Es ist absehbar. Wenn an dieser Stelle etwas zum Thema Armut, Flüchtlinge, Migranten, Hetze durch deutsche Politiker kommt, dann kann ich die ersten Reaktionen gleich selber schreiben.
Manche sind dumm, manche sind böse, manche sind zynisch, manche auffallend gleichlautend.
Was aber die meisten gemeinsam haben ist ein rhetorisches Mittel: Der What-about-ism, wie die US-Amerikaner das getauft haben. Es ist eine alte sowjet-Technik aus dem kalten Krieg, wollen Literaturwissenschaftler herausgefunden haben, wobei ich das nicht glauben kann, das muss mindestens 1.000 Jahre alt sein, so verführerisch das ist.
Ich habe hier ja schon mal über rhetorische Tricks in Debatten geschrieben, über den Mann statt den Ball spielen, über Umkehr der Beweislast und so weiter. Aber What-about-ism ist so verbreitet, dass man das einfach mal nennen muss. Denn eine Gefahr erkennen heißt meistens, sie auch vermeiden können. Oder auf sie reagieren können.
Vorwurf und moralischer Druck
Jemand – Cajus – macht einen Vorwurf: „Gaius hat sich schlecht benommen, er hat auf dem Schulhof Marcus geschlagen“. Das ist ein Vorwurf, dem muss man eigentlich nachgehen. Wenn dann aber Lucius, Freund von Gaius, zum Mittel des What-about-ism greift, dann hören wir auf einmal „aber Sempronius und Linus sind noch viel schlimmer, die haben nämlich …“. Anstelle der drei Punkte kann man sich dann was ausdenken und einsetzen, das spielt weiter keine Rolle.
Das mag so sein, Sempronius und Linus brauchen vielleicht auch Aufmerksamkeit, aber was Lucius mit dem What-about-ism erreicht hat ist, dass wir nicht mehr auf Gaius und das Schlagen von Marcus schauen. Auf einmal ist es nicht mehr wichtig, dass ein Unrecht geschehen ist, sondern Cajus muss sich an anderem Unrecht messen lassen und daran, warum er nicht auf das andere gezeigt hat.
Achten Sie mal drauf, ist vor allem bei populistischen Extremisten sehr beliebt.
Einfach Thema wechseln und denjenigen, der einen Vorwurf macht, moralisch unter Druck setzen („eigentlich hättest du auf den und den schauen sollen“), das ist die Methode. Nicht sehr subtil, aber effektiv.
So verdirbt man die Debatte. Erfolgreich.
Es ist und bleibt unmenschliches Verhalten an dem wir uns messen lassen müssen, wenn wir mit Armut, Flucht, Migration, Hetze politischem Fehlverhalten usw. konfrontiert sind. Menschlichkeit liegt in einem vorbildlichen Umgang mit dem Nächsten und sich selbst. Das beinhaltet auch Selbstkritik zu üben, diszipliniert aufzutreten und sich nicht von Debatten auszuschließen, die vielleicht ihre Ursache in eigenen Fehlinterpretationen haben.
Mir persönlich fällt es oft schwer den Zugang zu Argumentationen zu finden deren Inhalte so offensichtlich sind und für mich eigentlich gar keiner Erklärung bedürfen, nimmt man Jesus als menschliches Vorbild. So vieles erscheint mir selbstverständlich, wenn man sich seiner eigenen Person gewissenhaft stellt, um sie mit Sinn und Verstand so einzubringen, dass das Leben dadurch entlastet wird.
Irgendwie fühle ich mich durch Ihren Beitrag angesprochen und doch kann ich nicht ganz nachvollziehen warum das so ist. Vielleicht liegt es daran, dass oft keine Gegenargumente auf meine Kommentare erfolgen und ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass ich damit wirklich richtig liege indem nachvollzogen werden kann, von was ich eigentlich schreibe.
Gerne würde ich lernen, wie man eine gute Debatte führt ohne sie gleich an sich zu reißen und sie damit ihres wahren Potentials beraubt.
Ich fände es schön könnten Sie mir dabei helfen, denn ich debattiere eigentlich sehr gerne um eine Sache, die dadurch an Substanz gewinnt und in einen tragbaren Konsens für alle Beteiligten geführt werden kann.
„So vieles erscheint mir selbstverständlich, wenn man sich seiner eigenen Person gewissenhaft stellt, um sie mit Sinn und Verstand so einzubringen, dass das Leben dadurch entlastet wird.“
Es ist häufig in Diskussionen so, dass was einem selbst selbstverständlich erscheint dem Diskussionspartner fremd oder für sich erst einmal ihm/ihr unverständlich ist.
Wenn dann noch einerseits oder beiderseits der Wille fehlt, dem anderen erst einmal gutes bzw. eine im Prinzip ethisch akzeptable Haltung zu unterstellen, und einerseits oder beiderseits der Wille fehlt, auch etwas fordernde Diskussionsphasen durchzustehen, dann trennt man sich meist auch im Unverständnis.
„dass oft keine Gegenargumente auf meine Kommentare erfolgen und ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass ich damit wirklich richtig liege indem nachvollzogen werden kann, von was ich eigentlich schreibe.“
Das was von Ihren Positionen für mich verständlich ist, dem habe ich meist nichts entgegenzusetzen.
Z.b.:
„Menschlichkeit liegt in einem vorbildlichen Umgang mit dem Nächsten und sich selbst. Das beinhaltet auch Selbstkritik zu üben, diszipliniert aufzutreten und sich nicht von Debatten auszuschließen, die vielleicht ihre Ursache in eigenen Fehlinterpretationen haben.“
Kann ich nicht mehr als zustimmen.
Ehrlich gesagt kann ich mich an nur wenige Diskussionen erinnern, bei denen es nicht Fehlinterpretationen auf der einen oder anderen Seite gab.
Für mich kommt es häufig vor, dass ich mir die Argumente von jemand anders anhöre, mir denke „Ne, so kann der/die das wirklich nicht meinen; das wäre doch völlig bekloppt.“, aber es mir dann nicht gelingt im Laufe der Diskussion zu verstehen, was der andere tatsächlich meint.
Aber um Ihnen mal zu widersprechen:
„nimmt man Jesus als menschliches Vorbild.“
Von der Sichtweise sollten Sie sich in Diskussionen wirklich lösen können; denn was Sie in Jesus sehen, sieht die Gegenseite vielleicht überhaupt nicht (wenn die Gegenseite Jesus nicht gleich für eine mythologische Figur ala Herkules hält); man denke alleine mal daran, wie manche teilweise versuchen, die Bergpredigt vor einen politischen Karren zu spannen und andere das ablehnen.
Da gibt es selbst unter Christen völlig verschiedene Jesus-Bilder; weshalb man, um den anderen zu verstehen, sich vorübergehend gedanklich vom eigenen lösen können sollte.
Ich sehe in Jesus nicht mehr und nicht weniger als den Menschen, dem gegenüber ich mich angemessen verhalten muss. Das bedeutet einfühlsam zu ertasten, was meinem Nächsten am Herzen liegt indem ich ihm nichts Böses unterstelle sondern nach dem Guten suche, egal was er so von sich gibt.
Mit Verlaub, und was ist mit dem Glauben an Gott? Christus ist nicht nur Mensch, jedenfalls nicht für Christen. Wenn Jesus nur Mensch (gewesen) wäre, dann würde nur noch seine Lehre gelten, wie die eines Philosophen etwa oder geistlichen Lehrers. Aber christlichen Glauben, Kirche, und all das andere gäbe es nicht.
Ich Glaube an Gott als den Herrn, der durch die Mutter erwachsen ist, die aus Heiligem Geist geboren hat, was Kraft Gottes die Menschheit als solche ganz bewusst gliedern kann. Die Heilige katholische Kirche trägt mit den Sakramenten der Liebe, die Gott mit uns teilt zur Vielfalt des Lebens bei. Das bedeutet, ich habe die Wahl als Frau dieses Leben zu führen und ihm damit als Mensch zu vermitteln, was das für mich als Person bedeutet. Jesus dient mir als Vorbild für mein Verhalten meinen Mitmenschen gegenüber, er ist aber auch geistiger Anspruch an die Menschheit, die sich mit jedem Tag daraus ergibt.
Hätten sie mich vor sieben Jahren gefragt, so hätte ich ihnen einfach geantwortet: „Ich glaube an Gott, weil mir das Kraft gibt.“ Alles was dem nachfolgte war der Verlust meiner Würde, die im geistigen Hab und Gut anzunehmen jedem von uns selbst obliegt, um daraus ein Mitgefühl zu erzeugen, dessen Gedankengut Nächstenliebe fordert, die das Leben menschenwürdig weiter führen kann und die Früchte daraus Gott überlässt, um sie mit jeder neuen Generation wachsen zu lassen.
Das ist alles ganz schön und hilft Ihnen persönlich sicherlich auch, aber es ist dann doch ein gutes Stück entfernt vom Glauben der Kirche. Das ist jetzt keine Wertung, sondern ich stelle das so fest, denn Sie sind ja sehr offen mit Ihren Überzeugungen, wofür wir hier ja dankbar sind. Aber es ist halt ein Privatglauben.
Was ist der Unterschied zwischen Privatglauben und Ihrem Glauben oder dem Glauben der Kirche?
Ich bin hier nicht der Richter, ich sehe nur das, was Sie schreiben. Was also öffentlich ist. Und das scheint mir dann doch etwas vom Credo entfernt zu sein, „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“ und „eines Wesens mit dem Vater“ bekennen wir. Wie man das im eigenen Leben und Glauben annimmt, bleibt immer ein Suchen und Tasten, aber die Aussage „für mich ist Jesus …“ sagt deutlich etwas anderes.
„ein gutes Stück entfernt vom Glauben der Kirche.“
Bin ja oft vorne mit dabei, wenn es um Diskrepanzen zu den Lehren der Kirche geht.
Aber was genau ist an Rosi Steffens Aussagen das Problem?
Kann sogar sein, dass ihre „Abweichungen“ kleiner sind als meine; Gottessohnschaft sehe ich nicht explizit geleugnet aufgrund der Formulierung „Gott als den Herrn, der durch die Mutter erwachsen ist, die aus Heiligem Geist geboren hat,“, die irgendwie schon in die passende Richtung gehen könnte.
Liegt die Unterscheidung in den Überzeugungen, die ich hier zwar beschreiben kann und dem Glauben an Gott, den ich letztendlich nur leben kann, um diesen Überzeugungen auch wirklich als Frau und Mensch gerecht werden zu können?
Oft kann ich in Diskussionen nicht in Worte fassen, was ich zwar glaube jedoch selbst noch nicht begreifen kann. Das hindert mich daran so zu argumentieren, wie es meiner Überzeugung entsprechen würde. Durch diese Schwäche ziehe ich mich zurück in meinen Glauben und höre dem zu, der mich dann noch erreichen kann.
Gerne würde ich verstehen, was sie mir mit dem Privatglauben vermitteln wollen, denn Glaube ist privat und erlebt erst im Zusammenspiel mit der Öffentlichkeit seine wahre Größe in der Liebe zum Nächsten, die sich in Geduld zu üben lernt, um auch den Letzten Menschen noch zu erreichen, der sich Gott ohne vernünftigen Grund widersetzt.
Glaube ist das Übersinnliche, dessen Inhalte sich nur durch Gott erschließen lassen ohne dafür einen Menschen zu Rate ziehen zu müssen. Ich schreibe also hier als Mensch, überzeugt von Gott und durch Ihn vermittelbar als eine Person, die ihm auf ihre ganz eigene Art zu Diensten steht, nicht mehr und nicht weniger.
Alles wovon ich wirklich überzeugt bin steht durch Gott im Raum und kann nur über die Zeit vermittelt werden. Für die Menschheit bedeutet das, sie sollte glauben dass Gott wahr ist, denn sie sollte wissen, dass sie ohne Ihn nicht als Menschheit existieren könnte sondern nur in vereinzelten Personen auftreten könnte.
Gerechtigkeit stellt in diesem Zusammenhang die Tatsache in Frage, warum wir nicht alle Menschen gleichermaßen an dem Raum beteiligen, den die Menschheit zum Überleben braucht und Gott damit die Einheit überlassen, die unseren Lebensraum nachhaltig bewirtschaften und damit auch erhalten kann.
Wir sollten aufhören Wirtschaft nur für Menschen zu betreiben, wir sollten ihr das Wesen zu Grunde legen, aus dem wir alle unendlich viel Arbeit schöpfen können, die dem Wohl der Lebensgemeinschaft dient, die sich dieses einzigartige Haus teilt.
So richtig unterstützt in meinem Glauben fühle ich mich durch die Präsenz der Kirche im Internet, denn dadurch konnte ich Einsicht in Dokumente nehmen, die mir anders niemals zugänglich gewesen wären. Diese Dokumente, unter anderen auch „Laudato Si“ haben mich erleichtert, denn dadurch wurde mir bewusst gemacht, dass es viele Menschen gibt, die so ganzheitlich denken wie ich und die Welt nicht zerstückeln, um sie in ihren persönlichen Ansichten zu begreifen.
„„Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“ und „eines Wesens mit dem Vater“ bekennen wir.“
Wenn Sie das als Kriterium anlegen wollen, dann können Sie eine gewisse Ferne vielen vorhalten:
http://www.bild.de/politik/inland/umfrage/nur-noch-die-haelfte-der-christen-glaubt-an-die-auferstehung-jesu-51296836.bild.html
„Gut jeder zweite Katholik (52,5 Prozent) stimmt der Aussage zu, dass Jesus am Kreuz gestorben und von den Toten auferstanden ist.“
Oder auch 47,5% derer, die der RKK Kirchensteuern unter anderem dafür zahlen, dass die RKK die Botschaft, Jesus sei am Kreuz gestorben und von den Toten auferstanden, verbreitet, glauben diese Botschaft nicht.
„vier von zehn katholischen Christen (40 Prozent) glauben an ein Weiterleben nach dem Tod.“
Oder auch 60% derer, die der RKK Kirchensteuern unter anderem dafür zahlen, dass die RKK die Botschaft, unser jetziges Leben sei relevant für das nach dem Tod kommende Leben, verbreitet, glauben nicht an ein Leben nach dem Tod.
Kann mir vorstellen, der Glaube an „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“ „eines Wesens mit dem Vater“ dürfte mit ähnlichen Prozentzahlen geteilt werden.
Realistischerweise muss man davon ausgehen, dass nur eine Mehrheit derer, die Sonntags das Glaubensbekenntnis sprechen, tatsächlich den gesamten Inhalt des Glaubensbekenntnisses glauben.
Ich weiß nicht mal, ob ich zu dieser Minderheit gehöre.
So ein paar Abweichungen von zentralen Glaubenssätzen sind vielleicht sogar völlig normal.
Ich finde das interessant. In verschiedenen Sprachen bedeutet das Wort „glauben“ aus dem Glaubenbekenntnis einen Deut etwas Verschiedenes. Das griechische „pisteuo“ hat einen Aspekt von „sich vertrauensvoll ansprechen lassen“, das lateinische (und abgeleitete romanische)“credo“ etwas von einem Überzeugtsein, oder nicht? „I believe“ ist sehr emotional und berührt die Liebe, das deutsche „ich glaube“ sagt eher auch das Meinen, auch eine Meinung haben, in wieder einer anderen Sprache heißt es: „Ich erhoffe“. Deswegen kommt ja der heilige Geist an Pfingsten als warmer Wind daher und sie fingen an in verschiedenen Zungen zu sprechen.
Und deswegen sagt wohl auch R.M.Rilke in seinem berühmten Gedicht über seine Mutter, deren religiösen Narzissmus er dort beschreibt(„Ach wehe, meine Mutter reißt mich ein“), „sie lebt nicht dorten, wo die Lüfte sind“. Es sich vieles zurechtzulegen, wie es mir bei Ihnen oft vorkommt, Frau Steffens, oder alles ganz konkret seiner Bedeutung zu entrauben, (Kirchensteuer zahlen für) i.S. des marxistisch-dialektischen Materialismus, wie es „carn“ bedenkt ist auch nicht „dorten, wo die Lüfte sind“. Gott von Gott, Licht vom Lichte aber schon. Es breitet sich dieser Satz aus, hebt Geist und Herz an, es ist ein Satz, der nicht nur spricht, sondern auch tröstend zuzuhören scheint, mehr eröffnet, als abschliesst. Und dann auch noch „gezeugt, nicht geschaffen…“, da ist doch mit „für mich ist…“ und „zahlen für…“ Ende der Fahnenstange.
„oder alles ganz konkret seiner Bedeutung zu entrauben, (Kirchensteuer zahlen für) i.S. des marxistisch-dialektischen Materialismus, wie es „carn“ bedenkt ist“
Mit marxistisch-dialektischem Materialismus hat mein Denken wohl nichts zu tun; denn entweder bin ich zu blös marxistisch-dialektischen Materialismus (bzw. Hegelsche Dialektik überhaupt) zu verstehen oder ich verstehe es, womit meine Beurteilung, dass es sich um sowas wie gequierlten Quatsch handelt zutreffend sein müsste.
Ich stelle vielmehr gerne scheinbare und echte Widersprüche für mich selbst und andere in den Raum, denn sie erlauben es, die eigenen Überzeugungen und Annahmen zu überprüfen und zu hinterfragen.
Damit bin ich philsophisch eher dem sozusagen „Gegenteil“ von Marx nahe:
https://www.brainyquote.com/quotes/ayn_rand_163204
„Contradictions do not exist. Whenever you think you are facing a contradiction, check your premises. You will find that one of them is wrong. Ayn Rand“ (wobei ich die meisten philosophischen Schlussfolgerungen der Dame nicht teile denn – trommelwirbel – ich habe in ihren Positionen Widersprüche entdeckt und sehe das als Indiz für Fehler in ihren Annahmen 🙂 🙂 )
Also wirklich nichts mit marxistisch-dialektischen Materialismus.
Antwort an der/die/das carn: Wenn man es so sehr spannend findet, den kleinsten Splitter des Widerspruchs oder Fehlers im Auge Anderer aufzuspüren, kann es wirklich sehr zu empfehlen sein, sich mit denjenigen ganz persönlich und direkt darüber auseinanderzusetzen, denn das vergrößert die Chance sehr, dabei den Balken im eignen Auge zu entdecken.
„direkt darüber auseinanderzusetzen“
Ich kenne wenig direkteres als:
Aus deinen Positionen X, Y und Z scheint N zu folgen; N ist aber unwahr; wie siehst du das?
Ich kenne als höflicher gelten, aber wenig direkteres.
„dabei den Balken im eignen Auge zu entdecken.“
Genau den kann man wunderbar entdecken, wenn der andere erwidert und erklärt, warum aus seiner Sicht nicht N folgt bzw. N nicht unwahr ist bzw. sich der Widerspruch anders vermeiden lässt.
Denn im Allgemeinen erkennt man durch langes Anstarren einer entsprechend brauchbaren Erklärung, warum der andere Grund zu haben meint, warum da doch kein Widerspruch ist; und genau dieses Wissen fehlte einem ja initial, das ist der anfängliche blinde Fleck.
Der Ansatz krankt also wenn an einem Mangel an Höflichkeit und nicht daran, dass man dadurch nicht die eigenen Balken bemerkt.
@Pater Hagenkord, es wäre schön, würden Sie mir eine Erklärung für Ihre Äußerung zu „meinem“ Glauben geben, denn Sie haben bereits über ihn gerichtet indem Sie ihn als Privatglauben klassifiziert haben. Gerne würde ich nun von Ihnen wissen, was den Glauben unterscheidet bzw. wer ihn zu unterscheiden in der Lage sein sollte. Diese Frage beschäftigt mich und ich finde keinen Konsens mit den Aussagen die bisher darüber getroffen wurden.
Ich kann mir nur vorstellen, dass die katholische Kirche/der Vatikan/der Papst und damit auch Sie als lehrendes Glied die Legitimation besitzen, im Glauben zu unterscheiden wie stark er in die Gemeinschaft hineinwirken kann an der er im Grunde genommen dann auch weiter wachsen kann?
Mein Punkt ist ja gerade, dass Sie in Diskussionen [ber Jesu Lehre/die Folgen aus Jesu Lehre beruecksichtigen muessen, dass halt andere, was anderes in Jesus sehen/in Ihm wahrnehmen/durch Ihn erfahren/… als Sie selber das tun.
Deswegen z.b. dass man sich einfach an Jesus orientiert ist als Aussage fuer andere nicht immer klar/unmissverstaendlich.
Denn fuer verschiedene Menschen steht Jesus eben fuer verschiedenes.
Wenn jemand sagt, im Vatikan lebe man bisweilen hinter dem Mond, dann ist das ein Vorwurf, dem muss man eigentlich nachgehen. Und siehe, schaut man sich beim Heiligen Stuhl die Ansprachenliste des seligen Pauls des VI. für den Juli 1969 an, so ist man höchst verwundert, dass am 21. Juli desselben Jahres der weltberühmte Mann mit der Trompete offenbar einen ebenso weltberühmten Fußabdruck in Lunas Staub hinterlassen haben soll, wie es die Vatikanseite ihren Lesern nahelegt. Wenn aber jetzt ein guter Freund des Sancta Sedes behaupten würde, das alles habe ohnehin in Hollywood stattgefunden, dann braucht man sich nicht mehr mit dem Vorwurf zu befassen, der Vatikan lebe hinter ’seinem‘ Ostergestirn. Ihnen alles Gute im Neuen Jahr (1968+50)! Bleiben Sie gesund und frohgemut! ¡Adiós!
Pardon, aber ich verstehe nicht ganz, was die Aussagerichtung ist. Trompete? Ostergestirn?
Die beiden nachstehenden Hinweise mögen das Verständnis erhellen:
1. Trompete: http://w2.vatican.va/content/paul-vi/de/speeches/1969/july.index.html
2. Ostergestirn: https://www.fourmilab.ch/documents/calendar/IG_Latin.html
… und Sie in Versuchung führen, eine Korrektur zu veranlassen.
Machen Sie’s gut und adiós!
In Ihrem Eintrag ist für mich zu erkennen, daß Sie versuchen, die Menschen mit weniger Durchblick und Bildung anzusprechen; das sind ja in Europa heutzutage die „Armen“, die dann technologisch-kühl „bildungsfern“ genannt werden. So hat’s ja wohl Jesus lt. Evangelium auch über sich gesagt, daß er die Menge (die ja bekanntlich dazu neigt, weniger verständig zu sein – das stammt von mir und nicht von Jesus) mit Metaphern uns Gleichnissen anspricht. Das vergleicht er da mit dem kleinen Senfkörnchen, aus dem die sehr große Pflanze wächst, und dem untergemischten Sauerteig. Und was wollen Sie damit sagen? Bubenraufereien gehen ja eine Zeit lang gerade so aus, wie Sie es beschreiben – und genauso lernen die Buben ja auch, einen Rahmen und Selbstkontrolle, vielleicht auch gegenseitige Anerkennung zu erringen. Sie lassen ja schon durchblicken an anderer Stelle, daß es um Leben und Tod geht.
Ich will mir mal erlauben – ohne Ihnen zu widersprechen – zu fragen: Und was ist mit den Anderen, den Radikalen, den weniger Gebildeten, die jeden Dialog so leicht untergraben und aushebeln? Brecht, der wohl auch ein hörendes Herz hatte, beschrieb deren traurige Erfahrungswelt mit den Versen: „Wenn einer tritt, dann bin ich das, und wenn einer getreten wird, bist Du es, wie man sich bettet, so liegt man, und keiner deckt Dich zu!“ Wenn man auf die „Radikalen“ zugeht, erkennt man in ihnen oft verbitterte, traurige, ängstliche und einsame Menschen, die sich nur mit Unterstützung artikulieren können und sich daher leicht vor einen Karren spannen lassen – ähnlich dem tragischen King Lear Shakespeares. Es wäre die Chance in unserer parlamentarischen Demokratie, ihnen zu helfen, sich zu artikulieren und ihnen zuzuhören, auch einer Kirche, die die Kirche für die Armen sein möchte.
Jeder Mensch hat ein hörendes Herz, nur unterdrücken viel zu viele Menschen diese einzigartige Gabe durch den Herrn ohne zu wissen, was das für sie bedeutet.
Ich glaube auch nicht, dass ein Pater nur einen Teil Menschen ansprechen will, denn seine Aufgabe ist es alle Menschen zu erreichen in dem was er ihnen zu verkünden hat.
Der Weg des Wortes führt durch die Wahrheit die uns Gott mit dem Evangelium hinterlassen hat, denn das Mensch gewordene Wort verantwortet sich mit seinem ganzen Wesen für die Menschheit deren Identität durch Heiligen Geist schöpfte, was Ihn empfangen kann und das Leben daraus dem Vater überlässt, der dieser Reinheit und Güte aus menschlicher Vielfalt mit seinem Sohn begegnet, um sich selbst gerecht zu werden. Gott ist Wahrheit und Jesus Christus ist der Weg durch sie zu leben. Das bedeutet Gedanken durch die Wahrheit auf das Wesentliche zu beschränken und ihnen damit den größtmöglichen Raum zu verschaffen, der sich durch Zeit anlegt, um Geschichte zu schreiben.
Wenn die Kirche Dienerin gelebter Menschlichkeit und Politik die Trägerin der Würde, die sich jeder Person annimmt wäre, dann könnten Kirche und Staat Hand in Hand arbeiten und hätten doch getrennte Tätigkeitsfelder, denn der Eine bemüht sich um den globalen Erhalt und das Verständnis gerechter Lebensbedingungen und der Andere um den indiviuellen Lebensbedarf daraus, der jedem im gleichen Maß zusteht.
Jeder Einzelne kann durch die menschlichen Gaben des Herrn dazu beitragen, dass sein Leben selbst bestimmt ist, denn dieses Leben kommt von Gott und legt uns eine Stimme ans Herz, durch die wir Lösungen formuieren können, deren Auftrag wir uns nur bewusst werden müssen, um die Schmerzen all derer zu lindern, die zwar die Zeit mit uns teilen, doch immernoch das Kreuz darin tragen.
Liebe Frau Steffens, man kann ja unendlich lang drüber nachdenken, wie es sein sollte und wie andere es machen sollten. Wenn ich mich vergrübelt habe, hilft mir immer ein portugiesisches Sprichwort: „Qem tem uma boca, vai ver Roma!“. Wenn man sich verlaufen hat oder vergrübelt, bedeutet es, kommt es davon, daß man etwas nicht weiß, weil es aber wichtig ist, voran- und wegzukommen, kann man sich daran erinnern, daß der Urzweck des Mundes ist, zu fragen und es auch tun.
Oder mögen Sie mehr Italien und Fußball? Einem sympathischen italienischen Fussballtrainer, Trapattoni, ist mal der Kragen geplatzt über Gerede. Da hat er den zum Sprichwort gewordenen Satz gesagt: „Offensiv? Offensiv ist, wie maken in Platz!“.
Also, ich will heute noch putzen, denn unsere aus Russland stammende Haushaltshilfe hat, weil in der orthodoxen Kirche heute Weihnachten ist, die Woche freigehabt und dann ist noch dringend was für die Steuererklärung zu abzuliefern. Ich freue mich, darüber nachzudenken, was ich morgen zu Mittag koche. Ich wünsche Ihnen und mir zum Dreikönig etwas von der Weisheit der Könige aus dem Morgenland, den vertrauten Ort zu verlassen und dem Stern der Hoffnung und der Verheißung zu folgen und dann andere, erdverbundene Leute, die Orientierung haben in der Fremde, nach dem Weg zu fragen. Stephan
Glauben Sie mir Stephan, ich habe unzählige Fragen gestellt, die mir auf der Seele brannten und ich bin froh und dankbar um die fundierten Texte und Gespräche, die mir Antworten brachten, die mich beruhigen konnten.
Ihre Worte, denn sie haben Recht, es geht im Leben darum die richtigen Menschen/Stellen anzusprechen, um auch wirklich etwas bewegen zu können, die erinnern mich.
Erst gestern durften mein Mann und ich an der „Kasparfeier“ für meinen Vater teilnehmen, die nun schon seit über 60 Jahren an seinem Geburtsort gepflegt wird. Es ist immer wieder schön dabei zu sein, denn diese Menschen, meine Familie, sind so bodenständig und einfach, dass es immer wieder eine reine Freude ist Zeit in ihrer Gesellschaft zu teilen.
Auch ich wünsche Ihnen viele glückliche Stunden mit Ihren Lieben und den Mut auch Menschen nach dem Weg zu fragen, die sie noch nicht kennen, denn das kann sehr befreiend sein.
Danke für Ihre Reflexion meines Kommentars.
Gottes Segen für das Jahr 2018 und noch eine frohe Weihnachtszeit!
Danke, Pater Hagenkord, für den Beitrag zu „What-about-ism“.
Sie haben diese menschliche Schwäche an dem Schulbeispiel super erklärt. Nun endlich kann ich mit diesem Begriff etwas anfangen im Alltag.
Bezüglich whatbouttism gibt es leider noch das Problem des scheinbaren whatabouttism.
Dieses kann auftreten, wenn die eine Seite vermeint, eine bestimmte Sache sei mit dem aktuellen Thema in irgendeiner Weise stark verknüpft, aber die andere Seite sieht das nicht so.
Dann bringt die erstere Seite die entsprechende Sache vor und die andere kann leicht einen beabsichtigen whatabouttism vermuten; obwohl eigentlich fürs erste nur unterschiedliche Meinungen existieren, ob die Sache mit dem eigentlichen Thema zu tun hat oder nicht.
Ein konkretes Beispiel hierfür und ich hoffe Pater Hagenkord sieht mir das Thema nach, aber ich finde es passt hier wirklich gut als Beispiel für scheinbaren und echten whatabouttism (und durch das Beispiel risikiere ich gerade selbst einen whatabouttism Vorwurf):
seamless garment bzw. consisten life ethic:
https://en.wikipedia.org/wiki/Consistent_life_ethic
Die Kurzfassung:
Bekanntermaßen ist man in den USA hinsichtlich Abtreibung etwas polarisierter zu Gange. Dabei wirkt der eine oder andere Abtreibungsgegner/Lebensschützer manchmal schon etwas fixiert auf das Thema.
Manche Katholiken, z.b. Kardinal Joseph Bernardin aus Chicago, sahen dabei eine einseitige Fixierung, die letztlich der katholischen Lehre und Überhaupt dem Christentum nicht gerecht wird; wofür sich z.b im Katechismus vieles finden lässt, denn der behandelt bei „Du sollst nicht morden“ auch andere Dinge als Abtreibung.
Und haben deshalb einen ganzheitlicheren Ansatz beim Lebensschutz vertreten; vor allem da solche Dinge wie bessere Gesundheitsvorsorge und Sozialleistungen auch gegen Abtreibungen helfen können, denn die Aussicht obdachlos und hungernd und krank mit dem Kind auf der Straße zu sitzen kann auch ein Motiv für Abtreibung sein.
Nur wie läuft sowas konkret debattentechnisch ab?
A argumentiert, wie schlimm doch Abtreibung sei, dass da jetzt gerade Babys getötet werden, man brauche doch unbedingt ein Abtreibungsverbot oder -einschränkung.
Und B – aus dem Eindruck der A ist da gerade zu sehr auf Abtreibung und Abtreibungsverbote fixiert – erwiedert ala: „Aber schau mal, dort am anderen Ende der Stadt leben gerade Kinder im Dreck und sterben an behandelbaren Krankheiten; wir brauchen auch Sozialstaat und allgemeine Krankenkassen“.
Und was denkt der A dann ganz leicht? Genau, wahtabouttism, das Leid der Kinder am anderen Ende der Stadt ändert ja nichts daran, dass jetzt gerade in der Abtreibungsklinik ein ungeborenes getötet wird.
Man hat auch Kardinal Bernardin vorgeworfen, er würde damit letztlich die Wichtigkeit des Themas untergraben.
Wodurch das ganze noch komplizierter wird?
Dass der eigentlich berechtigte Einwand von B von anderen durchaus tatsächlich als whatabouttism eingesetzt wird, nämlich von Abtreibungsbefürwortern.
Dass ist auch Kardinal Bernadin aufgefallen:
„Cardinal Bernardin himself lamented in a 1988 National Catholic Register interview that
I know that some people on the left, if I may use that term, have used the consistent ethic to give the impression that the abortion issue is not all that important any more, that you should be against abortion in a general way but that there are more important issues, so don’t hold anyone’s feet to the fire just on abortion. That is a misuse of the consistent ethic, and I deplore it.“
Also auf Deutsch, dass die von ihm selbst vorgeschlagene consistent ethic zur Ablenkung von der Wichtigkeit des Themas Abtreibung missbraucht wird.
Sorry, wenn diese Erläuterung etwas nervt; aber ich finde den Punkt, dass nicht alles was man für whatabouttism hält auch whatabouttism ist und dass es manchmal echter und scheinbarer whatabouttism ähnlich klingen können, relevant.