Wir machen Geschichte. Nichts weniger. Gerade zum Fest und zum Jahreswechsel hören wir viel von einem Christentum, das uns irgendwie das Leben besser macht. Dabei gehört zum Fest so viel mehr. Weihnachten macht Geschichte.
Gott wird Mensch und die Geschichte der Welt ändert sich: Aus Schwach wird stark, aus Schuld Vergebung, aus Gott Mensch. Das ist die eine Weihnachtsgeschichte, sozusagen erzählt aus einer heilsgeschichtlichen Perspektive. Groß und irgendwie fern, aber Gott gemäß weil in ganz großer Sicht, in kosmischer Sicht. „Der Augenblick, in dem die Menschheitsgeschichte sich umkehrt“, nichts weniger. Das ist aus einer Predigt von Papst Franziskus: „Es ist der Moment, in dem sich alles ändert, vom Beginn her.“
Weihnachten macht Geschichte
Und dann ist da die andere Geschichte: Gott gibt, er nimmt nicht. Während wir Menschen haben wollen, will Gott geben. Es ist an uns, genau dasselbe zu tun, zu geben, das Geben zu lernen, es wie Jesus zu machen. Angeleitet von den weihnachtlichen Fragen „Brauche ich wirklich so viele Dinge und komplizierte Rezepte zum Leben? Schaffe ich es, auf viele überflüssige Nebensächlichkeiten verzichten, um ein einfacheres Leben zu wählen?“ Das ist die individuelle Sicht, die fast schon moralische Sicht, meine eigene Sicht auf die Dinge, das was ich selber ändern kann.
Weihnachten ist der Ort, an dem beide zusammen gehören. Ich kann die Botschaft nicht auf Moral und Ethik reduzieren, nicht auf soziale Wirkung abklopfen. In den Berichten zum Fest hier in Rom kam überall das Wort „Gier“ im Titel vor, der Papst hatte in seiner Predigt schön deutlich formuliert, das macht sich gut.
Kritik macht sich immer gut
Wenn ich das aber dabei belasse, als Kritik an unserer westlichen Welt und so weiter, und wenn ich den Blick nicht weite, dann wird das irgendwie belanglos. Dann ist das wie die Reduktion von Fasten auf Abnehmen. Dafür brauche ich Gott nicht.
Nehmen wir noch einmal die Weihnachtspredigt von Papst Franziskus, und zwar genau diese Sätze, die danach überall zitiert wurden: „Der Mensch ist gierig und unersättlich geworden. Das Haben, das Anhäufen von Dingen scheint für viele der Sinn des Lebens zu sein. Eine unersättliche Gier durchzieht die Menschheitsgeschichte, bis hin zu den Paradoxien von heute, dass einige wenige üppig schlemmen und so viele kein Brot zum Leben haben.“
Ein neues Lebensmodell
Da merkt man schon, dass die beiden Sichten – die auf die Menschheit als solche und die auf den einzelnen Menschen – nicht auseinandergehen. Die Frage nach Gott und die Frage, wie unsere Welt aussieht, gehören zusammen.
Und auch theologisch geht das nicht. Was ich tue ist eben keine Selbstoptimierung, nicht Individualmoral. Was ich tue hat heilsgeschichtliche Bedeutung. Den Herrn annehmen hat Folgen, nämlich ein neues Lebensmodell: „nicht verschlingen und hamstern, sondern teilen und geben“. Und zwar nicht nur weil dann die Welt besser wird und gerechter und so. Das auch. Aber nicht nur. Sondern weil das das Lebensmodell Gottes ist.
Wendepunkt
„Betlehem bezeichnet den Wendepunkt im Lauf der Geschichte“, so hatte es der Papst gesagt. Es ist aber auch der Wendepunkt in meinem Leben. „Wenn wir dieses Leben [das in Christus geschenkt wird] annehmen, ändert sich die Geschichte, ausgehend von jedem von uns.“ Immer wieder. Jeden Tag: „wachsam warten, losgehen, Risiken eingehen, das Schöne weitererzählen.“ Und dann machen wir Geschichte. Heilsgeschichte.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen ein gesegnetes und gutes, Geschichte machendes Jahr 2019.
Dieses Stück erinnert auch an die Lehre des großartigen Theologen aus Bayern, Prof. Eugen Biser, der 2014 verstarb. Ich erinnere mich an eine Rede, die in Bayern Tv ausgestrahlt wurde: dass Jesus und eben der Heilige Geist in der Gegenwart auf Erden anklopfen und immer wieder in das Leben des einzelnen Menschen „wollen“, ist ein sehr wichtiger Unterschied zu anderen Religionen, die weit statischer sind, und es ist eine zentrale Eigenschaft für eine gelebte christliche Kirche. Ein großer Unterschied selbst zum Judentum oder Islam. Das ist eine Gnade des Christentums. Gott gibt nicht auf mit seiner Erlösung. Vielleicht so. Wir haben eine sehr dynamische Religion, andere sind statisch. Man müsste bei Prof. Biser genau nachlesen, wie man das noch besser umschreiben kann.
Das Christuskind zu Weihnachten ist positiv lästig, so ein friedliches aber doch lautes forderndes Baby. Jedes Jahr fasziniert es immer wieder und will den Menschen erlösen, also den Einzelnen. Hört nicht auf. In der heutigen Zeit muss man fast aufpassen, dass nicht ein Arzt um die Kurve kommt, und das Christuskind an Weihnachten als hyperaktiv darstellt.
„In der heutigen Zeit muss man fast aufpassen, dass nicht ein Arzt um die Kurve kommt, und das Christuskind an Weihnachten als hyperaktiv darstellt.“
Der kommt schon längst um die Kurve, allerdings eher ein Psychiater, der das Kind als Wahnbild von hunderten Millionen mit der Geisteskrankheit „Christentum“ befallenen Menschen ansieht.
Habe gerade zufällig gestern in dem Buch „Homo Deues“ von Yuval Noah Harari – der wenigstens den Verkaufszahlen nach ein bedeutender Intelektueller sein dürfte – folgenden amüsante Sätze gelesen:
„Jenseits von Freude und Schmerz gibt es nichts Gutes und nichts Böses. Jeder, der versucht, Gut und Böse aus etwas anderem abzuleiten (wie etwa dem Wort Gottes oder dem nationalen Interesse) macht anderen und vielleicht auch sich selbst etwas vor.
Zu Zeiten Epikurs war solches Gerede blasphemisch. Zu den Zeiten von Bentham und Mill war es radikal subversiv. Doch Andang des 21. Jahrhunderts ist es gängige wissenschaftliche Lehre.“
Um es etwas anders zu formulieren:
Wer sich z. B. das Kind in der Krippe anschaut und aus dieser Betrachtung etwas hinsichtlich Gut und Böse abzuleiten versucht – wie hier das z. B. Papst Franzikus zu machen scheint, der aus der Betrachtung des Kindes in der Krippe ja verschiedene Aussagen über das menschliche Miteinander und damit über Gut und Böse ableitet – der belügt sich selbst und andere; und sich selbst und andere Belügen ist kaum etwas anderes als eine Geisteskrankheit; und angeblich ist dies wissenschaftlicher Konsens.
Der „Arzt“ ist also längst um die Ecke gekommen. Und wir Katholiken – und natürlich auch Anhänger anderer Religionen – sind ihm nichts weiter als Geisteskranke, die man „heilen“ muss.
(Beruhigend ist allerdings, dass ich genug von Wissenschaft weiß, um zu wissen, dass Harari da Quatsch erzählt. Beunruhigend ist allerdings, dass solche Fehler sich problemlos in gefeierte Bücher einschleichen – Wissenschaft kann nur ermitteln, was ist, aber nicht den Maßstab, was sein soll, also wissenschaftlich feststellen, was denn als Gut und was als Böse gelten soll)
Da hatte ich ja Glück, meine Ärztin hat mir geglaubt und mir dahingehend geholfen, mit diesem Glauben so umzugehen, dass er mich lehrt mit ihrem Wissen über mein Gehirn umzugehen. Der Rest ist Geschichte.
War übrigens kein Psychotherapeut oder Psychiater, die sind an meinem Glauben gescheitert, es war eine Nervenärztin, der ich mein Vertrauen schenkte.
Mist, Seitenangabe vergessen, Seite 60, Ende vorletzter bis letzter Absatz, deutsche Taschenbuchausgabe.
Lieber Pater Hagenkord, auch für Sie ein segenreiches und gutes Jahr 2019 mit vielen Begegnungen derer man sich gerne erinnert.
https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2018-12/vatikan-pressesaal-gisotti-burke-ernennungen.html
Pater Hagenkord, wie muss man sich die „Pressestelle“ des Papstes (organisatorisch, Aufgaben im Einzelnen ?) vorstellen ?
Warum haben die beiden Pressesprecher von Papst Franziskus ihre Ämter niedergelegt ?
Der neue Interims-Pressesprecher des Papstes ist ja ein Kollege von Ihnen bei Radio Vatikan.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mich/uns bei dieser Gelegenheit ein paar Informationen geben könnten über die Organisation der Pressearbeit für Papst Franziskus.
Lieber Pater Hagenkord, Ihnen und Ihrer Redaktion von Vatikan-News ein gesegnetes, glückliches, gesundes und friedvolles Jahr 2019!
Ich bin eine begeisterte und dankbare Leserin der News. Man ist immer auf dem neuesten Stand, auch über unseren verehrten Papst Franziskus. Danke für ihre Arbeit!
Rita Heiß
Danke für diese aufmunternden Worte, dass wir doch im Weihnachtsfest erkennen, wie Gott die großen Heilsgeschichtlichen Ereignisse für uns Menschen Wirklichkeit werden lässt, in denen sein Reich anbricht.
Trotzdem mußte ich unwillkürlich daran denken, dass Jesus das Himmelreich ja mit einem Senfkorn verglichen hat.
Die Größe der Ereignisse spielt sich vor allem in der unsichtbaren Welt ab, sichtbar durch Glauben.
Es mag sein, dass politisch große Ereignisse bevorstehen, doch dies sind nur irdische Ereignisse, denen wir nicht nachlaufen sollen und haben nichts mit den Heilsereignissen zu tun.
Meint
Ihr Christoph
Sehr geehrter Herr Pater,
ich glaube, Sie überdehnen die Aussagen von Papst Franziskus etwas zu sehr. Der Satz, den Sie aus seiner Christmetten-Homilie zitieren: „Wenn wir dieses Leben [das in Christus geschenkt wird] annehmen, ändert sich die Geschichte, ausgehend von jedem von uns.“ ist meines Erachtens missverständlich übersetzt (ich weiß nicht, wie man auf das „ausgehend von jedem von uns“ gekommen ist; „die Geschichte von jedem von uns“ finde ich als Übersetzung besser).
Aber auch aus dem Zusammenhang wird doch klar, dass Franziskus nicht von der Weltgeschichte oder gar der Heilsgeschichte redet, sondern von der je individuellen Lebensgeschichte, die sich durch die Annahme Jesu verändert. Die Heilsgeschichte kann sich durch meine Haltung zu Jesus nicht verändern und auch nicht gemacht werden.
Oder um es mit Paul Gerhardt zu sagen:
„Ihr dürft euch nicht bemühen
noch sorgen Tag und Nacht,
wie ihr ihn wollet ziehen
mit eures Armes Macht.
Er kommt, er kommt mit Willen,
ist voller Lieb und Lust,
all Angst und Not zu stillen,
die ihm an euch bewusst.“
Gesegnetes 2019!