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Kategorie: Papstreise

Papst und Politik: „Their problems are our problems”

Veröffentlicht am 19. September 202019. September 2020
Politik des sich Einbringens für das Gemeinwohl Der Papst in den USA: Am Madison Square Gardens im September 2015

Der Papst und die Politik, ein weites Feld. Er wird wieder vor der Generalversammlung sprechen, wie bei seinem Besuch in New York 2015 auch schon, dieses mal sogar noch eine Nummer größer, es ist die Jubiläumswoche zu 75 Jahren UNO. Damit macht er sich nicht nur Freunde, auch in der Kirche nicht, auch hier im Blog nicht. Raushalten, ist ein immer wieder gehörter Ruf. Dagegen setzt der Papst seine Überzeugung: Politik des sich Einbringens für das Gemeinwohl.

„Die Zukunft der Welt liegt nicht nur in den Händen der Mächtigen, der großen Mächte und der Eliten. Sie liegt grundsätzlich in den Händen der Völker und in ihrer Fähigkeit, sich zu organisieren. Es liegt in ihrer Hand, die mit Demut und Überzeugung den Prozess des Wandels leiten kann.” Das ist sein Credo in Sachen Politik.

Politik des sich Einbringens für das Gemeinwohl

Nehmen wir uns noch mal zwei Ansprachen heraus, die in meinen Augen zusammen gehören, beide 2015 gehalten, beide „politische Reden“ im Sinne des oben gesagten. Und aus einer der beiden stammt auch das Zitat oben. Nämlich aus einer Ansprache vor den der Volksbewegungen der Welt in Santa Cruz in Bolivien. Dazu gehört die Ansprache vom September 2015 vor dem US-Kongress, so ziemlich das Gegenteil der Volksbewegungen. Aber die beiden dort gehaltenen Reden sollte man zusammen lesen.

Es ist spannend, die beiden Perspektiven des Papstes zusammen zu sehen, weil man dann nämlich feststellt, dass sie gar nicht so weit voneinander entfernt liegen. Weder sagt der Papst jedem Publikum, was es hören möchte, noch widersprechen sich dadurch seine Aussagen. Im Gegenteil, Papst Franziskus ist überzeugt, dass wir die Welt ändern können. Und das gilt für das Establishment, das wir Politiker nennen, genauso wie für alle, die sich engagieren. Und das – die Welt ändern, im Großen oder Kleinen – nennt man politisch Handeln.

Träume und Praxis

Was ein Politiker – eigentlich – ist, hat der Papst in seiner Ansprache vor dem US-Kongress deutlich gemacht. Es geht um Träume und das Gemeinwohl, und dann geht es um Praxis und konkrete Schritte. Von seinen vier Beispiel-Persönlichkeiten waren alle ganz unterschiedliche Typen dieses Typs Politiker.

Abraham Lincoln hat die Einheit der Union erhalten wollen und dafür einen Bürgerkrieg in Kauf genommen, der sich dann die Befreiung der Sklaven auf die Fahnen schreib. Martin Luther King wollte die Freiheit für alle US-Amerikaner, nicht nur die Weißen. Er nahm Gewalt und Ablehnung in Kauf, letztlich wurde er dafür getötet. Dorothy Day hat sich für katholische Arbeiter eingesetzt und Häuser für Frauen gegründet. Hinter ihr stand keine Mehrheit wie der Norden der Union oder die afro-amerikanische Bevölkerung. Und Thomas Merton war der untypischste im Quartett, ein kontemplativer Mönch, der sich aber durch das Schreiben Gehör verschaffte und die Sicherheiten seiner Zeit in Frage stellte, letztlich ein sehr politisches Tun.

Politisch im Sinne des Papstes

In diesem Sinne war der Papst auch politisch. Seine Träume wollen nicht nur Träume bleiben, er spricht auch nicht nur abstrakt über die Rolle von Religion in  Gesellschaft und Staat, sondern wird konkret: Abschaffung der Todesstrafe, Aufnahme von Immigranten (interessanterweise machte er keine Unterscheidung zwischen legal und illegal), Würde für die Ausgeschlossenen, Gefängnisse nicht nur zur Bestrafung sondern auch zur Resozialisation, dazu die Themen Umwelt, Frieden und der Dialog mit Kuba und dem Iran, die Liste der konkreten Dinge bei der Papstrede ist lang. Religionsfreiheit steht auch auf der Liste, zuletzt in Abu Dhabi bei der Unterzeichnung eines Abkommens.

Leider hat Politik einen schlechten Ruf, in den USA einen noch viel schlechteren als bei uns. Das politische Geschäft ist die reine Selbstblockade, und Präsident Trump unterbietet derzeit jeden Standard, den Politik hat.

Recht-haben-wollende Politikfeinde

Woanders sind es andere Phänomene, aber die Ablehnung von Politikern ist ziemlich weit verbreitet. Es ist aber die Art und Weise, die Welt zu verändern, wenn dir nicht auf Diktatoren oder Oligarchien setzen wollen. Das was die Anti-Demokraten veranstalten, in den USA vor allem Trump, ist im Letzten unpolitisch, weil man nichts ändern will. Änderung setzt nämlich Prozesse voraus, und die will man nicht. Man will Recht haben, in allem, Punkt. Das ist aber unpolitisch. Schauen Sie sich um!, auch hier gibt es reichlich unpolitischer weil Recht-haben-wollender Politikfeinde.

„Their problems are our problems”: dieser Satz aus der Rede in Washington ist letztlich der Kern des Politischen. Wer sich nicht mit den eigenen Problemen zufrieden gibt, sondern Verantwortung für andere übernimmt, macht sich ihre Probleme zu eigen. Und er bekommt auch Probleme, die er sich gar nicht ausgesucht hat. Klimafragen, Hunger, Zugang zu Wasser, „Dach, Erde, Arbeit”, wie das Schlagwort der wachsenden Bewegung lautet, die der Papst in Bolivien und auch in Rom getroffen hatte, das sind alles Probleme, die allen zuwachsen, die Verantwortung übernehmen.

„Yardstick”: Woran wir gemessen werden

Und dann ist es eigentlich auch egal, ob man das als Vertreter von Landlosen tut oder als US-Senator.

Fluchtpunkt des Politischen, wie es der Papst vielleicht nicht definiert aber doch beschrieben hat, ist das Gemeinwohl, der Aufbau einer Gesellschaft. Das Gegenteil dazu – und dazu schlage an die Rede an die Volksbewegungen nach – sind Partikularinteressen, die Interessen der Mächtigen, seien es Konzerne oder Parteistrategen und Wahlkämpfer.

Und wir werden gemessen werden, „yardstick” sagte der Papst, es gibt Fragen, an denen zukünftige Generationen ablesen, ob wir gescheitert sind, ob wir uns wirklich gemüht haben oder ob wir in Bequemlichkeit alles abgeschoben haben. Und diese Messlatten suchen wir uns nicht aus, nicht wir bestimmen, nach was wir einmal gemessen werden. An dieser Stelle habe ich es schon einmal geschrieben, ich bin fest davon überzeugt, dass der Umgang mit den Flüchtlingen weltweit eine solche Messlatte ist, die an uns angelegt wird.

„The enemy without feeds the enemy within”

Hier liegt unser Auftrag, für das Wohl aller und das Wohl aller gemeinsam, das Gemeinwohl, zu arbeiten.

Drücken gilt nicht. Ich möchte einen Satz abwandeln, den der Papst über den Umgang mit Hass und Terror gesagt hat: Wenn wir uns dem Gegner nur in Gegnerschaft stellen, dann werden wir so wie er. „The enemy without feeds the enemy within”, innerlich sind wir dann nicht besser. Abgewandelt lautet der Satz dann: wenn ich mich drücke, beschädige ich mich selber. Wenn wir uns diesen – letztlich politischen – Aufgaben nicht stellen, macht das was mit uns. Wir müssen nicht gleich in Parteien eintreten, politisches Handeln geht auch ganz anders. Aber mit dem Wegsehen füttern wir den Feind in uns, den “Feind der menschlichen Natur”, wie ihn der heilige Ignatius nennt, also den, der in uns steckt und uns von uns selber wegbringen will, von dem wozu wir eigentlich geschaffen und gewollt sind.

Also, überlassen wir die Politik nicht nur den Politikern. Dafür ist sie viel zu wichtig.

Transparency: Dieser Beitrag ist eine überarbeitete Version eines Artikels während der Papstreise zur UNO im September 2016

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Papstreise, VatikanSchlagwörter Dialog, Gemeinwohl, Papst Franiskus, Papstreise, Politik, Religionsfreiheit, USA21 Kommentare zu Papst und Politik: „Their problems are our problems”

Globalisierung der Gleichgültigkeit, revisited

Veröffentlicht am 8. Juli 20198. Juli 2019
Papst Franziskus feiert 2013 Messe auf Lampedusa

Im vergangenen Jahr war er in Bari, Papst Franziskus wollte dort ökumenisch an die vielen Ertrunkenen im Mittelmeer erinnern. Das war der fünfte Jahrestag seines Besuches auf Lampedusa. Heute, am sechsten Jahrestag, feiert er in Sankt Peter eine Messe für Flüchtlinge und Migranten und deren Helfer.

Das Ganze fällt in eine aufgeheizte Situation. Die Aufregung um Carola Rackete (in deutschsprachigen Medien) und die moralische Selbstgerechtigkeit des Nordens Europas, der Italien lange alleine gelassen hat mit dem Problem, der Zynusmus des Innenministers Salvini, der an Lösungen nicht interessiert einfach nur Zorn entfacht. Um das in Wählerstimmen umzusetzen.

Messe für Flüchtlinge und Migranten

Dazwischen geraten die, die fliehen, migrieren, vertrieben werden. Papst Franziskus mischt sich in die politische Debatte nicht ein, er macht es auch nicht moralisch oder gar Moralinsauer, sondern er feiert eine Messe. Wie er auf Lampedusa schon einen Kranz ins Meer geworfen hatte.

„Wer hat geweint über den Tod dieser Brüder und Schwestern?“, hatte er 2013 auf Lampedusa gepredigt. „Wer hat geweint um diese Menschen, die im Boot waren? Um die jungen Mütter, die ihre Kinder mit sich trugen? Um diese Männer, die sich nach etwas sehnten, um ihre Familien unterhalten zu können? Wir sind eine Gesellschaft, die die Erfahrung des Weinens, des „Mit-Leidens“ vergessen hat: Die Globalisierung der Gleichgültigkeit hat uns die Fähigkeit zu weinen genommen!“

Die Fähigkeit zu weinen genommen

Menschlichkeit ist das Stickwort hier. Wo im kaum zu überbietenden Zynismus das Leid von Menschen benutzt wird, um Punkte zu machen, gerät Menschlichkeit unter die Räder. Ich habe aber auch den Verdacht, dass bei aller Aufregung um Frau Rackete die Flüchtlinge und Geretteten selber vergessen werden. Alle Konzentration und alle Kameras und alle politischen Kommentare auf sie, da können wir unsere eigene Hilfsbereitschaft feiern. Und die Flüchtlinge? Die dürfen kommen. Auch das ist zynisch.

Die Destruktiv-Katholiken haben die Messe des Papstes bereits als „Messe für und mit Menschenschmugglern“ betitelt. Auch innerhalb der Kirche scheint es Ecken und Winkel ohne Menschlichkeit zu geben. Menschlichkeit, so mag ich anfügen, die ja immerhin göttlich ist. Gott wurde nicht Moral, Gott wurde nicht Kultur, Gott wurde nicht Nation, Gott wurde Mensch.

Gott wurde nicht Moral

Einmal mehr sehen wir, wie recht Papst Franziskus hatte und hat, wir können noch nicht einmal mehr weinen. Wir reden über uns selber, sind stolz auf unsere Hilfsbereitschaft ohne Italien zu helfen, oder benutzen das Schicksal von Menschen um Wut zu schüren. Aber dass da Menschen sterben, das gerät schnell aus den Schlagzeilen.

Gut, dass der Papst Messe feiern. Gott lobt und Fürbitte hält und das Feiert, was im Zentrum unseres Glaubens ist: Die Selbsthingabe Gottes. Ohne Denken an konkrete Menschen geht das nicht. Heute nicht, 2013 nicht und wie zu fürchten ist am siebten Jahrestag im kommenden Jahr auch nicht.

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Ökumene, Papstreise, Rom, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Flüchtlinge, Globalisierung, Lampedusa, Messe, Mittelmeer, Papst Franziskus, Retter, SeaWatch131 Kommentare zu Globalisierung der Gleichgültigkeit, revisited

Die Freiheit und das künstlich geschürte Gefühl der Angst

Veröffentlicht am 2. Juni 20191. Juni 2019
Balkan und Europa: Ein Thema des Papstes Papst Franziskus zu Besuch in Rumänien, und Europa ist Imme dabei

Es ist ein böses Wort: Der Balkan beginnt immer 50 Kilometer südwestlich von dem Ort, an dem ich mich gerade befinde. Ausdruck einer Missachtung, die wir für diesen Teil Europas haben, anders kann man das nicht sagen. Balkan und Europa, das will in unseren Köpfen nicht zusammen, unsere Vorstellung von Europa ist anders.

Papst Franziskus hat sich Süd-Osteuropa aber bereits mehrfach als Reiseziel gewählt: Bosnien-Herzegowina (2015), Nord-Mazedonien und Bulgarien (2019), Albanien (2014) und mit dem heutigen Sonntag endend die Reise nach Rumänien. Viele Besuche in eine geographisch eher kleine Region der Welt.

Balkan und Europa

Und das liegt nicht nur daran, dass der Balkan von Italien aus nicht weit weg ist, die Länder dort sind auch lebendig, in Bewegung.

Und deswegen ist es so wichtig, Dialog anzubieten, Kräfte zu stärken und Präsenz zu zeigen. Eben nicht den Balkan unten rechts liegen zu lassen.

Ein wichtiges Thema dabei ist immer das der Freiheit. 1989 liegt nun schon länger zurück, die Befreiung vom Sowjet-System. Der Umgang mit dieser Freiheit kommt deswegen immer wieder vor, in vielen Ansprachen und Begegnungen. Nicht immer ist das einfach, aber immer ist es notwendig.

Der Umgang mit der Freiheit

„Hürden“ nannte der Papst das in Rumänien, Entvölkerung und Landflucht, Schwächung der kulturellen Wurzeln, Vergessen der eigenen Traditionen, aber auch soziale und politische Probleme.

Seine Botschaft: Zusammenarbeit. Ganz einfach. Dialog und Zusammenarbeit. „Es ist notwendig, dass alle gemeinsam vorangehen“ und sich um das Gemeinwohl – das Wohl das man nicht alleine haben kann – kümmern. Da muss man noch nicht die Überschrift „Papst spricht sich gegen Populismus aus“ draus machen, aber auf positiver Weise drückt der Papst das aus. Er ist für etwas, nicht gegen etwas.

Dafür, nicht dagegen

Und es ist mehr als „nur“ Politik oder Gesellschaft, es hat mit Geschichte, Kultur, sozialem Leben zu tun. Die „Güte des Gesellschaftsmodells“ könne man daran ablesen, wie mit den Schwächsten, Ärmsten und Geringsten“ umgegangen werde.

Dazu brauche es mehr als nur ein Update der Wirtschaftstheorie, das geht tiefer, eben auch auf dem Gebiet von Kultur, Religion und „Seele“, auch wenn uns dieses Wort vielleicht komisch vorkommt.

„In diesem Sinn können die christlichen Kirchen mithelfen, das pulsierende Herz wiederzufinden und zu stärken; den von diesem muss ein politisches und soziales Handeln herkommen, das von der Würde des Menschen ausgeht und das dazu führt, sich aufrichtig und hochherzig für das Gemeinwohl der Gemeinschaft einzusetzen“ (Rede am Freitag). Klingt vielleicht wie eine Sonntagsrede, hat aber mit Blick auf die politischen und sozialen Egoismen durchaus Sprengkraft.

Vergiftete Gesellschaft

Er hat bei der Begegnung mit den Orthodoxen von dem „künstlich geschürten” Gefühl der Angst gesprochen, das zunehmend die Gesellschaft vergifte. Abschottung und Hass seien das Resultat. Viele hätten vom wachsenden Wohlstand profitiert, aber die meisten blieben dann doch „gnadenlos ausgeschlossen”: Gnade, das ist ein Gottes-Wort. An dieser Stelle ist er dann doch gegen etwas, er nennt die Gefahren für die Freiheit, für den menschenwürdigen Umgang miteinander.

Und er sagt es in Europa. Auf dem Balkan. Dort wo Europa sich selber schwach sieht, arm. Wo wir Geschichten von Korruption und Kriminalität lesen. Wo aber auch Freiheitsgeschichte spielt.

Es sind Botschaften an alle von uns, die von dort kommen. Von wohl dort kommen müssen. Wenn, ja wenn Europa denn zuhört.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Ökumene, PapstreiseSchlagwörter Angst, Balkan, Europa, Freiheit, Papst Franziskus, Papstreise, Populismus, Rumänien8 Kommentare zu Die Freiheit und das künstlich geschürte Gefühl der Angst

Lateinamerika – Konsumkultur ist Kolonisierung

Veröffentlicht am 23. Mai 201913. Mai 2019
Den Weg des Konzils fortsetzen Der Wallfahrtsort von Aparecida, Brasilien

Es gibt viele Grundlagentexte, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einzelnen Ortskirchen oder Verbünden geschrieben wurden, neben den postsynodalen Schreiben der Päpste zu einzelnen Regionen gibt es etwa das Papier „Missionarisch Kirche sein“ der deutschen Kirche oder die Ergebnisse des Prozesses „Apostelgeschichte 2010“ in Österreich. So will man den Weg des Konzils fortsetzen.

Unter all diesen Dokumenten haben die Texte der Generalversammlungen der lateinamerikanischen Bischöfe immer herausgeragt, Puebla und Medellin waren zwei der auch die übrige Kirche prägenden Versammlungen, die unter anderem die Option für die Armen formuliert haben. Das jüngste Dokument, ebenfalls benannt nach dem Tagungsort: Aparecida.

Den Weg des Konzils fortsetzen

Nicht uniteressant, dass der damalige Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Jorge Mario Bergoglio, dem Redakionskomittee vorstand, als Papst hat er die Gedanken nach Rom und in die Weltkirche mitgebracht, vieles findet sich auch weiter entwickelt in seiner Enzyklika Laudato Si wieder.

2007 war das, als sich die CELAM in Brasilien versammelt hatte, eben im Wallfahrtsort Aparecida. Papst Benedikt XVI. hatte die Versammlung eröffnet, danach wurde zwei Wochen getagt. Herausgekommen ist ein Dokument von knapp 300 Seiten, das bis heute die Pastoral in Lateinamerika prägt.

Es ist aber mehr als das. Entstanden ist ein Dokument der Reflexion und der Grundlagen. Ohne das Rad neu erfinden zu wollen sollte ein Weg für die Kirche für alle verstehbar und nachvollziehbar formuliert werden. Und das ist geglückt.

Dynamik, nicht bloß Worte

Was beim Lesen vor allem auffällt ist die Dynamik, die sich durch den Text zieht. Es ist keine bloße Rhetorik, die Kirche versteht sich als gegründet und gesandt, man fordert die „Dynamik des Samariters“ für das eigene Tun. Auch das ein Thema, das Kardinal Bergoglio als Papst immer wieder nennt. Jüngerschaft und Mission seien zwei Seiten derselben Medaille, so das Dokument. Man sieht die Kirche in dieser Dynamik des Rufes Jesu, der Folgen haben muss für das eigene Leben.

Sehr deutlich fällt immer wieder die Ablehnung aller Formen der Vereinfachung der Realität aus, man wehrt sich gegen zu schnelle Lösungen und zu einfache Analysen. Ebenso wehrt man sich deutlich gegen die Fluchtbewegungen in „tröstliche Vorstellungen, in Echtzeit, live“; tröstende Phantasien könnten die Realität nicht ersetzen. Hier käme eine internationale und standartisierte Kultur zum Tragen, die lokale Traditionen missachte und indifferent gegenüber Unterschieden sei. Es sei eine „kulturelle Kolonisierung“, die von statten gehe. Deutlicher kann man in Lateinamerika nicht werden: Konsumkultur ist Kolonisierung.

Wider die Vereinfachungen

Auffällig ist weiterhin, dass einige Passagen in Gebetssprache verfasst sind. Es bleibt nicht bei der abstrakten Analyse. Der Dank spielt eine wichtige Rolle, aber ebenso die Klage über fehlenden Enthusiasmus, über die eigenen Mängel und Schattenseiten.

Herausgekommen ist etwas, womit Christen nicht nur in Lateinamerika etwas anfangen können. Deutliche Analysen über die Zersetzungskräfte der Gesellschaft, aber auch Hoffnung für das eigene Beten und Tun. Perspektiven nicht nur für die Kirche als Ganzes, sondern ganz konkret für die einzelnen Gemeinschaften und Pfarreien, in denen Kirche lebt.

Für den ganzen Kontinent

Die entscheidende Formulierung steht in Nr. 263:

„Wir verpflichten uns, eine große Mission im ganzen Kontinent durchzuführen. Sie wird uns abverlangen, alles, was wir denken und was uns bewegt, tiefer zu erfassen und einfallsreicher darzulegen, damit jeder Gläubige ein missionarischer Jünger werden kann“. Aus dem Papier wird so ein Prozess, der bis heute durch die Bistümer und Pfarreien geht, immer unterschiedlich, je nach Bedürfnis oder Fragestellung. Aber hier in Lateinamerika gibt es die lebendige Umsetzung eines Papiers zum Anfassen. Es soll die Kirche im Sinn des Konzils umformen, man setzt auf nichts weniger als „ein neues Pfingsten“.

In seiner Eröffnungsansprache hatte Benedikt XVI. von der „Kultur des Lebens“ gesprochen, die auf der Förderung des ganzen Menschen beruhen müsse, was die Priorität des Glaubens genauso umfasst wie das Beseitigen sozialer Ungerechtigkeiten. Das Dokument aus Aparecida will genau das umsetzen. Es lohnt sich ein Neu-Lesen, auch, aber nicht nur, anlässlich der Papstreise in diesen Tagen.

 

P.S.: Zur Erinnerung – ich selber bin gerade in Brasilien unterwegs, bitte sehen Sie mir nach, wenn nicht alle Kommentare sofort erscheinen, ich werde nicht dauernd online sein.

Kategorien Allgemein, Bischofssynode, Franziskus, Glaube und Gerechtigkeit, Glaube und Vernunft, Papstreise, Sprechen von Gott, Zweites Vatikanisches KonzilSchlagwörter #SinodoAmazonico, Aparecida, Bergoglio, Dokument, Kirche, Konzil, Lateinamerika9 Kommentare zu Lateinamerika – Konsumkultur ist Kolonisierung

Missbrauch, Teufel und die Frage nach Verantwortung

Veröffentlicht am 1. April 2019
Frühchristentum für Heute Papst Franziskus im Flieger nach Marokko

Jetzt also die Donatisten. Die Gnostiker und die Pelagianer haben es ja schon abbekommen, immer mal wieder. Papst Franziskus mag offensichtlich die frühchristlichen Versionen von Christentum und Lehre, gegen die sich die Kirche damals entschieden hat. „Häresie“ nennen wir das, in der frühen Kirche gab es eine ganze Menge von verschiedenen Sichtweisen von Jesus, Gottsohnschaft, Gnade, Sünde und so weiter. Und erst allmählich ist sich die Kirche bewusstgeworden, welches nun die richtig sei. Frühchristentum für Heute, Papst Franziskus nutzt das um dem Heute auf die Spur zu bekommen.

Frühchristentum für Heute

Wie gesagt, jetzt die Donatisten. Die sind vor allem ihres Gegners wegen berühmt, Augustinus von Hippo, immerhin ein Kirchenlehrer und damit bis heute eine der führenden Autoritäten in Sachen Theologie. Er hatte sich ihrer kritisch angenommen.

Der Papst griff auf die Donatisten zurück, weil er während des Rückfluges von Marokko nach dem Zusammenhang von Missbrauch und Teufel gefragt worden war. Sie wissen schon, die Abschussrede bei der Konferenz zum Kinderschutz, die nicht und im deutschsprachigen Raum auf viel Kritik gestoßen war. Das sei Verantwortungs-Verweigerung war noch der schwächste Vorwurf.

Seine Antwort im Flugzeug: um etwas verstehen zu können, müsse man sich alle Begründungen ansehen und deren Bedeutungen nachgehen. Die soziologische, die psychologische und so weiter. Und eben auch die spirituelle und religiöse Bedeutung.

Ausdrücklich wolle er damit nicht sagen, dass das Sprechen im spirituellen Modus nun Verantwortung abwälze. Im Gegenteil, ausführlich sprach er im Flieger über die Verantwortungsträger, er selber könne nicht glauben, dass die nichts haben machen können etwa in Sachen Pädo-Pornografie, die so einfach im Internet abzurufen sie. Das könne man nicht einfach auf den Teufel oder so abwälzen. „Das bedeutet nicht, sich ‚die Hände in Unschuld zu waschen‘ und zu behaupten, ‚dass hat der Teufel getan‘“, erklärte er im Flieger am vergangenen Sonntag Abend.

„Das bedeutet nicht, sich ‚die Hände in Unschuld zu waschen‘”

Man müsse aber alle Dimensionen betrachten, um dem ganz auf die Spur zu kommen. Und hier kommen die Donatisten ins Spiel, Stichwort Frühchristentum für Heute: „Die Gefahr der Kirche heute ist es, zu ‚donatistisch‘ zu werden und nur menschliche Mittel zu suchen und dabei andere Dimensionen zu übersehen.“ Ausdrücklich nannte er da die Vorschläge der US-Bischofskonferenz, der Vatikan hatte darum gebeten, deren Maßnahmen noch nicht zu verabschieden. „Die Vorschläge waren zu methodologisch, die spirituelle Bedeutung war verdeckt“, erklärte Franziskus.

Und hier kommen die Donatisten ins Spiel. Die Ausgangslage damals ist interessant, wir befinden uns im 4. Jahrhundert und die Christen hatten sich die Frage gestellt, was tun mit Priestern, die gesündigt haben? Gehen wir mal nicht in die Details, aber die Denkschule, die unter Donatisten zusammen gefasst wird war der Meinung, dass gültige Sakramente nur von schuldlosen, reinen Priestern erteilt werden könnten.

Noch um das Jahr 400 setzte Augustinus dagegen, dass die Kirche eine Kirche von Sündern sei und dass alle der Vergebung bedürften, es gebe keine Reinen in der Kirche. Denn das bedeute ja im Umkehrschuss, dass diese der Vergebung Gottes nicht bedürften. Und das ist nicht der christliche Glaube.

Schuldlosigkeit nicht mit eigenen Mitteln

Interessant für Franziskus ist die dahinter liegende Ansicht, nämlich dass wir Schuldlosigkeit und Reinheit aus eigenen Mitteln erreichen können. Denn das ist ja die Schulssfolgerung aus der Idee, dass es schuldlose und reine geben kann. Wir können selber mit eigenen – wissenschaftlichen, psychologischen, soziologischen, juristischen und damit menschlichen – Mitteln dafür sorgen, dass die Plage des Missbrauchs unter uns erkannt und bekämpft wird.

Dass es diese Mittel braucht und notwendig braucht, das bezweifelt der Papst auch gar nicht. Im Gegenteil. Nur fügt er eben hinzu, dass es noch eine weitere Dimension gibt. Die den anderen Dimensionen nicht ins Handwerk pfuscht – Stichwort Verantwortungsvermeidung – die aber auch bedacht werden muss.

Damit sind wir nicht weit weg von Pelagius, auch der ein theologischer Gegner des Agustinus. Die von uns Pelagianismus genannte Denkrichtung glaubt, dass Heil vom menschlichen Willen abhängt. Während die Donatisten wie gesagt ganz auf menschliches Tun gesetzt haben. Frühchristentum für Heute. Der Papst mag das wohl auch, weil das große geistliche Klammern mit allgemeiner Tendenz sind, die sich zu betrachten lohnen. Auf was baue ich? Wo sehe ich meinen weg Richtung Erlösung? Freiheit? Heil? Da helfen diese theologischen und auch geistlichen Denkschulen von damals ganz gut als Folie.

Donatisten, davor Gnostiker und Pelagianer. Mal sehen, wann die Arianer dran sind. Das Frühchristentum bietet für heute scheinbar noch so einiges an Lehrstoff.

 

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Papstreise, Spiritualität / Geistliches Leben, Sprechen von GottSchlagwörter Donatismus, Häresie, Lehre, Missbrauch, Papst Franziskus, Pressekonferenz, Teufel, Verantwortung3 Kommentare zu Missbrauch, Teufel und die Frage nach Verantwortung

Franziskus rote Schuhe

Veröffentlicht am 30. März 201929. März 2019
Geschichte durch Symbole Damals: Auslage im Klero-Kleidergeschäft Gamarelli, Roma, inklusive rote Schuhe

Nein, Papst Franziskus trägt keine roten Schuhe. Hat er noch nie und wird er auch nicht. Aber wie ehedem Papst Benedikt XVI. immer und immer wieder eine rote-Schuhe-Geschichte in den Medien hatte, so hat nun Papst Franziskus etwas Ähnliches. Eine Geschichte durch Symbole erzählt.

Es geht um die Ring-Kuss-Geschichte in der zu Ende gehenden Woche. Ein kurzes Video aus Loreto, wo der Papst zur Unterzeichnung des Synoden-Abschlussdokuments hingefahren war. Er wollte sich nicht den Fischerring – das Zeichen seiner Autorität – küssen lassen und zog immer wieder die Hand weg. Das Video ging viral und irgendein Scherzkeks hat auch noch unser Logo, das Logo von VaticanNews, auf das Video geklebt, obwohl es nicht von uns ist.

Geschichte durch Symbole erzählt

Dumme Geschichte, könnte man meinen. Nicht wirklich interessant, könnte man sagen. Eine Kuriosität, könnte der Eindruck sein. Aber dass bis in die großen Zeitungen hinein ist das berichtet worden, wenn auch nur unter der Abteilung „Buntes“. Und die üblichen Medien haben natürlich der Versuchung nicht widerstehen können, darin grundsätzlich ein Zeichen für die Geschmacklosigkeit des Papstes zu sehen.

Aber das ist nicht alles. Hier wird etwas Neues sichtbar. Natürlich hat es immer auch „bunte“ Geschichten über den Papst gegeben, auch über diesen. Aber dieses Mal wird daraus eben das, was ich eine rote-Schuhe-Geschichte nenne. Hier wird eben wie ich weiter oben schon gesagt habe eine Geschichte durch Symbole erzählt, wie weiland bei den roten Schuhen.

Die roten Schuhe des Papstes hatten immer ein Eigenleben. Kaum eine Papstreise ins Ausland, bei der ich dabei war, wo nicht in den örtlichen Zeitungen ein Foto samt Text erschienen ist. Es war das Symbol für das Andere, das Fremde, das Skurrile, das Komische, das Unverständliche. Indem man über die Schuhe sprach, konnte man genau diese Dimensionen symbolisch zur Sprache bringen. Und jeder konnte es verstehen, denn jeder hatte ja dieselben Eindrücke; wer trägt schon rote Schuhe? Und dann auch noch von Amts wegen?

Rote Schuhe von Amts wegen

Papst Franziskus hat gleich von Anfang an die Symbolsprache verändert. Gereinigt, würde ich sagen. Symbole ändern sich, wie die Sprache sich auch ändert. An die Bibel angelehnt frage ich an dieser Stelle noch einmal: Und wenn ein Symbol nicht mehr symbolisch ist, womit können wir es wieder symbolisch machen? Ich kann ein Symbol nicht dekretieren, es funktioniert oder funktioniert nicht. Ein Symbol, das ich erst erklären muss, verfehlt seinen Zweck total. Und um gleich einen garantierten Einwand vorwegzunehmen, nein, das heißt nicht das Ausrichten am kleinsten gemeinsamen Nenner. Das heißt die Realität einer sprachlichen Entwicklung Ernst nehmen.

Denn es gibt ja Symbole, die weiterhin problemlos funktionieren. Niemandem fällt auf, dass der Papst weiterhin weiß trägt. Hätte er ja ändern können. Hat er aber nicht. Weil es eben ein Symbol ist, das verstanden wird. Der Papst hat seine eigene symbolische Sprache eingesetzt, das Umarmen, der Verzicht auf große Autos. Der Vorwurf ist, dass er nicht verstehe, dass es nicht um ihn gehe, sondern um das Amt. Dass diese Sprache ihn selber in den Vordergrund rücke. Das sehe ich nicht. Ich sehe, dass seine symbolische Sprache auf die Vereinbarkeit von Amt und Religion achtet. Dass die Symbolsprache der Botschaft von Jesus Christus mindestens nicht widerspricht. Geschichte durch Symbole, das sollte weniger Amt und Rang und mehr Religion sein.

Man weiß einfach nicht mehr

Aber jetzt haben wir die Ring-Kuss-Geschichte. Es ist für mich das Zeichen, dass viele nicht mehr verstehen, wofür der Papst steht. Dass er fremd geworden ist, so dass wir diese Fremdheits-Erfahung als symbolisch betrachten. Dass uns nicht mehr klar ist, was er will und wofür er steht. Dass so ein Video viral geht ist kein Zeichen für eine verblendete Medienwelt, sondern es ist ein Zeichen, dass viele Leute eben nicht mehr sehen, wofür dieser Papst steht. Das ist ein Alarmsignal.

Nun muss nicht immer alles klar sein, aber wenn das Grundanliegen des Papstes, die Umkehr der Kirche, die Reform und der Aufbruch in den Spuren Jesu, Gehör finden will, dann müssen wir uns dessen bewusst sein, dass das so einfach nicht mehr ist. Was genau, darüber müssen wir reden. Die rote-Schuhe-Ringkuss-Geschichte macht es uns sehr deutlich.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Neulich im Internet, Papstreise, VatikanSchlagwörter Papst Franziskus, Papstvideo, Ring, Ringkuss, rote Schuhe, Symbol, Symbolsprache59 Kommentare zu Franziskus rote Schuhe

Soft Power Vatikan: Papst, Politik, Religionsfreiheit

Veröffentlicht am 28. März 201926. März 2019
Soft Power Vatikan Unterzeichnung in Abu Dhabi: Kronprinz Mohammed bin Zayed al-Nahyan, Papst Franziskus und Großimam Imam Sheich Ahmed al-Tayeb (c) Vatican Media

Wenn der Vatikan Diplomatie betreibt, betreibt er vor allem Religionsfreiheit. Vatikanische Politik dreht sich um Religionsfreiheit, wenn man so will. Der Vatikan treibt keinen Handel, hat keine andere Machtbasis und ist deswegen das, was man „soft power“ nennt. „Soft power Vatikan“, das gab es in der Vergangenheit an einigen Stellen zu beobachten, und in dieser Woche geht es weiter, mit der Papstreise nach Marokko.

Der Kern dieses vatikanischen Ansatzes zu Diplomatie und Politik findet sich im Konzil, wie sollte es auch anders sein, und zwar im Dokument „Dignitatis Humanae“, wie der Vatikanist John Allen nachweist. Es gehe in der praktischen Politik und Diplomatie darum, den Katholiken vor Ort die Rechte der Religionsfreiheit zu verschaffen.

„Das Vatikanische Konzil erklärt, dass die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat. Diese Freiheit besteht darin, dass alle Menschen frei sein müssen von jedem Zwang sowohl von seiten Einzelner wie gesellschaftlicher Gruppen, wie jeglicher menschlichen Gewalt, so dass in religiösen Dingen niemand gezwungen wird, gegen sein Gewissen zu handeln (…). Ferner erklärt das Konzil, das Recht auf religiöse Freiheit sei in Wahrheit auf die Würde der menschlichen Person selbst gegründet, so wie sie durch das geoffenbarte Wort Gottes und durch die Vernunft selbst erkannt wird. Dieses Recht der menschlichen Person auf religiöse Freiheit muss in der rechtlichen Ordnung der Gesellschaft so anerkannt werden, dass es zum bürgerlichen Recht wird.“ (DH 2)

Horizont Religionsfreiheit

Aber das allein ist es noch nicht, wenn der Papst selber politisch aktiv wird – und ich nenne hier Politik alles, was sich die Sorge ums Gemeinwesen zum Gegenstand macht – dann blickt er über diesen Horizont noch hinaus. „Es gibt immer eine Tür, die offen ist“ war sein legendärer Kommentar vor dem Besuch Präsident Trumps im Vatikan. Anders gesagt – und auch das mit Papstworten – Dialog ist immer besser als kein Dialog.

Dabei muss der Papst nicht immer die Erwartungen der Öffentlichkeit erfüllen. Weil er keine Wirtschaftsdelegation dabei hat und Millionenaufträge zu ergattern hofft, ist er frei. Und allein durch seine Person verkörpert er Werte wie Gerechtigkeit und Religionsfreiheit, ohne sie extra einfordern zu müssen. Eine Bundeskanzlerin oder ein Bundeskanzler muss Abwägen, weil es neben Menschenrechten auch um Arbeitsplätze geht. Das muss der Papst nicht.

Die ersten Ansprachen nach der Ankunft in jedem Land gelten immer den Vertretern von Staat und Gesellschaft, da spricht er immer einige wichtige Punkte an. Aber seine Person alleine reicht eigentlich schon aus.

Allein seine Person steht schon für was

Er wünscht sich das aber auch von anderen. Politik solle insgesamt nicht nur die Kunst des Machbaren sein, sondern ein sich Kümmern ums Gemeinwohl. Das sagte er neulich wieder erst in einer Rede. Nur das lasse die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. So werden sie nicht von den Mächtigen abhängig.

Aber zurück zur Soft Power Vatikan: Der Papst kann von Syrien sprechen, wenn keiner hinschaut. Von Umwelt und Schöpfung als Gerechtigkeitsfrage, wenn sonst die beiden Themen eher feinsäuberlich getrennt sind. Er wird nicht müde vom Irak zu sprechen. Und gerade erst hat er wieder seinen Willen bekräftigt, in den Sudan zu reisen, auch das eine Region die nicht wirklich wahrgenommen wird.

Marokko und Abu Dhabi

Seine Umweltenzyklika Laudato Si‘, um darauf noch einmal zurück zu kommen, ist in diesem Sinn eminent politisch. Genauso wie die Reisen, die sehr viel symbolischer sind, das kann auch nicht anders sein. Aber allein die Tatsache, dass er Abu Dhabi und Marokko auf seinem Programm hat, spricht Bände.

Im in Abu Dhabi unterzeichneten Dokument gibt es für die „Soft Power Vatikan“-Politik eine Definition:

„Die Kultur des Dialogs als Weg, die allgemeine Zusammenarbeit als Verhaltensregel und das gegenseitige Verständnis als Methode und Maßstab“.

Das unterzeichnet man gemeinsam mit einem Vertreter der Muslime, aber es kann auch als Vademecum der Soft Power hier gelten.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Gerechtigkeit, Papstreise, VatikanSchlagwörter Diplomatie, Konkordat, Papst Franziskus, Papstreise, Politik, Religionsfreiheit, soft power1 Kommentar zu Soft Power Vatikan: Papst, Politik, Religionsfreiheit

Der Mut zur Andersheit

Veröffentlicht am 5. Februar 20194. Februar 2019
Frieden und Religion: Thema eines Treffens in Abu Dhabi Papst Franziskus zu Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten

Erinnern Sie sich an das Friedensgebet im Vatikan? 2014 war das, der Papst, der orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, der Präsident Israels und der Präsident Palästinas hatten jeweils für Frieden gebetet. In den Vatikanischen Gärten war das, nach dem Israelbesuch des Papstes. Und weil eine nicht vorher nicht abgesprochene Sure zitiert wurde, brachen im Netz die Wellen über diese Friedensinitiative herein. Frieden und Religion ist eine schwierige Kombi, besonders wenn einige Religion eher als Keil benutzen.

Den interreligiösen Dialog mit dem Islam hat der Papst sehr früh auf seine Agenda gesetzt. Und ihn im Laufe der Jahre auch betrieben, sei es mit seinem Besuch in der Türkei, in Ägypten, in Jordanien und Israel und so weiter. Und jetzt ist er als erster Papst überhaupt auf die arabische Halbinsel gereist, Grund und Anlass ist eben genau dieser Dialog.

Frieden und Religion

Nach den Gebeten, nacheinander in den Vatikanischen Gärten gesprochen, ist noch nicht sofort der Frieden ausgebrochen. Erstaunt war ich aber damals schon darüber, wie negativ solch ein Beten gesehen wurde. Auch im Blog hier. Da halte ich gegen, dass jeder Schritt, den man nicht macht obwohl man ihn machen könnte, sträflich ist. Es gibt viele Schritte in Richtung mehr Gewalt und Verhärtung, denen muss man etwas entgegen setzen. Denen darf man die Welt nicht überlassen.

In seiner Ansprache in Abu Dhabi ist der Papst noch einmal auf das Beten eingegangen, es „reinigt das Herz von seiner Selbstbezogenheit“. Überhaupt hat der Papst noch einmal deutlich die religiöse Dimension von Frieden und Dialog hervor gehoben: Frieden und Religion gehören zusammen.

Das gemeinsame Haus der Schöpfung

„Gott, der Schöpfer von allem und allen, will, dass wir als Brüder und Schwestern leben und das gemeinsame Haus der Schöpfung bewohnen, das er uns geschenkt hat.“ So hat er sein religiöses und doch die einzelne Religion übergreifende Anliegen zusammen gefasst. Gewalt bedeute Entweihung des Namens Gottes.

„Wahre Religiosität besteht darin, Gott von ganzem Herzen zu lieben und den Nächsten wie sich selbst. Religiöses Verhalten muss daher ständig von der immer wiederkehrenden Versuchung gereinigt werden, andere für Feinde und Gegner zu halten. Jedes Glaubensbekenntnis ist aufgerufen, die Kluft zwischen Freund und Feind zu überwinden, um die Perspektive des Himmels einzunehmen, welche alle Menschen ohne Bevorzugung und Diskriminierung umfasst.“

Mehr als nur Sonntagsrede

Das ist mehr als nur eine Sonntagsrede, das sind nicht nur fromme Worte. Zum einen ist es natürlich ein Bekenntnis zum gemeinsamen Vorgehen. Zum anderen ist es wie das Gebet im Vatikan auch schon ein Tun, ein Handeln. Es ist schon Dialog, als Papst auf die Halbinsel zu reisen und durch Präsenz diesen Dialog wichtig zu machen.

Der Papst nannte das in seiner Ansprache „Mut zur Andersheit“, „Dies setzt die eigene Identität voraus, die man nicht aufgegeben muss, um dem anderen zu gefallen. Aber gleichzeitig erfordert es den Mut zur Andersheit, was die volle Anerkennung des anderen und seiner Freiheit miteinschließt, und das daraus folgende Bemühen, mich so einzusetzen, dass seine Grundrechte immer und überall und von allen anerkannt werden.“

Und der Papst unterschrieb das auch, gemeinsam mit einem Vertreter der Al-Azhar Universität von Kairo. Beide sprechen – und unterschreiben – „im Namen Gottes, der alle Menschen mit gleichen Rechten und Pflichten, mit der gleichen Würde geschaffen hat“; „im Namen des unschuldigen menschlichen Lebens, das Gott zu töten verboten hat“; „im Namen der Armen“, der „Witwen und Waisen, Flüchtlinge und Vertriebenen, der Opfer von Krieg und Verfolgung“. Al-Azhar und die katholische Kirche erklären, „die Kultur des Dialogs als Weg; die gemeinsame Zusammenarbeit als Verhaltenskodex; das gegenseitige Verständnis als Methode und Kriterium“ annehmen zu wollen.

Keine Alternative

Wie gesagt, das sind nicht nur Worte, das ist ein christliches Bekenntnis, auch gegen all die gesprochen, welche eine eigene Identität nicht in Anerkennung, sondern in Ablehnung suchen. Gerade in Sachen Dialog mit dem Islam ist das bei selbsternannten Identitäts-Wächtern immer wieder der Fall. Noch einmal aus der Ansprache:

„Es gibt keine Alternative: Entweder wir bauen die Zukunft gemeinsam oder es gibt keine Zukunft. Vor allem die Religionen können nicht auf die dringende Aufgabe verzichten, Brücken zwischen Völkern und Kulturen zu bauen.”

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Papstreise, Sprechen von GottSchlagwörter Dialog, Frieden, Gebet, Gerechtigkeit, Islam, Papst Franziskus, Religion, Zukunft23 Kommentare zu Der Mut zur Andersheit

Diener der Freude nicht Herren des Glaubens

Veröffentlicht am 28. Januar 201927. Januar 2019
Kirche ist nicht abstrakt: Volksfrömmigkeit auf dem Petersplatz Tradition ganz klassisch: Auf dem Petersplatz feiern kirchliche Vereine ihren Glauben (Mai 2013)

Über Kirche zu sprechen ist gefährlich. Es besteht immer die Versuchung, der Institution zu großes Gewicht zu geben. Vor allem bei Leuten, denen die Kirche wichtig ist. Es ist die Versuchung, Kirche und Glauben gleich zu setzen. Trotzdem oder vielleicht deswegen kennt die Tradition die „Regeln, mit der Kirche zu fühlen“. Das berühmte „Sentire cum Ecclesia“. Wobei das „sentire” gar nicht einfach zu übersetzen ist, ein „Gespür haben“ kommt dem wohl am nächsten.

„Regeln, mit der Kirche zu fühlen“

Genau diese Regeln nahm sich Papst Franziskus in Panamá vor, in seiner Ansprache vor den Bischöfen Zentralamerikas. Der Anlass: „Sentire cum Ecclesia“ steht auch auf dem Grabstein von Oscar Romero, es war sein Bischofsmotto. So nahm er sich also in der Ansprache diese Regeln vor, genauer die Exerzitien-Regeln des Ignatius von Loyola, gelesen durch eine Romero-Brille.

Bei Ignatius soll man viel loben: lange Gebete, Messfeiern, Enthaltsamkeit, Gelübde, Reliquien und so weiter und so weiter. Loben heißt hier aber nicht nur Lippenbekenntnis für die Tradition, sondern ist bei Ignatius auch immer eine Haltung, etwas Innerliches. Man soll dafür sein.

Man darf dabei nicht vergessen, dass die Liste der Regeln all das aufzählt, was zur Zeit der Entstehung der Exerzitien im 16. Jahrhundert unter Beschuss war (Stichwort: Reformation) bzw. was von allerlei Missbrauch verformt war. In all dem war eben nicht so sehr Glaube und Christus sichtbar als vielmehr „Mundanität“, verweltlichte Kirche. Das soll man laut dieser Regeln also loben, so Ignatius.

Kein Kritikverbot

Damit will er aber nicht etwa einen historisch-kulturellen Stillstand generieren. Es soll nicht eine historische Situation eingefroren werden. Es sollen auch nicht Fehlformen des Glaubenslebens einfach für gut erklärt und über die Wirklichkeit hinweg geschaut werden. Ganz und gar nicht.

Die Regeln sind auch kein Kritikverbot. Wenn man die Briefe Ignatius liest, dann findet man da sehr viel Kritik. Immerhin hat sich auch die Inquisition für Ignatius interessiert, einige Male wurde er von ihr vernommen, bestimmt nicht weil er viel zu unkritisch war.

Die größte Gefahr allerdings ist es, diese Regeln nicht für anzuwenden, sondern gegen. Sie also zum Maßstab zum Richten des Verhaltens Anderer zu nehmen. Gibt es ja auch hier im Blog, bei den Kommentaren: ich lobe und halte mich an die Sätze der Kirche und darf deswegen urteilen und verurteilen. So läuft die verquere Logik.

Kein Mittel zur Selbstrechtfertigung

Die Regeln haben aber ihren Platz in den Exerzitien, sie sind also eine Übung, für den Übenden, nicht zur Selbstrechtfertigung gegen andere. Und genau so versteht sie auch der Papst in seiner Ansprache:

„Wenn der heilige Ignatius von Loyola die Regeln für das „Sentire cum Ecclesia“ vorschlägt (..), versucht er, dem Exerzitanten dabei zu helfen, jegliche Art von falschen Dichotomien oder Gegensätzen zu überwinden, die das Leben des Geistes auf die gewöhnlich auftretende Versuchung reduzieren, das Wort Gottes dem Eigeninteresse anzupassen.“

Die Übung dient also zur Überwindung festgesetzter Interpretationsmuster in Sachen Kirche, in denen sich der Einzelne gerne mit guten Noten versieht. Da muss man heraus, um die Übung richtig machen zu können.

Teil einer Gemeinschaft

Und noch ein zweiter Punkt ist wichtig, so der Papst. Nur so – in der Überwindung dieser falschen Dichotomien – könne man sich als Teil einer Gemeinschaft erfahren, die den Auftrag hat, die Botschaft Jesu weiter zu geben. Das passt zu der Predigt vom 31. Juli 2013, die ich weiter oben schon verlinkt habe

„Zur Zentralität Christi gehört auch die Zentralität der Kirche: Es sind zwei Fokusse, die nicht voneinander trennbar sind: ich kann Christus nicht nachfolgen, wenn ich es nicht in der Kirche und mit der Kirche tue.”

Noch ein zweiter Punkt aus der Papstansprache, der für unseren Umgang mit Kirche und für das Gespür mit der Kirche wichtig ist: sie ist Volk Gottes. Dieses Gewicht welches das Konzil der Kirche gegeben hat sei für Romero entscheidend gewesen, und es müsse es auch für die Glaubenden heute sein.

„Denn der Herr wollte uns nicht einzeln und ohne Verbindung retten, sondern wollte uns zu einem Volk machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit dienen soll“. (vgl. Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 9)

Kirche ist nicht abstrakt

Das ist natürlich ganz biblisch, im Alten Testament ist „Volk“ eine ganz zentrale Kategorie, es ist der Ort des Glaubens und der Befreiung. Aber es ist eben auch der Hinweis auf das Konkrete. Kirche ist kein Abstraktum, es geht nicht um eine Institution, sondern um Menschen. Und das meint der Papst nicht soziologisch:

„In der Kirche lebt Christus unter uns, und sie muss daher demütig und arm sein, da eine hochmütige Kirche, eine Kirche voller Stolz, eine sich selbst genügende Kirche nicht die Kirche der Kenosis (Menschwerdung, Selbstentäußerung Jesu) ist.”

Dass muss auch unser Sprechen und Denken über Kirche prägen. Ein Gespür für die Kirche haben kann eben nicht bedeuten, sich zu Urteilen über andere aufzuschwingen. Oder um es mit Paulus zu sagen, wie sollen Diener der Freude anderer sein und nicht Herren über deren Glauben.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Papstreise, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Exerzitien, Glaube, Kirche, Panama, Papst Fanziskus, Papstreise16 Kommentare zu Diener der Freude nicht Herren des Glaubens

Ist das Kunst ….?

Veröffentlicht am 11. Oktober 201811. November 2018
Der Kopf der Ferula, (c) Vatican news) Der Kopf der Ferula, (c) Vatican news)

Was hat der Papst da in der Hand? Einige Bemerkungen hier im Blog haben mich zucken lassen. Da hatte Papst Franziskus bei der Eröffnungsmesse der Synode vor einer Woche eine neue Ferula in Händen, also einen neuen Kreuzstab. Das ist der Stab, wie Päpste ihn tragen, wie andere Bischöfe auch. Dieser neue Stab hat nun einige Menschen zu bösen Kommentaren verleitet.

Der Kopf der Ferula, (c) Vatican news)
Der Kopf der Ferula, (c) Vatican news)

Hier nun einige Bilder von dem Stab. Ein Kommentator, den ich erst gar nicht verstand, fragte nach einer Wünschelrute. In den üblichen bösartigen und sich selbst als katholisch bezeichnenden Blogs vor allem englischer Sprache ging es noch härter zu. Die nehmen auch alles, um es auf Biegen und Brechen bösartig auszulegen. Und um damit Geld zu verdienen. Aber zurück zur Ferula.

Papst Franziskus ist jemand, der oft diesen Kreuzstab wechselt.

Erinnern wir uns: Papst Paul VI. war der erste, der überhaupt einen solchen Stab benutzte. Der ist also sehr neu in den Händen der Päpste. Für die Abschlussmesse des Konzils hatte er sich einen solchen machen lassen, analog zu den Hirtenstäben der Bischöfe. Dazu hatte er Künstlern den Auftrag gegeben. Wir kennen den Stab vor allem aus der Hand von Papst Johannes Paul II., der leidende, ausdrucksstarke Christus in Silber.

 

Paul VI. war der erste mit einem Kreuzstab

 

Papst Benedikt hat zunächst auch diese Ferula benutzt, dann aber eine ander. Was für ein Aufschrei! Beweis seiner Rückwärtsgewandheit, weil es ein Kreuz aus der Zeit Pius IX. war! Was man da alles reininterpretiert hat!

Und nun Franziskus: Mal ist es ein Kreuz, das aus den Trümmern von Flüchtlingsbooten gemacht ist. Mal eine Ferula, die ihm Häftlinge schaffen haben. Dann wieder die Ferula von Paul VI., oder eine andere klassische Kreuzdarstellung.

Der Stab, den Papst Franziskus am Mittwoch der vergangenen Woche benutzte, war ein Geschenk der Jugendlichen Italiens, die zu ihrer Sternwallfahrt nach Rom gekommen und mit dem Papst gebetet und gefeiert hatten. Das war im vergangenen August, ist also aktuell.

 

Wanderstab, Hirtenstab, Bischofsstab

 

Es ist ein Holz-Stab, erinnert also auch an einen Wanderstab.

Der Künstler heißt Gregorio Cividini, aus Bergamo, der pro bono gearbeitet hat. Der Stab ist aus Olivenholz, dessen natürlich gewachsene Gabel das Grundmotiv liefert. Darüber ist ein Nagel durch die beiden Kreuz-Arme getrieben, so „entsteht“ also das Kreuz durch den Nagel.

Wenn man also etwas über die Kreuzdarstellungen bei Papst Franziskus sagen kann, dann doch vor allem das: Da ist überhaupt keine ideologische Aussage mit verbunden, im Gegenteil. Das hat mit den Menschen zu tun, mit denen er in dem Augenblick die Messe feiert. Mit nichts anderem.

Er feiert zur Eröffnung einer Bischofssynode, welche das Thema Jugend hat, also wählt er einen Stab, den ihn Jugendliche geschenkt haben.

 

Das hat mit den Menschen zu tun, mit denen der Papst feiert

 

Der Kopf der Ferula, (c) Vatican news)
Der Kopf der Ferula, (c) Vatican news)

Die Polemik – die schlechte Polemik, muss man an dieser Stelle sagen – ist also wieder einmal nur das: Der Versuch, den Papst in eine Ecke zu drängen. Ein wenig innere Freiheit, ein wenig Wertschätzung für Kunst und die Kreativität anderer, ein wenig Gelassenheit, ein wenig Vertrauen dürfte auch hier der Debatte gut tun.

Da bin ich naiv, ich weiß. Das ist Wunschdenken. Es wird immer diejenigen geben, die auf biegen und brechen Böses sagen wollen.

Aber diese Ferula ist einfach nur Kunst. Man muss das nicht mögen, aber das gilt für alle Darstellungen in der Kunst. Auch für den Barock, auch für den Klassizismus, auch für alle anderen kirchlichen Stile.

Kunst ist eine Form von Kommunikation. Sich der zu verweigern, sollte nicht als kirchlicher Beitrag zur Moderne durchgehen. Sondern als das was es ist: Spießertum.

 

Kategorien Allgemein, Benedikt XVI., Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Kunst, Kultur und Können, Papstreise, Rom, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Bischofsstab, Bischofssynode, Ferula, Kreuzdarstellung, Kunst, Künstler, Nagel, Papst Franziskus, Polemik10 Kommentare zu Ist das Kunst ….?

Glaubens-Touristen

Veröffentlicht am 24. September 201811. November 2018
Papst Franziskus spricht in Riga Papst Franziskus spricht in Riga

Vor einigen Tagen hatte ich über die Fremdheit geschrieben, die ich immer noch oder immer wieder beim Besuch von Sankt Peter empfinde. Und dass das nichts schlechtes sein muss.

Eine interessante Reflexion zum Thema kam an diesem Montag vom Papst. Sein Gedanke war ein anderer, aber die Idee ist letztlich ähnlich, er sprach über den großen kulturellen Wert von Kirche und von Kirchen, Anlass war der Besuch der evangelischen Kathedrale von Riga mit ihrer wunderbaren Orgel. Die sei schön, aber in Gefahr nur noch Touristenattraktion zu werden.

„Mit dem Glauben kann uns genau das Gleiche passieren. Es kann geschehen, dass wir uns im Glauben nicht mehr „heimisch“ fühlen und dann zu „Touristen“ werden. Man könnte sogar sagen, dass unserer gesamten christlichen Tradition dasselbe passieren kann: dass sie auf ein Stück Vergangenheit reduziert wird und – eingeschlossen in den Mauern unserer Gotteshäuser – keine Melodie mehr zu hören ist, die in der Lage wäre, das Leben und das Herz derjenigen, die sie hören, zu bewegen und zu inspirieren.“

Papst Franziskus spricht in Riga
Papst Franziskus spricht in Riga

„Zum Klingen bringen“ sollten wir den Glauben, eine kulturelle Umschreibung dessen, was der Papst sonst „aus sich heraus gehen“ nennt.

„Wenn die Musik des Evangeliums in unseren Häusern, in der Öffentlichkeit, an unseren Arbeitsplätzen, in der Politik und der Wirtschaft nicht mehr zu hören ist, dann haben wir wohl die Melodie abgeschaltet, die uns herausfordert, für die Würde jedes Mannes und jeder Frau ungeachtet ihrer Herkunft zu kämpfen. Dann verschließen wir uns im „Eigenen“ und vergessen darüber „das Unsere“: das gemeinsame Haus, das uns alle angeht.“

Franziskus wäre nicht Franziskus, wenn er nicht auf die Versuchungen hinweisen würde, die mit dieser Situation einher gehen, ich darf noch einmal zitieren:

„Einige werden vielleicht sagen: Das sind schwierige und komplexe Zeiten, in denen wir heute leben. Andere werden denken, dass Christen in unseren Gesellschaften aufgrund einer Vielzahl von Faktoren wie dem Säkularismus oder einer individualistischen Denkweise immer weniger Handlungsspielraum oder Einfluss haben. Dies kann zu einer Haltung der Verschlossenheit, der Abwehr und sogar der Resignation führen.“

Und das ist nicht gut. Der Rückzug ist nicht die Antwort des Christentums – die Begegnung war ökumenisch, der Papst sprach über alle Christinnen und Christen – sondern eine Gefahr.

Rückzug ist keine Option. Kulturchristentum ist keine Option. Bei allen aktuellen Problemen dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren, in welche Richtung es mit dem Christentum gehen muss.

 

Kategorien Allgemein, Franziskus, Glaube und Vernunft, Ökumene, Papstreise, Spiritualität / Geistliches LebenSchlagwörter Aufbruch, Dynamik, Glauben, Kultur, Ökumene, Papst Franziskus, Tourismus14 Kommentare zu Glaubens-Touristen

Die Wir-machen-das-schon-Haltung

Veröffentlicht am 21. September 201811. November 2018
Gast und Gastgeber Gast und Gastgeber

Wir Vatikaner haben Erfahrung mit durchgestochenen Dokumenten. Passiert immer wieder, ist ärgerlich, alle Überlegungen und auch gerne mal Vertraulichkeit, die manchmal nötig ist, geht aus dem Fenster. Besonders ärgerlich ist das, wenn es Dokumente betrifft, die eh veröffentlicht werden sollen, siehe Laudato Si‘, die Enzyklika, von der eine noch nicht ganz fertige Version durchgestochen wurde.

Genau, es geht um die Missbrauchs-Studie der deutschen Bischöfe.

Auch die war ja vorab Medien gegeben worden, dass die Bischofskonferenz verärgert ist, ist verständlich und nachvollziehbar. Die haben lange an einer Veröffentlichung gearbeitet und wollten, dass die Bischöfe die erst selber zur Kenntnis nehmen, bevor sie an die Öffentlichkeit kommt.

Die Lecks an die ZEIT und den SPIEGEL haben das verhindert, der Ärger ist da.

 

Schmollecke

 

Weniger verständlich finde ich aber jetzt Kommentare, die ganz merkwürdig halbe Vorwürfe an die Medien richten. Einen mag ich hier mal nennen, ich zitiere: „Doch statt die Deutung den Bischöfen zu überlassen, übernahmen dies informierte Medien lieber selbst – Interpretation inklusive.“ Ich muss mich wundern, warum sollte man denn die Deutung den Bischöfen überlassen? Wie gesagt, der Ärger ist nachvollziehbar, aber die in Frage kommenden Journalisten machen nur ihren Job. Das mag Kirche nicht passen, das kann ich wie gesagt nachvollziehen, aber jetzt als Nichtbeteiligter gekränkt zu schmollen ist auch keine Lösung.

Vorwurf: „Die “Zeit”, die offenbar den frühesten Zugriff auf das Zahlenmaterial hatte, kündigte folgerichtig an, nicht den Bischöfen die Deutungshoheit über die von ihnen selbst in Auftrag gegebene, aufwendige Studie zu überlassen, sondern diese lieber selbst zu übernehmen.“ Genau. Das ist deren Job.

 

Sinn der Studie, Job der Journalisten

 

Ob sie das richtigmachen oder nicht, darüber kann man gerne debattieren, ob die Schlüsse richtig gezogen wurden und so weiter, das alles muss diskutiert werden, und wird es noch, auf Jahre hinaus, und das ist ja auch Sinn der Studie.

Wir – die Kirche – bestimmen aber nicht mehr den Diskurs. Wir geben nicht mehr vor. Statt zu schmollen und eine Wir-machen-das-schon-Haltung einzunehmen, müssen wir anerkennen, dass die Welt nicht auf uns wartet. Man vertraut Kirche auch nicht mehr, zu Recht, wie man mit Blick auf jahrzehntelanges Wegschauen feststellen kann. Um das Vertrauen muss jetzt erst einmal wieder geworben werden, dass kann man nicht per Kommentar einfordern.

 

Nachvollziehen, was passiert ist und wie es passiert ist

 

Der Kollege findet es auch falsch, dass die FAZ einen alten Fall noch einmal ganzzeitig ausrollt, das war am vergangenen Samstag. Ein furchtbares Stück, weil es ganz trocken und unpathetisch einfach nur nachzeichnet, die die Karriere eines Täters aussieht. Man versteht auf einmal den Ablauf, schaut hinter die Zahlen. Furchtbar ist das Stück, weil man erkennt, wie sehr die Struktur an wie vielen Stellen versagt hat. Ich fand das gut und richtig, die Geschichte auch einmal so zu erzählen. Weiterlesen “Die Wir-machen-das-schon-Haltung”

Kategorien Allgemein, Die deutschsprachige Kirche, Franziskus, Geschichte, Glaube und Vernunft, Kirche und Medien, Neulich im Internet, Papstreise, Spiritualität / Geistliches Leben, Vatikan58 Kommentare zu Die Wir-machen-das-schon-Haltung

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