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Das Kreuz von Lampedusa

Veröffentlicht am 8. April 20155. April 2015

„In deinem geschlagenen, angespuckten und entstellten Antlitz sehen wir die Brutalität unserer Sünden. In der Grausamkeit deines Leidens sehen wir die Grausamkeit unseres Herzens und unseres Handelns.“ Worte von Papst Franziskus, oder besser Teil der Gebetsmeditation von Papst Franziskus beim diesjährigen Kreuzweg am Kolosseum am Karfreitag Abend. Der Papst hatte sich direkt an Jesus gewandt, es war wie ein Gebet, in das alle anwesenden Einbezogen waren, man hätte die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören können. Er ist ein großer Beter und versteht es, uns alle einzubeziehen in sein Gebet.

Weswegen ich das hier aber noch mal zitiere, hat einen anderen Grund. Diese Worte zeigen uns nämlich etwas, was während der Kartage einige Male zum Ausdruck kam, nämlich die Verbindung vom Kreuz Christi und dem Leiden in unserer Welt. In der Osterbotschaft wurde das besonders deutlich, der Frieden des Auferstandenen hat ganz konkrete Bezüge, bis hin zu den Waffenhändlern, die am Leid und am Tod von Menschen in Kriegs- und Krisengebieten ordentlich verdienen.

Das Kreuz ist nicht nur etwas entrücktes, fernes, geistliches und auf Jesus bezogenes. Im Kreuz erkennen wir auch unsere Sünden. Das macht die Verehrung des Kreuzes nicht zum Gutmenschentum, wir müssen schon aufpassen, dass wir das Kreuz Christi nicht ersetzen mit dem Leiden in der Welt und die Frage der Erlösung zu Gunsten eines innenweltlichen Friedens aufgeben. Aber ich denke, da sind wir uns alle einig.

 

Die so genannte „Tabuisierung der Einwanderungsdiskussion“

 

Nun bin ich neulich auf einen Artikel auf einer Webseite gestoßen, die das Wort „katholisch“ groß im Titel führt. Dort wurde Kardinal Marx kritisiert, weil er am Karfreitag ein Kreuz trug, das aus Holz aus Lampedusa gemacht war. Das Kreuz wandert durch die Bistümer der Welt, um an unsere aufgegebenen Brüder und Schwestern zu erinnern, die weggeworfenen, um es mit dem Papst auszudrücken.

Die Kritik nun lautet, hier würden die Opfer von Lampedusa die Frage nach der Migration ersetzen. Man immunisiere sich dadurch, dass man die Opfer beklage, diskutiere aber deswegen nicht die Frage nach der Einwanderung nach Europa, von denen die wenigsten über das Meer kämen. Man lenke von der wahren Frage ab, „Tabuisierung der Einwanderungsdiskussion“ ist das Stichwort. Und dann das Totschlagargument: der Kardinal handele „politisch korrekt“.

Diese Argumentations-Figur begegnet mir nicht selten, deswegen schreibe ich hier etwas ausführlicher dazu. Dahinter liegt versteckt die Überzeugung, dass es zu viel Einwanderung gibt, dass man sich dagegen wehren muss und dass die Lampedusa-Debatte davon ablenke, weil es die Einwanderer nur als Opfer sehe. Was nicht gesagt wird, was aber unausgesprochen mitklingt: eigentlich müsse man dafür sorgen, dass es weniger würden, das könne man aber bei Betonung der Opfer-Rolle der Flüchtlinge nicht.

An Zynismus ist das kaum zu überbieten. Wir müssen den Menschen helfen, egal woher sie kommen, das Lampedusa-Kreuz weist in diesem Sinn auf das Leiden aller Menschen hin, nicht nur auf die, die über das Meer kommen wollen. Wir müssen den Menschen helfen, auch hier bei uns. Wir sind reich, sie sind arm. Das allein reicht schon um die Perspektive klar zu machen.

Aber das ist nicht alles. Das Papstzitat vom Beginn macht auch klar, dass die Kreuzestheologie hier schräg verläuft. Im Kreuz erkennen wir die Sünden, auch unsere Sünden, gerade und vor allem unsere eigenen Sünden, zum Beispiel an unseren Mitmenschen, die überleben wollen, die besser leben wollen, die dem Krieg, dem Hunger, der Aussichtslosigkeit entkommen wollen. Das Kreuz aus Lampedusa zu tragen bedeutet nicht, die Debatte zu verdrängen, sondern gerade, die Debatte ins Zentrum zu rücken.

 

Kreuzverehrung – da geht es um uns

 

Den Gekreuzigten zu verehren – Christus mit Paulus als den Gekreuzigten zu verkünden – ist eben keine Reduzierung auf geistlich- spirituelles Geschehen, sondern hat mit uns heute zu tun. Mit uns, unseren Fehlern, Sünden, unserem in uns selbst verkrümmt sein, unseren Schutzmauern gegen die Not.

Wir sind noch in der Osteroktav, aber wie gehen auch auf den Barmherzigkeitssonntag zu, zu dem der Papst in einer Bulle das Heilige Jahr unter dem Motto der Barmherzigkeit offiziell ausrufen wird.

Es ist höchste Zeit, das konkret werden zu lassen. Fromm sein und die Flüchtlinge draußen halte zu wollen, spricht dem Kreuz Christi Hohn.

 

Hier noch ein Auszug aus dem Gebet des Papstes beim Kreuzweg, das ich anfangs zitiert habe:

„In dir, verkauft, verraten und gekreuzigt von deinem Volk und von denen, die du liebtest, sehen wir unseren alltäglichen Verrat und unsere gewöhnliche Untreue.

In deiner Unschuld, unbeflecktes Lamm, sehen wir unser Verschulden. In deinem geschlagenen, angespuckten und entstellten Antlitz sehen wir die Brutalität unserer Sünden. In der Grausamkeit deines Leidens sehen wir die Grausamkeit unseres Herzens und unseres Handelns. In deinem Verlassenen sehen wir alle von den Familien, der Gesellschaft, von Aufmerksamkeit und Solidarität Verlassenen. In deinem geopferten Leib, durchbohrt und zerrissen, sehen wir die Körper unserer am Weg liegen gelassenen Brüder und Schwestern, entstellt von unserer Achtlosigkeit und unserer Gleichgültigkeit.

In deinem Durst, Herr, sehen wir den Durst deines barmherzigen Vaters, der in dir die ganze Menschheit umarmen, ihr vergeben und sie retten wollte.

In Dir, göttlicher Liebe, sehen wir auch heute unsere verfolgten Geschwister, enthauptet und gekreuzigt für ihren Glauben an Dich, unter unseren Augen und oftmals mit unserem mitschuldigen Schweigen.“

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Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Kirche und Medien, Neulich im Internet, Papstreise, Sprechen von Gott

5 Kommentare zu “Das Kreuz von Lampedusa”

  1. Elasund sagt:
    8. April 2015 um 19:20 Uhr

    Was mir gerade beim Lesen aufgefallen ist (ich schreibe das etwas ungeschützt, kann es nicht belegen), dass anscheinend das Wort Asyl – nicht nur in diesem Blog sondern überhaupt – aus der ganzen Debatte verschwunden ist. Und irgendwie finde ich das gefährlich, denn Asyl ist ein Menschenrecht und ich möchte nicht diskutieren, ob wir Menschen aufnehmen, die vor Verfolgung Asyl bei uns suchen. Das sollte selbstverständlich sein. Ein ganz anderes Thema ist Einwanderung. Und da finde ich sollen und müssen wir diskutieren und Lösungen suchen und dürfen unterschiedlicher Meinung sein. Ich möchte schon unterscheiden zwischen Menschen die überleben wollen und Menschen die besser leben wollen. Ich beteilige mich an Diskussionen zum Thema Einwanderung meistens nicht, weil ich das als “Mienenfeld” erlebe. Alles wird in eine Schublade gesteckt: Einwanderung innerhalb der EU, Spätaussiedler, Verfolgte, Kriegsflüchtlinge, Bettelbanden, Sinti und Roma… Und immer schön springen bei den Themen/Argumenten…. Wie soll man da noch sinnvoll drüber sprechen?

    Antworten
    1. Kaliene sagt:
      10. April 2015 um 22:29 Uhr

      Was ist denn an dem Wunsch, woanders besser leben zu wollen, als im “eigenen Land” so diskussionswürdig, wenn das “eigene Land” keine Perspektive bietet?
      Es gibt da einen Fragebogen von Max Frisch, ein Schriftsteller, von dem ich sehr viel halte.
      Ich erlaube mir, den Fragebogen im PDF-Format zu verlinken und vielleicht gibt es ja Antworten?
      http://www.weidigschule.de/biblio/FragenFrisch.pdf

      Antworten
  2. Brigitta sagt:
    9. April 2015 um 10:26 Uhr

    Für mich ist diese ganze Diskussion um Asyl contra Einwanderung irgendwie eine Diskussion aus dem 19. Jhdt, als viele Nationalstaaten überhaupt erst entstanden.
    Außerdem ist sie eines Christen unwürdig.

    Antworten
  3. Amadeus sagt:
    9. April 2015 um 12:28 Uhr

    Im Zentrum unserer neugotischen Pfarrkirche, unter dem Chorbogen, steht selbstverständlich der (einzige) Al-tar. Etwas entfernt, vor der Mitte des Chores, ist der Tabernakel auf einer Stele, links davon, etwa drei Schritte entfernt liegt das Evangelistar, gegenüber, rechts vom Tabernakel, in gleicher Entfernung steht frei im Raum ein hohes Kruzifix. Diese drei Zeichen symbolisieren für mich die reale Gegenwart unseres Herrn: in seinem Wort, im Altarsakrament und in jedem leidenden Menschen. Der konkret aus dieser Aufstellung folgende Anspruch, die Mahnung an mich macht mir zu schaffen. Trotzdem, meine ich, diesem Anspruch muss ich mich stellen.
    Die einen halten „das Wort“ für allein ausschlaggebend, die anderen „das Sakrament“ als das höchste Gut. Wenn es aber um den konkreten (leidenden) Menschen, um die Verwirklichung/Vergegenwärtigung von Wort und Sakrament geht, wird es wahlweise merkwürdig still oder auch das glatte Gegenteil: es blühen die Argu-mente warum nicht, oder nicht so, oder ganz anders zu handeln sei, jedenfalls ist es besser, wenn alle diese Leute fern bleiben.
    Bei der Einwanderung in unser Land mögen wirtschaftliche Gründe vor sozialen stehen. Ich denke, dass es in Ordnung ist, wenn eine Gesellschaft übereinkommt, an Einwanderung bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Asyl hingegen ist etwas ganz anderes. Die Vermischung dieser grundverschiedenen Tatbestände ist politisch gewollt, meistens verbunden mit der an sich richtigen Begründung, das Übel dort zu bekämpfen, wo es ist, auch wenn dies weder tatsächlich gewollt (ökonomische Gründe) oder auch möglich ist (politische Gründe).
    Unser Papst macht auf den/die leidenden Menschen aufmerksam und erinnert dabei trotz aller Widerstände – auch in der Kirche – an ein an sich selbstverständliches christlicher Lebenspraxis. Dafür bin ich dankbar, daraus erhoffe ich mir Veränderung. Hat unser Herr Gefallen an der Gleichsetzung von Glauben und Moral, an einer abgezirkelten Liturgie, einer folgenlosen Predigt des Wortes – oder ist nicht auch hier das Ergebnis entscheidend, weil Wort, Sakrament und Leben untrennbar zusammengehören.

    Antworten
  4. Konstantin sagt:
    10. April 2015 um 14:31 Uhr

    Auch ich bin dankbar, dass ich noch so einen Papst erleben darf, der die Lebendswirklichkeit und Praxis in den Mittelpunkt seines Pontifikates stellt. Wie recht, hatte das ZDF am Ostersonntag davon zu sprechen, dass da ein Papst die “alten Zopfe” abgeschnitten hat mit dem Segen Uri et Orbi in über 60 Sprachen. Angeblich soll Papst Franziskus gesagt haben, wss es denn für einen Sinn ergebe Ostergrüsse vom Blatt sbzulesen dessen Sprache er gar nicht spricht. Statt dessen sprach er von den Kongliktherden der Welt, was viel sinnvoller war, wie ich meine. Und jetzt muss msn lesen, dass HERR Karfinal Müller sagt, dass die jetzige Lebenswirklichkeit der Menschen “sei nur ein soziologischer” Begriff der kein Urteilmasstab für die Offenbarung sein könne. Pastorale Praxis darf nicht der Glaubenswirklichkeit wiedersprechen. Ja, dass versteht ja GOTT noch nicht einmal, der Barmherzige.

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