Sprache schafft Realität. Deshalb will Sprechen überlegt sein. Das gilt vor allem für glaubende Menschen, die den Auftrag haben, zu verkünden. Also zu sprechen. Nun ist aber gerade dieses Sprechen in der Krise, die Konflikte, Blasen, Phrasen und Weltfremdheiten kirchlichen Sprechens sind eines der ganz großen Probleme.
Zwei Journalisten haben sich dessen jetzt in einem Buch angenommen, das in diesen Tagen auf den Markt kommt, „Phrase unser“. Sie analysieren diese Krise und die Gründe dahinter, ordnen historisch ein, fragen nach. Und haben keine alles lösende Antwort, sondern dankenswerterweise sortieren sie „nur“, so dass die Sprechenden, und zwar alle, sich selber einen Weg durch das Dickicht suchen können.
Sprache schafft Realität
Das Buch ist dabei weniger ein appelatives Geschimpfe, das ja einfach wäre. Jeder findet zig sprachliche Unfälle, wo Kirche eben nicht mehr kommuniziert, nicht mehr spricht. Das Buch schaut genau hin, was kirchliche – evangelische wie katholische – Sprache tut und fragt nach dem warum.
Es geht Sprache, die nur noch im kirchlichen Innenraum verstanden wird, verfehlt den wichtigsten Auftrag von Kirche. Kirche hört hier auf, Kirche zu sein.
„Phrase unser“
Es geht aber auch um das Vertuschen von Hierarchie oder Aggression. Das einnehmende „wir“ und das Sprechen von „Augenhöhe“ müssten als Warnsignale verstanden werden. Es geht um das Vertuschende von kirchlicher Sprache. „In der Regel wird überall dort Augenhöhe betont, wo eben keine ist“.
Das sind natürlich vor allem erst einmal die Phrasen: „Abholen, Mitnehmen, Mitfühlen, Authentischsein und so weiter – das sind tyrannische Phrasen. Es wird dabei so eine Art Begriffs-Bingo gespielt.“ Aber dahinter liegt eben eine Sprache, die Streit vermeiden will und dadurch Unterschiede vertuscht.
Begriffs-Bingo
Auf der einen Seite wird von „gleich“ gesprochen, „Schwester und Brüder“. Auf der anderen Seite liegen dahinter klare Unterschiede, die man aber nur benennen kann, wenn man bereit ist, das Sprachspiel zu stören. Das reibungslose Miteinander wird gestört.
Diese Doppelbödigkeit der kirchlichen Sprache ist unehrlich, so die Autoren. Wenn man das dann nicht mehr offen ansprechen darf, ohne dass einem selbst ein Problem unterstellt wird, dann macht das aggressiv. Oder man geht einfach.
Sozialpädagogisierung kirchlicher Sprache
Es geht um das moralisierende Sprechen, um die Sozialpädagogisierung kirchlicher Sprache. Gerade letzteres finde ich ein starkes Kapitel: pädagogisierendes Sprechen ist verlockend, weil man – wie die Autoren betonen – wunderbar als übergeordnete Instanz auftreten kann, gutwillig, wissend was gut und besser ist.
Gerade das Katholische hat aber noch eine eigene Sprach-Welt, die liturgische. Die ist noch einmal eigen, weil hier Worte noch auf eine ganz anderen Weise Wirkung haben, in der Wandlung etwa oder der Lossprechung.
Sprechen in der Krise
Bedeutung entsteht in der Kommunikation. Und wenn das Sprechen in der Krise ist, dann verliert auch die sprechende Institution und verlieren auch die sprechenden Einzelnen ihre Glaubwüdigkeit. Dann gehen Menschen weg. Dann mag niemand mehr zuhören.
Was soll aber Sprache leisten? Mein Favorit: sie soll aufschlüsseln. Nicht vertuschen, sondern offen legen in unserer Welt: Gott, Sünde, Gnade. Gerade in der Krise der Kirche, gerade in der Krise kirchlichen Sprechens.
Um mit dem Psalmvers zu enden, der dem Buch voran steht: „Mein Mund soll Weisheit reden / und was mein Herz sagt, soll verständig sein.“ (Ps 49)
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Jan Feddersen und Philipp Gessler: Phrase unser. Die blutleere Sprache der Kirche. Das Buch ist im Claudius Verlag erschienen.
Ich empfinde das Wort „Authentischsein“ nicht als „tyrannisch“. Eigentlich auch die anderen oben angeführten Worte nicht.
Ob Worte „tyrannisch“ sind oder nicht, hängt vom Kontext ab. Insoferne empfinde ich vor allem die Verwendung von Worten als Schlag- und Reizworte ohne Kontext als tyrannisch, aber auch, von Seiten des Lesers, einzelne Worte aus ihrem Kontext zu reißen und ganze Texte danach zu beurteilen, gleichsam zu filtern.
Freilich stimmt es (siehe auch Adorno), dass Menschen, die unentwegt Wörter wie „Kreativität“, „Dialog“, „Toleranz“, etc im Munde führen, deshalb noch lange nicht kreativ, dialogbereit, tolerant etc sein müssen.
Um zur Authentizität zurückzukommen: Ein gutes Maß für die Authentizität eines Textes (oder auch eines Menschen) scheint mir die Spannweite zu sein: Etwa wenn ein theologischer Text auch Derbes, ja, Ordinäres verträgt, dieses sinnvoll einbinden kann, möglicherweise sogar, ohne sich zugleich ängstlich „moralinsauer“ davon abgrenzen zu müssen.
Ich denke, auch das ist ein Aspekt von „die Wahrheit wird euch frei machen.“
Manchmal ist die Sprache von Kirchenleute einfach nur verschwurbelt.
Aktuelles Beispiel: Auf katholisch.de versucht eine aktiv am synodalen Weg beteiligte Ordensfrau den Laien zu erklären, wie sie als zölibatär lebende Frau trotzdem angeblich ihre Sexualität ausleben kann, ohne Sex zu haben. Sie versucht dies mit einer Abgrenzung der Sexualität vom Sex.
Mein Eindruck: Es geht wohl um eine Sublimierung der Sexualität auf eine höhere Ebene. Das hat sie aber so deutlich nicht gesagt sondern einen verschwurbelten Stuss daher geredet, den wahrscheinlich nicht nur ich nicht verstanden habe.
Si tacuisses, habe ich mir da gedacht.
Diese komische, gedrechselte und kaum verständliche Sprache findet sich oft bei Kirchenleuten gerade, wenn sie über Sexualität reden. Da wäre es wirklich besser, den Mund zu halten.
Hmmmm wie war das noch mal mit dem Y Chromosom Jesu? Wo kam das noch mal her?
Sie haben vollkommen recht. Aber wer bei Maria und Josef schon eine komische gedrechselte und kaum verständliche Sprache gebraucht um die Jungfrsuengeburt zu erklären, der oder die gebraucht natürlich eben diese Sprache auch wenn es um Sie und mich geht.
Das eine geht nicht ohne das andere.
https://www.katholisch.de/artikel/24575-ordensfrau-man-kann-seine-sexualitaet-auch-ausleben-ohne-sex-zu-haben
Hier ist der Link zu der Erklärung der Ordensfrau, die sie offensichtlich bei der Auftaktveranstaltung zum Synodalen Weg abgegeben hat.
Ich habe schon manche sprachliche Verrenkungen in unserer Kirche gehört, aber dieses Statement toppt alles. Wobei es hierbei nicht „nur“ um die Sprache geht sondern auch um den Inhalt, den sie damit vermitteln will.
In diesem Kontext versuche ich den Gedankengang von Tyrannisieren zu ergründen. Fällt mir schwer, da es ein Begriff ist, um das Tun eines Diktators zu beschreiben. Wenn wir Sprache gebrauchen ist es immer nur ein Fragment unserer Gedanken. Unvollständig. Manchmal auch zu Missverständnissen führend. Aber tyrannisierend?
Oft scheint es nicht wirklich zu gelingen, dass wir das Gefühl haben, der Heilige Geist spricht aus uns selbst, sondern es sind Bedürfnisse und Wunschvorstellungen. Und leider gibt es auch Mogelpackungen.
Es gibt so einen netten Satz : „Die Sprache ist die Kleidung der Gedanken.“ Wenn jemand in seiner Sprache nur rumpöppelt wird er es vielleicht auch in die Tat umsetzen. Die schreiende und ausgrenzende Sprache der Nazizeit, die heute wieder Gehör und Begeisterung findet und in alten Ritualen und Erkennungszeichen sichtbar wird, kann vieles zerstören. Nicht nur betäubend, sondern auch charmant und trügerisch. Und Menschen lernen, bisheriges Verhalten in der Gesellschaft, in der Kirche und von staatlicher Seite in Frage zu stellen, direkt und provokativ. Wie kann ein Priester oder ein Christ diese Menschen erreichen? Menschen, die sich zur Akzeptanz, zum selbstinduzierten Wahn und zum Weiterführen von Unrecht hinreisen lassen. Spielen dann auch noch Richter – sind von ihrer Wirklichkeit überzeugt. Siehe aktuelle Geschehnisse.
Die Wahrheit wird euch freimachen – dazu muss sie erst gefunden werden, so Albertus Magnus.
Aber es scheint hier auch ein Dilemma zu geben: Um die Wahrheit zu erkennen, braucht es doch auch einen Bewusstwerdungsprozess. Und dies kann manchmal dauern. Zum anderen gibt es auch ein Verschweigen, das andere vor der Wirklichkeit schützen soll. Und es gibt es auch eine christliche Anpassung und Toleranz, die lieber schweigt, noch Schlimmeres verhindern möchte – eine charakterliche Anpassung, Wange hinhält, die eher leidet, als die Entgrenzung, Schuld und Übergriffigkeit mit einer klaren Ansage zu begrenzen. Dies scheint ein Dilemma zu sein.
Ein Priester der sich resigniert an die politische Führung wandte:
„Die Täuschung ist für niemanden heilsam, hingegen ist die Wahrheit oft bitter, aber auch die einzige Arznei zur Besserung.“ Wahrheit als Besserung der Umstände, sicherlich täte dies unserem Land und unserer Kirche gut. Und den Resignierten und Ausgegrenzten und Lebensmüden zuzuhören ist sicherlich notwendiger, als herablassend diese zu meiden oder sogar zu verurteilen. Seelsorge direkt.
„Gott, Sünde, Gnade“ als die Kern-Botschaft der Kirche von heute sehe ich nicht so – ich habe die Sorge, dass sich Menschen/ Geistliche dadurch selbst zum Richter machen. Das Evangelium lebt im Kern von etwas anderem!
“Es ist nicht deine Aufgabe nach der Liebe zu suchen, sondern all die Hindernisse in dir zu finden, die du gegen sie aufgebaut hast.“
Rumi
Ich wünsche mir schon lange „Schweige-Predigten“. Dass einfach für eine Viertelstunde oder 20 Minuten zusammen geschwiegen wird. Am allergrößten ist dieser Wunsch am Karfreitag. Die Karfreitagspredigt nach der Kreuzesliturgie tut mir körperlich fast schon weh, sträubt sich alles in mir, würde ich am liebsten die Kirche verlassen.
Bei den meisten Predigten schalte ich sowieso auf Durchzug. Wenn etwas gesagt wird, was mich anspricht, höre ich wieder zu, ansonsten schalte ich auf „standby“. Das ist in mindestens 90 % der Predigten so. Ich wünsche mir, dass das Schweigen anstelle von Predigen einen offiziellen Raum in der Liturgie bekommt.
Ja, Schweigen-Meditation-Kontemplation: Zugleich eine Herausforderung und innere Quelle des Glaubens.
Zu sich selbst finden; ins Innerste, wo, wie es die Hl. Theresa von Avila sagt, Gott bereits wartet.
Eine Herausforderung: Schaffen wir es, zwei Stunden vor dem Allerheiligsten still zu werden; nicht einmal Rosenkranz, sondern nur mit Gott gemeinsam zu schweigen? Das würde dann auch das Thema hier -auf einer vielleicht unerwarteten Ebene – treffen!
Oder, wie es im Aschermittwochs-Evangelium heißt (ich zitiere jetzt frei, bitte um Nachsicht): „Wenn du aber betest, so gehe in deine Kammer,….denn Gott, der das Verborgene sieht…..“
Im Schweigen kommen die Dinge hoch, die unterdrückten Ungereimtheiten des eigenen Lebens, die eigene Leere, die (noch?) nicht mit Gott erfüllt ist – das auszuhalten ist nicht leicht. Theresa von Avila spricht von „Trockenheiten“. Das trifft es, finde ich, gut.
Halten wir dieses Schweigen überhaupt aus?
Da irgendwo, glaube ich, verläuft ein Weg, dessen Ziel noch unzulänglich erreicht ist -oder stehen wir überhaupt noch am Anfang?- Nämlich jener Weg, der zu dem Wort Christi führt (ich zitiere wieder frei): „….es werden die kommen, die Gott anbeten in GEIST und WAHRHEIT.“
Die Frage des Schweigens ist eine wichtige, Danke @Katharina für diese Anregung!
Mein Vorschlag: Die Liturgie mit Predigt belassen, aber mehr stille Anbetung (etwa davor oder danach), wobei es vielleicht interessant wäre, die Erfahrungen dieses Gebetes auszutauschen. Etwa; wie lange konnte ich wirklich still sein? Wann ging das innere Gebrabbel los?
Da denke ich dann an das „innere (Seelen-)Bürglein“, das sowohl von Meister Eckehart wie auch von Theresa und anderen Mystikern beschrieben worden ist.
Man wird sich um die äußere Wirkung dieser Innewendung keine Sorgen machen müssen. Das möchte ich mit einer physikalischen Metapher verbildlichen: Die Kernfusion ist auch ein innerer Prozess, im Atom-Kern. Sie ist kleinräumig (selbst für atomare Verhältnisse!) -und dennoch entsteht aus ihr eine der größten Kräfte des Universums!
Die Sonne ist nichts anderes als ein Fusionsreaktor, und vielleicht wird auch uns Christen ähnliches gelingen: die Nachahmung der „geistigen Sonne“, welche Christus ist.
Hmmmm und wenn ich nicht vor dem Allerheiligsten schweige?
Geht das auch?
Für viele ist nämlich die Euchariedtiefrömmigkeit ein Hinderungsgrund zu Gott zu finden.
Das fängt bei Kleinigkeiten an: Wenn ich ständig höre ,nehmt und trinket alle daraus“ ich aber nicht trinken darf ….. fühle ich mich ziemlich schnell verar ….t.
Auch die liturgische Sprache muss ernstgenommen werden!
Natürlich kann man vor dem Allerheiligsten auch singen oder sprechend beten oder auch anderes. Das habe ich bereits in meinem vorigen Posting geschrieben.
Denn wenn ich schreibe: „…nicht einmal Rosenkranz…“ so impliziert das, dass der Rosenkranz bei der eucharistischen Anbetung zum Einsatz kommen kann und, wie wir wohl beide wissen, auch zum Einsatz kommt.
Er *muss* aber nicht zum Einsatz kommen. Man beachte den Unterschied zwischen „können“ und „müssen“.
Man muss im Leben überhaupt recht wenig tun!
Man muss zb. nicht in die Heilige Messe gehen.
Man kann aber. Wenn man will. (Zumindest in unseren Breiten.)
Man muss auch bei der eucharistischen Anbetung nicht schweigen.
Man muss seine Gedanken nicht zur Ruhe kommen lassen.
Man muss auch gar nicht zur eucharistischen Anbetung gehen;
und wenn jemand merkt, dass sein Glaube aufgrund der eucharistischen Anbetung Schaden leidet, so möge er es nicht tun.
Ich habe ja mein obiges posting an @Katharina geschrieben, und aus dem dort geschriebenen durfte ich davon ausgehen, dass sie die Eucharistie freiwillig mitfeiert. Auf dieser Grundannahme schrieb ich das weitere.
Sie haben natürlich recht, nicht jeder kann mit der Heiligen Eucharistie etwas anfangen. Solchen Menschen steht es ja hierzulande frei, die Christengruppe oder gleich den Glauben zu wechseln. Das war aber nicht das Thema meines obigen Postings, und ich werde mit diesem Thema auch jetzt nicht anfangen.
Umgekehrt bin ich mir aber sicher, dass mein persönliches inneres Schweigen vor dem Allerheiligsten niemand anderem in seinem Glauben schadet.
Weil: Ich zwinge niemanden, das gleiche zu tun. Wie überhaupt recht wenige Menschen zur eucharistischen Anbetung in Stillschweigen gezwungen werden, aus dem einfachen Grund, weil man den Menschen das innere Reden nicht verbieten kann.
Aber ich kann mich freiwillig für die innere Stille entscheiden, und das tue ich auch.
Ich schrieb von Kontemplation und Scheigen losgelöst von der Eucharistie oder Eucharostischer Anbetung.
Es heißt: „Nehmt und esst!“ Nicht nehmt und setzt es hinter Glas oder nehmt und betet es an.
Kontemplation und Scheigen braucht keine Eicharistie. Denn sie findet Gott auf dem Grund der Seele.
@ Katharina:
Ich persönlich gehe einen anderen Weg. Es gibt nach wie vor gute Prediger, die man sich halt suchen muss. Die Talente sind wie bei jedem Menschen unterschiedlich verteilt. Das bedeutet, Gottesdienste außerhalb der Heimatpfarrei zu besuchen und hier auf dem Land auch mal ein Stück zu fahren. Bei mir sind es drei, vier verschiedene Orte außerhalb der eigentlichen Pfarrei. Ich habe ebenfalls meine Erfahrungen mit schlechten Predigern gemacht. Alternative wäre gewesen, die Zeit in der Messe abzusitzen und wie Sie beschreiben, auf „standby“ zu schalten. Das wollte ich nicht, ich hätte das als vertane Zeit empfunden und wäre gar nicht mehr in die Messe gegangen (schadet ja dann im Endeffekt mir selbst).
Bezüglich der in den letzten Jahren bewusst gehörten Karfreitagspredigten im Wechsel der verschiedenen Orte kann ich ebenfalls nur Positives vermelden.
Schweigen sollte nur eine zusätzliche Möglichkeit sein, was bei den Anbetungen hier vor Ort auch angeboten wird.
Ich teile Ihre Meinungen eher selten, dieses Mal stimme ich Ihnen jedoch zu.
Vielleicht noch eine kleine, subjektive Ergänzung zu den Ursachen des Phrasengebrauchs, den Sie – zu Recht – monieren. Werden diese Phrasen nicht auch aus Unsicherheit verwendet? Hat man eventuell Angst, mit der Botschaft Christi auf Widerspruch zu stoßen, anzuecken, politisch inkorrekt zu sein, sich auszugrenzen?
Eine klare Botschaft verlangt eine klare Sprache. Keine Phrasen.
noch so ein paar ergänzende Gedanken:
Vater unser – oder Phrasen unser – noch so ein paar ergänzende Gedanken
Provokation oder Konfrontation mit vertrauter Tradition, Ritual und Gebet zu bestimmten Anlässen, Umständen – vertraut und doch schwer zu verstehen. Oder als Hilferuf, Trost und Bekenntnis da mir eigene Worte fehlen. Oder die kirchliche Aufforderung an unser Gewissen, dass wir nicht für uns selbst leben und uns an christlichen Glauben und Tugenden erinnern sollen. Für Jesus selbst ist dieses Gebet kein Geplapper.
In der Kirche erlebe ich sehr wohl, dass dieses Gebet nicht von allen mitgesprochen wird. Und für einzelne mag es peinlich sein. Die Gründe dafür zu ermessen steht mir nicht an und sind sicher vielschichtig. Also es ist nicht so, dass dieses Gebet grds. gebetet wird.
In diesem Kontext fällt mir eine Geschichte aus dem Mittelalter ein:
Zum Totengedenken in einem bestimmten Kloster hatten die, die lesen konnten bestimmte Psalmen zu lesen oder mind. den Psalm 50. Menschen dies alles nicht konnten, sollten 7 Vater Unser beten.
Wir kennen sehr wohl auch heute noch das Ritual – auch in richtigen Notlagen. Möglicherweise war dies ursprünglich für Bildungsferne und Analphabeten gedacht.
Der Psalm 50 wird meines Wissens nicht in der Liturgie gebetet – vielleicht würde er uns aber das Vater Unser auf andere Weise aufschließen:
„Wer Opfer des Lobes bringt, ehrt mich; wer rechtschaffen lebt, dem zeig ich mein Heil.“
Das Vater unser bleibt für mich selbst ein wichtiges Gebet. Aber vielleicht tut es uns gut, in allem Verkopften und manchmal biblisch schwerverständigen Texten und tw. sehr wohl auch widersprüchlichen Aussagen uns z.B. an einen alten europäischen Klostertext aus dem 8. Jh. zu erinnern –
„Wo die Liebe und die Güte wohnt, da ist unser Gott.“
@Eskilcgn
ad: „Kontemplation und Scheigen braucht keine Eicharistie. Denn sie findet Gott auf dem Grund der Seele.“
Das mag aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein.
Manche mögen lieber vor dem Allerheiligsten kontemplieren,
andere lieber zu Hause.
Dass man zur Kontemplation die Schauung der Heiligen Eucharistie nicht brauche, kann man nicht verallgemeinernd für alle Menschen festlegen.
Ein jeder Mensch möge insofern zu dem Recht kommen, seinen Bedürfnissen entsprechend, sich Gott zu nähern.
Ich zb. „brauche“ für die Kontemplation den Anblick der Hl. Eucharistie nicht, aber ich habe es dennoch gerne.
Es stimmt natürlich, dass in den Heiligen Schriften nichts von eucharistischer Anbetung steht. Es gilt aber „scriptura et traditio“.
Auch über Weihnachtsbäume und Adventskränze steht nichts in der Hl. Schrift, und dennoch haben sie viele Menschen zur Menschen zur Weihnachtszeit, und sie haben Freude daran.
Jepp, viele erfreuen sich an Weihnachtbäumen. Das sehe ich bei mir in der Einkaufsstrasse in jedem Geschäft.
Wenn ich das Eucharistische Brot, dass laut Weisungxdes Herrn gegessen werden soll aus Traditionsgründen hinter Glas packe, dann sollte im Zusammenhang mit dem Thema hier deutliche Worte gefunden werden, warum das Sinn macht. Traditionell um der Tradition Willen wird zur Volklore.
Also welchen Sinn macht Brot, von dem der Herr sagt „nehmt und esst“ … was für einen Sinn macht es das hinter Glas zu packen und anzugucken (Und mal ganz außer Acht gelassen, dass dieses Brot nur für Insider überhaupt als Brot zu identifizieren ist) ….
Und nicht rumschwurbeln …. 😉
Welchen „Sinn“ die eucharistische Anbetung macht?
Man kann sich dieser Frage wohl auf verschiedene Weise nähern.
Möglichkeit 1:
Das „Brot“ in der Monstranz ist ja, und zwar gemäß den Evangelien (ich hoffe, hier besteht Einigkeit) der Leib Christi. Wenn der Priester die Kommunion in beiderlei Gestalten spendet, sagt er: „Jesus Christus“.
Das Hl. Brot, so empfinde ich es zumindest, IST Jesus Christus, und Den dürfen wir anbeten.
Nun könnte man fragen: „Wozu soll ich Ihn noch extern anbeten, da ich ihn schon in mir aufgenommen habe? Meine Kontemplation geht doch nach innen?“
Ja, schon.
Die Kontemplation geht aber auch, bei manchen Menschen, oder in manchen Zeiten, nach außen. Da findet man Gott nicht „im Innersten“, sondern im „Höchsten“ oder „Äußersten“. Das ist beides gleich gut. Denn: Gott ist überall, man kann Ihn also auch überall finden.
Die Frage ob ich die Kontemplation als ein Gehen in das „Innerste“ oder in das „Höchste“ empfinde, hat nichts mit der Heiligkeit eines Menschen zu tun, sondern mit der körperlichen Disposition. Wir sind eben, als körperliche Menschen, alle anders gebaut.
Entsprechend anders empfinden Menschen unterschiedlicher Bauart den Sitz Gottes „in“ oder „über“ einem selbst. Was von beidem nun „richtig“ sei, hängt nur vom jeweiligen Menschen ab.
Die Menschen nun, die Gott als „außerhalb“ bzw. „überhalb“ empfinden, für die ist die eucharistische Anbetung sehr oft das Ideale.
Die Diskussion, ob nun das Finden Gottes „überhalb“ besser sei oder „innerhalb“ ist daher eine, die ich nicht führe, da sie nur von jenen in der Kontemplation vollkommen Unerfahrenen geführt wird, die den körperlichen und den geistigen Seelenteil (siehe Johannnes vom Kreuz) noch überhaupt nicht auseinander halten können.
Daraus ergibt sich für mich die Schlussfolgerung, dass ein jeder den Herrn auf die Weise anbeten solle, die ihm entspricht.
Möglichkeit 2: Auf die Frage, welchen „Sinn“ die eucharistische Anbetung macht, könnte man mit demselben Recht die Frage stellen, welchen Sinn es macht, ein Stück Oblate zu essen, welche einem von einem bunt gekleideten Herrn gereicht wird. So und ähnlich hören sich ja auch die Argumente lustig sein wollender Atheisten an…..
Die Antwort auf BEIDE Fragen erschließt sich nur dem Glaubenden. Und wenn Sie „Geschwurbel“ insinuieren, möge Ihnen bewusst sein, dass für einen Atheisten natürlich alles, was wir beide hier geschrieben haben, „Geschwurbel“ ist. Das wird uns freilich beide nicht davon abhalten, weiter zu schwurbeln.
Ganz einfach deshalb, da man jene Erfahrung Gottes, die wir beide (und viele andere) auf irgendeine Weise gemacht haben, artikulieren wollen. Dass es natürlich auch innerhalb des einen Glaubens mehrere verschiedene Gotteserfahrungen geben kann, ist klar. So findet der eine zur eucharistischen Anbetung im Schweigen, der andere zur eucharistischen Anbetung mit Rosenkranz, der andere betet lieber den Rosenkranz zuhause, der nächste schweigt zu Hause. Und so weiter.
Alles das kann, wie nunmehr dargelegt, Sinn haben. Und dieser Sinn wird auch ersichtlich, wenn wir die Verschiedenheit der Menschen als solche respektieren.
Geschwurbel entsteht da, wo das Gesagte nichts mit dem Erleben und dem Leben zu tun hat.
Geschwurbel ist da, wo das Gesagte nicht von der eigenen Persönlichkeit gedeckt ist.
Und die Menschen egal ob Atheist oder suchend oder andersglaubend, wie auch immer. Die Menschen haben ein feines Gespür genau für diese Grenze zum Geschwurbelten.
Wenn ich oder in diesem Fall Sie von der Sinnhaftigkeit der Eucharistischen Anbetung schreiben, dann schreiben Sie von sich. Von ihren Erfahrungen und Ihrem Glauben. Jeder, der ernsthaft an Kommunikation oder Verstehen interessiert ist kann das hören und sich dazu verhalten.
Den Fehler den „Funktionäre“ der Kirche machen ist, dass sie nicht von sich sprechen. Weder von ihren Erfahrungen noch von ihrem Glauben oder dem, was sie eben nicht glauben. Stattdessen werden blutleesre Wahrheiten verkündet hinter denen man sich als Person versteckt. Und genau dieses Verstecken wird als Geschwurbel wahrgenommen.
Das was wir brauchen sind Menschen die von ihrem Glauben und ihrem religiösen tun mit den Worten des Alltags erzählen. Und dann kann ich auch jemanden das Eucharistische Btot hinter Glas packen lassen. Ich würde es nicht tun. Aber ich habe verstanden warum ihm das wichtig ist.
Ja, bei dem Satz mit den Funktionären bin ich voll bei Ihnen! Habe da auch so einiges erlebt….
Freut mich, dass wir uns einmal einigen konnten!
Das wichtigste hätten wir beide beinahe vergessen:
Dass wir einander eine besinnliche und gute Fastenzeit wünschen:
Also: Ihnen und allen Mitpostern eine gesegnete Fastenzeit!
Wenn es ohne Geschwurbel ist kann ich vieles stehen lassen, auch wenn ich es nicht praktiziere oder teile.
Nur wenn es geschwurbelt ist bekomme ich halt Pusteln.
Frohes Fasten.
Vielleicht sind @Escilon hierbei ein jüdisches Verständnis hilfreich:
„Je wertvoller, desto willkommener“ (Weihnachten?) , „Je näher an der Gottheit, desto wirksamer“, „Je mehr, desto besser“. Viel zu beten ist keine Strafe, aber endloses Wiederholen ist verpönt.
Und in der unmittelbaren Nähe Gottes, im Allerheiligsten, wurde überhaupt nichts geopfert. Dort hatte nur der Hohe Priester Zugang.
Aus diesem Verständnis heraus hat die christliche Kontemplation vor dem Allerheiligsten eine tiefere Bedeutung.
Bezüglich Vorschriften nach Buber-Rosenzweig: für Juden ist es am höchsten Feiertag (Jom Kippur) nicht bestimmt wo sie ihren Tag verbringen (möglich im Wald, Bunker, auf Schiff) „wenn es der Zufall will oder jemandes Herz begehrt“- der Hohe Priester kann sich dies aber nicht auswählen.
Somit scheint die Liturgiesprache in der Kirche, die sich entwickelt hat, nicht mehr in der Hl. Schrift, aber sie ist Wesen und Tradition der Kirche und der Kirchenväter in Ost und West – auch wenn diese Art und Weise von Andersdenkenden oder Menschen mit Bekehrungserlebnissen immer wieder neu in Frage gestellt wird.
Bzgl. dem Bild oben mit der „Einheitsübersetzung“ und der „Phrase unser“ scheinen mir 2 starke Aussagen zusammenzutreffen:
wo das Gebet Jesu schlecht weg kommt und der Begriff „Einheitsübersetzung“ andere gebräuchliche Übersetzungen ausgrenzt. Letztendlich wurden Neues Testament und Psalmen ökumenisch übersetzt. Trotzdem halten viele ev. Mitchristen an der Lutherübersetzung fest. Und das Weihnachtsevangelium scheint vielen in der Luthersprache fast vertrauter.
Mit @Escilon meinen Sie aber nicht mich …. oder doch?
Wenn ja, was wollen Sie mir sagen?
Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem Blutritus des Hohenpriesters im Allerheiligsten und Kontemplation. …..
Ich find’s immer sehr cool, wenn mal jemand über seinen eigenen Glauben spricht. Ich kann das vielleicht nicht so. Es gehört viel Mut dazu. Weil es so besonders ist, versuche ich das mal von dem amerikanischen Jesuitenprofessor zu verlinken: https://youtu.be/JF2gBVo7wdE . Genau. Da ist es. Der spricht wohl ohne Phrasen. In der Buber/Rosenzweig Übersetzung heissts im Alten Testament oft: „Er sprach sprechend“. So etwas scheint gemeint zu sein.