Die SPD in Deutschland hatte auf einmal eine Sozialismusdebatte. Der Juso-Chef hatte von Verstaatlichung gesprochen und nachgelegt, die Reaktionen kamen prompt, dafür, dagegen, weil Wahlkampf ist leider oft absehbar. Die Debatte dahinter ist die nach einem menschlichen Wirtschaftssystem. Welche Wirtschaft dient dem Menschen?
Am gleichen Tag in der vorletzten Woche hatte der Papst gleich zwei Ansprachen zum Thema zu halten, einmal vor italienischen Industrievertretern und einmal vor einem Verband.
Wirtschaft dient dem Menschen
Bei ersterer sprach er über die prekäre Verfassung unseres Planeten und das Wirtschaftsmodell, „ein gieriges Modell, orientiert am Profit, kurzsichtig und auf der Illusion eines unendlichen Wirtschaftswachstums basierend“.
Es brauche eine Wende im wirtschaftlichen Denken. Ein Gedanke der seit Evangelii Gaudium und dann erst recht in Laudato Si‘ immer wieder die Gedanken des Papstes beschäftigt. Nichts weniger als einen „Paradigmenwechsel“ brauche es, Wirtschaft müsse im Dienst am Menschen stehen, nicht umgekehrt.
In der zweiten Ansprache betonte er die Bedeutung der Gemeinwohlorientierung auch der Wirtschaft. „Einerseits sehen wir dabei zu, wie rein wirtschaftliche oder finanzielle Kriterien und konsumorientierte Aktivitäten die Überhand gewinnen, und andererseits zeigt sich immer mehr die Unfähigkeit, die gerechte Verteilung des Einkommens mit der Aufwertung der Entwicklungsmöglichkeiten in Einklang zu bringen. Es ist wichtig zu wiederholen, dass die Wirtschaft dem Gemeinwohl einen Dienst erweist, wenn sie an die Ethik gebunden bleibt, die das allgemeingültige Maß für das wahre menschliche Wohl ist.“
Diese Wirtschaft tötet immer noch
Das Thema Wirtschaft ist seit den ersten öffentlichen Äußerungen von Papst Franziskus immer wieder Thema, die Formulierung „diese Wirtschaft tötet“ aus Evangelii Gaudium ist mittlerweile legendär. Die Kritik daran auch.
Der Papst ist kein Sozialist, soviel zum eingangs gemachten Statement. Der Papst steht aber in einer langen Tradition kirchlicher Lehre, zuletzt sehr deutlich von Papst Paul VI. formuliert, und die rüttelt an einem Fetisch des Westens: dem Eigentum. Es gibt kein absolutes Recht auf Eigentum, das Recht wird eingeschränkt durch den Menschen, seine Rechte und sein Würde. Papst Pius XII. hatte sogar einmal vom „Imperialismus des Kapitals“ gesprochen und damit die Debatte auf unser heutiges Wirtschaftsmodell ausgeweitet.
Wirtschaft dient dem Menschen, dieser Gedanke ist christlich und ist alt.
„Imperialismus des Kapitals“
Seit 2008, seit der Finanz- und Bankenkrise, merken wir auch bei uns, dass es nicht so weiter gehen kann. Auch wenn gerettet und gebügelt wird und alle so tun, als ob. Wenn wir an die Gottesebenbildlichkeit des Menschen glauben, dann muss das auch für ein Wirtschaftsmodell gelten.
Im 16. Jahrhundert gab es innerhalb des Katholizismus die Debatte, ob das Nehmen von Zinsen auf Kapital erlaubt sei. Nicht wenige kluge Köpfe waren dagegen, die Geschichte ist darüber hinweggegangen, selbstverständlich sehen wir heute, dass das keine Sünde ist. Nicht an sich.
Den wirtschaftlichen Debatten stellen
Nur heißt das nicht, dass wir uns nicht auch wirtschaftlichen Debatten stellen müssen. Gerade auch mit Blick auf die Schwachen. Mit Blick auf die Schöpfung. Mit Blick auf die Zukunft.
Im Herbst findet im Vatikan eine Bischofssynode zu diesem Thema statt, Anlass ist Amazonien. Aber der Blick auf diese Region stellt grundsätzliche Fragen, unter anderem auch die nach unserem Wirtschaftsmodell und danach, wie wir Ausbeutung und Zerstörung zum Nutzen des Profits einschränken wollen.
Zur Vorbereitung darauf bin ich für die kommenden zwei Wochen selber im Amazonasgebiet unterwegs. Eine Journalistenreise soll und will uns vorbereiten. Deswegen finden Sie an dieser Stelle demnächst vor allem Artikel zu diesem Thema. Diese Wirtschaft tötet, immer noch. Darüber müssen wir reden.
Zuerst: 13. Mai – Fatima – großer Marien-“Feiertag”.
Können wir aus einer weiblichen Theologie mehr für die Wirtschaft ableiten.
Die Punkte im Stück sind alle wertvoll und wichtig. Ich meine aber, wir müssen das große Ganze der Weltordnung “brechen”. Bruttosozialprodukt, Angebot/Nachfrage, produzieren und konsumieren. Das alles stammt aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Marx, Engels und viele andere. Die Ernte des Atheismus.
Ich würde mir viel mehr Entgegen Halten gegen die Globalisierung wünschen. ME unterstützen das Uno, IWF usw., Gegenstimmen wie Klimastudien sind nur Alibis.
Umgekehrt abgeleitet: ich würde mir eine Kirchenpolitik wünschen, die einige Anliegen der franz. Gelbwesten unterstützt und nicht immer die Nähe der Systeme wie UNO sucht. Oder gar keine Kirchen”politik”.
Das konkreteste zum Klimawandel wäre ja, wenn Katholiken den Freitag wieder zum strengen Fasttag machen und z.B. Mittwoch auch mehr der Maria weihen deshalb kein Fleisch essen. AUch wenn das jetzt unlogisch wäre, aber konkret.
Jeder Mensch ist nun einmal dem Natur-Rhythmus zwnghaft unterworfen: er muss essen, trinken nd schlafen.
Andererseits sind die Gaben der Natur knpp: auf einen gegebenen Vorrrat begrenzt.
Mithin muss gewirtschaftet werden.
*Wie* das organisiert werden sollte, ist zunächst eine * Frage der Ethik* und dann eine * Frage der Fachwissenschaft.*
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Was ich in diesem Zusammenhang aber kaum als hilfreich einschätze, das ist eine Weihe des Mittwochs an Maria.
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Und was den “grossen Fatima-Feiertag” anbelangt, so getraue ich mir darauf hinzuweisen, dass kein Katholik verpflichtet ist, an irgend welche (der allein seit 1900 auf über 600 bezifferten) Marien-Erscheinungen zu glauben.
*Noch* steht im Zentrum des katholischen Glaubens der Herr Jesus Christus!
Johannes Paul II, die Arbeit und die Wirtschaft. vereinfacht: globalisierte Marktwirtschaft scheitert genauso wie der Kommunismus
Noch ein Gedanke: 13. Mai 1981 – Attentat auf JPII. Wenn man gewisse Sachen in seinem langen Pontifikat bemängelt (z.B. diverse Bischofsernennungen), muss man ihn als Mensch auch so bewerten, dass ab diesem Zeitpunkt Kummer und Krankheit in sein Leben trat.
Lob an die Webseite von VA, wie schnell man alle alten Schriften findet. Erinnern sollte man an seine Enzyklika eben auch aus 1981 zum Wert der Arbeit. Ich weiß nicht, ob er schon darin, ähnlich wie es Fromm u.a. weit früher sagten, den Unterschied von Kommunismus und globalisierter Martwirtschaft relativierten. Beide Systeme brauchen einen unterjochten Menschen, der funktioniert. Egal ob als Produzierer oder als Konsument oder in beiden Rollen. Und alles muss standardisiert werden, was durch IT und Robotik noch besser geht….
https://w2.vatican.va/content/john-paul-ii/de/encyclicals/documents/hf_jp-ii_enc_14091981_laborem-exercens.html
Zur Debatte um Kühnert & den Kapitalismus hier ein Zitat:
Im vierten Jahrhundert sah Ambrosius, ein Bischof von Mailand, mit brennender Sorge, wieviel Besitz manche Christen aufhäuften. Er schrieb an sie: „Die Erde wurde als gemeinsames Gut für alle erschaffen. Die Natur kennt keine Reichen, sie bringt nur Arme hervor. Du gibst dem Armen nicht etwa von deinem Besitz, sondern erstattest ihm einen Teil des seinen zurück; denn was du für dich allein zusammenraffst, ist gemeinsamer Besitz, der allen zum Gebrauch gegeben wurde.“
(aus: Frère Roger, In allem ein innerer Frieden, S.69, Herder 2000)
Und was wäre so schlimm, wenn der Papst ein Sozialist oder Sozialdemokrat wäre?