe von Rückmeldungen bekommen. Die meisten lassen sich so zusammen fassen: Selbstbewusstsein tut der Kirche gut. Und dieses hätte ich vermissen lassen.
Ob das stimmt, das überlasse ich den Zuschauenden. Ich finde aber wichtig, dass wir über die richtigen Dinge sprechen. Es sind Schwächen sichtbar geworden, die vor der Krise von Gewohnheit oder Tradition noch nicht sichtbar waren. Dass sich Kirche wandelt, ist ja nicht neu. Seit Jahrzehnten sprechen Pastoraltheologen und Soziologen davon, dass es einen Traditionsabbruch gibt, dass wir weniger werden, dass die Bedeutung institutionalisierter Religion in der Gesellschaft abnimmt.
Selbstbewusstsein tut der Kirche gut. Wirklich?
Meine Reaktion darauf ist, das ernst zu nehmen. Natürlich gibt es nach wie vor starke Kirchen, lebendige Gemeinden, christlichen Einsatz. Das will ich gar nicht klein reden. Nur zeigt uns der Blick aufs Ganze einen anderen Horizont. Was ich ja auch nicht zum ersten Mal so sage.
Mein Anliegen – und das war dann auch der Tenor meiner Antworten auf einige der Emails – ist es, die Signale nicht untergehen zu lassen. Wir können lernen. Was für eine Gestalt Kirche in 20 oder 30 Jahren haben wird, kann ich auch nicht sagen. Aber ein reines Festhalten an dem, was war, wird uns nicht weiter bringen.
Was uns in Zukunft trägt
Die Energie und der gelebte Glaube können uns weiter tragen, einzeln und als Gemeinschaft, wenn wir die Realität ernst nehmen. Das ist mein Anliegen. Das ist sicherlich eher auf der nachdenklichen denn auf der robusten Seite. Aber ich finde es wichtig.
Was meinen Sie? Was sind die Dinge, die uns in die Zukunft tragen?
P.S. Der Beitrag ist leider nicht mehr in der Mediathek zu sehen. Stand: 8. Juni.
Sowohl als auch
Robust oder nachdenklich, selbstbewusst oder selbstkritisch, sicher oder unsicher. Die Kirche teilt das Lebensgefühl der globalen Gesellschaft: wir sind also in guter Gesellschaft.
Wir teilen nicht nur ihr Lebensgefühl, sondern auch ihre Probleme: Ökologie, Migration, Corona sind globale Probleme, die auch einen globalen Ansatz erfordern. Gäbe es keine katholische Kirche, so müsste sie jetzt erfunden werden.
Die Kirche kann hier keine Problemlösungen anbieten und will es auch gar nicht. Was sie aber anbieten kann, ist ihre Erfahrung mit Problemlösungen in unsicheren Zeiten, die sie aus der biblischen Offenbarung gewonnen hat. Diese Ressource kann nur sie der Welt zur Verfügung stellen.
Und dann stellen sich auch noch die organisatorischen Fragen der Kirche. Ein innerkirchliches Drama, das sich auf der Bühne der ungläubig staunenden Öffentlichkeit abspielt und das leider die Aufmerksamkeit des Publikums völlig absorbiert.
Der Katholischen Kirche täte etwas mehr Selbstbewußtsein sicherlich gut. Sie besitzt in ihrem Glaubensschatz, den sie seit nahezu 2000 Jahren gegen alle Angriffe von außen und innen erfolgreich verteidigen konnte, und in dem Wissen über ihre eigene Unvergänglichkeit ein Fundament, auf dem verankert sie gelassen die Stürme auch dieser Zeit überstehen wird. Sie hat keinen Grund, an sich zu zweifeln, auch wenn sich in ihren Reihen von Zeit zu Zeit nicht nur Licht sondern auch Finsternis breitmacht. Aber das war zu Judas Zeiten nicht besser.
Vergessen wir nicht, daß die Kirche als Spenderin der Sakramente ein Alleinstellungsmerkmal in der Welt besitzt! Auch wenn die Welt deren Wert nicht erfaßt, sollte sie dennoch erfahren, was ihr entgeht. Das zu kommunizieren, sollte Ziel des öffentlichen Auftretens der Kirche sein, und nicht ihren Senf zu allen möglichen Fragen dazuzugeben, die die Welt, die sie ja letztlich im Staube sehen will, ihr aufzuzwingen versucht.
Die Welt möchte, daß sich die Kirche ihr anpaßt. Dem muß die Kirche widerstehen und darauf hinwirken, daß die Welt das Heil, das die Kirche ihr zu bieten hat, annimmt. Ohne Selbstbewußtsein wird sie das nicht schaffen.
Genau das ist die Einstellung, die ich zu vermeiden suche. Es gibt keine Trennung von “Welt” und “Kirche”. Keinen Schatz, den wir “haben”, der Glaube ist nicht Besitz sonder muss immer wieder gesucht und erfragt werden. Den kann ich nicht einfach im Katechismus nachlesen.
Dem muß ich widersprechen. Unser Glaube IST ein Schatz. Er ist ein Schatz, den wir mit der Welt, die ihn nicht besitzt, teilen müssen. Er ist ein Licht, das die Finsternis der Welt erleuchten soll. Stellen wir dieses Licht auf den Leuchter und nicht unter den Scheffel!
Gegen die Metapher des Schatzes habe ich auch gar nichts. Wir „haben“ den Glauben aber nicht in dem Sinn, dass wir seiner Sicher sein können. Glauben ist nicht „unser“.
Da haben Sie natürlich recht. Der (persönliche) Glaube ist kein unverlierbarer Besitz, dessen wir uns immer sicher sein können. Er ist nicht “unser” im Sinn von “Eigentum” sondern muß immer wieder neu erworben, neu gefestigt werden.
Nicht verlierbar ist dagegen das Depositum Fidei. Dieser Schatz steht allen Menschen immer und in Fülle zur Verfügung. Auch er ist nicht “unser” im Sinne von persönlichem “Eigentum”, aber durch unsere Teilhabe daran, geht das “unser” schon in Ordnung.
Diese Teilhabe ist natürlich nur möglich, wenn wir um diesen Schatz wissen. Wo dieses Wissen fehlt, da kommt der Verkündigungsauftrag der Kirche ins Spiel. Und hier gibt es eine feste Richtung: Die Kirche schöpft vom Depositum Fidei und schenkt es den Menschen. Und sie schaut nicht, was den Menschen wohl gefallen möge und bastelt dann am Depositum Fidei.
Vom Basteln redet aber doch auch keiner.
Mir Schaudert es als Christ und Katholik wie Sie Selbstbewusstsein mit Engstirnigkeit verwechseln.
Schade für unser Bild in der Öffentlichkeit.
Wie meinen Sie das? Ich verstehe nicht, was genau Sie meinen.
Simone schreibt von Fundanent und unvergänglischem Schatz und von Judas und, und, und
Die Worte und der Ton wirken auf mich engstirnig.
Genau diese Worte, dieser Ton, diese Haltung schrecken meiner Erfahrung nach Menschen ab.
Wer Sinn sucht, wer verletzt ist, wer aufrichtig Fragen stellt und dann einer solchen Haltung begegnet, wird meiner Erfahrung nach weiter von Kurche und Glauben weggetrieben.
Eine solche Haltung oder solche Worte hier in der Öffentlichkeit zu äußern verdunkelt in meinen Augen den Glauben. Sie machen Seelsorgern das Leben schwer.
Jetzt verstehe ich, was Sie meinen, danke für die Erklärung.
Danke P. Hagenkord l für das Live Kurz- Interview in der Rundschau(BR)…
War in Stil und gebaren genau richtig-
was ich bemängele liegt an dieser unglücklicher Zeit Vorgabe (1,30 etc) aber das ist ein grundsätzliches Problem der akustischen Medien,
aber Sie haben mit Ihren 2,6 das Beste gemacht!
Und deswegen danke auch an diesen Beitrag im Blog.
Die Zeiten von „ Ein Haus voll Glorie schauet „ sind hoffentlich ENDGÜLTIG vorbei..!?
Jedenfalls hat da bescheiden Werbende inclusive der Fragen mehr mit Jesus zu tun..!
Das ist für mich schon Merk-würdig: immer wenn ich mich vom Blog mal wieder verabschieden möchte- auch bei diesen Postes sind wieder welche dabei- die mir gelinde gesagt- arg fremd bleiben!
Erscheint wider ein Mutmacher Ihrerseits
Leider habe ich die Livesendung nicht gesehen, aber dies in der Mediathek nachgeholt. Pater Hagenkord, Ihr Auftritt war gerade richtig. Er hat Dinge enthalten, die für mich mit für die Zukunft der Kirche nötig sind:
– Sachliche Gelassenheit
– Klarstellungen
– Selbstkritik, aber sich selbst nicht kleinmachen
– Keine Jammerei, was alles Tolles sein könnte und nicht ist
– Authentisch sein.
Von einer Mitforistin war von einem Glaubensschatz die Rede. Ich nenne es Potenzial und Blick auf die positiven Seiten. Beispielsweise die Benediktsregel. Sie ist über 1.500 Jahre alt. Bei näherer Beschäftigung damit ist es schier unglaublich, wie aktuell sie ist – für das Zusammenleben, für das Arbeitsleben, auch für Finanzdinge (Für den Cellerar, den Finanzverantwortlichen eines Klosters “Er vergeude nicht das Vermögen des Klosters”. Das gilt ja nun nicht nur für ihn).
Oder die viel geschmähte Beichte. Wie schon mal erwähnt, haben mir diese sowie Seelsorgegespräche sehr weitergeholfen. Warum gehen manche Katholiken lieber zu einer Psychotherapie mit langen Wartezeiten, wenn auch diese Möglichkeit zur Verfügung steht?
Weiter finde ich eben auch eine gewisse Erdung und Bodenständigkeit von allen Gläubigen – nicht nur Priestern und hauptberuflichen Laien im Kirchendienst – nötig. Keine salbungsvollen Worte ohne Taten, da wäre wieder das Authentische. Der Kontakt mit bodenständigen Pfarrern hat mich im Glaubensleben weitergebracht.