Seitdem ich vor fast zwei Jahren den Schöpfer der Lieder meiner kirchlichen Jugend interviewt habe, lässt mich das so genannte Neue Geistliche Liedgut nicht mehr so richtig los. Nicht nur, dass es Ohrwürmer produziert oder ein wenig Sentimentalität, schließlich war die eigene Jugend voller aufspringender Knospen oder kleiner Senfkörner Hoffnung.
Ludger Edelkötter und viele andere haben Liturgien und Festivals geprägt wie sonst vielleicht nur noch die Musik aus Taizé.
Mir stellt sich heute irgendwie immer wieder die Frage nach der Balance: Ist das nun gutes Liedgut? Ist es banal? Ist es der Singbarkeit wegen gut? Ist es vorbei? Oder steckt da der Snob in mir drin, der gerne damit angibt, Hochkulturelles zu hören, aber dann doch heimlich gerne zurück-hört.
Pater Norbert Becker komponiert selber NGL. Ihn habe ich gefragt, ob seine Musik noch aktuell ist, wo sie doch allenthalben auch in den Gottesdiensten eher schwindet.
„Es ist sicher noch aktuell, aber das NGL ist nicht mehr das Lied der Jugend, wie es das zu unserer Jugendzeit noch war.“ Das Interesse sei nach wie vor noch da, sagt er, vor allem bei Erwachsenen, die es lieben, Lieder zu singen, die sie verstehen und wo der Glaube zur Sprache kommt und zum Klingen gebracht wird, „wie sie ihn gut haben können und wie er ihnen auch weiter hilft.“
Dazu gehört die Lebendigkeit, auch wenn das NGL nicht immer nur flott und peppig-schnell sei.
„Mir ist das selber auch ein Anliegen, nicht immer nur die Hits zu präsentieren, sondern auch mit Liedern zu arbeiten, die inhaltlich auch einen Tiefgang haben und wo es sich lohnt, darüber nachzudenken und wo man dann auch Glaubenspotential in den Alltag nehmen kann.“
Wie gehen Sie mit dem NGL um?
Jedes kirchliche Lied war einmal ein NGL – in seiner Zeit. Einige sind zu Klassikern geworden, allerdings darunter manche, die ich ganz furchtbar finde wie das schnulzig süßliche “Segne du Maria”. Aber manche verbinden sehr Emotionales damit, also stehe ich das durch.
Mit den wirklich neuen geistlichen Liedern ist es ähnlich: manche kann ich nicht mehr hören, aber Jugendliche fahren voll darauf ab. Es spricht sie offensichtlich etwas in einer Tiefe an, die in Worte nicht zu fassen ist, nur in die Worte und die Melodie dieses Liedes.
Mir persönlich ist der Inhalt eines neuen Liedes ebenso wichtig wie seine Singbarkeit. Die Lieder von Huub Oosterhuis und aus Taize z.B. aber auch manche andere werden mir nie zuviel. Mir ist unverständlich, dass die Oosterhuislieder nicht ins neue Gotteslob übernommen werden sollen. Nicht, weil inhaltlich etwas an ihnen auszusetzen wäre, sondern weil Herr Oosterhuis aufgrund seiner Lebensumstände seine katholischen Kirche nicht mehr gefällt.
Ganz neue Lieder werden mir zu selten gesungen, als dass sie sich in mein Ohr “einnisten” könnten. Das finde ich schade, aber das entscheiden andere. Aber auch von diesen neuen Liedern werden irgendwann welche zu Klassikern werden, aufgrund eines anrührenden Textes und/oder einer eingängigen Melodie. Das entscheiden die, die es singen, indem sie die, die sie singen mögen, einfordern, von ihnen wieder Zettelchen drucken, wenn sie sie nicht im Gesangbuch finden und ziehen so vorbei an den Gotteslobverantwortlichen.
Sehr bereichernd finde ich den Umgang in der evangelischen Kirche mit geistlichen Liedern: im EKG sind viele Hintergrundinformationen enthalten und immer wieder werden Lieder in Bezug zu Predigttexten gesetzt oder sind sogar zentraler Inhalt einer Predigt. Das hat mir schon manchen auch “sperrigen” Inhalt näher gebracht. Von unseren protestantischen Geschwistern können wir viel im Umgang auch mit neuen Liedern lernen.
“Segne, Du, Maria..dass ich hier den Frieden, dort den Himmel find”…Ich freu mich, dass dieses Lied weiterhin Teil des Gesangsbuches ist. 🙂
Wem das Lied: Segne du Maria zu schnulzig ist kann ja ne neue fetzige Musik dazu komponieren. 🙁