[Ein gesprochener Text, abgeschrieben für den Blog]
Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl. Man steht hier unter den Fresken Michelangelos und Botticellis und sieht nicht den Altar und einen liturgischen Raum, man sieht auch nicht die Touristenmassen, die normalerweise hier ein uns aus schieben. Man sieht Sitzungstische, unfertige Sitzungstische. Es ist eine merkwürdige Mischung aus alter wunderbarer Kunst und demokratischen Vollzügen, die sich eben in Tischen und Vorstandstischen zeigen. Vorne drei Stühle, der Rest sitzt sich gegenüber, rechts entlang der Wand zwei Reihen, links ebenso.
Etwa einhundert Journalisten sind an diesem Samstag eingeladen, sich die Sixtinische Kapelle anzuschauen, ohne Touristen, ohne Betrieb. Und es ist eine ganz besondere Sixtinische Kapelle, die wir heute vorfinden. Der Teil des Raumes der unter dem Fresko des Jüngsten Gerichtes liegt, also da, wo die Kardinäle sitzen werden, ist mit einem künstlichen Boden erhöht, der Originalboden ist zu uneben für Tische und Stühle, außerdem gibt es am Rand ein Plateau, das durch diesen künstlichen Boden eingeebnet ist.
Auf diesem Podest stehen schon die Tische, im Augenblick allerdings sind es noch reine Holzrahmen von denen erst wenige eine Holzplatte und noch weniger die roten Vorhänge tragen, die beim Einzug der Kardinäle am Dienstag zu sehen sein werden. Es ist alles noch im Rohzustand, genagelte Bretter und Balken. In der Mitte stehen einige Stühle herum, Werkzeug, Material, es wirkt eher wie einer Werkstatt, wären da nicht die fantastischen Fresken, unter denen das alles stattfindet, Michelangelo, Sandro Botticelli und andere Künstler schauen sozusagen auf die Handwerker, die die Kapelle in den berühmtesten Wahlort der Welt verwandeln.
Das wichtigste Utensil steht bereits: Der berühmte Ofen. Oder besser: Zwei Öfen, die zusammenmontiert aufgebaut sind, der eine für den Zug, der andere, um die Wahlzettel dann unter Beigabe von Substanzen zu verbrennen und dann den weißen oder schwarzen Rauch sichtbar zu machen. Hier drängen sich natürlich die Journalisten, da will auch jeder ein Foto von sich gemacht haben. Dabei übersieht man fast die Inschriften, die oben auf den Ofen sind: Für jedes Konklave, bei dem der Ofen gedient hat, sind die Daten eingraviert, das erste Konklave war das zur Wahl von Pius XII. 1939, das letzte natürlich das von vor acht Jahren. Das ganze wirkt sehr prosaisch, ist an Stahlrohre montiert, die auch das Ofenrohr halten, dass dann nach oben verschwindet und dann auf dem Dach endet, wo seit heute auch der Schornstein sichtbar ist. Seinen „heiligen Touch“ bekommt das Ganze erst, wenn der Ofen in Betrieb genommen wird und Wahlzettel verbrannt werden, also ab Dienstagnachmittag.
Die Sixtina hat zwei Eingänge, eigentlich sogar drei. Einer geht in Richtung Museen, der ist fest verschlossen, auch die Räume davor sind unzugänglich. Der andere geht Richtung Peterskirche und Apostolischem Palast, den werden die Kardinäle zum Einzug und Auszug benutzen. Und dann gibt es da noch den dritten, eher eine keine Tür, die geht um „Raum der Tränen“. Da wird während des Konklaves die weiße Kleidung für den neuen Papst aufbewahrt, dort wird er vom Kardinalsrot ins Papstweiß wechseln, bevor er dann auf den Balkon des Petersdomes tritt, sich den Menschen zeigt und den Segen Urbi et Orbi spendet.
Es ist eindrucksvoll, unter diesen Fresken zu stehen, wunderbare Fresken an der Wand und an der Decke, unter denen die Kardinäle wählen werden. Es wird ruhiger zugehen als im Augenblick, hier wird nicht gesprochen werden, nur gewählt, ausgezählt und verkündet, zwei mal am Vormittag und zwei Mal am Nachmittag. Ein würdiges Ambiente für die Wahl, eindrucksvoll und des Ereignisses würdig.
Es wäre doch mal interessant, einen Dokumentations-spielfilm zu diesem Thema zu drehen, in dem alles gesehen wird, wie es abläuft, nachdem wir alle vom Wahlgeschehen ausgeschlossen sind. Wäre mal interessant, ein Konklave, wenn auch nur gespielt, zu erleben